Grosse Hartboxen von X-Rated
Emanuelle im Sexrausch aka Emanuelle Nera und ihre wilden Hengste (Italien 1976, Originaltitel: Emanuelle Nera No. 2)
Shulamith Lasri statt Laura Gemser
Emanuelle (Shulamith Lasri) leidet unter massiven Gedächtnislücken, der erfahrene Psychologe Paul (Angelo Infanti) behandelt die junge Frau in seiner Klinik. In Beirut wurde Emanuelle in Kampfhandlungen verwickelt, doch ist dieses traumatische Erlebnis tatsächlich für ihren Zustand verantwortlich? In langen Gesprächen versucht Paul mehr über die Vergangenheit seiner Patientin zu erfahren, nebenbei trifft er sich mit Menschen aus ihrem Umfeld. Offenbar ist Emanuelles Blick in Vergangenheit stark verzerrt, so stellt sie z. B. ihren Vater (Don Powell) als haltlosen Trinker dar. Beim ersten Kontakt mit dem angeblichen Alkoholiker erlebt der Seelenklempner eine Überraschung, denn der alte Herr entspricht in keinster Weise den Ausführungen seiner Tochter. Paul trifft weitere Personen die Emanuelle nahestanden, hofft darauf den Nebelschleier aus der Psyche seiner Patientin zu vertreiben. Welches schreckliche Ereignis war der tatsächliche Auslöser für den Gedächtnisverlust der rassigen Schönheit, sowie für ihr seit längerem gestörtes Sexualverhalten? Wird der Mediziner das Rätsel zum Wohl seiner Patientin lösen können???
Regisseur Bitto Albertini sorgte vor diesem Film für den Auftakt der losen Filmreihe Black Emanuelle, 1975 inszenierte er
"Emanuelle Nera" mit Laura Gemser in der Titelrolle. Frau Gemser sollte noch häufiger in die Rolle der Emanuelle schlüpfen, doch diesmal sehen wir eine gewisse Shulamith Lasri als Hauptattraktion des Geschehens. Frau Lasri kann zwar nicht mit der anmutigen, edlen Schönheit einer Laura Gemser konkurrieren, wirft jedoch ersatzweise einen herrlich prallen Früchtekorb in die Waagschale, der auf einem knackigen Fahrgestell durch die Kulissen wandelt. Zwar mag mir ihr ein wenig herbes Antlitz weniger gefallen, doch unterhalb der Kinnlade regiert die dralle Freude, mir hängt noch immer die Zunge aus dem Halse
(Contenance, Contenance!).
Emanuelle Nera No. 2 kommt erwartungsgemäß mit einigen erotischen Szenen daher, es geht dabei aber nie allzu wüst zu, auf HC-Inserts wurde passenderweise gänzlich verzichtet. Albertini reiht nicht nur Gerödel an Gerödel, er haucht den Figuren Leben ein, streut hier und da eine kleine Prise Humor über uns aus. Der Auftakt entpuppt sich als Ritt durch die Phantasie der Hauptfigur, Emanuelle erlebt diverse Folterszenarien an unterschiedlichen Schaupläzen. Hier spielt der Film gekonnt mit der Erwartungshaltung des Zuschauers, verneigt sich gleichzeitig augenzwinkernd vor anderen Spielarten des Genrekinos. Clever treibt das Drehbuch die Handlung vorwärts, die Zeitsprünge muten nie plump an. Dies gelingt durch den treffsicheren Einbau einer
knuffigen Nebenrolle. Der extrem sympathische Attilio Dottesio rückt Doc Paul mit "aufgezwungen" Vereinbarungen zu Leibe, mit denen er stets zum "vereinbarten" Termin beim Leiter der Klinik auf der Matte steht. Angelo Infanti wird nicht auf die Rolle des behandelnden Psychologen begrenzt, Blicke in sein Privatleben zeigen uns das angespannte Verhältnis zu seiner Gattin, die die Arbeit ihres Ehemannes mit Skepsis und zunehmender Eifersucht beäugt. Immerhin behandelt der Göttergatte junge Schönheiten, die teils von einem ausgeprägten Hang zur Nymphomanie an
getrieben werden.
