horror's Reise durch die große Welt der Filme

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horror1966
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Re: horror's Reise durch die große Welt der Filme

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Mord im Orient Express
(Murder on the Orient Express)
mit Albert Finney, Lauren Bacall, Martin Balsam, Ingrid Bergman, Jacqueline Bisset, Jean-Pierre Cassel, Sean Connery, John Gielgud, Anthony Perkins, Wendy Hiller, Vanessa Redgrave, Richard Widmark, Michael York, Rachel Roberts
Regie: Sidney Lumet
Drehbuch: Paul Dehn / Agatha Christie
Kamera: Geoffrey Unsworth
Musik: Richard Rodney Bennett
FSK 12
Großbritannien / 1974


Der Orientexpress nimmt in Istanbul Passagiere auf und bleibt auf freier Strecke irgendwo im Balkan im Schnee stecken, die Passagiere sind in den Waggons eingeschlossen. Als ein Passagier mit zwölf Messerstichen ermordet aufgefunden wird, übernimmt der zufällig im Zug weilende belgische Detektiv Hercule Poirot die Ermittlungen. Er findet heraus, dass der Ermordete an der Entführung und dem Mord an einem Baby beteiligt war und von zwölf Passagieren des Orientexpress, die mit dem Fall zu tun hatten, gemeinsam getötet wurde.


Über den Stellenwert einer Agatha Christie muss man wohl nicht viele Worte verlieren und Filme, die auf literarischen Werken der berühmten Krimi-Autorin basieren, garantieren in der Regel erstklassigen und niveauvollen Krimi-Genuss. Wenn es sich dann auch noch um die Verfilmungen handelt in denen der berühmte belgische Detektiv Hercule Poirot als Ermittler in Erscheinung tritt, schlägt das Herz eines jeden Fans ganz automatisch noch ein wenig schneller. Sidney Lumet's "Mord im Orient Express" ist dabei wohl ein Film, den man ganz eindeutig in die Kategorie Klassiker einordnen muss, auch wenn es nicht gerade wenige Leute gibt, die in diesem Werk den schwächsten der drei bekanntesten Verfilmungen ansehen. Das mag sicherlich darin begründet sein, das man sich hier mit einer relativ ausführlichen Einführung in die Geschehnisse viel Zeit nimmt und dabei gleichzeitig eine tiefere Vorstellung der einzelnen Charaktere vornimmt. Zugegebenermaßen enthält die Geschichte insbesondere in der ersten Stunde einige kleinere Längen, doch spätestens zu dem Zeitpunkt als Poirot die Ermittlungen aufnimmt, wird man mit Krimikost der besten Art versorgt. Mir persönlich macht die Einführung nicht sonderlich viel aus, wird man doch so immer näher an das Motiv heran geführt, das dem einzigen Mord im Szenario zugrunde liegt und um die gesamten Zusammenhänge auch lückenlos präsentiert zu bekommen, ist die beanspruchte Zeitspanne auch durchaus gerechtfertigt.

Das hervorstechendste Merkmal des Filmes ist ganz bestimmt die absolut hochkarätig besetzte Darsteller-Riege, doch lässt sich hierbei auch eine der Schwächen erkennen. Herausragende Schauspieler wie Sean Connery, Anthony Perkins oder auch Martin Balsam können aufgrund der ihnen zugedachten Spielanteile eigentlich nie wirklich zur Entfaltung kommen und geraten durch die Omnipräsenz eines glänzend agierenden Albert Finney (Poirot) viel zu sehr in den Hintergrund, was ihnen phasenweise schon fast das Schicksal des Statisten-Daseins beschert. Damit wir uns an dieser Stelle nicht falsch verstehen, sämtliche Akteure liefern eine überzeugende Performance ab, doch Finney steht so dermaßen im Vordergrund der Ereignisse, das keine andere Figur auch nur annähernd wirklich zu voller Entfaltung kommt. Hierbei handelt es sich jedoch um Nörgelei auf einem äußerst hohen Niveau, denn ansonsten handelt es sich um eine absolut gelungene Inszenierung, in der es auch durchgehend sehr spannend und teils verwirrend zur Sache geht. Dennoch ist "Mord im Orient Express" von den drei großen Poirot Verfimungen diejenige, die am ehesten zu durchschauen ist. Ab einem gewissen Zeitpunkt wird der Zuschauer nämlich trotz diverser falsch gelegter Spuren förmlich mit der Nase auf die Lösung des rätselhaften Mordes gestoßen, denn die immer mehr zum Vorschein kommenden Indizien lassen überhaupt keine andere Lösung zu als die, die einem am Ende auch präsentiert wird. So kann es durchaus möglich sein das manch einer diesen Klassiker eher als etwas langweilig und vorhersehbar ansehen mag, doch gerade bei einer Erstsichtung des Filmes dürfte dieser Aspekt noch nicht auftreten. Zu sehr ist man von den Ermittlungen eines Poirot fasziniert und vor allem die Auflösung im letzten Drittel ist immer wieder ein absoluter Höhepunkt. Obwohl Albert Finney wirklich glänzend und sehr gestenreich agiert, kommt er meiner Meinung nach nicht an die Brillanz eines Peter Ustinov heran, der in den beiden noch folgenden Filmen in die Rolle des belgischen Detektives schlüpfen sollte.

