Ronin - Jeder ist käuflich
Ronin
Großbritannien/USA 1998
Regie: John Frankenheimer
Robert De Niro, Jean Reno, Natascha McElhone, Sean Bean, Stellan Skarsgård, Skipp Sudduth, Michael Lonsdale,
Jonathan Pryce, Katarina Witt, Jan Triska, Ron Perkins, Féodor Atkine
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OFDB
Die einen Männer haben einen Koffer, und andere Männer (und eine Frau) wollen diesen Koffer. Also werden Söldner engagiert – Krieger ohne Herren, Ronin, die für Geld alles tun. Man besorgt sich Waffen, ein Plan wird ausgearbeitet, und irgendwann ist der Tag da, an dem der Überfall auf einen PKW-Konvoi stattfindet. Das Ziel sind 8 bis 10 Mann, gut bewaffnet, erstklassig trainiert, und ein Koffer der keinen Schaden nehmen darf. Klingt nicht einfach, aber unter der Berücksichtigung einer möglichst hohen Menge an Kollateralschäden kann der Feuerüberfall in der Ortsmitte von La Turbie im Hinterland von Cannes stattfinden. Was nicht vorgesehen war: Einer der Söldner spielt falsch …
Im Laufe der 80er-Jahre wurde das Rezept für moderne Actionfilme irgendwann auf eine bestimmte Formel eingedampft: Super-muskulöse Helden, am Besten im Zweierpack, coole Oneliner die zwischen den Buddys hin- und herfliegen, viele Explosionen und Shoot-Outs, die zu jaulenden Gitarren stattfinden und ohne jeglichen menschlichen Schaden meist glimpflich ausgehen (außer wenn der Freund des Helden …). OK, Ende der 80er kam dann noch ein relativ menschlicher Held im Feinripp-Unterhemd dazu, aber die Sache mit den Onelinern und den Explosionen und Schießereien, die hat sich bis heute nicht wesentlich verändert, und ist merkwürdigerweise immer noch langeweileerzeugender Standard, vor allem im beliebten Subgenre der Actionkomödie.
John Frankenheimer, Jahrgang 1930, und damit zur Drehzeit von RONIN fast 70 Jahre alt, hat da andere Vorstellungen. Altmodischere, würde ich mal sagen. Seine Helden sind kühl kalkulierende Profis, die tote Passanten problemlos hinnehmen, wenn es denn der Sache dienlich ist. Die sich über Dinge wie Jobs, Waffenbeschaffung und Bezahlung unterhalten anstatt über Fußmasssage oder Fastfood, die sehr ernsthaft bei der Sache sind, und denen flapsige Sprüche vollkommen fremd sind. RONIN ist Actionkino, wie es die Italiener in den 70ern vorgemacht haben, und das ernst und brachial auf die Neun daherkommt. Ich durfte den Film Ende der 90er im Kino sehen, und nach all den stahlharten Profis die langsam sterben war der Film eine echte Wohltat! Verfolgungsjagden die nur ein Ziel haben: Den Gegner zur Strecke zu bringen, egal was dabei alles kaputt geht. Und Schießereien die ebenfalls nur ein einziges Ziel haben, nämlich den Tod des Gegners. Wer dabei im Weg steht hat Pech gehabt. Gewissensbisse? Pff, das ist was für die Schwarzeneggers und Willis‘ dieser Welt, die Charaktere in RONIN schauen auf das Geld und auf absolut nichts anderes.
Im Gegensatz zur Kinoleinwand leiden im Heimkino die Verfolgungsjagden etwas, und die letzten 20 Minuten sind nicht mehr ganz so treffsicher wie die rund 100 Minuten davor. Doch bombastische Musik und eine gewisse Unübersichtlichkeit trüben das Vergnügen gegen Ende nur minimal, die Hauptsache ist es eigentlich, Robert De Niro und Jean Reno dabei zuzusehen, wie sie todernst und ohne Zögern versuchen, die Côte d’Azur in Schutt und Asche zu legen. Und Paris gleich mit dazu. RONIN ist angenehm altmodische und rasante Action als Hausmannskost für altgewordene Cineasten und mit Hauptdarstellern, die Coolness nicht als Attitüde sehen, sondern als Lebenseinstellung.
8/10