
Der Panther II – Eiskalt wie Feuer
„An dir wird ein Exempel statuiert!“Kommissar Grindel stößt in seinem Dezernat auf Fälle von Selbstjustiz. Zu offensichtlich werden Drogenbosse und Zuhälter bei ihren vermeintlichen Verhaftungen regelrecht hingerichtet. Doch wer sind die Verantwortlichen dieser erbarmungslosen Lynchjustiz? Bei seinen Untersuchungen findet Grindel heraus, daß auch sein engster Mitarbeiter in diese miesen Machenschaften verwickelt ist. Daß seine Gegner zu allem fähig sind, muß er bald am eigenen Leib erfahren. Angeschossen wird Grindel jedoch zum "Panther", der Blut geleckt hat und die Spur seiner Beute nie mehr verliert...
Wieder einmal schlug der eigensinnige deutsche Verleih zu und suggerierte, dass der französische Action-Thriller mit dem Originaltitel „Ne réveillez pas un flic qui dort“ die Fortsetzung des 1985 entstandenen Films „Der Panther“ wäre. Tatsächlich steckt hinter dem 1988 veröffentlichten Film dasselbe Team um Regisseur José Pinheiro und in der Hauptrolle findet sich ebenfalls der französische Genrefilm-Star Alain Delon wieder. „Der Panther II“ basiert auf dem Buch „Clause de style“ von Frédéric Fajardie.
Die Spur einer mörderischen Selbstjustizserie führt Kommissar Grindel (Alain Delon) in die eigenen Reihen: Die Polizei ist unterwandert von Faschisten, die mit einer Todesschwadron in Paris kurzerhand lynchen, was ihrer Meinung nach kein Recht zu leben hat. Einer von Grindels engsten Mitarbeitern ist selbst Mitglied jener Geheimorganisation, in deren Visier bald auch Grindel landet…
„Die Latrine ist schon des Öfteren der Beichtstuhl gewesen!“
Offenbar thematisch beeinflusst vom zweiten „Dirty Harry“-Film „Callahan“ und sich stilistisch an den harten Vertretern der Polizei-Thriller orientierend, knöpft sich „Der Panther II“ den beliebten Selbstjustiz-Diskurs von der intelligenteren Seite her vor: Anstatt die Mär von ach so machtlosen Polizisten zu nähren, werden die Gefahren, die von dieser Form von Selbstjustiz ausgehen, aufgezeigt, die bei kaltblütigem Mord anfangen und bis zum Staatsstreich und dem Errichten einer Diktatur reichen. Dabei bedient man sich jedoch einer stark auf den Unterhaltungsmarkt zugeschnittenen Bildsprache, die neben viel Action diverse grausame Morde verhältnismäßig explizit darstellt – mal kurios in Form solch ungewöhnlicher Waffen wie einer Cyankali-Wumme oder Pfeil und Bogen, mal derart sadistisch, dass es einem die Sprache verschlägt: Da wird ein Gangster überfallen, ihm die Wohnung auseinandergenommen und schließlich bei lebendigem Leibe verbrannt; ein anderer wird zwangskastriert etc. Generell wird kurzer Prozess gemacht, ein Informant z.B. noch während seines Telefonats mit Grindel erschossen. Auch „Kollateralschäden“ werden in Kauf genommen: In der grandios inszenierten, bereits erwähnten und wahrhaft schockierenden Pfeil-und-Bogen-Szene wird ein Freund Grindels auf einem Karussell sitzend hingerichtet, zückt im Sterben noch seinen Revolver und schießt in die Menge, u.a. auf Kinder!
„Ich könnte nur kotzen, aber mich hält der Hass aufrecht!“
Soviel zum beunruhigenden Gewaltlevel des Films. Eine digitale Datums- und Zeitanzeige verschafft anfänglich einen genauen Überblick über die Vorgänge und große Probleme, zu folgen dürfte der Zuschauer ohnehin nicht haben, denn dass Kommissar Roger Scatti (Michel Serrault, „Ein Käfig voller Narren“) hinter all dem steckt, daraus macht der Film von vornherein keinen Hehl. Jener Scatti hat die Organisation 20 Jahre lang aufgebaut, „gegen Kommunismus“, wie er behauptet und damit einen Bezug zum kapitalistischen Antikommunismus herstellt, der seit jeher Steigbügelhalter des Faschismus ist. An der Rolle des ihm treu ergebenen blonden Jungfaschos Lutz (Xavier Deluc, „Her mit den kleinen Französinnen“) lässt das Drehbuch ebenfalls keinerlei Zweifel und eben dieser Lutz ist es ausgerechnet, der an der Seite Grindels und dessen Assistenten Pèret (Patrick Catalifo, „Wilde Kinder“) der Verschwörung das Handwerk legen soll. Kurzzeitig Hochspannung kommt auf, als Gendarmen angeben, die gesamte Gendarmerie infiltrieren zu wollen, Scatti jedoch dagegen ist, da er Machtverlust befürchtet. Doch anstatt hiervon ausgehend die drohende Infiltration eines ganzen Systems exemplarisch zu verarbeiten, gehen auch die ambitionierten Gendarmen den Weg alles Irdischen. Fortan macht sich bemerkbar, dass „der Panther II“ dramaturgisch nicht ganz geglückt ist, da der Zuschauer einen hohen Wissensvorsprung hat und fast alle Personalien kennt. Dennoch hat auch dieser Film etwas Unberechenbares und überrascht immer wieder mit Action- und Gewalteinlagen, nimmt zudem Bezug auf reale politische Ereignisse wie die argentinischen Todesschwadronen oder terroristische Bombenleger, hat manch markigen Spruch zu bieten und verfügt sogar über etwas Humor.
Etwas unentschlossen ist die Charakterisierung Grindels, der wohl auch so etwas wie einen harten Hund darstellen soll, der sich dennoch nicht bis in faschistoide Abgründe hinabbegibt – außer eben, seine Ermittlungen erfordern es, um eben jene aufzudecken. Zum Finale hin jedenfalls kommt er den hohen Herren immer weiter auf die Spur und muss mitansehen, wie ernst es den Faschisten ist, die lieber den Märtyrertod wählen, statt sich vor dem Gesetz verantworten zu müssen: Da wird sich beispielsweise aus dem Fenster gestürzt oder Harakiri begangen. Auch mit diesen Szenen punktet der Film, denn damit hat er einmal mehr das Überraschungsmoment auf seiner Seite. Am Ende wird aus einem fahrenden LKW auf Grindel geballert und die Action somit auf die Straße verlagert. Man stellt man sich gegenseitig Fallen, bis doch noch eine bisher unbekannte Verwicklung enttarnt wird. Inwieweit Grindels Pointe dann die Aussage des Films unterhöhlt, in ihrer Form die eigentliche Aussage darstellt oder schlicht als befriedigungsstiftender Faktor für das Publikum integriert wurde, darf dann gern Gegenstand auch über das Abspannende hinausgehender Überlegungen sein. Unterm Strich ein guter, meines Erachtens unterbewerteter Film, der sich zwischen ein paar Stühle setzt und die eine oder andere Schwäche nicht verleugnen kann, jedoch durchaus geeignet ist, mein Interesse am französischen Polizei-Thriller ein Stück weit zu wecken.