FarfallaInsanguinata hat geschrieben:Christiane Schröder hat sich übrigens 1980 von der Golden Gate Bridge gestürzt. Eine tragische Persönlichkeit, deren Leistungen leider nie gewürdigt wurden. Ich besitze noch einige Pressefotos von ihr in meiner Sammlung.
Oh das klingt sehr interessant. Immer schön, solches Material in Händen zu haben. Ich hatte vor längerer Zeit mal folgende Beschreibung zu Christiane Schröder verfasst, weil ich sie ebenfalls sehr gerne sehe und vollkommen unterbewertet finde. Leider sehen das viele nicht so.
CHRISTIANE SCHRÖDER (*18.01.1942 in Berlin † 17.09.1980 in San Francisco)
Christiane Schröder im Film [Auswahl]:
♦ Der Biberpelz (1962) [TV]
♦ Ein Sommernachtstraum (1963) [Theater]
♦ Der Tod läuft hinterher (1967) [TV]
♦ Tagebuch eines Frauenmörders (1969) [TV]
♦ Hamlet (1970) [Theater]
♦ Der Kommissar / Der Papierblumenmörder (1970) [TV]
♦ Der Kommissar / Ende eines Humoristen (1972) [TV]
♦ Romeo und Julia (1973) [Theater]
♦ Der zerbrochene Krug (1974) [TV]
♦ Derrick / Mitternachtsbus (1975) [TV]
Christiane Schröder ist die Tochter des bekannten Schauspielers Ernst Schröder und der Theaterschauspielerin Inge Thiesfeld. Schröder wurde am selben Tag geboren, als ein Granatsplitter den Arm ihres Vaters durchschlug. In Berlin geboren, verbrachte sie ihre Kindheit nach der Evakuierung in Mecklenburg und am Wannsee. Ihr früher Entschluss, ebenfalls Schauspielerin zu werden sorgte für eine steile Karriere. Ernst Schröder selbst berichtete dazu in seinen Memoiren "Das Leben - verspielt" [Verlag: Fischer]:»Was für ein Erbe schleppt man mit sich herum, und was für ein Erbe gibt man weiter? Hab ich darum so unverständlich wie blödsinnig geweint, als meine Tochter Christiane mir sagte, sie wolle Schauspielerin werden?« Ihre Ausbildung begann sie in Zürich, nachdem sie Maria Becker vorgesprochen hatte, sie debütierte 1961 in Berlin, weitere Stationen waren Bremen, Hannover, München und die Salzburger Festspiele, und ihr Weg führte sie stets wieder in die Theater-Domäne zurück, wo Christiane Schröder in großen Literaturverfilmungen mitwirkte. Immer wieder war sie auch in TV-Produktionen zu sehen, die ihr einen gewissen Bekanntheitsstatus einbrachten, jedoch wirkte sie nie in einem, für das Kino produzierten Spielfilm mit. Während den Vorbereitungen zu einer Theater-Tournee 1975, zog sie sich plötzlich aus ihrem Beruf zurück und ging in die USA. Schlagzeilen um ihr Privatleben und schwere Depressionen machten die Runde, 1980 beging die erst 38-jährige Schauspielerin schließlich Selbstmord.
Über Christiane Schröder ist im Endeffekt nichts Wesentliches über ihre Person und über ihr Schicksal zu finden. Auch in Ernst Schröders Biografie wird seine Tochter von ihm nur sehr selten erwähnt. Ein Satz ihres Vaters aus dieser kleinen Auswahl an Gedanken bleibt in diesem Zusammenhang besonders in der Erinnerung haften. »Die Verbindung zu Christiane hat immer etwas Schicksalhaftes behalten. [...] Sie nahm einen verblüffend steilen Weg in ihrer schauspielerischen Entwicklung, die sie nach nur zwölf Jahren ebenso verblüffend und entschlossen selber abbrach: die beunruhigte Tochter eines unruhigen Vaters und einer ebenso beunruhigten Mutter.« In allem was ihr Vater niederschrieb glaubt man herausfiltern zu können, dass es ihm offenbar nicht leicht gefallen ist, sie zu thematisieren, und deshalb kam es auch nicht dazu. Dieses Buch erschien 1978, also zwei Jahre vor Christiane Schröders Tod, und die letzten Worte, die man dort über sie finden kann sind folgende: »Christiane, meine Tochter, hatte die Kraft, aufzuhören. Ich hoffe, ich hoffe, sie lebt nun ihr eigenes Leben.« Christiane Schröder litt dem Vernehmen nach an schweren Depressionen mit auto-aggressiven Tendenzen, die wenigen Jahre nach ihrem Rückzug aus dem Beruf werden als ziellos und sehr schwer beschrieben. Monate nach ihrem Suizid reagierten die Klatschspalten mit theatralischen Aufhängern und stellten mit Vorliebe rhetorische Fragen und tätigten hinsichtlich ihres Privatlebens fragwürdige Mutmaßungen über ihr Ableben.
