LA MORTE HA FATTO L'UOVO
(deutscher Titel: "Die Falle")
Regie: Giulio Questi
Darsteller: Jean-Louis Trintignant, Gina Lollobrigida, Ewa Aulin, Jean Sobieski
Erscheinungsjahr: 1968
Intriganter Eiertanz
Marco (Jean-Louis FLIC STORY Trintignant) besitzt zusammen mit seiner gut betuchten Frau Anna (Gina LA DONNA PIÙ BELLA DEL MONDO Lollobrigida) eine Hühnerfarm. Neueste technische Entwicklungen in diesem Bereich machen Angestellte mit Haut und Knochen praktisch überflüssig. Auch das Huhn wurde dank Gentechnik optimiert, ohne Flügel und Kopf ist es nur noch da, um zu produzieren und zu funktionieren, nicht etwa um zu leben. Zusammen mit dem nur scheinbar glücklichen Ehepaar wohnt auch Gabri (Ewa LA MORTE HA SORRISO ALL'ASSASSINO Aulin), Annas Cousine. Sowohl Marco, als auch Anna haben ein Auge auf Gabri geworfen. Zu dieser verzwickten Dreiecksbeziehung gesellt sich nun noch der Marketing-Experte Mondaini, wodurch sich die Situation um die Gunst der Frauen und des in der Hühnerfarm steckenden Geldes weiter zuspitzt. Und dann ist da ja noch Marcos verstecktes Hobby, bei dem sich alles um leichte Mädchen, Rasiermesser und schwarze Handschuhe dreht...
Kein halbes Hähnchen
Giulio Questis LA MORTE HA FATTO L'UOVO i(was übersetzt bedeutet "der Tod hat ein Ei gelegt") ist ein außergewöhnlicher Arthouse-Giallo mit Verstand und hätte Monsieur Godard sicherlich auch in Entzücken versetzt. Ein Personenspiel wird mit einer Konsum- und Sozialkritik kombiniert und um eine Prise Erotik und Gewalt angereichert. Obwohl inzwischen über 40 Jahre alt, hat dieser Giallo dank seiner Thematik und seines transgressiven Stils nicht an Aktualität, sowohl in technisch-cineastischer Hinsicht, als auch aus inhaltlicher Perspektive, verloren. Questi inszeniert eine verfremdete, surreale Anti-Realität, Argentos L'UCCELLO DALLE PIUME DI CRISTALLO nicht unähnlich.
Ständig werden Vergleiche zwischen Hühnern und Menschen angestellt, welche auf groteske Weise die Transformation des Menschen von Lebe- zu "Nutzwesen" aufzeigen. Sicherlich wäre es auch der Glücklichkeit des Menschen in der heutigen Gesellschaft zuträglich, wenn er, ähnlich wie die genetisch modifizierten Hühner, ohne Kopf und Gehirn auf der Welt wäre.
Wiederum typisch für einen Giallo sind die zentralen Elemente des Sehens, der Blicke und der Augen, die hier von Questi ins Extreme gesteigert werden und von visuellen Spielereien zu tiefgründigen Diskursen führen. In Dialogen mit Inhalten wie "die Augen wechseln" und "du hast schöne Augen" verlieren die Augen des Einzelnen an Individualität, er wird austauschbar, wie Arbeiter oder eben Hühner. Für die innovative und experimentelle Montage zeichnete sich Franco Arcalli verantwortlich, der bei allen von Questis Filmen dabei war. Er veranstaltet ein ständiges Spiel der Perspektiven, springt in Raum und Zeit, selten lässt eine Einstellung uns ein Gesamtbild erkennen, immer ist es nur ein Ausschnitt, den wir sehen. Ähnlich ergeht es auch den Protagonisten, die nicht alles erfassen können und bei dem Versuch ihre Ziele zu verwirklichen, steht ihnen immer etwas im Weg, als hätten sie „was im Auge“. Es kommt immer auf die Perspektive an, wie man eine Situation einschätzt und welche Informationen man ihr entnehmen kann. Ob die Protagonisten ihr Schicksal selber in den Händen halten ist unklar. Dieser Effekt wird noch verstärkt von der disharmonischen Musik.
Der heute 89-jährige Giulio Questi hat nur drei Kinofilme alleinverantwortlich inszeniert, was bei ihm ähnlich zu bedauern ist wie bei Francesco IL PROFUMO DELLA SIGNORA IN NERO Barilli, den beide haben einen erfrischen einzigartigen Stil, fernab von konventionellen Genre- und Sehgewohnheiten. Questi schickte Tomas Milian zurück zu den Lebenden in dem brillanten und surrealistischen Western SE SEI VIVO SPARA ("Töte, Django") und lieferte mit ARCANA einen hochinteressanten Film über die Magie ab, der bisher leider nur in Italien veröffentlicht wurde.
In Japan ist der Film mit einem wunderschönen Cover erschienen, verfügt über eine englische Tonspur und Regionalcode 2 und ist unter seinem Originaltitel online einfach zu finden.