Techniker Janek (Gerhard Liebmann) lebt und arbeitet seit mehreren Jahren mit wechselnden Forschern und seinem Hund Tinnie auf einer Forschungsstation in 3500 Meter Seehöhe um dort Daten für den Klimawandel zu sammeln und auch den Rückgang der Gletscher zu dokumentieren. Im Gegensatz zu seinen aktuellen Kollegen Birte (Hille Beseler), Falk (Peter Knaack) und Harald (Felix Römer) ist der vom Leben und seiner ehemaligen Liebe enttäuschte Janek weniger an wissenschaftlichen Daten, sondern viel mehr an einem misanthropischen Leben in den Bergen interessiert und der ruppige Mann macht auch keinen Hehl daraus, dass ihm Tiere und Technik, sowie die Abgeschiedenheit wesentlich lieber sind, als Menschen und komplizierte Gefühle.
Als eines Tages kurz vor einem schon länger geplanten PR-Termin mit der Ministerin Bodicek (Brigitte Krenn) und einer Delegation des Umweltministeriums eine Messstation am Fuße eines Gletschers ausfällt und Janek sich mit Tinnie und Falk auf den Weg macht um die kaputte Komponente auszutauschen wird der Techniker durch seinen Hund auf ein vorrübergehendes Naturphänomen aufmerksam gemacht, dass die Wissenschaftler schon bald in helle Aufregung versetzt. Durch das stetige Abtauen des Gletschers wird ein darin konservierter und bislang unbekannter Organismus freigesetzt, der nicht nur die Eismassen in eine blutrote Farbe hüllt, sondern sich blitzschnell verändern und mutieren kann.
Während die Wissenschaftler von der Entdeckung begeistert sind und auf weitere Proben drängen, sieht Janek die ganze Sache skeptischer und behält mit seiner Vermutung recht, als nicht nur Tinnie von einem Fuchs attackiert wird, sondern auch der Techniker in der Nacht durch Geräusche aufgeschreckt von einen grauenvoll mutierten Fuchs attackiert wird, der im Müll der Station nach Essbarem sucht. Als Janek erfährt, dass auch seine ehemalige Freundin Tanja (Edita Malovcic) der Delegation angehört, die in seinerzeit Hals über Kopf verlassen hat, drängt er darauf, den Besuch wegen der unsicheren Lage abzusagen und die Forschungsstation schleunigst zu evakuieren.
Harald, Falk und Birte beschließen jedoch die sensationelle Entdeckung vorerst geheim zu halten und bestehen darauf, dass der Termin wahrgenommen wird um weiteres Aufsehen zu vermeiden. Doch schon der Aufstieg zur Station endet unerwartet im Chaos als die Wanderer nicht nur auf ein verletztes Mädchen treffen, sondern auch der Personenschützer der Ministerin (Murathan Muslu) und der Fotograf Urs (Michael Fuith) von seltsamen Wesen attackiert werden. Als der daraufhin bereits dezimierte und verstörte Trupp mit der resoluten Ministerin daher endlich in der Station eintrifft sind Falk und Birte jedoch mit dem Satellitentelefon verschwunden und als mutierte Wesen auch die Station angreifen und auch bei den Verletzten Zeichen auf Mutationen äußern, spitzt sich die Lage bei den Eingeschlossenen ohne Aussicht auf Hilfe von außen weiter zu.
„Blutgletscher“ von Regisseur Marvin Krenn gilt ja gemeinhin als Österreichs Antwort auf John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“ und auch wenn sich im Falle des Ösi-Horrors keine extraterrestrischen Wesen, sondern im ewigen Eis konservierte Organismen für die grausige Mutationen bei Mensch und Tier verantwortlich zeichnen und auch der Handlungsort in die Alpen verlegt wird, sind die Parallelen zu dem Kult-Sci-Fi-Horrorstreifen kaum zu übersehen. Dennoch ist „Blutgletscher“ alles andere als ein Plagiat und geht auch eher in Richtung Öko-Horror und legt viel Wert auf seine Charaktere, während die Effekte aus Budgetgründen eher in den Hintergrund rücken (müssen) und auch nicht mit den Oscar-nominierten „Bodymelt“-Effekte aus der Schmiede von Rob Bottin konkurrieren können.
Angesichts der Produktionskosten von knapp zwei Millionen Euro und dem hehren Ziel, einen überwiegenden Anteil der „Creature-FX“ ohne dem Einsatz von Computern zu realisieren, ist das Ergebnis auch sehr passabel ausgefallen. Zwar hätten die durchaus gelungenen Kreaturen für meinen Geschmack ruhig etwas mehr und spektakulärer zum Einsatz kommen können und manchmal wird auch mit schnellen Schnitten etwas kaschiert, aber die Optik ist im Großen und Ganzen mehr als passabel ausgefallen und auch der karg-wirkende Drehort in den Südtiroler Alpen passt wunderbar zum schroffen Charakter der Geschichte.
