THE FOG - NEBEL DES GRAUENS (1980)
mit Adrienne Barbeau, Jamie Lee Curtis, Tom Atkins, John Houseman, Hal Holbrook und Janet Leigh
eine Produktion der AVCO Embassy Pictures | Debra Hill Productions | im Verleih der Tobis
ein Film von John Carpenter
»Wie kann Jemand ertrinken, ohne mit Wasser in Berührung zu kommen?«
Dem kalifornischen Antonio Bay steht der 100. Jahrestag bevor. Doch das Städtchen hütet ein ebenso altes Geheimnis, denn man baute Antonio Bay mit der Hilfe von gestohlenem Gold, das sechs Verschwörer von einem Schiff erbeuteten, welches sie im dichten Nebel anlockten, und auf das Riff auflaufen ließen. Der Tag der Rache ist nun gekommen, und die vor hundert Jahren verunglückten Seeleute fordern nicht nur ihr Gold zurück, sondern sie dürsten vor allem nach blutiger Vergeltung. Ab Mitternacht kommt eine dichte Nebelbank auf Antonio Bay zu, und es geschehen merkwürdige Dinge. Auch ein Fischerboot wird vom Nebel umschlossen, aus dem plötzlich ein unheimliches Geisterschiff auftaucht, und die Besatzung muss die entsetzliche Bekanntschaft mit den damals ertrunkenen Seeleuten machen. Am nächsten Tag breitet sich der leuchtende Nebel über die Stadt aus und fordert weitere Opfer. Die Radiomoderatorin Stevie Wayne (Adrienne Barbeau), die ihr Studio in einem Leuchtturm hat, und das schnelle Ausbreiten des Nebels beobachten kann, warnt die Bewohner in ihrer Sendung, so dass eine Gruppe von Leuten sich in die Kirche von Pater Malone (Hal Holbrook) retten kann. Doch die blutrünstigen Rächer machen auch vor einem Gotteshaus nicht Halt...
Bei John Carpenters "Nebel des Grauens" handelt es sich in der Tat um ein Meisterwerk des Horrorfilms, das sich in nahezu allen Bereichen auf allerhöchstem Niveau präsentiert. In der Horror-Welt haben Angst und Entsetzen ja wirklich unzählige Gesichter, und hier sollten es eben ertrunkene Rächer sein, was im Endeffekt gar keine so neue Erfindung darstellt. Aber es ist nicht die Geschichte an sich, die hier überdurchschnittlich wäre, sondern die außerordentliche, handwerklich perfekte Umsetzung, die den Film charakterisiert. Carpenter selbst merkte an: »Botschaften haben in meinen Filmen keinen Platz. Meine Vorstellung vom Kino ist einzig dessen Unterhaltungswert.« Ein einfach klingendes Konzept, an dem allerdings auch schon unzählige seiner Kollegen gescheitert sind. In diesem Film wird man keine Patzer finden, und man reihte sich sogar ganz offensichtlich in den Mainstream-Bereich ein, um die Konkurrenz aber innerhalb der Umsetzung deutlich in die Schranken zu weisen. Sich dem Mainstream hinzugeben hat in der heutigen Zeit direkt etwas Exotisches, da letztlich jeder versucht, das Rad neu zu erfinden. Der Film ist visuell beeindruckend, aber vor allem darf er im akustischen Bereich wirklich nach Seinesgleichen suchen, denn es ist Hochspannung und Nervenkitzel angesagt. Der große Vorzug bleibt, dass das Grauen über lange Strecken spekulativ bleibt, und die Fantasie sehr ungemütlich anspricht und fordert.
