Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers
Moderator: jogiwan
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Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers
#6 Das Ding aus einer anderen Welt
Filmdaten:
Originaltitel: The Thing from another World
Land & Jahr: USA, 1951
Laufzeit: 83 Min. (leider cut)
Regie: Christian Nyby, Howard Hawks
FSK: 12
DVD: Arthaus/Kinowelt
Darsteller: Kenneth Tobey, Margaret Sheridan, Robert Cornthwaite, Douglas Spencer, und James Arness ("Rauchende Colts") als der Außerirdische
Handlung:
Ein Team von Wissenschaftlern entdeckt unweit seiner Forschungsstation in der Arktis ein Raumschiff, das abgestürzt und im Eis festgefroren ist. Eine zu Hilfe gerufene Gruppe von Soldaten versucht, das Raumschiff freizusprengen, wodurch es vernichtet wird. Ein unbekanntes Wesen kann jedoch, eingefroren in einen Eisblock, unversehrt geborgen und zur Forschungsstadion gebracht werden. Dort schmilzt das Eis und das zum Leben erwachte Wesen beginnt eine mörderische Jagd auf Menschen und Tiere...
Quelle: Wikipedia
Kritik:
Die Vorlage für diesen Film wie auch für das "Remake" von John Carpenter aus dem Jahre '82 ist die Kurzgeschichte von John W. Campbell "Who goes there" aus dem Jahre 1938.
Zwar ist Carpenters Film näher am Original, m. E. ist es aber der (etwas) "schwächere" Film. Mit schwächer meine ich nicht schlecht, natürlich ist Carpenters Film sehr gelungen und inzwischen auch ein Klassiker.
Allerdings gelang es Nyby/Hawks auch ohne Gore und Effekte mit geringen Mitteln eine unglaubliche Spannung aufzubauen und diese bis zum Ende des Films aufrechtzuerhalten.
Die beklemmende Atmo ist natürlich nicht nur ein Verdienst der gelungenen Inszenierung, sondern resultiert auch aus dem Ort des Geschehens und seinen fehlenden Fluchtmöglichkeiten, durch die im wahrsten Sinne des Wortes ein Kammerspiel aller erster Güte ermöglicht wird.
Dem Regie-Gespann gelingt es aber zusätzlich vortrefflich, durch die sorgfältige Charakterzeichnung der Mitglieder der zwei Gruppierungen (Militär und Wissenschaftler) in der Forschungsstation und deren unterschiedliche, aber nachvollziehbaren Ziele und Motivationen, die (vermeintliche) Ausweglosigkeit der Situation noch zu verstärken, da diese mehr gegeneinander als miteinander an der Lösung des Problems arbeiten.
Der geneigte Zuschauer wird unter Zuhilfeenahme der perfekten Kamerführung ins Geschehen hineingezogen und fiebert mit den Protagonisten, die aufgrund der Angst und der unterschiedlichen Interessen oftmals wie gelähmt sind; diese Hilflosigkeit überträgt sich letztendlich auch auf den Zuschauer.
Fazit:
Neben "Der Tag, an dem die Erde stillstand" imho DER überragende Si-Fi-Klassiker der 50er Jahre. Ansehen und staunen, wie man auch ohne viel Blut und SFX - oder gerade deswegen - große Spannung und eine beklemmende Atmosphäre erzeugen kann.
8/10
Filmdaten:
Originaltitel: The Thing from another World
Land & Jahr: USA, 1951
Laufzeit: 83 Min. (leider cut)
Regie: Christian Nyby, Howard Hawks
FSK: 12
DVD: Arthaus/Kinowelt
Darsteller: Kenneth Tobey, Margaret Sheridan, Robert Cornthwaite, Douglas Spencer, und James Arness ("Rauchende Colts") als der Außerirdische
Handlung:
Ein Team von Wissenschaftlern entdeckt unweit seiner Forschungsstation in der Arktis ein Raumschiff, das abgestürzt und im Eis festgefroren ist. Eine zu Hilfe gerufene Gruppe von Soldaten versucht, das Raumschiff freizusprengen, wodurch es vernichtet wird. Ein unbekanntes Wesen kann jedoch, eingefroren in einen Eisblock, unversehrt geborgen und zur Forschungsstadion gebracht werden. Dort schmilzt das Eis und das zum Leben erwachte Wesen beginnt eine mörderische Jagd auf Menschen und Tiere...
Quelle: Wikipedia
Kritik:
Die Vorlage für diesen Film wie auch für das "Remake" von John Carpenter aus dem Jahre '82 ist die Kurzgeschichte von John W. Campbell "Who goes there" aus dem Jahre 1938.
Zwar ist Carpenters Film näher am Original, m. E. ist es aber der (etwas) "schwächere" Film. Mit schwächer meine ich nicht schlecht, natürlich ist Carpenters Film sehr gelungen und inzwischen auch ein Klassiker.
Allerdings gelang es Nyby/Hawks auch ohne Gore und Effekte mit geringen Mitteln eine unglaubliche Spannung aufzubauen und diese bis zum Ende des Films aufrechtzuerhalten.
Die beklemmende Atmo ist natürlich nicht nur ein Verdienst der gelungenen Inszenierung, sondern resultiert auch aus dem Ort des Geschehens und seinen fehlenden Fluchtmöglichkeiten, durch die im wahrsten Sinne des Wortes ein Kammerspiel aller erster Güte ermöglicht wird.
Dem Regie-Gespann gelingt es aber zusätzlich vortrefflich, durch die sorgfältige Charakterzeichnung der Mitglieder der zwei Gruppierungen (Militär und Wissenschaftler) in der Forschungsstation und deren unterschiedliche, aber nachvollziehbaren Ziele und Motivationen, die (vermeintliche) Ausweglosigkeit der Situation noch zu verstärken, da diese mehr gegeneinander als miteinander an der Lösung des Problems arbeiten.
Der geneigte Zuschauer wird unter Zuhilfeenahme der perfekten Kamerführung ins Geschehen hineingezogen und fiebert mit den Protagonisten, die aufgrund der Angst und der unterschiedlichen Interessen oftmals wie gelähmt sind; diese Hilflosigkeit überträgt sich letztendlich auch auf den Zuschauer.
Fazit:
Neben "Der Tag, an dem die Erde stillstand" imho DER überragende Si-Fi-Klassiker der 50er Jahre. Ansehen und staunen, wie man auch ohne viel Blut und SFX - oder gerade deswegen - große Spannung und eine beklemmende Atmosphäre erzeugen kann.
8/10
"You can´t love animals and eat them too."
"Dressing well is a form of good manners." - Tom Ford
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Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers
#7 Nachts, wenn die Leichen schreien
Filmdaten:
OT: The Devil’s Rain
Alternativtitel: Nachts, wenn die Zombies schreien
Land & Jahr: USA/Mexico, 1975
Regie: Robert Fuest
Darsteller: William Shatner, Tom Skerritt, Ernest Borgnine, John Travolta in seiner ersten und zugleich besten Filmrolle als Augenloser
DVD: Der Film ist zB in der „Halloween Horror Box“ enthalten
Handlung (SPOILER!):
Im Neuengland des 17. Jahrhunderts unterhält Jonathan Corbis (Ernest Borgnine) einen munter florierenden Zirkel von Satansjüngern. Das geht solange gut, bis durch Verrat den Behörden ein Buch in die Hände fällt, in dem die Mitglieder samt ihrer mit Blut gezeichneten Verträge fein säuberlich notiert sind. Das Ende vom Lied: eine große Grillparty mit dem Anlass angemessenen Verwünschungen. Um ihre volle Macht wiederzuerlangen, versuchen Corbis und seine ebenfalls untoten Mitstreiter, im Lauf der Jahrhunderte wieder an das besagte Buch zu kommen, das seit Generationen die Familie Prescott bewahrt. Die Satansjünger haben sich inzwischen in Stonewall niedergelassen, einer verlassenen Goldgräberstadt im Westen. Als die Sekte mitkriegt, wo das Buch zu holen ist, kommen die Dinge ins Rollen: Mit der Entführung und Einschmelzung von Pops (George Sawaya) sowie später Ma Prescotts (Ida Lupino) soll der Forderung ausreichender Nachdruck verliehen werden. Sohn Mark (William Shatner) macht sich auf den Weg nach Stonewall, um Corbis richtig die Meinung zu geigen, gerät aber ebenfalls in die Fänge des Satanisten, die ihn gleich in die Familie integrieren. Ebenso fischen die Kuttenträger Marks Schwester Julie (Joan Prather) ab, die anstatt ihre Angehörigen befreien zu können, gleich mit Satanas vermählt werden soll. Der letzte Bruder, Tom (Tom Skerritt), versucht mit Hilfe des Satansexperten Dr. Richards (Eddie Albert) das Schlimmste zu verhindern...
Quelle: Film Maniax
Meine Kritik (Spoiler!):
Unendliche Weiten….wir schreiben das Jahr 2010….und, da haben wir es nun, das lange Zeit verschollen geglaubte Meisterwerk der Filmgeschichte, das aufgrund der vertretenen Starriege um Hühnerbrüstchen, Toupet-Träger und Anti-Schauspieler W. Shatner anspruchvollste Unterhaltung garantiert.
Okay, war gelogen (ach was!), der Film verspricht eigentlich nur dann zur anspruchvollen Unterhaltung zu mutieren, wenn man sich auf einem Kumpelsabend befindet, mindestens einen Kasten Bier intus hat, von seiner Umwelt also sowieso kaum noch was mitkriegt, und sich der Intellekt daher in Richtung grenzdebil bewegt. Dann, aber nur dann, wird man bestens unterhalten. Promised!
Da unser geliebter James T. „Saufnase“ Kirk sogar ein bisschen gefoltert wird, ist der Film auch für Trekkie-Hasser durchaus ein Objekt der Begierde. Um die Vorfreude aber etwas zu dämpfen, dass der Pyjama-Träger mitspielt und im Filmtitel schreiende Zombies erwähnt werden, bedeutet nicht, dass der Film während der Nachtperiode eines Enterprise-Einsatzes spielt und alle Besatzungsmitglieder schlecht schliefen und daher umherwandern, weil sie sich in der Bordküche den Magen verdorben hatten.
Freunde der 70er Jahre Trash-Kultur werden gut, na ja, gerade noch so eben unterhalten. Dass zu so einem Werk eigentlich auch ein paar nackte Tatsachen gehören, hatte sich zu den Machern aber leider nicht rumgesprochen, insofern ist der Moment, in dem Good-old-William oben ohne (!) ein bisschen gefoltert wird, äh, bekehrt werden soll, schon das höchste der erotischen Gefühle.
Was hier geboten wird, ist zum Teil recht lustig, gruseln dürften sich eigentlich nur Kinder bis zu 6 Jahren, wenn überhaupt, wenngleich die Masken und SFX zum Teil gar nicht soooo schlecht gemacht sind - für einen Trash-Film, wohlgemerkt. Man könnte den Film auch „Nachts, wenn dumpfbackige Satansjünger in sauren Regen geraten und deswegen schmelzen“ nennen.
Das Schmelzen der Anhänger der Rufnummer 666 ist schon ganz gut gemacht und belustigt ungemein.
