Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein - Jess Franco (1972)

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Blap
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Re: Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein - Jess Franco

Beitrag von Blap »

In der vergangenen Nacht mal wieder geschaut. Was vor ein paar Jahren lediglich knuffiger Unfug war, flimmert heute als Dauerorgasmus über den Bildschirm!

Hallo? Dennis Price als tragischer Doc Frankenstein, der arme Kerl wird ständig aus dem Tod gerissen, das Opfer seiner eigenen Forschung, Tod per Monster wäre eine Gnade. Howard Vernon herrlich bööööse, Luis Barboo mit erstaunlich entspannten Gesichtszügen, Alberto Dalbés ermittelt, die junge Lina geistert ab und zu ängstlich umher usw...

Die Kamera zaubert aus fast jedem Raum einen Saal herbei, der Score taumelt irgendwo zwischen Psychedelic, Elektronik, Jazz und Irrsinn umher.

Würde ich genau jetzt den Löffel reichen, ich würde glücklich abkacken!

Mindestens 9/10!!!
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purgatorio
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Re: Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein - Jess Franco

Beitrag von purgatorio »

EINE JUNGFRAU IN DEN KRALLEN VON FRANKENSTEIN (LA MALDICIÓN DE FRANKENSTEIN, Spanien, Frankreich 1972, Regie: Jesus Franco)

WTF? :shock: Ich glaube ja, drei, vier sehr stimmungsvolle Szenen gesehen zu haben – aber der Rest :? ? Eine unverhohlene Frechheit so etwas als Film zu bezeichnen :opa: :palm: :lol: 3/10
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
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buxtebrawler
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Re: Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein - Jess Franco

Beitrag von buxtebrawler »

„Bist du ein Teufel?!“

Der 1973 in spanisch-französischer Koproduktion veröffentlichte Spielfilm „Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein“ ist einer von mehreren Euro-Horror-Beiträgen aus den frühen 1970ern des umtriebigen spanischen Vielfilmers Jess Franco („Paroxismus“). Der deutsche Quatschtitel stammt von Andreas Bethmanns „X-Rated“-Label, das den Film im aktuellen Jahrtausend erstmals in Deutschland lizenzierte (und synchronisieren ließ) und soll vermutlich eine Verbundenheit zu Francos 1972er Film „Eine Jungfrau in den Krallen von Vampiren“ suggerieren. Ein Blick in die Rollen und ihre Besetzung lässt aufgrund zahlreicher Überschneidungen aber vielmehr eine Verwandtschaft mit Francos (mir noch unbekanntem) „Die Nacht der offenen Särge“ aus demselben Jahr vermuten.

„Ich sehe, wie die Kreatur Frankensteins mit den wunderschönsten Frauen seine Lust stillt!“

Zusammen mit Vogelfrau Melissa (Anne Libert, „Die Nacht der offenen Särge“) will der finstere Schlossherr Cagliostro (Howard Vernon, „Die Nacht der offenen Särge“) eine neue Spezies erzeugen. Zu diesem Zwecke lässt er Melissa die Kreatur (Fernando Bilbao, „Die Nacht der offenen Särge“) Dr. Frankensteins (Dennis Price, „Die Nacht der offenen Särge“) stehlen, just nachdem sie erfolgreich zum Leben erweckt wurde. Ferner entführen sie Dr. Frankensteins Tochter Vera (Beatriz Savón, „Die Vampire des Dr. Dracula“), um sie mit der Kreatur zu paaren – doch diese gibt sich kämpferisch. Auch Frankensteins Leibarzt Dr. Seward (Alberto Dalbés, „Die Nacht der offenen Särge“) ist zusammen mit Polizeiinspektor Tanner (Daniel White, „Die Nacht der offenen Särge“) an diesem außergewöhnlichen Fall dran. Wird man Cagliostros sinistere Pläne stoppen können?

