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Re: Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen?

Verfasst: Sa 7. Nov 2015, 06:49
von Il Grande Silenzio
ATEMLOS - GEFÄHRLICHE WAHRHEIT

"Teenie-Actionthriller", bei dem zwar Action und Inszenierung stimmen, der aber aufgrund der grottigen Jungdarsteller und der hanebüchenen Story lediglich dazu geeignet ist, kurz vor dem Einschlafen zu selbigem genutzt zu werden.

4/10

Re: Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen?

Verfasst: Sa 7. Nov 2015, 10:19
von purgatorio
MAGGIE (USA 2015, Regie: Henry Hobson)

Nachdem der Necroambulus-Virus die Menschheit ebenso schleichend wie konsequent beinahe ausgerottet hatte, gilt es nun, die Ordnung wieder herzustellen, neue Strukturen aufzurichten und die Epidemie einzudämmen. Ausgangssperren, strenge Quarantänebestimmungen für Infizierte und eine dauernde Präsenz von Militär und Polizei sind dazu notwendig.

Wade Vogels (Arnold Schwarzenegger) Tochter Maggie (Abigail Breslin) wurde bei einem heimlichen Ausflug in die Großstadt trotz aller Kontrollen von einem Zombie angegriffen und verletzt. Die Maschinerie aus Arztbesuchen, Quarantäne und Sicherheitsbestimmungen setzt nun ein und droht das Mädchen zu verschlingen. Doch Farmer Wade holt sie nach Hause. Der zunehmend verzweifelte Vater wünscht sich einige letzte schöne Tage und eine kontrollierte Sterbebegleitung für seine Tochter, deren pubertärer Dickkopf ihm im Angesicht der Schrecken und der sichtbaren Transformation des Kindes seinen Leidensweg noch verstärken. Und der Tag der Entscheidung rückt näher, während Maggie sich zu einer Gefahr für ihre Umwelt und Mitmenschen entwickelt…

MAGGIE ist ein Zombiefilm fürs Feuilleton. Eine sehr ruhige, düstere und bedrückende Studie über Moral und Ethik, über die Verantwortung des Einzelnen in einer vom Untergang bedrohten Gesellschaft, die allmählich wieder auf die Beine zu kommen versucht. Die ersten 10 Minuten zeichnen eine ebenso bedrückende und beeindruckende Szenerie, die durch ihre Ästhetik nahezu kommentarlos deutlich macht, wie nah die Menschheit am Abgrund stand und noch steht. Hierdurch erklärt sich auch die Vehemenz, mit der nun die Quarantäne von offizieller Seite durchgesetzt wird. Entsprechend ausweglos und verzweifelt ist gegenüber des gesellschaftlichen Reboots die Lage des Einzelnen, der sich seiner Rolle bewusst ist, zugleich aber auch jede Form von ethisch-moralischer Verantwortung gegenüber dem Kollektiv an seiner einzigen Tochter vertreten muss. In diesem Zwiespalt wird der Farmer aufgerieben, was er nie verbalisiert, was ihm aber deutlich ins Gesicht geschrieben ist. Und an dieser Stelle muss es dann wohl betont werden: Arnold Schwarzenegger kann richtig schauspielern! In diesem fast 100minütigem Werk gibt es keinen Moment, in dem man ihm diesen inneren Konflikt nicht abkauft! Seine Performance ist wahrhaft glaubhaft und seine wuchtig-körperliche Präsenz unterstreicht diesen inneren Bruch noch zusätzlich. Muskelkraft kann dich vor der Verzweiflung, die dich den Tränen nahe bringt, nicht beschützen.