Okay, versuchen wir mal ansatzweise ein seriöses Review hinzubekommen.
Zu Beginn schafft der Film es einigermaßen, eine bedrohliche Atmosphäre aufzubauen. Leider wird das Geheimnis des Verschwindens diverser Familienmitglieder relativ schnell gelüftet.
Sobald klar wird, dass auch Satansjünger die neue Welt infiltrierten, sich aber trotz des illustren Bar-B-Ques in die Neuzeit retteten (jetzt wissen wir auch endlich, wo Reagan, Bush & Konsorten herkommen!), fällt der Unheimlichkeitsfaktor allerdings ins Bodenlose, sodass dieses Werk im Ergebnis in der Tat nur noch zur Belustigung taugt.
Das Finale ist dann zweifellos der Höhepunkt und hat zumindest bei mir für viel Spaß gesorgt!
Fazit: Für Anhänger billiger B/C-Movies mit 70er-Jahre-Flair auf jeden Fall empfehlenswert und für Nachwuchs-Satanisten sowieso Pflicht.
Alle anderen: Beam me up, Scotty!
Auf der nach oben offenen Trash-Skala 5/10
Filmdaten:
OT: The Devil’s Rain
Alternativtitel: Nachts, wenn die Zombies schreien
Land & Jahr: USA/Mexico, 1975
Regie: Robert Fuest
Darsteller: William Shatner, Tom Skerritt, Ernest Borgnine, John Travolta in seiner ersten und zugleich besten Filmrolle als Augenloser
DVD: Der Film ist zB in der „Halloween Horror Box“ enthalten
Handlung (SPOILER!):
Im Neuengland des 17. Jahrhunderts unterhält Jonathan Corbis (Ernest Borgnine) einen munter florierenden Zirkel von Satansjüngern. Das geht solange gut, bis durch Verrat den Behörden ein Buch in die Hände fällt, in dem die Mitglieder samt ihrer mit Blut gezeichneten Verträge fein säuberlich notiert sind. Das Ende vom Lied: eine große Grillparty mit dem Anlass angemessenen Verwünschungen. Um ihre volle Macht wiederzuerlangen, versuchen Corbis und seine ebenfalls untoten Mitstreiter, im Lauf der Jahrhunderte wieder an das besagte Buch zu kommen, das seit Generationen die Familie Prescott bewahrt. Die Satansjünger haben sich inzwischen in Stonewall niedergelassen, einer verlassenen Goldgräberstadt im Westen. Als die Sekte mitkriegt, wo das Buch zu holen ist, kommen die Dinge ins Rollen: Mit der Entführung und Einschmelzung von Pops (George Sawaya) sowie später Ma Prescotts (Ida Lupino) soll der Forderung ausreichender Nachdruck verliehen werden. Sohn Mark (William Shatner) macht sich auf den Weg nach Stonewall, um Corbis richtig die Meinung zu geigen, gerät aber ebenfalls in die Fänge des Satanisten, die ihn gleich in die Familie integrieren. Ebenso fischen die Kuttenträger Marks Schwester Julie (Joan Prather) ab, die anstatt ihre Angehörigen befreien zu können, gleich mit Satanas vermählt werden soll. Der letzte Bruder, Tom (Tom Skerritt), versucht mit Hilfe des Satansexperten Dr. Richards (Eddie Albert) das Schlimmste zu verhindern...
Quelle: Film Maniax
Meine Kritik (Spoiler!):
Unendliche Weiten….wir schreiben das Jahr 2010….und, da haben wir es nun, das lange Zeit verschollen geglaubte Meisterwerk der Filmgeschichte, das aufgrund der vertretenen Starriege um Hühnerbrüstchen, Toupet-Träger und Anti-Schauspieler W. Shatner anspruchvollste Unterhaltung garantiert.
Okay, war gelogen (ach was!), der Film verspricht eigentlich nur dann zur anspruchvollen Unterhaltung zu mutieren, wenn man sich auf einem Kumpelsabend befindet, mindestens einen Kasten Bier intus hat, von seiner Umwelt also sowieso kaum noch was mitkriegt, und sich der Intellekt daher in Richtung grenzdebil bewegt. Dann, aber nur dann, wird man bestens unterhalten. Promised!
Da unser geliebter James T. „Saufnase“ Kirk sogar ein bisschen gefoltert wird, ist der Film auch für Trekkie-Hasser durchaus ein Objekt der Begierde. Um die Vorfreude aber etwas zu dämpfen, dass der Pyjama-Träger mitspielt und im Filmtitel schreiende Zombies erwähnt werden, bedeutet nicht, dass der Film während der Nachtperiode eines Enterprise-Einsatzes spielt und alle Besatzungsmitglieder schlecht schliefen und daher umherwandern, weil sie sich in der Bordküche den Magen verdorben hatten.
Freunde der 70er Jahre Trash-Kultur werden gut, na ja, gerade noch so eben unterhalten. Dass zu so einem Werk eigentlich auch ein paar nackte Tatsachen gehören, hatte sich zu den Machern aber leider nicht rumgesprochen, insofern ist der Moment, in dem Good-old-William oben ohne (!) ein bisschen gefoltert wird, äh, bekehrt werden soll, schon das höchste der erotischen Gefühle.
Was hier geboten wird, ist zum Teil recht lustig, gruseln dürften sich eigentlich nur Kinder bis zu 6 Jahren, wenn überhaupt, wenngleich die Masken und SFX zum Teil gar nicht soooo schlecht gemacht sind - für einen Trash-Film, wohlgemerkt. Man könnte den Film auch „Nachts, wenn dumpfbackige Satansjünger in sauren Regen geraten und deswegen schmelzen“ nennen.
Das Schmelzen der Anhänger der Rufnummer 666 ist schon ganz gut gemacht und belustigt ungemein.
Okay, versuchen wir mal ansatzweise ein seriöses Review hinzubekommen.
Zu Beginn schafft der Film es einigermaßen, eine bedrohliche Atmosphäre aufzubauen. Leider wird das Geheimnis des Verschwindens diverser Familienmitglieder relativ schnell gelüftet.
Sobald klar wird, dass auch Satansjünger die neue Welt infiltrierten, sich aber trotz des illustren Bar-B-Ques in die Neuzeit retteten (jetzt wissen wir auch endlich, wo Reagan, Bush & Konsorten herkommen!), fällt der Unheimlichkeitsfaktor allerdings ins Bodenlose, sodass dieses Werk im Ergebnis in der Tat nur noch zur Belustigung taugt.
Das Finale ist dann zweifellos der Höhepunkt und hat zumindest bei mir für viel Spaß gesorgt!
Fazit: Für Anhänger billiger B/C-Movies mit 70er-Jahre-Flair auf jeden Fall empfehlenswert und für Nachwuchs-Satanisten sowieso Pflicht.
Alle anderen: Beam me up, Scotty!
Auf der nach oben offenen Trash-Skala 5/10
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Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers
#8 - Valhalla Rising
I. Daten:
Originaltitel: Valhalla Rising
Herstellungsland: Dänemark/GB
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Nicolas Wending Ref
Darsteller: Mads Mikkelsen; Jamie Sives; Gary Lewis; u.a.
II. Inhalt:
(SPOILER!)
Die Story unterteilt sich in insgesamt sechs Kapitel:
Kapitel I - Zorn (Wrath):
Nordschottland im 11. Jahrhundert: Der mysteriöse einäugige und dauerhaft schweigende Krieger Einauge (One Eye), der auch die Fähigkeit besitzt, durch Visionen seine Zukunft zu erkennen, wird in einer abgelegenen Region von heidnischen Wikingern als Sklave gefangengehalten und gezwungen, in einer Art Gladiatorenkämpfe gegen andere Gefangene bis zum Tode zu kämpfen, wobei Einauge sämtliche Kämpfe gewinnt. Zwischen den Kämpfen wird er in einen Käfig gesperrt. Dabei hält sich regelmäßig ein Junge, Are, in seiner Nähe auf, der ihn auch mit Nahrung und Wasser versorgt. Beim Baden in einem Teich entdeckt Einauge eines Tages eine Pfeilspitze, mit der es ihm gelingt, sich zu befreien und seine Peiniger grausam zu töten.
Kapitel II - Der stille Krieger (Silent Warrior):
Nachdem er sich befreit hat, verlässt Einauge die Region. Er bemerkt, dass ihm der Junge Are in einigem Abstand folgt. Nach einiger Zeit erreichen die beiden das Lager christlicher Krieger, die gerade die Leichen erschlagener Heiden verbrennen. Der Anführer der Christen erklärt, dass sich seine Gruppe auf einen
Kreuzzug nach Jerusalem vorbereitet und bietet Einauge und Are an, sich seinen Kriegern anzuschließen, was diese auch tun.
Kapitel III - Männer Gottes (Men of God):
Die Kreuzfahrer reisen mit einem Boot in Richtung
Heiliges Land. Sie geraten jedoch bald in einen Nebel und verlieren die Orientierung. Die Besatzung verliert mit der Zeit die Nerven und vermutet einen Fluch, der auf dem Jungen Are liegen soll. Als ein Mann versucht, diesen zu ermorden, wird er von Einauge getötet. Dieser probiert kurz darauf das Seewasser und entdeckt dadurch, dass das Schiff Süßwasser durchquert und somit eine Küste erreicht hat.
Kapitel IV - Das Heilige Land (The Holy Land):
Nach der Landung stellt sich heraus, dass die Männer nicht in Palästina gelandet sind: Das Land besteht aus dichten Wäldern; bei der Erkundung des Gebietes entdeckt die Gruppe eine
indianische Begräbnisstätte. Ein Mann verschwindet. Die restlichen Kreuzfahrer kehren zum Schiff zurück, wo kurz darauf bei der Weiterfahrt einer von ihnen aus dem Hinterhalt erschossen wird.
Kapitel V - Hölle (Hell):
Unter den Überlebenden macht sich trotz Einnahme eines mutstiftenden Gebräus Verzweiflung breit, die Gruppe beginnt sich aufzulösen. Einige der Männer beten um Rettung, ein anderer vergewaltigt einen weiteren. Einauge baut auf einer kleinen Flussinsel einen
Cairn. Der nach der Landung verschwundene Krieger taucht wieder auf, den nackten Körper rot gefärbt und mit Symbolen übersät. Scheinbar in Trance erklärt er, dass er Einauges Gedanken hören könne und dass sie in der Hölle wären. Einige der Männer greifen daraufhin panisch Einauge an und werden von diesem getötet.
Kapitel VI - Das Opfer (The Sacrifice):
Einauge und Are marschieren weiter, gefolgt von den wenigen restlichen Überlebenden. Der Anführer der Kreuzfahrer, der kurz zuvor noch seinen Freund abgestochen hatte, bleibt zurück und wird von den Einheimischen erschossen. Einauge erreicht mit Are wieder die Küste, wird jedoch von den Indianern eingekesselt. Er lässt sich von diesen ohne Gegenwehr töten, Are bleibt allein zurück.
Quelle: Walhalla Rising ? Wikipedia
III. Kritik:
Nicolas Winding Refn dürfte einer der kreativsten Regisseure unserer Zeit sein.