„Der Tiefenstrahl ist schon zu schwach!“

Anscheinend vollkommen unbedarft, wie man es von ihm bis in die 1970er hinein gewohnt ist, lässt der hier als Dr. Frankensteins Gehilfe wieder persönlich mitspielende Franco seiner Phantasie freien Lauf, würfelt unterschiedliche Genremotive munter zusammen und pfeift beim Zusammenrühren geflissentlich auf innere Logik, Dramaturgie und Sinn. Wie gewonnen, so zerronnen heißt es zunächst für Dr. Frankenstein, der kurz, nachdem er seine silber-metallic lackierte (!) Muskelprotz-Kreatur zum Leben erweckt hat, von der augenscheinlich blinden Vogelfrau (?!) Melissa gebissen wird, eigentlich das Zeitliche segnet und den ihm gebührenden Ruhm gar nicht mehr genussvoll auskosten kann. Auf dem Sterbebett holt er etwas weit aus und kann so Dr. Seward eine wichtige Information nicht mehr übermitteln. Mittels des Tiefenstrahls aus seiner Maschine (der mit Elektrizität und nichts mit dem angeblich so gesunden Mittelstrahl zu tun hat) holt Tochter Vera ihn jedoch für wenige Sekunden zurück ins Reich der Lebenden, so dass er von der gestohlenen Kreatur berichten kann, woraufhin Vera Rache schwört. Diese Prozedur wiederholt sie später, um herauszufinden, wer denn eigentlich sein Mörder sei. Er erzählt ihr von Cagliostro und dass dieser selbst schon lange tot sei, aber eben Bock auf eine neue Rasse habe und sich somit als Hobbyzüchter verdinge. Es erweckt den Anschein, der Tod sei in diesem Film eine zwar irgendwie lästige Eigenschaft, aber ansonsten kein großes Hindernis.

Gut, das mag die bedauernswerte Frau anders sehen, die Cagliostro in seinem Schloss vor versammelter Freakschaft enthaupten lässt („Eine saubere Trennung!“). Gern gibt er sich purem Sadismus wie Folterspielen mit Gefangenen hin und nutzt außerdem seine Gabe aus, Menschen mittels magnetischer Kraft in ihrem Willen zu manipulieren, was er u.a. an Vera exerziert. Dr. Seward, von all dem noch nicht allzu viel ahnend, reanimiert Dr. Frankensteins abermals, was immer besser zu funktionieren scheint. Beide plaudern über Veras Pläne, Frankenstein stirbt mal wieder. Seward aber lässt die Maschine eingeschaltet, woraufhin sich Frankenstein selbst reanimiert (!), plötzlich aufsteht und auf Seward losgeht. Beständig wechselt Franco den Fokus, so dass sich nie eine wirkliche Hauptrolle herausbildet, er seine Handlung aber andererseits unvorhersehbar hält: Eigentlich kann jeder jederzeit abnippeln. Andererseits kann innerhalb dieser abstrusen Geschichte jedoch generell eigentlich immer alles passieren, woraus sich wiederum eine Menge Gelegenheiten ergeben, die Franco ungenutzt lässt und stattdessen eher langweilige Füllszenen integriert. Eine davon ist jedoch von größerer filmhistorischer Relevanz (zumindest im Franco-Universum) und dreht sich um die einfach in der Gegend herumliegende Esmeralda, die plötzlich eine Stimme aus dem Off vernimmt, die mit ihr spricht. Sie läuft durch den Wald, durch den auch weißbekuttete Gestalten schleichen und auch sie steht in irgendeiner Verbindung zu Cagliostro, ist ansonsten aber weitestgehend losgelöst vom Rest der Handlung. Tatsächlich wurden diese Szenen offenbar nachgedreht und nachträglich eingefügt, um den Film auf Länge zu bringen. Das Besondere an ihnen: Sie bedeuteten Lina Romays erste Filmrolle und den Beginn einer langen, sich gegenseitig befruchtenden Zusammenarbeit mit ihrem späteren Ehemann Jess.