Ein prägendes Merkmal des Filmes ist auch der räumlich begrenzte Schauplatz, an dem sich die Ereignisse abspielen. Fast die gesamten Abläufe spielen sich im Zug ab, wodurch die ganze Chose einen leicht klaustrophobischen Anstrich erhält. Zwar wir dieser Punkt auch in den folgenden Werken noch beibehalten, aber dennoch weitaus flexibler gehalten, so das in dieser Beziehung viel mehr Abwechslung vorherrschen wird. Hier ließ sich das jedoch nicht bewerkstelligen, weshalb wohl auch einige Zuschauer an dem "Mord im Orient Express" längst nicht so starken Gefallen finden, wie es der Film aber aufgrund der vorhandenen Klasse durchaus verdient hätte. Denn trotz einiger vorhandener Defizite handelt es sich immer noch um einen Krimi, der sich definitiv im oberen Drittel ansiedelt, wobei ich die Geschichte nach neuerlicher Sichtung allerdings auch nur an die dritte Stelle hinter "Tod auf dem Nil" und "Das Böse unter der Sonne" setzen würde. Denn obwohl im vorliegenden Fall ein äußerst stimmiges Szenario vorliegt mangelt es ein wenig an der nötigen Würze, um an die beiden Nachfolger anzukommen. Natürlich liegt das im Auge des jeweiligen Betrachters und im Lauf der Jahre ändert sich halt auch manchmal der persönliche Geschmack, doch mittlerweile hat diese Verfilmungen doch einige Schwächen an den Tag gelegt, die ich vorher nicht als solche angesehen habe. Am meisten ist dabei aus meiner Sicht wirklich die mangelnde Figuren-Entfaltung zu nennen, wobei diversen Akteuren erst ganz zum Schluss überhaupt eine gewisse Bedeutung zukommt. Bei dieser Ansammlung von Weltstars erwartet man einfach ein wenig mehr, als das ein Richard Widmark zum Beispiel nicht über einige eher unwesentliche Sätze hinaus kommt. Auch ein Anthony Perkins geht im Prinzip so gut wie völlig unter und über die Anteile eines Sean Connery möchte ich mich gar nicht erst auslassen.

Was sich jetzt im ersten Moment eventuell eher wie eine barsche Kritik anhören mag, ist wirklich nur eine Mängelliste auf extrem hohen Niveau, denn trotz allem bleibt das Werk von Lumet einer der wohl größten Krimi-Klassiker überhaupt. Immer wieder gern gesehen bietet die Geschichte eine tolle Story, deren Hintergründe zudem einen mehr als nur tragischen Aspekt in das Ganze einfließen lassen, außerdem wird man bei der Auflösung des zunächst mysteriösen Mordes auch persönlich in einen moralischen Zwiespalt versetzt. Je mehr sich nämlich die Puzzle-Teilchen zusammen setzen, desto mehr Abscheu empfindet man gegenüber dem Opfer. Zumindest vom menschlichen Standpunkt aus kann man die Tat zu 100 % nachvollziehen und stellt sich dabei selbst die Frage, wie man persönlich auf die vorliegenden Fakten reagiert hätte. Und so kommt man letztendlich trotz der erwähnten Mankos zu einem absolut überzeugendem Gesamteindruck eines Filmes, der auch im Laufe der Jahre überhaupt nichts von seiner Faszination und der vorhandenen Klasse eingebüßt hat. Dennoch reicht es leider nicht für die Höchstnote, da die Vorhersehbarkeit der Auflösung ab einem bestimmten Zeitpunkt doch zu offensichtlich erscheint, auch wenn Lumet mit allen Mitteln versucht hat, den gezogenen Spannungsbogen bis zum Ende aufrecht zu erhalten.