Der gebürtige Däne begann seine Karriere mit dem Thriller “Pusher“, einem Thriller, mit dem er sein Talent schon beweisen konnte, allerdings bedurfte es noch einiger anderer Werke, bis Hollywood auf ihn aufmerksam wurde, und ihm schließlich 2011 mit “Drive” endgültig auch der internationale Durchbruch gelang.
Refn versteht es meisterlich, Konventionen aufzubrechen und auch eher “gewöhnlichen” Geschichten seinen eigenen, fast schon unverwechselbaren Stempel aufzudrücken.
Selbst der massenkompatiblere “Drive” beinhaltete die von Refn favorisierten Elemente, wie zB wenige, eher kurze Dialoge und vor allem den wortkargen “Helden” sowie drastische, oftmals unvermittelte Gewalteruptionen.
Mit “Walhalla Rising” schuf Refn sein bis dato sperrigstes Werk, welches für den Fan von Mainstream eine einzige Tortur darstellen dürfte.
Dieses verlässt nicht nur den Weg üblicher Narration, sondern stellt einen völligen Gegensatz zu heutigen Sehgewohnheiten dar.
Angefangen bei langen Einstellungen und minimalistischen Dialogen, wird dem Zuschauer fast jegliches Gerüst vorenthalten, das ihm Hilfestellung beim Verstehen des Gezeigten geben würde, geschweige denn Erklärungen liefert.
Was heutzutage kaum noch stattfindet: der Zuschauer wird gefordert!
Der übliche Overkill an möglichst aufwändiger Inszenierung, der das genaue Gegenteil von Kreativität darstellt, und der den Zuschauer entmündigt, ohne dass dieser es merkt, wird durch eine elegische Bilderflut ersetzt.
Das Medium Film wird hier nicht auf ein reines Konsumgut unterster Ebene reduziert.
Doch was hat “Walhalla Rising” uns über die eigentlich Handlung hinaus zu sagen? Dem Zuschauer werden kaum Erläuterungen geliefert.
Wenig Eindeutiges kann hierzu gesagt werden, da der Film selbst keinerlei Stellung bezieht. Es gibt weder Gut noch Böse, keine Schwarz-Weiß-Malerei, erst recht keine Auflösung noch gar ein Happy-End.
Szenen ungezügelter Rohheit weichen poetisch anmutenden Landschaftsaufnahmen, die im nächsten Augenblick durch psychedelisch-farbenfrohe Visionen abgelöst zu werden. Dadurch schafft Refn eine Atmosphäre, der sich der aufgeschlossene Zuschauer kaum entziehen kann.
Der Verweis im Titel und die Person One-Eye, deuten auf einen Zusammenhang mit der nordischen Mythologie hin.
Der Hauptgott, Odin, opferte demnach sein linkes Auge, um mehr Weisheit zu erlangen, indem er sich seherische Kräfte erhoffte. Diese Überlegung liegt nahe, zumal Odin nun auch nicht für seine “Zimperlichkeit“ bekannt ist, sondern sich in Walhall (so die korrekt Bezeichnung) mit allen Helden der Erde umgab, um mit ihnen gegen die den Weltuntergang herbeiführenden Mächte zu kämpfen.
Auch One-Eye hat seherische Fähigkeiten, die ihm seine eigene Zukunft vorhersagen. Diese Visionen durchziehen den Film, beziehen den Zuschauer also fortlaufend mit ein.
Steht hier die nordische Religion nicht nur auf der Handlungsebene, sondern auch auf der Metaebene im Konflikt mit dem aufstrebenden Christentum, dass jegliche Toleranz vermissen lässt und mit Gewalt alle „Nichtgläubigen“ missionieren will?
Man könnte zu dem Schluss kommen, dass die Aussage darin liegt, dass alle Religionen den Menschen ziellos und letztendlich ohne wahre Erlösung umherirren lassen, sodass von diesen letztendlich nur Hass und Gewalt ausgehen.
Are wird von den christlichen Kriegern anfangs als Glücksbringer gesehen, er scheint auch der einzige zu sein, auf dem keine Schuld lastet. Er erklärt des Öfteren, dass man sich auf den Weg nach Hause begeben solle, wobei er nicht erklären kann, wo dieses nun läge.
Ist Are eine Art Messias, der den Menschen nur aufzeigen kann, dass sie ihren inneren Frieden nicht im Erreichen von vermeintlich glückverheißenden Orten oder Zielen finden können, sondern nur in sich selbst? Und das stetige Suche nur dazu führt, dass man sich im wahrsten Sinne des Wortes in der eigenen Hölle verliert?
Dieses Verlorensein wird durch die Unendlichkeit der kargen Landschaften und durch das Einfangen der Darsteller verstärkt, deren Blick fast nie in die Kamera, sondern meist auf einen entfernten Punkt gerichtet ist.
Welche Rolle kommt dann One-Eye zu, außer dass man ihn stellvertretend für Odin sehen könnte. In der nordischen Mythologie kann Odin den Weltuntergang nicht aufhalten. Auch One-Eye wird [SPOILER]am Ende getötet, wobei er sich seinem Schicksal kampflos ergibt.[/SPOILER] Ein weiterer Hinweis, dass am Ende, trotz allen Glaubens, alles umsonst war.
„Walhalla Rising“ erscheint somit als ein abstrakter Endzeitfilm, wobei er nicht nur die Sinnlosigkeit des religiösen Aufbegehrens offenbart, sondern auch, dass der Weltuntergang durch unsere Rastlosigkeit von uns selbst herbeigeführt wird und in letzter Konsequenz in uns selbst stattfindet.
Die Wallfahrer sehen am Ende in One-Eye denjenigen, der sie in die Hölle geführt hat. Sie erkennen dabei nicht, dass One-Eye nur seinem eigenen Schicksal folgt, und sie es selbst sind, die ihren Untergang herbeiführen.
One-Eye ist stumm, brutal und agiert ohne wirkliches Ziel. Er scheint daher auch stellvertretend für die heuchlerischen Motive der Wallfahrer zu stehen, die Widersprüchlichkeit von Gewalt und Glaube, die nur das Ende allen Seins bedeuten kann.
Die Bildkompositionen erinnern im Übrigen an “Stalker”, dem für mich besten Film überhaupt, wobei Refn (noch) nicht an die Genialität des neben Eisensteins besten russischen Regisseurs, Andrej Tarkovsky, heranreicht.
“Stalker” funktioniert auf mehreren Metaebenen, kann neben Regimekritik auch als umfassende Studie des Menschen selbst verstanden werden. Diese Vielschichtigkeit erreicht “Walhalla Rising” imho nicht ganz.
IV. Fazit:
Was man nicht bekommt: einen martialischen, actionreichen Wikingerfilm und schon gar nicht Stumpfsinn a la "300" (zum Glück).
Was man bekommt: ein grandioses, meditatives, fast psychedelisches Werk, mit perfekter Kameraführung, dem besten Score, den ich seit langem genießen durfte, minutenlangen, ruhigen Einstellungen (vergleichbar mit „Stalker“), die von explosionsartigen Gewaltszenen abgelöst werden, die mich an Cronenberg erinnerten, letztendlich als Gesamtwerk wohl ein Tribute an Werner Herzog.
Anschauen, staunen, rätseln, genießen!
9/10
I. Daten:
Originaltitel: Valhalla Rising
Herstellungsland: Dänemark/GB
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Nicolas Wending Ref
Darsteller: Mads Mikkelsen; Jamie Sives; Gary Lewis; u.a.
II. Inhalt:
(SPOILER!)
Die Story unterteilt sich in insgesamt sechs Kapitel:
Kapitel I - Zorn (Wrath):
Nordschottland im 11. Jahrhundert: Der mysteriöse einäugige und dauerhaft schweigende Krieger Einauge (One Eye), der auch die Fähigkeit besitzt, durch Visionen seine Zukunft zu erkennen, wird in einer abgelegenen Region von heidnischen Wikingern als Sklave gefangengehalten und gezwungen, in einer Art Gladiatorenkämpfe gegen andere Gefangene bis zum Tode zu kämpfen, wobei Einauge sämtliche Kämpfe gewinnt. Zwischen den Kämpfen wird er in einen Käfig gesperrt. Dabei hält sich regelmäßig ein Junge, Are, in seiner Nähe auf, der ihn auch mit Nahrung und Wasser versorgt. Beim Baden in einem Teich entdeckt Einauge eines Tages eine Pfeilspitze, mit der es ihm gelingt, sich zu befreien und seine Peiniger grausam zu töten.
Kapitel II - Der stille Krieger (Silent Warrior):
Nachdem er sich befreit hat, verlässt Einauge die Region. Er bemerkt, dass ihm der Junge Are in einigem Abstand folgt. Nach einiger Zeit erreichen die beiden das Lager christlicher Krieger, die gerade die Leichen erschlagener Heiden verbrennen. Der Anführer der Christen erklärt, dass sich seine Gruppe auf einen
Kreuzzug nach Jerusalem vorbereitet und bietet Einauge und Are an, sich seinen Kriegern anzuschließen, was diese auch tun.
Kapitel III - Männer Gottes (Men of God):
Die Kreuzfahrer reisen mit einem Boot in Richtung
Heiliges Land. Sie geraten jedoch bald in einen Nebel und verlieren die Orientierung. Die Besatzung verliert mit der Zeit die Nerven und vermutet einen Fluch, der auf dem Jungen Are liegen soll. Als ein Mann versucht, diesen zu ermorden, wird er von Einauge getötet. Dieser probiert kurz darauf das Seewasser und entdeckt dadurch, dass das Schiff Süßwasser durchquert und somit eine Küste erreicht hat.
Kapitel IV - Das Heilige Land (The Holy Land):
Nach der Landung stellt sich heraus, dass die Männer nicht in Palästina gelandet sind: Das Land besteht aus dichten Wäldern; bei der Erkundung des Gebietes entdeckt die Gruppe eine
indianische Begräbnisstätte. Ein Mann verschwindet. Die restlichen Kreuzfahrer kehren zum Schiff zurück, wo kurz darauf bei der Weiterfahrt einer von ihnen aus dem Hinterhalt erschossen wird.
Kapitel V - Hölle (Hell):
Unter den Überlebenden macht sich trotz Einnahme eines mutstiftenden Gebräus Verzweiflung breit, die Gruppe beginnt sich aufzulösen. Einige der Männer beten um Rettung, ein anderer vergewaltigt einen weiteren. Einauge baut auf einer kleinen Flussinsel einen
Cairn. Der nach der Landung verschwundene Krieger taucht wieder auf, den nackten Körper rot gefärbt und mit Symbolen übersät. Scheinbar in Trance erklärt er, dass er Einauges Gedanken hören könne und dass sie in der Hölle wären. Einige der Männer greifen daraufhin panisch Einauge an und werden von diesem getötet.
Kapitel VI - Das Opfer (The Sacrifice):
Einauge und Are marschieren weiter, gefolgt von den wenigen restlichen Überlebenden. Der Anführer der Kreuzfahrer, der kurz zuvor noch seinen Freund abgestochen hatte, bleibt zurück und wird von den Einheimischen erschossen. Einauge erreicht mit Are wieder die Küste, wird jedoch von den Indianern eingekesselt. Er lässt sich von diesen ohne Gegenwehr töten, Are bleibt allein zurück.