Sonderlich blutig oder sonstwie grafisch hart ist „Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein“ mit seinen um Theatralik bemühten Darstellern bis auf die eine oder andere Folterszene nicht, etwaige „Spezialeffekte“ sind simpel getrickst und durchschaubar. Seine „Alles kann, nichts muss“-Stimmung wird unterlegt bis gestört von Komponist Daniel White (eben jenem, der auch Tanner spielt), der sowohl mit atmosphärischen Orgelklängen als auch leichter Dudelkost und dominanten, dissonanten Geräuschkulissen hantiert. Der möglicherweise von Franco, insbesondere in Zusammenarbeit mit Romay, erwartete Sleaze-/Erotik-Faktor ist in der spanischen Fassung fast gänzlich den strengen Zensurvorschriften unter dem Namensvetter des Regisseurs, dem faschistischen Diktator General Franco, zum Opfer gefallen, jedoch in der Exportfassung in alternativen Szenen vorhanden – „Vogelfrau“ Anne Libert z.B. ist hier nur spärlich mit ein paar Federn bekleidet und die Opfer einer Auspeitschung müssen wie Gott sie schuf die Hiebe über sich ergehen lassen. Diese Szenen werten den Film tatsächlich auf, weil sie nicht nur für einen kleinen Erotikfaktor sorgen, sondern Francos Kostümschau mehr Körperlichkeit verleihen.

„Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein“ ist ein trashiger Spaß für fortgeschrittene Franco- und España-Horror-Affine, der gern zwischen gelungener, gar nicht mal so billig anmutender Optik auf der einen (Kameramann Raúl Artigot leistet prinzipiell gute Arbeit, schießt aber mit seinen Zooms, Unschärfen etc. manchmal übers Ziel hinaus) und amateurhafter, konfuser Inszenierung auf der anderen Seite schwankt, mal auf der Stelle tretend und monoton, mal entfesselt und dem Wahnsinn nahe. Eingeweihte werden ihre Freude gerade auch aufgrund der francotypischen bizarren Einfälle damit haben, alle anderen schlummern womöglich entweder weg oder wünschen sich einen komatösen Vogelfrauenbiss herbei...
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Re: Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein - Jess Franco

Beitrag von Maulwurf »

Im Traumland zwischen Trash und Genialität können gar seltsame Landschaften beäugt werden. Hier ist es die Mär um den unsterblichen Cagliostro, der Dr. Frankenstein tötet und dessen Monster raubt, um mit ebendiesem Monster und jeder Menge Frauen, die aus den Einzelteilen der schönsten Frauen zusammengenäht wurden, eine neue Rasse zu erschaffen. Und das ist noch der erklärbare Teil. JUNGFRAU hat grenzdebile Momente, wo man nur noch den Kopf an die Wand schlagen mag, und Momente voller Magie und Poesie, die zum Schönsten gehören was ich jemals gesehen habe. JUNGFRAU ist sowas von anders, dass man den Film nicht mit ein paar Zeilen beschreiben kann. Auf jeden Fall einer der magischsten Francos ever. Ich arbeite an der Langbesprechung ...
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buxtebrawler
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Re: Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein - Jess Franco (1972)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 11.03.2022 bei Wicked-Vision als Blu-ray/DVD-Kombination in verschiedenen Mediabooks:

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Cover A, limitiert auf 333 Exemplare

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Cover B, limitiert auf 333 Exemplare

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Cover C, limitiert auf 333 Exemplare

Extras:
- 24-seitiges Booklet mit einem Essay von Lars Dreyer-Winkelmann
- Französische „Nude“-Version (74 Min.)
- Alternative spanische „Clothed“-Version (85 Min.)
- Audiokommentar mit Pelle Felsch
- Featurette: „The Rites of Franco” mit Stephen Thrower
- Interview mit Jess Franco
- US-Alternativanfang
- Europäischer Alternativanfang
- Alternativ - und Bonusszenen
- Deutscher Trailer
- Französischer Trailer
- Bildergalerie

Quelle: OFDb-Shop
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Maulwurf
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Re: Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein - Jess Franco (1972)

Beitrag von Maulwurf »

 
Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein
La maldición de Frankenstein
Frankreich/Spanien 1973
Regie: Jess Franco
Dennis Price, Britt Nichols, Howard Vernon, Anne Libert, Luis Barboo, Fernando Bilbao, Alberto Dalbés, Jesús Franco, Lina Romay, Beatriz Savón, Doris Thomas, Daniel White


Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein.jpg
Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein.jpg (146.39 KiB) 675 mal betrachtet
OFDB
Italo-Cinema (Gerald Kuklinski)

Wie muss man eigentlich drauf sein, um sich einen Film wie EINE JUNGFRAU IN DEN KRALLEN VON FRANKENSTEIN anzuschauen? Und so einen Stuss dann auch noch gut zu finden? Ich meine, da passt einfach gar nichts mehr, sollte man meinen. Die Schauspieler sind „bemüht“, die Settings deutlich unterbudgetiert, die Musik schräg, die Geschichte ist nicht vorhanden und die Anschlüsse zwischen den Szenen sind wild.