Der Typ Christiane Schröder ist kaum mit wenigen Worten zu beschreiben. In ihren Darbietungen scheint man eine unerklärliche (innere) Unruhe ihrerseits spüren zu können, die gleichzeitig und unausweichlich eine Gegenreaktion beim Zuschauer hervorruft. Sie wirkt teils aufgedreht und hemmungslos unmotiviert in manchem Tun, so dass man schnell eine junge Frau zu Gesicht bekommt, die es dadurch schafft zu polarisieren, man findet sie entweder großartig oder miserabel, dazwischen gibt es kaum Spielräume. Christiane Schröder kreierte eine eigenartige Aura um sich herum, so dass man manchmal glauben möchte, sie spiele stets sich selbst. Ihr Wesen wirkt oppositionell von Kopf bis Fuß, ihr Handeln kennt nur ein Elixier, nämlich überschäumendes Temperament, sie war raffiniert und so überzeugend im Rahmen des Overacting, und konnte ihre Rollen bis weit über die Grenzen des Geforderten formen und dazu noch vereinnahmen. In so manchem Geschehen wirkten ihre Zeichnungen daher etwa isoliert und zu komplex für leichte Kost, in der sie sich ja schließlich meistens, im Rahmen des TV bewegte. Und genau hier sehe ich den Grund für ihre Art zu interpretieren. Christiane Schröder sah sich nicht als Püppchen für triviale Unterhaltung an, sie wollte durch Können überzeugen, was ihr am Theater stets gelungen sein muss, denn ihre Leistungen wurden häufig über die Maßen von Kritik, Zuschauern und Kollegen gelobt.
Das ist auch der Grund dafür, dass sie nie in einer Kino-Produktion ihrer Zeit mitgewirkt hat, wie beispielsweise Komödie, Klamauk oder vielleicht sogar Erotik, wofür sie jedoch (abgesehen von ihren tatsächlichen darstellerischen Fähigkeiten), alleine ihrer Erscheinung wegen, eigentlich prädestiniert gewesen wäre. So steht der Selbstzweck, für den sie das Kino indirekt anprangerte, in keinem gesunden Verhältnis zur eigenen Selbstzweckhaftigkeit, die Christiane Schröder anscheinend als Rechtfertigung für den Verlauf ihrer Karriere benutzte. Christiane Schröder stellt bei denen, die ich gerne sehe und bewundere, keine Ausnahme bei einer kritischen Beurteilung dar. Ihre Karriere und ihr entsetzliches Schicksal kann man nicht schön polieren, man kann höchstens darauf achten, was hinter dieser teils hysterischen und so pulsierenden Person steckt, um ihr zu begegnen, und um ihr zu bescheinigen, dass sie ihre Rollen doch einmalig zeichnen konnte. Daher bleibe ich jetzt dabei, dass ich sie stets gerne gesehen habe und immer wieder gerne sehe, auch wenn ihre Interpretationen manchmal eine hohe Konzentration abverlangen. Dass sie schön war, reichte nicht. Dass sie sich tatsächlich von anderen abheben konnte, reichte auch nicht. Dass sie wählerisch war, ehrt sie zwar, aber der Preis dafür ist eben hoch und lautet in der Regel Vergessenheit. So bleiben nur ihre Rollen zurück, denen sie immer mit voller Hingabe einen extravaganten und nonkonformistischen Touch verleihen konnte.