Quelle: Walhalla Rising ? Wikipedia
III. Kritik:
Nicolas Winding Refn dürfte einer der kreativsten Regisseure unserer Zeit sein.
Der gebürtige Däne begann seine Karriere mit dem Thriller “Pusher“, einem Thriller, mit dem er sein Talent schon beweisen konnte, allerdings bedurfte es noch einiger anderer Werke, bis Hollywood auf ihn aufmerksam wurde, und ihm schließlich 2011 mit “Drive” endgültig auch der internationale Durchbruch gelang.
Refn versteht es meisterlich, Konventionen aufzubrechen und auch eher “gewöhnlichen” Geschichten seinen eigenen, fast schon unverwechselbaren Stempel aufzudrücken.
Selbst der massenkompatiblere “Drive” beinhaltete die von Refn favorisierten Elemente, wie zB wenige, eher kurze Dialoge und vor allem den wortkargen “Helden” sowie drastische, oftmals unvermittelte Gewalteruptionen.
Mit “Walhalla Rising” schuf Refn sein bis dato sperrigstes Werk, welches für den Fan von Mainstream eine einzige Tortur darstellen dürfte.
Dieses verlässt nicht nur den Weg üblicher Narration, sondern stellt einen völligen Gegensatz zu heutigen Sehgewohnheiten dar.
Angefangen bei langen Einstellungen und minimalistischen Dialogen, wird dem Zuschauer fast jegliches Gerüst vorenthalten, das ihm Hilfestellung beim Verstehen des Gezeigten geben würde, geschweige denn Erklärungen liefert.
Was heutzutage kaum noch stattfindet: der Zuschauer wird gefordert!
Der übliche Overkill an möglichst aufwändiger Inszenierung, der das genaue Gegenteil von Kreativität darstellt, und der den Zuschauer entmündigt, ohne dass dieser es merkt, wird durch eine elegische Bilderflut ersetzt.
Das Medium Film wird hier nicht auf ein reines Konsumgut unterster Ebene reduziert.
Doch was hat “Walhalla Rising” uns über die eigentlich Handlung hinaus zu sagen? Dem Zuschauer werden kaum Erläuterungen geliefert.
Wenig Eindeutiges kann hierzu gesagt werden, da der Film selbst keinerlei Stellung bezieht. Es gibt weder Gut noch Böse, keine Schwarz-Weiß-Malerei, erst recht keine Auflösung noch gar ein Happy-End.
Szenen ungezügelter Rohheit weichen poetisch anmutenden Landschaftsaufnahmen, die im nächsten Augenblick durch psychedelisch-farbenfrohe Visionen abgelöst zu werden. Dadurch schafft Refn eine Atmosphäre, der sich der aufgeschlossene Zuschauer kaum entziehen kann.
Der Verweis im Titel und die Person One-Eye, deuten auf einen Zusammenhang mit der nordischen Mythologie hin.
Der Hauptgott, Odin, opferte demnach sein linkes Auge, um mehr Weisheit zu erlangen, indem er sich seherische Kräfte erhoffte. Diese Überlegung liegt nahe, zumal Odin nun auch nicht für seine “Zimperlichkeit“ bekannt ist, sondern sich in Walhall (so die korrekt Bezeichnung) mit allen Helden der Erde umgab, um mit ihnen gegen die den Weltuntergang herbeiführenden Mächte zu kämpfen.
Auch One-Eye hat seherische Fähigkeiten, die ihm seine eigene Zukunft vorhersagen. Diese Visionen durchziehen den Film, beziehen den Zuschauer also fortlaufend mit ein.
Steht hier die nordische Religion nicht nur auf der Handlungsebene, sondern auch auf der Metaebene im Konflikt mit dem aufstrebenden Christentum, dass jegliche Toleranz vermissen lässt und mit Gewalt alle „Nichtgläubigen“ missionieren will?
Man könnte zu dem Schluss kommen, dass die Aussage darin liegt, dass alle Religionen den Menschen ziellos und letztendlich ohne wahre Erlösung umherirren lassen, sodass von diesen letztendlich nur Hass und Gewalt ausgehen.
Are wird von den christlichen Kriegern anfangs als Glücksbringer gesehen, er scheint auch der einzige zu sein, auf dem keine Schuld lastet. Er erklärt des Öfteren, dass man sich auf den Weg nach Hause begeben solle, wobei er nicht erklären kann, wo dieses nun läge.
Ist Are eine Art Messias, der den Menschen nur aufzeigen kann, dass sie ihren inneren Frieden nicht im Erreichen von vermeintlich glückverheißenden Orten oder Zielen finden können, sondern nur in sich selbst? Und das stetige Suche nur dazu führt, dass man sich im wahrsten Sinne des Wortes in der eigenen Hölle verliert?
Dieses Verlorensein wird durch die Unendlichkeit der kargen Landschaften und durch das Einfangen der Darsteller verstärkt, deren Blick fast nie in die Kamera, sondern meist auf einen entfernten Punkt gerichtet ist.
Welche Rolle kommt dann One-Eye zu, außer dass man ihn stellvertretend für Odin sehen könnte. In der nordischen Mythologie kann Odin den Weltuntergang nicht aufhalten. Auch One-Eye wird [SPOILER]am Ende getötet, wobei er sich seinem Schicksal kampflos ergibt.[/SPOILER] Ein weiterer Hinweis, dass am Ende, trotz allen Glaubens, alles umsonst war.
„Walhalla Rising“ erscheint somit als ein abstrakter Endzeitfilm, wobei er nicht nur die Sinnlosigkeit des religiösen Aufbegehrens offenbart, sondern auch, dass der Weltuntergang durch unsere Rastlosigkeit von uns selbst herbeigeführt wird und in letzter Konsequenz in uns selbst stattfindet.
Die Wallfahrer sehen am Ende in One-Eye denjenigen, der sie in die Hölle geführt hat. Sie erkennen dabei nicht, dass One-Eye nur seinem eigenen Schicksal folgt, und sie es selbst sind, die ihren Untergang herbeiführen.
One-Eye ist stumm, brutal und agiert ohne wirkliches Ziel. Er scheint daher auch stellvertretend für die heuchlerischen Motive der Wallfahrer zu stehen, die Widersprüchlichkeit von Gewalt und Glaube, die nur das Ende allen Seins bedeuten kann.
Die Bildkompositionen erinnern im Übrigen an “Stalker”, dem für mich besten Film überhaupt, wobei Refn (noch) nicht an die Genialität des neben Eisensteins besten russischen Regisseurs, Andrej Tarkovsky, heranreicht.
“Stalker” funktioniert auf mehreren Metaebenen, kann neben Regimekritik auch als umfassende Studie des Menschen selbst verstanden werden. Diese Vielschichtigkeit erreicht “Walhalla Rising” imho nicht ganz.
IV. Fazit:
Was man nicht bekommt: einen martialischen, actionreichen Wikingerfilm und schon gar nicht Stumpfsinn a la "300" (zum Glück).
Was man bekommt: ein grandioses, meditatives, fast psychedelisches Werk, mit perfekter Kameraführung, dem besten Score, den ich seit langem genießen durfte, minutenlangen, ruhigen Einstellungen (vergleichbar mit „Stalker“), die von explosionsartigen Gewaltszenen abgelöst werden, die mich an Cronenberg erinnerten, letztendlich als Gesamtwerk wohl ein Tribute an Werner Herzog.
Anschauen, staunen, rätseln, genießen!
9/10
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"Dressing well is a form of good manners." - Tom Ford
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Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers
#9 - La Jetée
Filmdaten:
Originaltitel: La Jetée
Land & Jahr: Frankreich, 1962
Regie: Chris Marker
Dauer: 27 Minuten, s/w
Ton: Englisch (ohne Untertitel)
Darsteller: Hélène Chatelain, Davos Hanich, André Heinrich, Jaques Ledoux, u. a.
Handlung (Spoiler!):
Im Paris nach dem dritten Weltkrieg hausen die Überlebenden in unterirdischen Gängen. Wissenschaftler experimentieren an Gefangenen, die sie zu Zeitreisenden machen wollen, damit sie aus der Vergangenheit und Zukunft dringend benötigte Hilfe in Form von Technologie und Vorräten besorgen können. Die meisten Gefangenen sterben dabei allerdings - oder werden verrückt. Nur bei einem gelingt die Transformation, der in die Zeit zurück geschickt wird, in der er als Kind auf dem Flughafen Paris-Orly eine junge Frau gesehen und einen Mord beobachtet hat: Die Erinnerung daran befähigt ihn, in diese Zeit zurückzukehren. Allerdings war es seine eigene Tötung als zeitgereister Erwachsener, die er als Kind erleben musste.
Meine Kritik (Spoiler!):
Die Handlung kommt einem irgendwie bekannt vor....stimmt, 'Twelve Monkeys', das sehr erfolgreiche Si-Fi-Endzeitdrama von Terry Gilliam.
Da hat das gute Python-Mitglied also auch nur geklaut. Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht daran erinnern, ob er Marker in den Credits genannt hat, ich denke mal ja, wäre ja auch zu offensichtlich.
Wobei 'Film' trifft es nicht ganz, Marker nennt sein Werk zurecht "Photo-Roman'. Keine Sorge, mit der Bravo hat dieses nun wahrlich nichts gemein, obwohl fast ausschließlich Fotos Verwendung finden. Aus dem "Off" wird die Geschichte des Zeitreisenden erzählt, untermalt von zu jeder Zeit passender Musik, und durch die unterschiedlich schnelle Abfolge der Fotos kann Marker auch ohne bewegte Bilder und Dialoge den Betrachter ins Geschehen hineinziehen.
Höhepunkt ist für mich die kurze, wenn auch nicht weniger intensive Szene, in der nach diversen Überblendungen plötzlich das Gesicht, genauer gesagt die Augen der jungen Frau plötzlich in Bewegung geraten. Dieser Moment, so überraschend und intensiv, dass einem die Worte fehlen. Dann werden die oftmals tristen, apokalyptischen Bilder vom Ende der Menschheit durch einen Apell für den Aufbruch, die Liebe, abgelöst.
Am Ende entscheidet sich der Zeitreisende für die echte "verklärte" Vergangheit, für die Hoffnung auf das Wiedersehen mit der jungen Frau, nur um zu erkennen, dass er selbst der getöte Fremde seiner Kindheit gewesen ist. Eine Aussage, die viele Deutungen zulässt, aber nie banal oder gar überflüssig ist.
Ein Experimental-Film der besonderen Sorte, ungewöhnlich und ziemlich einmalig.
10/10
Filmdaten:
Originaltitel: La Jetée
Land & Jahr: Frankreich, 1962
Regie: Chris Marker
Dauer: 27 Minuten, s/w
Ton: Englisch (ohne Untertitel)
Darsteller: Hélène Chatelain, Davos Hanich, André Heinrich, Jaques Ledoux, u. a.