Man muss hier auf eine beinahe wortlose, ruhige, sich langsam wie Rost und Verfall vorarbeitende Geschichte vorbereitet sein, die individuelle und kollektive Probleme auf zwei Menschen projiziert, die Bedrohung und Gewalt aus anderen Filmen des Genres nur punktuell aufzeigt, meist jedoch ausblendet. Wer Action erwartet, wird nach kurzer Zeit entnervt abschalten. Das Virus ist natürlich hochgradig ekelhaft (und glaubhaft), da es sich viele Wochen Zeit lässt, den Verfall in jeder Minute sichtbar macht und das Grauen für die Zurückbleibenden auf diese Art zur Unerträglichkeit steigert. Was bspw. in 28 DAYS LATER in wenigen Sekunden abläuft und es ermöglicht/erzwingt, die Machete in den Schädel des Freundes oder Familienmitgliedes zu schlagen noch bevor man sich über die Tragweite der Handlung Gedanken gemacht hat, wird in MAGGIE zur unerträglich langen Zerreißprobe. Dies ist in ein bedrückendes Drama vor dem Hintergrund einer Zombieapokalypse gebettet, welches eine Glanzleistung in Ästhetik, Darstellung und Performance präsentiert. Der Film geht behutsam und sensibel vor, nimmt sich viel Zeit. Die Wortlosigkeit des Films macht zwar mitunter den Eindruck, als sei sie nicht mehr als eben das, Wortlosigkeit, ohne das die Mimen dann Aussagen und Gefühle transportieren könnten, jedoch gibt es auch sehr intensive Phasen, in denen dies sehr gut funktioniert. Schwarzenegger dürfte hier wohl unter schauspielerischen Gesichtspunkten sein Lebenswerk abgeliefert haben, was über punktuelle Langatmigkeit trotzdem nicht hinwegtäuschen kann. Aber ja: MAGGIE ist finster, MAGGIE ist ausweglos und MAGGIE ist im Zombiegenre mal etwas gänzlich Neues!

Re: Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen?

Verfasst: Sa 7. Nov 2015, 15:17
von karlAbundzu
DR. PHIBES RISE AGAIN (1972)
Herrliche schwarze Komödie mit fiesen Morden. im Original geschaut.
Ein Film über die Unvereinbarkeit dreier Welten:
PHIBES absurde Welt, fernab der anderen Realitäten, es gelten andere Gesetze, deswegen muß er auch immer alles nach seinem Gusto umdekorieren und mitnehmen.
Dann die ernsthafte Welt des Biederbeck, in dem der vermeintlich klügste alle rechte und alle macht hat.
Und die Welt der Polizei, die mit ihrer Naivität dem allen mit Humor begegnen!
Tja, wenn diese Welten sich überkreuzen, brutale Tode werden gestorben.
Das ist alles liebevoll gemacht, herrlich ausgestattet, voller popkultureller Ingredienzen, und natürlich in allen drei Welten wunderbar demgemäß gespielt.
Allein Price zuzuhören mit seinem Overthetop-Texten... Großartig.
Alles richtig gemacht bei dieser Fortsetzung, Herr Fuest.

Der Film sieht gut aus aus DVD, ist uncut, und es gibt nen schönen Kinotrailer dazu.

Re: Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen?

Verfasst: Sa 7. Nov 2015, 20:49
von Il Grande Silenzio
LADY SNOWBLOOD

LADY SNOWBLOOD braucht sich nicht hinter den männlich-dominierten Samurai-Klassikern OKAMI oder ZAITOCHI verstecken - im Gegenteil.

Ein intelligente Geschichte, die das persönliche (Rache-)Drama mit einer Sozialstudie verbindet (der Übergang von der Tokugawa zur Meiji-Zeit, der mit der Verwestlichung der japanischen Gesellschaft einhergeht), unterschiedliche Erzählebenen, unglaublich stimmige, metaphorische Bilder und grandiose Darstellerleistungen.

M.E. ordnet sich die Gewalt der Geschichte unter, erscheint also nicht selbstzweckhaft.

Kein Wunder, dass sich Tarantino hier bedient hat.

Perfektes Kino - 9/10

Re: Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen?

Verfasst: So 8. Nov 2015, 08:09
von purgatorio
THE NEW WORLD (USA, Großbritannien 2005, Regie: Terrence Malick)

DER SCHMALE GRAT mit Indianern statt Japanern, mit Kolonisierung statt Krieg, mit Liebe statt Tod. sonst das Gleiche, aber langweilig. Schön anzusehen, aber furchtbar wirr, langatmig und nichtssagend. Zumal der abschließende Kontrast stark an GREYSTOKE erinnert und folglich auch dort noch etwas abgeschaut wurde. Ich fand den ansehnlich, aber schlimm öd.




THE LORELEY’S GRASP – DIE BESTIE IM MÄDCHEN-PESNIONAT (LAS GARRAS DE LORELEI, Spanien 1974, Regie: Amando de Ossorio)

Hübscher kleiner Monster-Trash-Reißer (ich weiß, das Wort „Trash“ wird hier nicht gemocht, aber was soll es denn sein, wenn nicht Filme wie dieser hier?). Hoher Unterhaltungswert, total Banane, mitunter fies blutig. Geht als Happen für Zwischendurch absolut klar! Und immerhin: Rhein-Dörfchen der frühen 70er findet man ja auch nicht mehr überall.

