Handlung:
Ein Mädchen im Teenageralter wird erhängt aufgefunden. Anfangs glaubt die Polizei noch an einen Selbstmord, doch als sie Beweise für Fremdverschulden entdecken, stoßen sie auf ein unschönes Geheimnis der Toten. Bald offenbart sich den fleißigen Ermittlern ein weiteres Problem, denn eine skrupellose Gestalt mit Hackebeilchen macht grausame Jagd auf Zeugen und Schnüffler. Sie bringt den Tod und sie trägt…schwarzes Leder!
Kritik:
Massimo Dallamano hat schon mit den beiden äußerst empfehlenswerten Filmen „Bandidos“ und „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“ bewiesen, dass er einen gewissen Hang zur Tragik hat, die er meisterhaft ergreifend in Szene zu setzen versteht…Diese beiden Meisterwerke sind in meinen Augen jedoch GAR NICHTS gegen „Der Tod trägt schwarzes Leder“, eine Perle des Italokinos, die uns bewegt und ängstigt, während sie uns mit Action unterhält.
Dallamano schafft es dadurch uns mit den späteren Geschehnissen zu schockieren, indem er das Publikum anfangs auf eine falsche Fährte lockt. Der Film beginnt nämlich recht gemütlich. Sicher die splitternackte Erhängte mit dem grotesk verzerrten Gesicht (@Bux: Und wenn es eine Schaufensterpuppe ist, so ist es wenigstens eine verdammt unheimliche
) lässt eine handvoll Schauer über den Rücken laufen, doch danach kommen ein paar dialogreichere Passagen in denen wir mal die Charaktere näher kennen lernen. Dies gibt uns Zeit uns mit den Protagonisten anzufreunden, versetzt uns jedoch nicht in Langeweile, da wir nach so einem aufsehenerregenden Leichenfund gleich zu beginn, sofort in die Handlung hineingezogen werden.
Unter den Ermittlern gibt es drei, die uns in den nächsten 85 Minuten die meiste Zeit als Identifikationsfiguren und Sympathieträger dienen werden: Der erste ist Inspector Claudio Cassinelli, der einen aufopferungsvollen Beamten spielt, welcher unter dem korrupten System zu leiden hat, wodurch wir einerseits eine menschliche Figur bekommen, die sich, wenn sie mit der Ungerechtigkeit der Welt konfrontiert sieht, schnell auch in einen coolen Bad-Ass-Cop verwandeln kann.
Dann haben wir Staatsanwältin Giovanna Ralli, die das Kunststück vollbringt eine erfolgreiche emanzipierte Frau zu spielen, ohne diese Rolle zu übertreiben. Sie hat typische Eigenschaften einer Heldin, ist mutig, stark und klug, bleibt dabei aber auch menschlich. Ihre Reaktionen auf die furchtbaren Geschehnisse, die später folgen, sind weder die einer klischeehaften schwachen Frau noch die eines klischeehaften Mannweibes, sonder natürliche Reaktionen die 100% nachzuvollziehen sind.
Der dritte im Bunde ist Inspecor Mario Adorf, der einen äußerst gutmütigen liebenswürdigen Polizisten gibt, welcher sich leider zur Trauer aller Zuseher nach zirka zehn Minuten für eine Weile aus dem Film verzieht. Doch keine Angst, er wird früh genug mit einem herrlich gespielten Dialog wieder in das Geschehen eintauchen.
Diese drei Charaktere begleiten uns also durch diesen netten kleinen Krimi, forschen mal hier ein wenig nach, fragen mal dort ein bisschen aus…und finden plötzlich eine zerstückelte Männerleiche, die uns Dallamano in allen Einzelteilen aus diversesten Perspektiven vor die Kamera rückt.
Diese Wendung ist einfach brillant! Wir waren so überzeugt einen durchschnittlichen kleinen Krimi geboten zu bekommen, dass uns die plötzliche Brutalität wie ein Donnerschlag trifft und wir müssen uns eingestehen, dass nun alles geschehen könnte, der Film hat seine Berechenbarkeit total verloren und das macht einen Grossteil der Spannung aus.
Noch dazu ist Dallamano, was den kameratechnischen Aspekt angeht äußerst begabt. Er weiß nicht nur, wie er die Perspektive zu setzen und wann er zu schneiden hat, um Spannung zu erzeugen; er weiß auch vor allem, wann er NICHT zu schneiden hat. Damit meine ich, dass es in dem Film einige Szenen gibt, die so schockierend sind, dass sie unmöglich durch eine kunstvolle Schnittfolge noch mehr unter die Haut gehen könnten. Dallamano weiß das und schneidet daher in diesen Szenen überhaupt nicht. Wenn beispielsweise das Zimmer voller Blut gefunden wird oder wenn das Tonband mit den Verführen der Mädchen abgespielt wird bekommen wir keine Cuts, die uns ablenken würden, nichts, was uns irgendwie distanzieren könnte, Dallamano zwingt uns förmlich uns mit dem Inhalt dieser Szenen auseinander zu setzten.
Der Film ist also durch diese Gründe schon mitreißend genug, doch um dem noch eins draufzusetzen wird die Figur des schwarzgewandeten Killers eingefügt, der mit seinem gigantischem grobschlächtigem Hackebeil eine unglaublich unheimliche Erscheinung abgibt. Bevor wir jedoch ihn sehen, sehen wir mit der zerstückelten Leiche seine Tat und nachdem er selbst damit angegeben hat, wissen wir wozu dieser Psychopath fähig ist und werden in den folgenden Minuten durch die beunruhigende Vorstellung, er könnte irgendeinem von unseren liebgewonnenen Charakteren das selbe antun, nahezu gefesselt.
Fazit: Der Film behält einen gesellschaftskritischen, düsteren und teilweise schockierenden Grundton, durch welchen er das Publikum emotional mitreißt, während liebenswerte, gut gespielte und exzellent charakterisierte Hauptpersonen und Action am laufendem Band uns auch auf eine angenehmere Art in das Geschehen hineinversetzen. 10/10