Handlung (Spoiler!):
Im Paris nach dem dritten Weltkrieg hausen die Überlebenden in unterirdischen Gängen. Wissenschaftler experimentieren an Gefangenen, die sie zu Zeitreisenden machen wollen, damit sie aus der Vergangenheit und Zukunft dringend benötigte Hilfe in Form von Technologie und Vorräten besorgen können. Die meisten Gefangenen sterben dabei allerdings - oder werden verrückt. Nur bei einem gelingt die Transformation, der in die Zeit zurück geschickt wird, in der er als Kind auf dem Flughafen Paris-Orly eine junge Frau gesehen und einen Mord beobachtet hat: Die Erinnerung daran befähigt ihn, in diese Zeit zurückzukehren. Allerdings war es seine eigene Tötung als zeitgereister Erwachsener, die er als Kind erleben musste.
Meine Kritik (Spoiler!):
Die Handlung kommt einem irgendwie bekannt vor....stimmt, 'Twelve Monkeys', das sehr erfolgreiche Si-Fi-Endzeitdrama von Terry Gilliam.
Da hat das gute Python-Mitglied also auch nur geklaut. Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht daran erinnern, ob er Marker in den Credits genannt hat, ich denke mal ja, wäre ja auch zu offensichtlich.
Wobei 'Film' trifft es nicht ganz, Marker nennt sein Werk zurecht "Photo-Roman'. Keine Sorge, mit der Bravo hat dieses nun wahrlich nichts gemein, obwohl fast ausschließlich Fotos Verwendung finden. Aus dem "Off" wird die Geschichte des Zeitreisenden erzählt, untermalt von zu jeder Zeit passender Musik, und durch die unterschiedlich schnelle Abfolge der Fotos kann Marker auch ohne bewegte Bilder und Dialoge den Betrachter ins Geschehen hineinziehen.
Höhepunkt ist für mich die kurze, wenn auch nicht weniger intensive Szene, in der nach diversen Überblendungen plötzlich das Gesicht, genauer gesagt die Augen der jungen Frau plötzlich in Bewegung geraten. Dieser Moment, so überraschend und intensiv, dass einem die Worte fehlen. Dann werden die oftmals tristen, apokalyptischen Bilder vom Ende der Menschheit durch einen Apell für den Aufbruch, die Liebe, abgelöst.
Am Ende entscheidet sich der Zeitreisende für die echte "verklärte" Vergangheit, für die Hoffnung auf das Wiedersehen mit der jungen Frau, nur um zu erkennen, dass er selbst der getöte Fremde seiner Kindheit gewesen ist. Eine Aussage, die viele Deutungen zulässt, aber nie banal oder gar überflüssig ist.
Ein Experimental-Film der besonderen Sorte, ungewöhnlich und ziemlich einmalig.
10/10
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Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers
#10 - 19
Film-Infos:
Originaltitel: 19
Genre: Road-Movie
Land & Jahr: Japan 2000
Kinostart: 05.12.2002
FSK: ab 16 Jahren
Regie: Kazushi Watanabe
Darsteller:
- Usami: Daijiro Kawaoka
- (Yokohama): Kazushi Watanabe
- (Chiba): Takeo Noro
- (Kobe): Ryo Shinmyo
- (Happy): Masahi Endo
- Polizist: Nachi Nozawa
Handlung:
Ohne ersichtlichen Grund wird der Student Usami auf offener Straße von drei jungen Männern entführt. Die drei verraten ihm nicht, was sie wollen, behandeln ihn aber trotzdem realtiv gut, trotz eines Fluchtversuchs. Sie gehen mit ihm Einkaufen, in den Zoo und fahren schließlich mit ihm ans Meer. Doch als sie dort ein weiteres Opfer in ihre Gewalt bringen und die beiden zu ihrer Belustigung aufeinander hetzen, indem sie versprechen, der Sieger dürfe gehen, nimmt das bis dahin recht harmlose Geschehen eine dramatische Wendung ...
Quelle: OFDb.de
Kritik:
(Vorsicht, Spoiler!)
Dieser Film gibt keine Antworten. Und das Ungewöhnliche ist, dass er auch keine Fragen stellt, wenn man einmal die Frage der Entführten nach dem "Warum" außen vor lässt.
Wer die klassische Erzählweise bevorzugt und sich unbefriedigt fühlt, wenn er weder über die Motive der Beteiligten etwas erfährt noch es ein wirkliches Ende gibt, dem wird dieser Film vermutlich nicht gefallen.
Dies macht den Film aber so ungewöhnlich und auch "spannend", da er den Zuschauer auffordert, über das Gesehene nachzudenken, gleichzeitig Fragen zu stellen und dabei zu überlegen, wie denn die Antworten auf diese Fragen aussehen könnten.
Macht ein Film, eine Geschichte überhaupt Sinn, wenn er/sie dem Zuschauer "alles" überlässt und ihn nun so gar nicht an die Hand nimmt? Ich denke schon.
Die Geschichte soll einem Freund Watanabes passiert sein (ohne die Extreme in der Handlung). Watanabe hat diese als Aufhänger für eine skurrile Handlung genutzt, die uns in die Abgründe unserer modernen Zivilisation führt.
Die Entführer lassen sich ziellos treiben und sorgen für ein bisschen Abwechslung, indem die sie sich (scheinbar regelmäßig) "Opfer" suchen, die sie auf ihrem Weg begleiten.
Kommen wir zu der Frage, warum tun die "Täter" das? Wirkliche Opfer scheinen die Geknippten nicht zu sein, sie werden "umsorgt, erhalten zu Essen und zu Trinken und werden in das obskure Treibenlassen einbezogen. Die drei Kidnapper scheinen darauf zu spekulieren, dass sich ihre Opfer entweder ihrem Schicksal fügen oder sich sogar auf deren Seite ziehen lassen, denn man erfährt beiläufig, dass einer der drei sich vor einiger Zeit letztendlich angeschlossen hatte.
Plötzlich gerät das Ganze aber außer Kontrolle, führt die Orientierungs- und Hilflosigkeit eines der Gekidnappten zur ungewollten Eskalation.
Man kann viel, aber auch wenig in diese Geschichte hineininterpretieren, der Zuschauer hat die Wahl, die ruhigen, oft grobkörnigen Bilder und den dazu passenden rauen Sound auf sich wirken zu lassen und die ungewöhnliche Geschichte abseits des Mainstreams entweder um ihrer selbst willen in Erinnerung zu behalten, oder als Parabel über die Ziellosigkeit unser modernen Gesellschaft anzusehen - und die Sinnlosigkeit, dagegen aufzubegehren.
Es würde zu leicht fallen, den Weg des Grüppchens als das eigentliche Ziel anzusehen, den auch einen nachvollziehbaren Weg scheint es nicht zu geben, der zu positiven Veränderungen oder Erkenntnissen führen könnte.
Der Widerstand des einen führt (indirekt) zu dessen Tod, der andere scheint alles, was ihm bislang wichtig war, aufgeben zu wollen. Eine wirkliche Alternative zum modernen Leben ohne Werte können auch die Entführer nicht bieten. Keiner der Protagonisten ist zu irgendeinem Zeitpunkt wirklich glücklich. Nur als sie im Supermarkt über ein paar Kleinigkeiten stolpern, die sie an ihre Kindheit erinnern, werden sie für kurze Zeit vom tristen Alltag abgelenkt. Die unschuldige Kindheit haben aber alle schon längst hinter sich gelassen.
Die Entführer begehren nur scheinbar gegen Konventionen, Regeln und Gesetze auf. Ihr Handeln stellt kein wirkliches, zielgerichtetes Aufbegehren dar, sondern Regeln werden von Ihnen nur gebrochen, wenn sie dem ziellosen Treibenlassen im Wege stehen.
Als Usami am Ende ungewollt zurückgelassen wird, stellt sich nicht nur er die Frage, wie es weitergehen soll...
9/10
Film-Infos:
Originaltitel: 19
Genre: Road-Movie
Land & Jahr: Japan 2000
Kinostart: 05.12.2002
FSK: ab 16 Jahren
Regie: Kazushi Watanabe
Darsteller:
- Usami: Daijiro Kawaoka
- (Yokohama): Kazushi Watanabe
- (Chiba): Takeo Noro
- (Kobe): Ryo Shinmyo
- (Happy): Masahi Endo
- Polizist: Nachi Nozawa
Handlung:
Ohne ersichtlichen Grund wird der Student Usami auf offener Straße von drei jungen Männern entführt. Die drei verraten ihm nicht, was sie wollen, behandeln ihn aber trotzdem realtiv gut, trotz eines Fluchtversuchs. Sie gehen mit ihm Einkaufen, in den Zoo und fahren schließlich mit ihm ans Meer. Doch als sie dort ein weiteres Opfer in ihre Gewalt bringen und die beiden zu ihrer Belustigung aufeinander hetzen, indem sie versprechen, der Sieger dürfe gehen, nimmt das bis dahin recht harmlose Geschehen eine dramatische Wendung ...
Quelle: OFDb.de
Kritik:
(Vorsicht, Spoiler!)
Dieser Film gibt keine Antworten. Und das Ungewöhnliche ist, dass er auch keine Fragen stellt, wenn man einmal die Frage der Entführten nach dem "Warum" außen vor lässt.
Wer die klassische Erzählweise bevorzugt und sich unbefriedigt fühlt, wenn er weder über die Motive der Beteiligten etwas erfährt noch es ein wirkliches Ende gibt, dem wird dieser Film vermutlich nicht gefallen.
Dies macht den Film aber so ungewöhnlich und auch "spannend", da er den Zuschauer auffordert, über das Gesehene nachzudenken, gleichzeitig Fragen zu stellen und dabei zu überlegen, wie denn die Antworten auf diese Fragen aussehen könnten.
Macht ein Film, eine Geschichte überhaupt Sinn, wenn er/sie dem Zuschauer "alles" überlässt und ihn nun so gar nicht an die Hand nimmt? Ich denke schon.
Die Geschichte soll einem Freund Watanabes passiert sein (ohne die Extreme in der Handlung). Watanabe hat diese als Aufhänger für eine skurrile Handlung genutzt, die uns in die Abgründe unserer modernen Zivilisation führt.
Die Entführer lassen sich ziellos treiben und sorgen für ein bisschen Abwechslung, indem die sie sich (scheinbar regelmäßig) "Opfer" suchen, die sie auf ihrem Weg begleiten.
Kommen wir zu der Frage, warum tun die "Täter" das? Wirkliche Opfer scheinen die Geknippten nicht zu sein, sie werden "umsorgt, erhalten zu Essen und zu Trinken und werden in das obskure Treibenlassen einbezogen. Die drei Kidnapper scheinen darauf zu spekulieren, dass sich ihre Opfer entweder ihrem Schicksal fügen oder sich sogar auf deren Seite ziehen lassen, denn man erfährt beiläufig, dass einer der drei sich vor einiger Zeit letztendlich angeschlossen hatte.
Plötzlich gerät das Ganze aber außer Kontrolle, führt die Orientierungs- und Hilflosigkeit eines der Gekidnappten zur ungewollten Eskalation.
Man kann viel, aber auch wenig in diese Geschichte hineininterpretieren, der Zuschauer hat die Wahl, die ruhigen, oft grobkörnigen Bilder und den dazu passenden rauen Sound auf sich wirken zu lassen und die ungewöhnliche Geschichte abseits des Mainstreams entweder um ihrer selbst willen in Erinnerung zu behalten, oder als Parabel über die Ziellosigkeit unser modernen Gesellschaft anzusehen - und die Sinnlosigkeit, dagegen aufzubegehren.