Fazit:


Nachdem "Mord im Orient express" bisher immer den zweiten Platz in meiner persönlichen Rangliste der Hercule Poirot Filme eingenommen hatte, wurde er mittlerweile von "Das Böse unter der Sonne" überflügelt. "Tod auf dem Nil" steht sowieso auf einem ganz anderen Blatt, doch davon an anderer Stelle mehr. Dennoch sollte jeder Krimi-Fan auch diesen tollen Film in seiner Sammlung stehen haben, denn Sydney Lumet hat trotz augenscheinlicher Mankos immer noch einen absolut zeitlosen Klassiker geschaffen.


8/10
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horror1966
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Re: horror's Reise durch die große Welt der Filme

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Tod auf dem Nil
(Death on the Nile)
mit Peter Ustinov, Bette Davis, David Niven, Olivia Hussey, Mia Farrow, Simon MacCorkindale, George Kennedy, Maggie Smith, Jane Birkin, Jack Warden, Jon Finch, Angela Lansbury, Lois Chiles, Harry Andrews, Sam Wanamaker
Regie: John Guillermin
Drehbuch: Anthony Shaffer / Agatha Christie
Kamera: Jack Cardiff
Musik: Nino Rota
FSK 12
Großbritannien / 1978

Als die amerikanische Millionenerbin Linnet Ridgeway den armen Schlucker Simon Doyle heiratet, entsetzt sie nicht nur den Geldadel. Linnet hat sich durch diesen Schritt den Hass einer ganzen Horde von Neidern zugezogen, die sich alle an Bord des Luxusdampfers eingefunden haben, um das frisch vermählte Paar auf seiner Hochzeitsreise nilabwärts zu begleiten. Es kommt wie es kommen muss - eines Tages ist Linnet tot, erschossen. Nun ist der Spürsinn Hercule Poirots gefragt, dem die schwere Aufgabe zufällt, unter all den Verdächtigen den wahren Täter herauszufinden.


Vier Jahre nach dem "Mord im Orient Express" kam nun die nächste Verfilmung eines Romans von Agatha Christie heraus, in der einmal mehr der belgische Detektiv Hercule Poirot einen äußerst kniffligen Fall aufklären muss. Im Gegensatz zum Vorgänger übernahm hier Sir Peter Ustinov die Rolle des Schnüfflers und seiner unnachahmlichen Interpretation der Figur ist es wohl auch zu verdanken, das ihr noch mehr Charme verliehen wurde. Auch das Werk von John Guillermin (Flammendes Inferno, King Kong 1976) ist gespickt mit hochkarätigen Schauspielern, wobei in vorliegendem Fall auch die einzelnen Charaktere weitaus besser zur Geltung kommen, als es noch im Vorgänger der Fall war. Mit "Tod auf dem Nil" liegt meiner Meinung nach der absolut perfekte Krimi vor, denn besser hätte man ein vor Spannung strotzendes Szenario wohl kaum in Szene setzen könne. Die Zutaten sind allesamt perfekt aufeinander abgestimmt und ergeben am Ende einen Gesamteindruck, der einfach nur als brillant bezeichnet werden kann. Dabei hält sich Guillermin mit der Einführung in die Geschehnisse nicht zu lange auf, man bekommt zwar eine kleine für den Mord wichtige Hintergrund-Informationen und auch die Einführung der für die Geschichte wichtigen Figuren fällt durchaus ausführlich aus, jedoch streckt sich das Ganze keinesfalls so sehr, wie es noch im Werk von Sydney Lumet zu beobachten war. Im Prinzip hat man sich hier an das Erfolgsrezept gehalten, doch einige nicht unwesentliche Änderungen in der Erzählweise verleihen der Story eine Menge Drive und Esprit, zudem beinhalten die Geschehnisse eine ordentliche Portion des bissigen britischen Humors, der an diversen Stellen fast schon aus allen Poren dringt. Hauptsächlich auf mehrere Anspielungen der britischen Kolonialmacht, aber auch auf die Figur des Hercule Poirot bezogen ergeben sich so etliche fast schon skurrile Momente, ohne das man die Geschichte aber auch nur annähernd lächerlich darstellen würde. Vielmehr verleiht das dem Ganzen extrem viel Charme und sorgt trotz aller Ernsthaftigkeit für ein äußerst beschwingtes Film-Vergnügen, das trotz einer Laufzeit von immerhin 134 Minuten keinerlei Längen beinhaltet.