Diese stammt aus der Feder von Benjamin Hessler, der auch schon das Drehbuch zu dem Vorgänger „Rammbock“ verfasste und dabei ganz tief in die Trickkiste der genetischen Unmöglichkeiten greift und seine zugegeben etwas arg haarsträubenden Mutaten-Geschichte mit einer durchaus interessanten ökologischen Botschaft versieht, die am Ende jedoch im turbulenten Geschehen etwas untergeht. Zwar ist die Story für meinen Geschmack auch wirklich etwas zu weit hergeholt, aber wenn der Streifen nach knapp einer halben Stunde an Fahrt aufnimmt und ein ordentliches Tempo vorlegt, kann man das auch gerne verzeihen und für eine österreichische Genre-Produktion ist Marvin Krenns Streifen trotz kleinerer Schönheitsfehler und den etwas zu übermäßigen Einsatz von Farbfiltern eigentlich auch sehr gelungen.
„Blutgletscher“ bietet neben blutigen Effekten aber auch dramatische Elemente und Marvin Krenn legt in seinem Streifen auch sehr viel Wert auf die Charakterisierung seiner Darsteller inklusive dem eher wortkargen und abgeklärten Hauptdarstellers Gerhard Liebmann, der mit Bart und bösen Blick auch die Idealbesetzung des misanthropischen Techniker Janek darstellt und für seine Leistung auf der Diagonale 2014 auch mit dem Schauspielpreis ausgezeichnete wurde. Dieser wird in den Abgeschiedenheit des Handlungsortes von seiner eigenen Vergangenheit in Form der von Edita Malovcic („Nordrand“) verkörperten Ex-Liebe Tanja einholt, was inklusive der Bedrohung durch mutierte Wese für zusätzlich Zündstoff sorgt und auch für ein doch eher ungewöhnliches und überraschendes Ende sorgt.
Auch die restlichen Darsteller heben sich wohlwollend von vergleichbaren Horror-Produktionen ab und bieten in europäischer Genre-Tradition gute Schauspieler und handfeste Charaktere, wie den von Harrison Fords deutscher Synchronstimme gespielten Wolfgang Pampel als Bergführer und der in Österreich ohnehin sehr beliebten und Serien-erprobten Grazer Schauspielerin und Mutter des Regisseurs Brititte Kren, die ja auch schon in Vorgänger „Rammbock“ zu sehen war und hier die „volksnahe“ Politikerin gibt, die auch vor einem Bohrmaschineneinsatz nicht zurückschreckt und mit ihrer resoluten Art in dem ansonsten eher düsteren Werk für schwarzhumorige Auflockerung sorgt.
Auch die Blu-Ray-Disc aus dem Hause Koch-Media ist gelungen und bietet den trotz einiger herber Momente mit einer FSK16-Freigabe versehenen Streifen in sehr guter Bild- und Tonqualität, wobei der österreichische Dialekt einiger Darsteller nördlicheren Bewohner eventuell etwas unverständlich daherkommen könnte. Dafür gibt es aber Untertitel und auch eine Tonspur inklusive Hörfilmfassung ist mit am Bord. Als Bonus gibt es neben drei Trailern aus dem Programm des Labels, sowie zum Film aber leider nur ein kleines „Creature Feature“, das kommentarlos und mit Musik unterlegt die unterschiedlichsten Entwicklungsstufen des gelungenen Figuren-Designs zeigt.
Unterm Strich bleibt ein interessanter und durchaus gelungener Ösi-Öko-Horrorfilm mit mutierten Wesen und interessanten Charakteren der zeigt, dass sich deutschsprachige Genre-Filme mit Mut zum Lokalkolorit auch nicht hinter vergleichbaren und internationalen Produktionen verstecken müssen. Die Befürchtung, dass sich „Blutgletscher“ dabei zu sehr an Carpenters Streifen orientiert bleibt ebenso unbegründet wie auf der anderen Seite erwartungsgemäß auch das übergroße Vorbild unerreichbar bleibt. Marvin Krenn ist und bleibt aber ein vielversprechender Regisseur mit Talent, dem sehr offensichtlich das Genre am Herzen liegt, der mit seinen ersten beiden Filmen auch fast alles richtig gemacht hat und dem man für die berufliche Zukunft dann eigentlich nur noch mehr Aufmerksamkeit, Erfolg, höhere Budget und vielleicht noch eine Spur originellere Drehbücher wünschen kann. Der gute Mann hat es definitiv drauf!