Es würde zu leicht fallen, den Weg des Grüppchens als das eigentliche Ziel anzusehen, den auch einen nachvollziehbaren Weg scheint es nicht zu geben, der zu positiven Veränderungen oder Erkenntnissen führen könnte.
Der Widerstand des einen führt (indirekt) zu dessen Tod, der andere scheint alles, was ihm bislang wichtig war, aufgeben zu wollen. Eine wirkliche Alternative zum modernen Leben ohne Werte können auch die Entführer nicht bieten. Keiner der Protagonisten ist zu irgendeinem Zeitpunkt wirklich glücklich. Nur als sie im Supermarkt über ein paar Kleinigkeiten stolpern, die sie an ihre Kindheit erinnern, werden sie für kurze Zeit vom tristen Alltag abgelenkt. Die unschuldige Kindheit haben aber alle schon längst hinter sich gelassen.
Die Entführer begehren nur scheinbar gegen Konventionen, Regeln und Gesetze auf. Ihr Handeln stellt kein wirkliches, zielgerichtetes Aufbegehren dar, sondern Regeln werden von Ihnen nur gebrochen, wenn sie dem ziellosen Treibenlassen im Wege stehen.
Als Usami am Ende ungewollt zurückgelassen wird, stellt sich nicht nur er die Frage, wie es weitergehen soll...
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Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers
#11 Der unsichtbare Dritte - North by Northwest
Filmdaten:
Originaltitel: North by Northwest
Regie: Alfred Hitchcock
Land und Jahr: USA, 1959
Darsteller: Cary Grant, Eva Marie Saint, james Mason, u. a. (zB Hitchcock als Passant, der den Bus verpasst)
Inhalt:
Der New Yorker Werbefachmann Roger Thornhill wird eines Nachmittags während einer Geschäftsbesprechung im New Yorker Plaza-Hotel von bewaffneten Männern abgefangen, als er sich auf dem Weg zu einer Telefonzelle befindet. Die Gangster halten ihn irrtümlich für einen Mann namens George Kaplan, den sie zuvor ans Telefon rufen ließen.
Thornhill wird in ein Auto verfrachtet und zu einer Villa außerhalb New Yorks gebracht, an deren Einfahrt der Name Townsend steht. Ein eleganter Mann, der sich nicht vorstellt, und dessen Sekretär mit Namen Leonard fordern ihn auf, mit ihnen zu kooperieren. Thornhill lehnt ab, da er natürlich nicht weiß, was die Männer wollen. Seinen Beteuerungen, nicht Kaplan zu sein, schenken die Entführer keinen Glauben.
Schließlich flößen sie ihm zwangsweise Whisky ein, setzen ihn in ein gestohlenes Auto und versuchen, ihn über eine Klippe fahren zu lassen.
Thornhill gelingt zwar die Flucht, doch fällt er sturzbetrunken der Polizei in die Hände. Der Richter, vor dem er am nächsten Morgen steht, glaubt ihm seine Geschichte zunächst nicht. Thornhill macht sich auf die Suche nach den Verantwortlichen...
Quelle: Wikipedia.de
Kritik:
Dadurch, dass der geneigte Zuschauer in der ersten halben Stunde nie mehr weiß als der Hauptprotagonist, besteht gegenüber letzterem keinerlei Wissensvorsprung.
Obwohl das Gesehene eigentlich keinerlei Interpretationspielraum zulässt, entstehen bei Thornhill und anfangs auch beim Zuschauer gleichermaßen leichte Zweifel, ob das Geschehen tatsächlich so passiert ist.
Auch wenn die Geschichte eher konventionell ist, schafft es Hitchcock aufgrund dieser zwei Faktoren trotzdem, dem Zuschauer einen gewissen Suspense vorzugaukeln. Die Verwirrung ist dementsprechend groß, sodass die Spannung von Szene zu Szene ansteigt.
Hinzu kommt, dass es Thornhill gelingt, nicht nur seinen Häschern zu entkommen, sondern auch der Polizei. Neben dem Rätselraten, warum Thornhill Zielscheibe einer "unbekannten Macht" geworden ist, fiebert man mit ihm auf seiner Flucht und gleichzeitigen Suche nach den wahren Hintergründen mit.
So ist auch das, was in der ersten halben bis dreiviertel Stunde passiert, der beste Part des Films.
Ausgenommen zwei Szenen: Neben der berühmten "Maisfeldszene", in der Hitchcock beweist, dass man auch an völlig unschuldigen Orten und am helllichten Tag unerträgliche Spannung aufbauen kann, bleiben wohl die Szenen am Mount Rushmore bei jedem im Gedächtnis.
Auch wenn die SFX nicht als solche zu bezeichnen sind, ist deren Inszenierung ungemein "effektvoll".
Allein die Idee, den Mount Rushmore für eine Verfolgungsjagd zu nutzen, ist grandios, auch wenn es sicherlich dem einen oder anderen Amerikaner nicht gefallen haben dürfte, dass jemand auf den vier bekanntesten Präsidenten "herumkraxelt" und "Räuber und Gendarm" spielt.
Ein konstanter Storyfluss bleibt stets erhalten, dass Tempo ist angenehm und die gesamte Inszenierung kann auch aufgrund humoristischer Untertöne als geradezu "easy" bezeichnet werden.
Auch wenn Thornhill recht unfreiwillig die Rolle des Retters wichtiger staatlicher Geheimnisse übernimmt, so ist doch der Mix aus Thriller mit Actionelementen wohl der erste Schritt in die Richtung der heutigen actionlastigen Agententhriller. North by Northwest hat damit auch maßgeblich heutige Genres beeinflusst und hierfür die ersten Ideen geliefert.
Cary Grant überzeugt vollauf in seiner Rolle, gerade auch wegen des humoristischen Untertons dieses Films, auch wenn er das eine oder andere Mal leicht zum Overacting neigt, wofür er ja letztendlich auch bekannt geworden ist.
Eva Maria Saint halte ich für eine nicht so glückliche Besetzung, sie ist Grant nicht gewachsen und bleibt doch ein wenig blass. Da haben mir zB Tippi Hedren oder aber Kim Nowak in anderen Werken Hitchcocks doch besser gefallen und einfach ausdrucksstärkere Leistungen abgeliefert. Okay, es liegt vielleicht auch daran, dass sie mir als Typ nur wenig zusagt.
James Mason agiert gewohnt souverän und geradezu unterkühlt, so dass sein Spiel hervorragend zur Rolle passt.
Fazit:
Der Meister des Suspense liefert hier seinen wohl besten "lupenreinen" Thriller ab. Auch wenn er aufgrund der eher konventionellen Story vielleicht nicht ganz an "Psycho" oder "Die Vögel" heranreicht, gehört er doch imho zu Hitchcocks Top 5.
Absolut und uneingeschränkt empfehlenswert! 9/10
Filmdaten:
Originaltitel: North by Northwest
Regie: Alfred Hitchcock
Land und Jahr: USA, 1959
Darsteller: Cary Grant, Eva Marie Saint, james Mason, u. a. (zB Hitchcock als Passant, der den Bus verpasst)
Inhalt:
Der New Yorker Werbefachmann Roger Thornhill wird eines Nachmittags während einer Geschäftsbesprechung im New Yorker Plaza-Hotel von bewaffneten Männern abgefangen, als er sich auf dem Weg zu einer Telefonzelle befindet. Die Gangster halten ihn irrtümlich für einen Mann namens George Kaplan, den sie zuvor ans Telefon rufen ließen.
Thornhill wird in ein Auto verfrachtet und zu einer Villa außerhalb New Yorks gebracht, an deren Einfahrt der Name Townsend steht. Ein eleganter Mann, der sich nicht vorstellt, und dessen Sekretär mit Namen Leonard fordern ihn auf, mit ihnen zu kooperieren. Thornhill lehnt ab, da er natürlich nicht weiß, was die Männer wollen. Seinen Beteuerungen, nicht Kaplan zu sein, schenken die Entführer keinen Glauben.
Schließlich flößen sie ihm zwangsweise Whisky ein, setzen ihn in ein gestohlenes Auto und versuchen, ihn über eine Klippe fahren zu lassen.
Thornhill gelingt zwar die Flucht, doch fällt er sturzbetrunken der Polizei in die Hände. Der Richter, vor dem er am nächsten Morgen steht, glaubt ihm seine Geschichte zunächst nicht. Thornhill macht sich auf die Suche nach den Verantwortlichen...
Quelle: Wikipedia.de
Kritik:
Dadurch, dass der geneigte Zuschauer in der ersten halben Stunde nie mehr weiß als der Hauptprotagonist, besteht gegenüber letzterem keinerlei Wissensvorsprung.
Obwohl das Gesehene eigentlich keinerlei Interpretationspielraum zulässt, entstehen bei Thornhill und anfangs auch beim Zuschauer gleichermaßen leichte Zweifel, ob das Geschehen tatsächlich so passiert ist.
Auch wenn die Geschichte eher konventionell ist, schafft es Hitchcock aufgrund dieser zwei Faktoren trotzdem, dem Zuschauer einen gewissen Suspense vorzugaukeln. Die Verwirrung ist dementsprechend groß, sodass die Spannung von Szene zu Szene ansteigt.
Hinzu kommt, dass es Thornhill gelingt, nicht nur seinen Häschern zu entkommen, sondern auch der Polizei. Neben dem Rätselraten, warum Thornhill Zielscheibe einer "unbekannten Macht" geworden ist, fiebert man mit ihm auf seiner Flucht und gleichzeitigen Suche nach den wahren Hintergründen mit.
So ist auch das, was in der ersten halben bis dreiviertel Stunde passiert, der beste Part des Films.
Ausgenommen zwei Szenen: Neben der berühmten "Maisfeldszene", in der Hitchcock beweist, dass man auch an völlig unschuldigen Orten und am helllichten Tag unerträgliche Spannung aufbauen kann, bleiben wohl die Szenen am Mount Rushmore bei jedem im Gedächtnis.
Auch wenn die SFX nicht als solche zu bezeichnen sind, ist deren Inszenierung ungemein "effektvoll".
Allein die Idee, den Mount Rushmore für eine Verfolgungsjagd zu nutzen, ist grandios, auch wenn es sicherlich dem einen oder anderen Amerikaner nicht gefallen haben dürfte, dass jemand auf den vier bekanntesten Präsidenten "herumkraxelt" und "Räuber und Gendarm" spielt.
Ein konstanter Storyfluss bleibt stets erhalten, dass Tempo ist angenehm und die gesamte Inszenierung kann auch aufgrund humoristischer Untertöne als geradezu "easy" bezeichnet werden.
Auch wenn Thornhill recht unfreiwillig die Rolle des Retters wichtiger staatlicher Geheimnisse übernimmt, so ist doch der Mix aus Thriller mit Actionelementen wohl der erste Schritt in die Richtung der heutigen actionlastigen Agententhriller. North by Northwest hat damit auch maßgeblich heutige Genres beeinflusst und hierfür die ersten Ideen geliefert.
Cary Grant überzeugt vollauf in seiner Rolle, gerade auch wegen des humoristischen Untertons dieses Films, auch wenn er das eine oder andere Mal leicht zum Overacting neigt, wofür er ja letztendlich auch bekannt geworden ist.