Re: Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen?

Verfasst: Mo 9. Nov 2015, 19:10
von purgatorio
DER KEUSCHHEITSGÜRTEL (LA CINTURA DI CASTITÀ, Italien 1968, Regie: Pasquale Festa Campanile)

Eines Ritters Laster sind Frauen, Krieg und Zaster: Für seine Tapferkeit im Kampf wird Guerrando de Montone (Tony Curtis) zum Ritter geschlagen und mit Lehen beschenkt. Dieses soll die Fläche besitzen, die Guerrando an einem Tag durchreiten kann. Vor dem Haus von Boccadoro (Monica Vitti), die sich unsterblich in den Edelmann verliebt, kommt er zum stehen. Doch ihre Avancen interessieren den frischen Großgrundbesitzer weniger als das Recht der ersten Nacht. Während er sich also in den Betten seiner Untertanen austobt verzehrt sich Boccadoro nach ihrem Herrn, doch als er schließlich zu ihr findet, hat sie keine Lust mehr. Drum wird sie kurzerhand geehelicht, doch der Priester verordnet Abstinenz. Und als diese endlich überstanden ist, steht der nächste Kreuzzug an. Ein Keuschheitsgürtel soll nun die Unschuld der Dame bewahren. Doch nicht nur sie hätte gerne selbst die Kontrolle über ihre Lust und darum über den Schlüssel, sondern auch eine Vielzahl anderer Gesellen…

Jawoll! Tony Curtis, Monica Vitti, umwerfend tolle Sets – was kann da noch schief gehen? Ja, eine ganze Menge. Um mit diesem behäbig öde vor sich hindümpelnden Werk seine Freude zu haben, muss man schon sehr affin zu italienischem Humor sein. Der ist mitunter wirklich gut (Hund und Pferd mit Perücke waren großartig), meistens aber derart flach, dass es einfach keinen Spaß macht. Und das Gros des Films ist leider nicht mit Humor gewürzt, sondern überaus fad. Nach der tollen Off-Einführung in den Film ist das nächste Mal von den titelgebenden Gürteln erst nach über 45 Min. Laufzeit zu hören. Was der Mumpitz bis dahin soll, erschließt sich kaum und unterhält auch ebenso… nämlich kaum. Der Film ist nicht meine Baustelle, durchgestanden hab ihn trotzdem. Jawoll.

Re: Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen?

Verfasst: Mo 9. Nov 2015, 19:13
von CamperVan.Helsing
purgatorio hat geschrieben: Der Film ist nicht meine Baustelle, durchgestanden hab ihn trotzdem. Jawoll.
:troest:

Re: Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen?

Verfasst: Mo 9. Nov 2015, 19:56
von Il Grande Silenzio
SPECTRE

So, gestern habe ich nun SPECTRE im Kino sehen dürfen.

Positive Nachricht: Bond kehrt (teilweise) zu alten Wurzeln zurück.
Negative Nachricht: Bond kehrt (teilweise) zu alten Wurzeln zurück.

Klingt kurios? Ist aber so. Mendes wagt nach dem ernsten, überaus düsteren und fast schon "realistisch"-anmutenden SKYFALL den Schritt zurück und bringt neben vielen Hinweisen zu den alten Werken auch eine humoristische Note in SPECTRE unter. Bond wirkt so wieder klassisch, "unverletzlich" und unnahbar. So werden die Stärken SKYFALLS zurückgelassen, wobei die Story - wenig überraschend ist wieder keine Mission zu erfüllen - weiter geführt wird und viele alte Bekannte Erwähnung finden.

Besonders erwähnenswert: Die absolut grandiose Pre-Title Sequenz (im positiven Sinne bei Orson Welles abgekupfert)

Vorläufiges Ranking der Craig-Bonds:

1. Skyfall- 9/10
2. Casino Royale - 8,5/10
3. Spectre - 8/10
4. Ein Quantum Trost - 7,5/10

Nachteilig wirkte sich beim Kinobesuch vermutlich die Erwartungshaltung aus, da nach dem grandiosen SKYFALL die Erwartungshaltung doch sehr hoch war. Eine ausführlichere Bewertung werde ich daher nach der Zweitsichtung vornehmen.

Re: Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen?