Sollte man meinen. Aber ich glaube in erster Linie muss man diese extrem miese deutsche Synchro überhören, die den Film problemlos mehrere Stufen nach unten zieht und ihm ein Billigflair verleiht, das er überhaupt nicht hat. Wenn man diesen Punkt in den Griff bekommt, ist die psychedelische Story vielleicht gar nicht mehr so tragisch.

Es beginnt damit, dass Dr. Frankenstein in seinem Labor, bestehend aus zwei kleinen Schaltschränken, einer Liege und einem Assistenten, per Stromschalter ein Monster mit silbernem Körper zum Leben erwecken kann. Er freut sich ganz narrisch, doch parallel dringen zwei finstere Gestalten in die Villa des Menschenerweckers ein. Die eine Gestalt ist Luis Barboo all dressed in Black, und die andere ist die Vogelfrau Melisa, die unter ihrem schwarzen Umhang nur ein paar blaue Federn trägt, dafür aber grüne Federhände hat. Die beiden dringen in das Labor ein, töten Frankenstein und seinen Assistenten, entführen das Monster und bringen es zu seinem neuen Meister, Cagliostro. Dieser will die Menschheit ausrotten, und darum eine ganze Rasse von Monstren erschaffen. Dafür wiederum benötigt er zum einen die schönsten Frauen, aus deren schönsten Körperteilen er Superfrauen erschaffen will, und zum anderen eben das Monster. Eine Win-Win-Situation also: Das Monster kann vögeln auf Teufel komm raus, und Cagliostro kann jede Menge spannen. Und die Vogelfrau darf als Belohnung für die gute Arbeit einen Gefangenen zerfleischen.

Als nächstes entführt das Monster ein Aktmodell, aber da wirft sich Vera Frankenstein, die Tochter des Alten, in den Weg und programmiert das Monster neu. Sie will zu Cagliostro, um den Tod ihres Vaters zu rächen. Cagliostro schaut zwar aus wie der Obermufti von Absurdistan, ist aber nicht so blöd wie er maskiert ist und erkennt Vera Frankenstein. Er übernimmt die Kontrolle über ihr Gehirn und macht sie zu seiner Arbeitssklavin. Doch Dr. Seward, der Konkurrent von Frankenstein, und Inspektor Tanner sind auf der Spur von Vera. Können die beiden tapferen Helden den schrecklichen Plan Cagliostros vereiteln? Wird die schrecklich-schöne Melisa ihre Krallen auch weiterhin an unschuldigen Menschen wetzen? Kann Howard Vernon jemals wieder ohne Lachanfall in den Spiegel schauen, wenn er an den idiotischen Bart denkt den er in diesem Film tragen muss? Wird es Zuschauer geben, die sich diesem Schmarrn rückhaltlos hingeben und den Film am Ende auch noch gut finden?

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Fragen über Fragen - Und da könnte man noch weiter machen! Wer zum Beispiel ist das spitzohrige Männchen im Verlies von Cagliostro, das aussieht wie eine Mischung aus Mr. Spock und einem türkischen Basarhändler? Wieso kommt Jess Franco immer wieder auf die Idee, dass Totenköpfe aus erkennbarem und ausgesprochen sauberem weißen Plastik wandelnde Tote darstellen könnten (den gleichen lachhaften Effekt setzt er 1982 in MANSION OF THE LIVING DEAD erneut ein, und wieder mit dem gleichen lächerlichen Ergebnis)? Wieso hat Luis Barboo Striemen von Peitschenhieben auf dem Leib, wenn doch der Prügelaugust immer nur auf Vera Frankenstein einschlägt? Aber gut, da gehen wir schon deutlich in das Reich der Filmfehler, und sowas zählt bei Jess Franco nicht!