Eva Maria Saint halte ich für eine nicht so glückliche Besetzung, sie ist Grant nicht gewachsen und bleibt doch ein wenig blass. Da haben mir zB Tippi Hedren oder aber Kim Nowak in anderen Werken Hitchcocks doch besser gefallen und einfach ausdrucksstärkere Leistungen abgeliefert. Okay, es liegt vielleicht auch daran, dass sie mir als Typ nur wenig zusagt.
James Mason agiert gewohnt souverän und geradezu unterkühlt, so dass sein Spiel hervorragend zur Rolle passt.
Fazit:
Der Meister des Suspense liefert hier seinen wohl besten "lupenreinen" Thriller ab. Auch wenn er aufgrund der eher konventionellen Story vielleicht nicht ganz an "Psycho" oder "Die Vögel" heranreicht, gehört er doch imho zu Hitchcocks Top 5.
Absolut und uneingeschränkt empfehlenswert! 9/10
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Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers
#12 - Woodoo - Die Schreckensinsel der Zombies
Filmdaten:
Originaltitel: Zombi 2
Herstellungsland/-jahr: Italien / 1979
Regie: Lucio Fulci
Darsteller: Tisa Farrow, Ian McCulloch, Richard Johnson, Al Cliver, Olga Karlatos, Dakar, Ottaviano Dell'Acqua, u. a.
Inhalt:
Als in New York ein führerloses Segelboot einläuft und ein Polizeibeamter auf dem Boot von einer zombieartigen Kreatur angegriffen und getötet wird, stellt der Reporter Peter West (Ian McCulloch) zusammen mit Anne Bowles (Tisa Farrow), der Tochter des Bootbesitzers, Nachforschungen an. Dabei erfahren sie, dass sich Annes Vater zuletzt auf einer Insel namens Matool aufhielt. Sie reisen auf die Antillen und heuern die beiden Amerikaner Brian Hull (Al Cliver) und Susan Barrett (Auretta Gay) an, um mit deren Schiff nach Matool zu kommen. Dort treffen sie auf Dr. Menard (Richard Johnson), der sie mit der grausamen Wahrheit konfrontiert: Die Verstorbenen steigen als lebende Tote aus den Gräbern. Und da jedes Opfer die Zahl der Zombies ansteigen lässt, wird die Insel langsam aber unaufhaltsam von den Untoten überrannt...
Quelle: OFDb
Kritik:
Nach langer Zeit habe ich Fulcis "Antwort" auf Dawn of the Dead mal wieder gesehen.
Wenn man mich fragen würde, welches Werk Fulcis mir am besten gefällt, würde ich ziemlich ins Grübeln kommen. Das Portfolio Fulcis reicht ja von Horror, über Giallo/Thriller bis hin zu gar nicht mal schlechten Western.
Ich schwanke zwischen The Beyond und Woodoo, wobei der erstgenannte vermutlich unter Fans und Kritikern als der beste Film Fulcis überhaupt gilt.
Letztendlich würde ich mich für Woodoo entscheiden, da er mir einfach mehr ans Herz gewachsen ist und ich die skurrilen Ideen, wie zB den "Unterwasserzombie"
bis hin zur schmoddrigen Härte, wie zB die berühmte und berüchtigte Szene mit dem Splitter und dem Auge
einfach überaus unterhaltsam finde.
Zwar reicht Woodoo nicht an Romeros Werke heran, die Zombies selbst sind aber viel besser gestaltet, wirken "authentischer" und tragen mit dem Karibikflair zur tollen Atmo bei.
Woodoo ist für mich der mit Abstand beste "reine" Italo-Zombiefilm und bekommt daher verdiente
8,5/10
Filmdaten:
Originaltitel: Zombi 2
Herstellungsland/-jahr: Italien / 1979
Regie: Lucio Fulci
Darsteller: Tisa Farrow, Ian McCulloch, Richard Johnson, Al Cliver, Olga Karlatos, Dakar, Ottaviano Dell'Acqua, u. a.
Inhalt:
Als in New York ein führerloses Segelboot einläuft und ein Polizeibeamter auf dem Boot von einer zombieartigen Kreatur angegriffen und getötet wird, stellt der Reporter Peter West (Ian McCulloch) zusammen mit Anne Bowles (Tisa Farrow), der Tochter des Bootbesitzers, Nachforschungen an. Dabei erfahren sie, dass sich Annes Vater zuletzt auf einer Insel namens Matool aufhielt. Sie reisen auf die Antillen und heuern die beiden Amerikaner Brian Hull (Al Cliver) und Susan Barrett (Auretta Gay) an, um mit deren Schiff nach Matool zu kommen. Dort treffen sie auf Dr. Menard (Richard Johnson), der sie mit der grausamen Wahrheit konfrontiert: Die Verstorbenen steigen als lebende Tote aus den Gräbern. Und da jedes Opfer die Zahl der Zombies ansteigen lässt, wird die Insel langsam aber unaufhaltsam von den Untoten überrannt...
Quelle: OFDb
Kritik:
Nach langer Zeit habe ich Fulcis "Antwort" auf Dawn of the Dead mal wieder gesehen.
Wenn man mich fragen würde, welches Werk Fulcis mir am besten gefällt, würde ich ziemlich ins Grübeln kommen. Das Portfolio Fulcis reicht ja von Horror, über Giallo/Thriller bis hin zu gar nicht mal schlechten Western.
Ich schwanke zwischen The Beyond und Woodoo, wobei der erstgenannte vermutlich unter Fans und Kritikern als der beste Film Fulcis überhaupt gilt.
Letztendlich würde ich mich für Woodoo entscheiden, da er mir einfach mehr ans Herz gewachsen ist und ich die skurrilen Ideen, wie zB den "Unterwasserzombie"
bis hin zur schmoddrigen Härte, wie zB die berühmte und berüchtigte Szene mit dem Splitter und dem Auge
einfach überaus unterhaltsam finde.
Zwar reicht Woodoo nicht an Romeros Werke heran, die Zombies selbst sind aber viel besser gestaltet, wirken "authentischer" und tragen mit dem Karibikflair zur tollen Atmo bei.
Woodoo ist für mich der mit Abstand beste "reine" Italo-Zombiefilm und bekommt daher verdiente
8,5/10
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Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers
#13 - L'Ultimo Treno de la Notte
DT: Mädchen in den Krallen teuflischer Bestien
Italien: 1975
Regie: Aldo Lado
Darsteller: Flavio Bucci, Macha Meril, Gianfranco De Grassi, Enrico Maria Salemo, Marina Berti, Franco Fabrizi, Irene Miracle, Laura D'Angelo
Drehbuch: Roberto Infascelli / Renato Izzo
Kamera: Gabor Pogany
Musik: Ennio Morricone
Inhalt:
Zwei hübsche Studentinnen wollen über die Weihnachtsfeiertage mit dem Zug die Familie besuchen. Leider verschlägt es zwei Kriminelle in den gleichen Zug, denen nicht entgeht, dass die beiden Mädchen allein unterwegs sind. Dann kommt eine skrupellose Fremde ins Spiel, die dem ganzen eine unerwartete Wendung gibt…
Kritik:
Aldo Lados Film entstand nur ein Jahr später als Wes Cravens “Last House on the Left”. Als Plagiat würde ich ihn allerdings nicht bezeichnen und schon gar nicht als schlechte Kopie.
Im Gegenteil, L’ultimo Treno della Notte ist ein starker Vertreter des Rape ‘n Revenge Genres, der sich vor “Last House on the Left” nicht verstecken muss, meines Erachtens ist er sogar stärker.
Auch wenn die Story an sich nicht originell ist, gelingt aufgrund der sorgfältigen Einführung der Charaktere der beiden Mädchen eine gewisse Bindung zu diesen, sodass man mit den beiden mit leidet und einem die Zerstörung der heilen Welt durchaus nahe geht.
Die darstellerischen Leistungen können überzeugen, die Charaktere sind ambivalent und vor allem der Charakter der unbekannten Frau entwickelt sich überraschend. Die Musik von Ennio Morricone ist wieder eine Klasse für sich.
Die Grausamkeiten entfalten auch ohne explizite Zurschaustellung ihre besondere Wirkung, gerade weil es so unbegreiflich ist, dass gerade eine Frau die steuernde und manipulierende Kraft ist, zumal sie neben dem älteren Herrn, der sich willfährig zum Mittäter machen lässt, die einzige gewesen wäre, die hätte eingreifen können.
Durch die fehlenden Fluchtmöglichkeiten entwickelt sich eine Art Kammerspiel, durch dass sich die völlige Hilflosigkeit auf die Zuschauer überträgt, sodass diese den Revengepart absolut nachvollziehen können.
Ohne zu viel verraten zu wollen, setzt dann das Ende dem Ganzen die negative Krone aus, da dem simplen Wunsch, dass vollumfänglich Gerechtigkeit geübt wird, nicht Genüge getan wird. Dem Zuschauer wird es also alles andere als leicht gemacht.
Tolles Genrekino, absolut empfehlenswert!
8/10
DT: Mädchen in den Krallen teuflischer Bestien
Italien: 1975
Regie: Aldo Lado
Darsteller: Flavio Bucci, Macha Meril, Gianfranco De Grassi, Enrico Maria Salemo, Marina Berti, Franco Fabrizi, Irene Miracle, Laura D'Angelo
Drehbuch: Roberto Infascelli / Renato Izzo
Kamera: Gabor Pogany
Musik: Ennio Morricone
Inhalt:
Zwei hübsche Studentinnen wollen über die Weihnachtsfeiertage mit dem Zug die Familie besuchen. Leider verschlägt es zwei Kriminelle in den gleichen Zug, denen nicht entgeht, dass die beiden Mädchen allein unterwegs sind. Dann kommt eine skrupellose Fremde ins Spiel, die dem ganzen eine unerwartete Wendung gibt…
Kritik:
Aldo Lados Film entstand nur ein Jahr später als Wes Cravens “Last House on the Left”. Als Plagiat würde ich ihn allerdings nicht bezeichnen und schon gar nicht als schlechte Kopie.
Im Gegenteil, L’ultimo Treno della Notte ist ein starker Vertreter des Rape ‘n Revenge Genres, der sich vor “Last House on the Left” nicht verstecken muss, meines Erachtens ist er sogar stärker.
Auch wenn die Story an sich nicht originell ist, gelingt aufgrund der sorgfältigen Einführung der Charaktere der beiden Mädchen eine gewisse Bindung zu diesen, sodass man mit den beiden mit leidet und einem die Zerstörung der heilen Welt durchaus nahe geht.
Die darstellerischen Leistungen können überzeugen, die Charaktere sind ambivalent und vor allem der Charakter der unbekannten Frau entwickelt sich überraschend. Die Musik von Ennio Morricone ist wieder eine Klasse für sich.
Die Grausamkeiten entfalten auch ohne explizite Zurschaustellung ihre besondere Wirkung, gerade weil es so unbegreiflich ist, dass gerade eine Frau die steuernde und manipulierende Kraft ist, zumal sie neben dem älteren Herrn, der sich willfährig zum Mittäter machen lässt, die einzige gewesen wäre, die hätte eingreifen können.