Verfasst: Di 10. Nov 2015, 08:32
von karlAbundzu
danke, arte!
VENUS MIT DEN 1000 GESICHTERN (OmU) (1969)
Die Shaw Brothers machen Fantomas. Und alle wichtigen Rollen sind Frauen. Das heißt natürlich: heiße Karate-Action, an Western angelehnte Musik (und natürlich auch Beat-Sound), und eine herrlich bunte Ausstattung. Ein Film über starke Frauen in schicken Klamotten (oft mit den durch Mangas bekannten "Panty Shot") und unsichere Männer mit eher mauen Klamotten.
Abgefahren, toll gefilmt.
Einziges Manko: statt einer "großen Coup"-Story wie in den Vorbildern aus Frankreich geht es weniger um die kriminellen Machenschaften der Venus, sondern tatsächlich eher um eine Dreiecks-Verwechslungs-Story. Da fällt ein wenig die Spannung ab.
Aber, was solls, ich hatte Spaß!

Re: Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen?

Verfasst: Di 10. Nov 2015, 09:05
von purgatorio
Zweitsichtung:

KRIEGSSPIEL (THE WAR GAME, Großbritannien 1965, Regie: Peter Watkins)

Die Pseudo-Dokumentation THE WAR GAME behandelt hypothetisch die Folgen eines nuklearen Präventivangriffs auf Großbritannien in den 1960er Jahren. Beginnend bei einer Verlaufsskizze von Zwangsevakuierungen, einer Analyse potenzieller Angriffsziele und der Kontaminationsgebiete im Umkreis der strategischen Anlagen führt der Film einen Konflikt in Berlin vor, der in kürzester Zeit eskaliert.

Die in Interviews dokumentierte unwissende und unvorbereitete Bevölkerung hat plötzlich, im Moment der ertönenden Sirenen, noch 2 Minuten Zeit – 2 Minuten, in denen das Chaos ausbricht, da weder die Regierung, noch die internationale Staatengemeinschaft noch der Einzelne wirklich wissen, was nun passiert.

Der Dokumentarfilm schildert in bedrückend eindringlicher Weise den Angriff und dessen Folgen und erfasst minutiös die Schwachstellen und Lücken im Regierungsplan zur Reorganisation und zum Schutz der Bevölkerung. Dabei erweist sich der hypothetische Film als unglaublich realitätsnah. Kein Wunder also, dass die produzierende BBC nach einer internen Vorführung vor Vertretern des Innen- und Verteidigungsministeriums die Ausstrahlung des Films weltweit zum Schutz der Öffentlichkeit unterband (Vgl. Feldvoß, Marli: Vom schwierigen Umgang mit dem atomaren Holocaust. In: Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik e.V. (Hrsg.): The Atomic Cinema. Fiktion und Wirklichkeit nuklearer Bedrohung, Frankfurt am Main 1984, S. 18-22, hier S. 19).

Der Film kam zu einer Zeit relativer politischer Entspannung und wurde deshalb wahrscheinlich als sehr unpassend empfunden. Er zeigt aber auch auf, warum er es eben nicht ist. Denn die Bedrohung durch die thermonukleare Bewaffnung ist noch vorhanden (im Übrigen: bis heute). Und die Vorbereitung darauf tendiert gegen Null. Die Folgen zeichnet der Film auf derart bedrückende Art nach (und wirkt dabei im dokumentarischen Gewand überaus real), dass es einem nach spätestens 10 Min. den Hals zugeschnürt hat. THIS IS NUCLEAR WAR! Eine menschgemachte Katastrophe von apokalyptischem Ausmaß, deren Ablauf und Folgen kaum vorstellbar und emotional erfassbar sind. Viele Folgeschilderungen basieren auf Erfahrungen aus den Bombardierungen von Tokyo, Dresden, Darmstadt, Hamburg, Hiroshima und Nagasaki (so berichtet es der Off-Kommentar und der Abspann). Und richtig ekelhaft ist dann wohl die abschließende Prognose: Noch vor dem Jahr 1980 wird derartiges, wie im Film zu sehen, geschehen, wenn die Entwicklungen in der Welt so weitergehen. Visualisiertes Grauen, wie es schlimmer und nachhaltiger kaum sein könnte. Entsprechend auch ein filmisches Meisterwerk, hochgradig suggestiv und effektiv und dabei so unglaublich realistisch, dass von offizieller Seite tatsächlich eine Selbstmordwelle nach der Ausstrahlung befürchtet worden war.