Was bei Jess Franco zählt, und zwar vor allem bei Filmen aus dieser Schaffensperiode, ist die Atmosphäre, die der Regisseur mit ganz wenigen Mitteln zaubert. Ein Wald, ganz leichter Nebel, vielleicht ein wenig feucht und vor allem düster wirkend, und eine Gruppe Gestalten bewegt sich langsam in weißen Tüchern vorwärts. M. Night Shyamalan könnte so etwas überzeugend und stimmungsvoll-gruselig auf Film bannen – Und Jess Franco ebenfalls. Erinnerungen an ENTFESSELTE BEGIERDE aus dem gleichen Jahr werden wach, wo Lina Romay überirdisch schön in einen Umhang gehüllt durch den Wald läuft, auf der Suche nach Liebe, Sperma und Tod. Ohne dass diese Gestalten irgendeinen Sinn haben, ohne dass auch nur das Geringste passiert, sind diese Momente so magisch, so poetisch und zugleich gruselig. Tatsächlich ist der Wald in beiden Filmen der gleiche - Diese Szenen wurden bei den Dreharbeiten zu LA COMTESSE PERVERSE gedreht und nachträglich in JUNGFRAU eingefügt. Aber das ist geschenkt, der Stimmung des Films sind diese Szenen nur zuträglich. Nicht so überzeugend sind allerdings die Momente, die nach den Dreharbeiten zu LA COMTESSE PERVERSE mit Lina Romay als Zigeunermädchen eingefügt wurden. Sie ergeben keinen Sinn und bremsen die Geschichte aus, zudem wirkt das Zigeunermädchen in hohen schwarzen Lederstiefeln etwas eigenartig. Aber man muss auch zugeben, dass Lina in diesen Bildern geradezu überirdisch schön ist …

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Wunderschön ist auch Anne Libert als Vogelfrau Melisa. Schön im Sinne einer Barbara Steele - Ihre Kleidung, die gotische Schminke im attraktiven Gesicht, diese Zerbrechlichkeit und gleichzeitige Härte im Ausdruck, und dann noch die Vogelschreie … Wer würde sich nicht gerne dieser Frau in einer Orgie aus Sex und Blut hingeben wollen? Anne Libert spielt überragend und wirkt wie eine Gestalt aus einer anderen Welt, genauso wie ihr Nebenmann Howard Vernon als Cagliostro. Dem unsterblichen Magier, der die europäische (Pop-) Kultur schon seit Jahrhunderten bereichert, wird hier ein eindrückliches und starkes Gesicht (mit einem der Lächerlichkeit preisgebenden Bart) gegeben. Ein Gesicht voller Grausamkeit und Machtgier, aber auch voller Liebe zu seiner Melisa. Die Kamera betont immer wieder Vernons Augen, die hier tiefgründig und finster wirken, und dem ganzen Film sehr viel Ausstrahlung geben.

Während ich die Screenshots für JUNGFRAU erstellte lief im Hintergrund Musik der amerikanischen Gothic-Band Lycia, die den Film ganz vortrefflich untermalte. Diese geheimnisvolle und ruhige Stimmung des Films wurde durch die passende Musik noch verstärkt und versetzte mich fast in ein Zauberland. Doch andererseits malen die im Film tatsächlich verwendeten Dissonanzen geschickt eine weitere Schicht der Unwirklichkeit hinzu. Vor einem nervösen und oft surrealen musikalischen Hintergrund wirken die in sich ruhenden Bilder des Zauberers und seiner Gehilfin wie zwei Seiten eines sich entfaltenden Märchens.

Zu warnen ist auf jeden Fall vor der deutschen Synchro! Sätze wie „Es war sehr traumatisierend. Sie ist völlig inkontinent.“ sollten schon Warnung genug sein. Auf der anderen Seite möchte ich genauso sterben wie Dr. Frankenstein, dessen letzte Worte „Merken Sie sich eines, es ist sehr wichtig: Uuuuhhhuhuh …“ ich in meiner letzten Minute auch gerne von mir geben möchte. Aber insgesamt ist die Synchro billig, billig und vor allem billig. Die Stimmen sind schlecht gewählt, und einzig die Sprecherin von Anne Libert hat den Mut und das Können gehabt aus sich heraus zu gehen, und den Schreien und dem Gegurre der Vogelfrau überzeugend Leben einzuhauchen. Wenn irgend möglich sollte auf die englische Synchro ausgewichen werden, die den Film merklich aufwertet …