Die Besetzung ist zwar blendend, bleibt dem Thema allerdings strikt untergeordnet. Die Charaktere wirken daher recht einheitlich, lenken beispielsweise aber auch nicht durch unnötige Selbstinszenierungen vom eigentlichen Thema ab. Adrienne Barbeau, damals mit John Carpenter verheiratet, ist die sympathische Stimme der Nacht, die Antonio Bay allabendlich begleitet. Über ihre sympathische Stevie Wayne wird ein Großteil der Spannung aufgebaut, da sie über das Radio vor dem unheimlichen Nebel warnt, bis sie selbst attackiert wird. Jamie Lee Curtis wird von Tom Atkins als Anhalterin aufgelesen und eines kommt zum anderen. "Psycho"-Ikone Janet Leigh bleibt außer einigen netten Dialogen recht unscheinbar, jedoch wurden die verschiedenen Personen hervorragend in die Geschichte integriert und werden sich aus unterschiedlichsten Gründen später zum packenden Showdown treffen. Carpenter legt insgesamt beinahe keinen Wert auf charakterliche Differenzierungen oder Tiefe der Protagonisten, was schließlich dem Film sehr zu Gute kommt, und die Konzentration angesichts des Gesamtbildes deutlich forciert. So bekommt man auch den Eindruck, dass es die Nachkömmlinge der Schuldigen von einst jederzeit erwischen könnte, oder sogar müsste, da sie ihre Schuld zu bezahlen haben. Das raffinierte an der Geschichte ist schließlich, dass über die nicht gerade mit Feuer erfüllten Personen ein Zwiespalt für den Zuschauer aufgebaut wird, da die Frage zwischen Recht und Schuld im Raum steht. Die blutrünstigen Wesen aus dem Nebel haben eigentlich das Recht auf Rache, aber wer sympathisiert schon mit einer Reihe von Untoten, die darüber hinaus nicht mehr ganz frisch aussehen? Charakterlich jedenfalls wurde kein Gegengewicht aufgebaut, keine höhere Instanz wird wirklich angesprochen, und man darf es sagen wie es ist: Entstanden ist Horror pur!
Inszenatorisch hat man es also mit eineinhalb Sternstunden zu tun. Der Plot ist von Anfang bis Ende logisch und nachvollziehbar aufgebaut, obwohl man es im Endeffekt nur mit einem Märchen zu tun hat. Schon der Einstieg mit dem alten Seemann, der einer Gruppe gespannter Kinder die Geschichte wie Seemannsgarn erzählt, transportiert ein unheimliches Flair, langsam aber sicher merkt der Zuschauer, dass die Angst überall lauern kann und schon bald auftauchen wird. Die Hauptrolle im Film spielt der leuchtende Nebel, der sich langsam aber zielstrebig in der Ortschaft verteilt. Elektrische Geräte spielen verrückt, Autos fangen an zu hupen, Lichter gehen aus, Erschütterungen sind zu spüren, Zifferblätter zerspringen, man hört unheimliches Klopfen an Türen, etc. Hierbei ist es hauptsächlich die Akustik, die dem Zuschauer die Nerven zerreißt. Stereotype, sich permanent wiederholende Aneinanderreihungen von metallisch wirkenden Tönen, machen die Hetzjagd beinahe unerträglich. Nichts im Bilde wirkt jedoch hektisch, sondern genau wie der "Nebel des Grauens" fließend, und dennoch weiß man, dass die Klabautermänner ihr Ziel erreichen werden. Übliche Effekte runden das Gesamtbild schließlich erstaunlich gut ab, und es ist daher nicht anders zu beschreiben, dass man es mit einem Meilenstein des Horror-Kinos zu tun hat, der Spannungszustände schürt, und die Ängste der Zuschauer hemmungslos anspricht. Bei "The Fog" sieht man also Horror im klassischsten Sinne, der sich auf wesentliche Komponenten konzentriert, und keine Ablenkungsmanöver in Form von überspitzten Ekel-Effekten nötig hat. Ich habe ja auch schon einiges gesehen und es gibt wirklich nicht viele Filme von denen ich folgendes sagen kann, aber "Nebel des Grauens" ist ein Erlebnis, dass mich nicht nur jedes Mal aufs Neue fasziniert, sondern vor allem immer und immer wieder - hauptsächlich der Akustik wegen - beunruhigt. Ein Klassiker!