Durch die fehlenden Fluchtmöglichkeiten entwickelt sich eine Art Kammerspiel, durch dass sich die völlige Hilflosigkeit auf die Zuschauer überträgt, sodass diese den Revengepart absolut nachvollziehen können.
Ohne zu viel verraten zu wollen, setzt dann das Ende dem Ganzen die negative Krone aus, da dem simplen Wunsch, dass vollumfänglich Gerechtigkeit geübt wird, nicht Genüge getan wird. Dem Zuschauer wird es also alles andere als leicht gemacht.
Tolles Genrekino, absolut empfehlenswert!
8/10
"You can´t love animals and eat them too."
"Dressing well is a form of good manners." - Tom Ford
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Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers
#14 - Saving Private Ryan
Inhalt:
Aus der Sicht einer Einheit amerikanischer Soldaten beginnt der Film am Tag der historischen D-Day-Invasion des 2. Weltkrieges mit der Landung am Strand. Von hier aus startet die Einheit zu einem gefährlichen Sonderauftrag: Captian John Miller(Tom Hanks) muss mit seinen Männern hinter die feindlichen Linien dringen, um den Gefreiten James Ryan zu finden, dessen drei Brüder auf dem Schlachtfeld gestorben sind. Angesichts dieser schier unlösbaren Aufgabe beginnen die Männer an ihren Befehlen zu zweifeln. Warum acht Leben riskieren, um eines zu retten ? Umgeben von der brutalen Realität des Krieges sucht jeder nach seiner eigenen Antwort. Und sie suchen nach der Stärke, über die unsichere Zukunft mit Ehre, Anstand und Mut zu triumphieren.
Quelle: OFDb.de
Kurzkritik:
Meines Erachtens weißt der Film 3 Abschnitte auf, die man mit grandios, durchschnittlich und unerträglich bewerten kan.
Da man ja immmer mit dem Positiven beginnnen soll:
I. Omaha Beach - grandioser Abschnitt
Die Landungssequenz zählt wohl mit zum Besten, was man unter Antikriegsfilm(-sequenz) subsumieren kann. Der Zuschauer hat den Eindruck, mitten unter den Marines zu sein, die Intensität der Inszenierung sucht ihresgleichen. Hier werden auch die Kriegsverbrechen der Amis nicht unter den Teppich gekehrt. Der Krieg als menschenverachtende Hölle ohne heroisierende Elemente.
II. Die Suche nach Ryan - durchschnittlicher Abschnitt
Die Suche nach Ryan weißt keine Höhepunkte auf, sondern stellt sich als durchschnittliches Kriegsfilmspektakel dar, das fast ins abenteuerliche abdriftet. Gerade noch Durchschnitt, wenn man aber den kaum zu toppenden Anfang bedenkt, kann man diesen Abstieg nicht verstehen. Wohl ein Tribut an die Massenkompatibilität. Hollywood eben.
III. Anfangs- und Endszene auf dem Soldatenfriedhof - unerträglicher Abschnitt
Was diese Sequenzen sollen, werde ich nie verstehen. Pathetischer war selbst unser Mann in Hollywood, Roland Emmerich, nie. Der Schwenk auf "Stars and Stripes" macht fast den ganzen Film zunichte. Ekelhaft patriotisch und völlig überflüssig, stellt er doch die eigentliche Aussage des Films in Frage.
Fazit: Spielberg verschenkte die Chance, einen Meilenstein wie "Apocalypse Now" oder "Full Metal Jacket" zu schaffen. Warum er seine Fähigkeiten, Mittel und Freiheiten nicht (mehr) nutzt, um wirklich gute Filme zu drehen, verstehe ich nicht.
6,5/10
Inhalt:
Aus der Sicht einer Einheit amerikanischer Soldaten beginnt der Film am Tag der historischen D-Day-Invasion des 2. Weltkrieges mit der Landung am Strand. Von hier aus startet die Einheit zu einem gefährlichen Sonderauftrag: Captian John Miller(Tom Hanks) muss mit seinen Männern hinter die feindlichen Linien dringen, um den Gefreiten James Ryan zu finden, dessen drei Brüder auf dem Schlachtfeld gestorben sind. Angesichts dieser schier unlösbaren Aufgabe beginnen die Männer an ihren Befehlen zu zweifeln. Warum acht Leben riskieren, um eines zu retten ? Umgeben von der brutalen Realität des Krieges sucht jeder nach seiner eigenen Antwort. Und sie suchen nach der Stärke, über die unsichere Zukunft mit Ehre, Anstand und Mut zu triumphieren.
Quelle: OFDb.de
Kurzkritik:
Meines Erachtens weißt der Film 3 Abschnitte auf, die man mit grandios, durchschnittlich und unerträglich bewerten kan.
Da man ja immmer mit dem Positiven beginnnen soll:
I. Omaha Beach - grandioser Abschnitt
Die Landungssequenz zählt wohl mit zum Besten, was man unter Antikriegsfilm(-sequenz) subsumieren kann. Der Zuschauer hat den Eindruck, mitten unter den Marines zu sein, die Intensität der Inszenierung sucht ihresgleichen. Hier werden auch die Kriegsverbrechen der Amis nicht unter den Teppich gekehrt. Der Krieg als menschenverachtende Hölle ohne heroisierende Elemente.
II. Die Suche nach Ryan - durchschnittlicher Abschnitt
Die Suche nach Ryan weißt keine Höhepunkte auf, sondern stellt sich als durchschnittliches Kriegsfilmspektakel dar, das fast ins abenteuerliche abdriftet. Gerade noch Durchschnitt, wenn man aber den kaum zu toppenden Anfang bedenkt, kann man diesen Abstieg nicht verstehen. Wohl ein Tribut an die Massenkompatibilität. Hollywood eben.
III. Anfangs- und Endszene auf dem Soldatenfriedhof - unerträglicher Abschnitt
Was diese Sequenzen sollen, werde ich nie verstehen. Pathetischer war selbst unser Mann in Hollywood, Roland Emmerich, nie. Der Schwenk auf "Stars and Stripes" macht fast den ganzen Film zunichte. Ekelhaft patriotisch und völlig überflüssig, stellt er doch die eigentliche Aussage des Films in Frage.
Fazit: Spielberg verschenkte die Chance, einen Meilenstein wie "Apocalypse Now" oder "Full Metal Jacket" zu schaffen. Warum er seine Fähigkeiten, Mittel und Freiheiten nicht (mehr) nutzt, um wirklich gute Filme zu drehen, verstehe ich nicht.
6,5/10
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Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers
#15 - Der Schwanz des Skorpions
OT: La Coda dello scorpione
Darsteller: George Hilton, Anita Strindberg, Alberto de Mendoza, Ida Galli, Janine Reynaud, Luigi Pistilli, Tom Felleghy, Luis Barboo, Lisa Leonardi, Tomas Pico, Franco Caracciolo, Fulvio Mingozzi
Regie: Sergio Martino
Drehbuch: Ernesto Gastaldi / Eduardo Manzanos Brochero
Kamera. Emilio Foriscot
Musik: Bruno Nicolai
FSK 18
Italien / Spanien / 1971
Inhalt:
Nachdem der jungen Witwe Lisa eine Versicherungspolice von 1 Million Dollar ausgezahlt wird, scheint ein Wettlauf um das Geld zu beginnen. Menschen sterben, die Polizei ist ratlos und ein maskierter Killer treibt sein erbarmungsloses Unwesen. Jeder verdächtigt jeden, doch die Wahrheit ist viel schlimmer
Kurzkritik:
Neben Dario Argento ist Sergio Martino wohl der wichtigste Regisseur des Giallo-Genres.
Ist Argento mehr der Künstler, dessen Gialli durch unverwechselbare Inszenierungen, wie Kameraführung, Bild und Farbkompositionen geprägt sind, ist Martino mehr der solide "Handwerker", dessen Gialli aufgrund der spannenden Storys hervorzuheben sind oder wie "Torso" als Wegbereiter eines anderen Genres (Slasher) gelten.
Der vorliegende Film besticht durch eine spannende und temporeiche Story, viel Flair aufgrund der Locations (London, Athen), giallo-typische Tatverläufe und harte Kills (Flasche).
Natürlich dürfen auch die hübschen weiblichen Darstellerinnen immer wieder leichtbekleidet durchs Bild huschen, allen voran die bildschöne Anita Strindberg. Ihr zur Seite steht George Hilton, der eine souveräne Leistung abliefert.
Im Vergleich zum Meisterwerk Martinos, dem herausragenden "Killer von Wien" fällt "Der Schwanz des Skorpions" im Hinblick auf die lineare Story aber etwas ab.
Fazit:
Alles in allem ist "Der schwanz des Skorpions" ein konventioneller, aber spannender und ordentlich inszenierter Giallo, der aber nicht an die besten Vertreter des Genres herankommt.
7,5/10
OT: La Coda dello scorpione
Darsteller: George Hilton, Anita Strindberg, Alberto de Mendoza, Ida Galli, Janine Reynaud, Luigi Pistilli, Tom Felleghy, Luis Barboo, Lisa Leonardi, Tomas Pico, Franco Caracciolo, Fulvio Mingozzi
Regie: Sergio Martino
Drehbuch: Ernesto Gastaldi / Eduardo Manzanos Brochero
Kamera. Emilio Foriscot
Musik: Bruno Nicolai
FSK 18
Italien / Spanien / 1971
Inhalt:
Nachdem der jungen Witwe Lisa eine Versicherungspolice von 1 Million Dollar ausgezahlt wird, scheint ein Wettlauf um das Geld zu beginnen. Menschen sterben, die Polizei ist ratlos und ein maskierter Killer treibt sein erbarmungsloses Unwesen. Jeder verdächtigt jeden, doch die Wahrheit ist viel schlimmer
Kurzkritik:
Neben Dario Argento ist Sergio Martino wohl der wichtigste Regisseur des Giallo-Genres.
Ist Argento mehr der Künstler, dessen Gialli durch unverwechselbare Inszenierungen, wie Kameraführung, Bild und Farbkompositionen geprägt sind, ist Martino mehr der solide "Handwerker", dessen Gialli aufgrund der spannenden Storys hervorzuheben sind oder wie "Torso" als Wegbereiter eines anderen Genres (Slasher) gelten.
Der vorliegende Film besticht durch eine spannende und temporeiche Story, viel Flair aufgrund der Locations (London, Athen), giallo-typische Tatverläufe und harte Kills (Flasche).
Natürlich dürfen auch die hübschen weiblichen Darstellerinnen immer wieder leichtbekleidet durchs Bild huschen, allen voran die bildschöne Anita Strindberg. Ihr zur Seite steht George Hilton, der eine souveräne Leistung abliefert.
Im Vergleich zum Meisterwerk Martinos, dem herausragenden "Killer von Wien" fällt "Der Schwanz des Skorpions" im Hinblick auf die lineare Story aber etwas ab.
Fazit:
Alles in allem ist "Der schwanz des Skorpions" ein konventioneller, aber spannender und ordentlich inszenierter Giallo, der aber nicht an die besten Vertreter des Genres herankommt.
7,5/10
"You can´t love animals and eat them too."
"Dressing well is a form of good manners." - Tom Ford
"Dressing well is a form of good manners." - Tom Ford