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Und um die Eingangsfrage zu beantworten, wie man als Zuschauer denn drauf sein muss, um so etwas gut zu finden? Man sollte auf jeden Fall ein Herz haben für Filme, die nicht den Gesetzen des modernen Blockbusters gehorchen. Man sollte Filme mögen, die ihre Geschichte nicht mit aller Kraft voraus verfolgen, sondern auch mal Umwege gehen, oder sich in skurrilen Nebenhandlungen verlieren, die voller liebreizender Details sind, und eine Fantasiewelt heraufbeschwören, die nicht das Produkt gewiefter Marketing-Experten ist, sondern einfach mal eben so entsteht. Aus der schöpferischen Kraft eines Künstlers und seines Teams. Denen sehr wohl bewusst ist, dass ihr Kunstwerk niemals groß Geld machen wird, die aber stattdessen etwas geschaffen haben, was auch dann noch Bestand haben wird, wenn all die nichtssagenden Superhelden und blassen Action-Langweiler bereits zu Staub verfallen sind. Denn auch dann werden noch weißgewandete Gestalten durch vernebelte Wälder ziehen. Ohne Sinn, ohne Zweck. Einfach, weil sie es können …

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Jack Grimaldi
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Blap
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Re: Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein - Jess Franco (1972)

Beitrag von Blap »

Ein wundervoller Film! Ich freue mich auf die Veröffentlichung von Wicked Vision, in solchen Fällen darf es ein Medienheft sein.
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dark_clouds
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Re: Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein - Jess Franco (1972)

Beitrag von dark_clouds »

Jupp. Vor allem, weil hier die französische Nackedei-Fassung hochauflösend an Bord ist (und auch die Hauptfassung darstellt). Bei der Damenauswahl sinnig, dadurch in manchen Szenen nicht so dämlich (vgl. Fotomodell, das angezogen auf Chaiselongue liegt, aber nacksch gemalt wird und Britt Nichols bekommt auch noch ein klein wenig mehr Spielzeit [und mehr Britt Nichols ist IMMER gut!]) und vor allem ohne den störenden Esmeralda-Subplot.

Übrigens ist auch das Franco-Interview der X-DVD mit dabei, diesmal allerdings besser übersetzt.
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CamperVan.Helsing
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Re: Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein - Jess Franco

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Blap hat geschrieben: Mi 30. Mär 2022, 08:29 Ein wundervoller Film!
:shock: :angst: :nixda:

Nee, ein zweites Mal verschwende ich meine Zeit nicht, und halte es mit dem Purgsch
purgatorio hat geschrieben: Mi 22. Mai 2013, 08:11 Eine unverhohlene Frechheit so etwas als Film zu bezeichnen :opa: :palm: :lol: 3/10
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Maulwurf
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Re: Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein - Jess Franco (1972)

Beitrag von Maulwurf »

Stimmt, ist kein Film. Ist ein Meisterwerk! :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:

dark_clouds hat geschrieben: Mi 30. Mär 2022, 10:32 Jupp. Vor allem, weil hier die französische Nackedei-Fassung hochauflösend an Bord ist (und auch die Hauptfassung darstellt). Bei der Damenauswahl sinnig, dadurch in manchen Szenen nicht so dämlich (vgl. Fotomodell, das angezogen auf Chaiselongue liegt, aber nacksch gemalt wird und Britt Nichols bekommt auch noch ein klein wenig mehr Spielzeit [und mehr Britt Nichols ist IMMER gut!]) und vor allem ohne den störenden Esmeralda-Subplot.
Das klingt selbst für mich alten Knauser überzeugend. Die Nackedeis sehen bei der NSM-DVD wie folgt aus:

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Dies soll selbstredend als Kaufargument für die Wicked Vision-VÖ verstanden werden ...

@Dark_Clouds: Dass Esmeralda nicht dabei sein wird kann ich nachvollziehen (solange sie in den Extras auftaucht), aber die Gestalten im Wald sind doch hoffentlich nicht ebenfalls verschwunden?
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