Nein, eine liebliche Schönheit ist Shulamith Lasri in meinen Augen nicht. Dennoch versprüht sie jede Menge Power und einen offensiven Sex-Appeal, dem ich mich nicht entziehen kann, sowieso nicht entziehen mag. Die Darstellung der gepeinigten, trotzigen und manchmal wilden Emanuelle gelingt ihr gut, Lasri kommt sehr natürlich rüber. Angelo Infanti sprengt das Klischee des notgeilen Fieslings, den man "eigentlich" in einem Streifen dieser Gangart erwartet. Zunächst scheint seine Rolle ambivalenter Natur zu sein, die falsche Fährte verschwindet allerdings flott, der Psychologe ist eine ehrliche und seriöse Haut. An Infantis Spiel gibt es kaum ernsthafte Kritikpunkte, vielleicht wird es in wenigen Szenen eine Spur zu theatralisch, dennoch bewegt sich Infanti dauerhaft im grünen Bereich. Don Powell gibt den betroffenen Vater, Percy Hogan den drahtigen Gatten Emanuelles, den die Gelüste seiner Liebsten fast die Karriere als Profisportler kosteten. Dagmar Lassander agiert als zickiges Weib des Herrn Infanti, darf aber letztlich eine positive Entwicklung vorweisen, verkommt auf diese Weise nicht zum nervigen Abziehbild. Attilio Dottesio erwähnte ich bereits, seine kleine Rolle ist vorbehaltlos liebenswert. Danielle Ellison ist als notgeile Nichte des Klinikbosses unterwegs, sie sorgt für einen angenehmen Schmuddeltouch, ohne dabei tatsächlich völlig aus dem Ruder zu laufen. Ferner gibt es eine scharfe Krankenschwester zu sehen, die sich hin und wieder mit dem trotteligen Pförtner austauscht, dazu noch Franco Cremonini als dürren Fotographen.
Freilich darf man von
"Emanuelle Nera No. 2" kein tiefsinnigen Charakterstudien erwarten. Klar, es gibt überdies zweifellos Szenen, die die Handlung nicht vorwärts bringen. Das Krankenschwesterchen und der Schrankenmann dienen lediglich als Aufhänger für Unfug und Gerammel, bremsen den Film aber trotzdem nicht nachhaltig aus. Die Augen werden nicht nur durch aufregende Kurven verwöhnt, kurzzeitig entführt man uns nach Venedig, die Innenaufnahmen mag sich schon wegen ihres typischen 70er-Jahre-Looks gern.
"Emanuelle Nera No. 2" verschiebt keine Grenzen, lotet keine Extreme aus, bleibt in den SC-Szenen eher brav. Mir hat der Flick viel Spass gemacht, ich bin tauche ungemein gern in die unvergleichliche Atmosphäre ein, die das italienische Genrekino der siebziger Jahre zu einem unverzichtbaren Freudenspender und Hochgenuss macht. Da stört selbst die fast banale Auflösung nicht, die der aufmerksame Zuschauer sich sowieso lange vor dem Ende der Sause ausmalen kann. Der Streifen ist kein Film für Menschen die an jeder Kleinigkeit rumnörgeln, dem Liebhaber wird angenehme Unterhaltung geboten, schöne Frauen mit aufregenden Kurven, gewürzt mit Humor und hübschen Kulissen.
Mir liegt der Film in zwei Varianten vor. Zunächst als deutsche DVD aus dem Hause X-Rated, die in brauchbarer Qualität ins Haus kommt. Zusätzlich befindet sich diese US-Box von Severin in meiner Sammlung:
Black Emanuelle's Box - Volume 2
Auf dem Cover ist Laura Gemser zu sehen, die bekanntlich den Titel der "echten" Black Emanuelle für sich in Anspruch nehmen darf. Sie ist in der Hauptrolle der beiden anderen enthaltenen Filme zu sehen:
• Black Emmanuelle / White Emmanuelle (1976)
• Emanuelle and the White Slave Trade (1978)
Die Severin-DVD bietet ein im Vergleich zur X-Rated ein besseres Bild, zudem ist die gebotene Fassung etwas anders geschnitten. Ausserdem bietet Severin ein Interview mit Dagmar Lassander an, X-Rated "Bonusszenen" (die aber IMHO in der US-Fassung sowieso enthalten sind). Man kann sicher gut mit der einheimischen Scheibe leben, die US-Ausgabe ist eine angenehme Ergänzung, die Box steht aber hauptsächlich wegen der beiden anderen Filme in meiner Sammlung. Als Fanatiker bin ich glücklich beide Varianten zu besitzen, der Wahn kennt keine Grenzen. Übrigens bietet die Severin-Box eine Soundtrack-CD zu den enthaltenen Streifen an!
Fazit: Schön, gut,
knuffig und unverschämt liebenswert! Dicke 7/10 + Wohlfühlpunkte
Lieblingszitat:
"Du bist herrlich! Wie eine Mondgöttin! Wie eine Pantherin!"