Der unvermeidliche Höhepunkt der Story erfolgt wie immer im letzten Drittel des Filmes, denn es ist einfach immer wieder eine absolute Augenweide, wenn der belgische Detektiv damit beginnt, den unzähligen Verdächtigen die Auflösung des Rätsels zu präsentieren. Doch auch bis dahin verläuft alles unglaublich spannend-und sehr atmosphärisch, denn obwohl auch in vorliegendem Fall mit dem Schauplatz eines Schiffes einmal mehr ein räumlich begrenzter Schauplatz vorliegt, bietet man dem Zuschauer durch diverse Zusätze weitaus mehr Kurzweil. Diverse Landausflüge präsentieren zum Beispiel einige wunderbare Impressionen eines Landes, das allein schon aufgrund seiner Geschichte eine unglaublich starke Faszination ausübt. Doch nicht nur visuell offenbart sich "Tod auf dem Nil" als grandioser Klassiker, das inszenierte Rätselspiel lässt nämlich noch einmal eine viel höhere Qualität erkennen, als es bei "Mord im Orient Express" der Fall war. Natürlich wird der Zuschauer auch hier immer wieder mit falschen Spuren versorgt die ihn in die Irre führen sollen und auch die Anzahl der Verdächtigen ist sehr ordentlich geraten, zudem auch wirklich jeder ein Motiv für den Mord hätte. Anders als im Vorgänger werden in dieser Geschichte aber noch zwei weitere Personen ins Jenseits befördert, bevor Poirot endlich die etlichen Verwirrungen auflösen kann und damit eine fast unglaubliche Lösung des mysteriösen Geschehens präsentiert. Vor allem wenn man diesen wunderbaren Film das erste Mal sieht dürfte man nur schwer auf eine Antwort kommen und zum Ende hin mit geöffnetem Mund staunend verfolgen, wie der beleibte Belgier mit einer absolut faszinierenden Logik das Netz aus Lügen und Intrigen zerstören kann. Doch auch nach mehrmaliger Ansicht findet man immer wieder neue Anhaltspunkte, die einem zuvor eventuell nicht aufgefallen sind. So kehrt niemals Langeweile ein und "Tod auf dem Nil" dürfte ganz eindeutig zu den wirklich zeitlosen Klassikern zählen, die man sich in regelmäßigen Abständen gern anschaut.

Hier liegt ganz eindeutig eine Geschichte vor, der das Rad der Zeit nie etwas anhaben kann und der dramaturgische Aufbau der Fälle von Poirot ist immer wieder so dermaßen faszinierend, das man nicht genug davon bekommen hat. War das Werk von Sydney Lumet schon zu den erstklassigen Vertretern seiner Art zu zählen, so hat John Guillermin noch einmal eine Schippe drauf gelegt und den in meinen Augen perfekten Krimi mit Mystery-Touch geschaffen. Zudem wird der Zuschauer mit teilweise grandiosen darstellerischen Leistungen konfrontiert und obwohl Poirot natürlich im Mittelpunkt steht, kommen dieses Mal auch die anderen Akteure dazu, sich in ihren Rollen wunderbar entfalten zu können. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle nur die Performance einer Angela Lansbury, die als egozentrische-und ständig betrunkene Autorin eine Kostprobe ihrer Schauspielkunst zum Besten gibt und damit nicht unwesentlich den heiteren Unterton der Ereignisse hervorhebt. Und hier ist Guillermin das eigentliche Meisterstück gelungen, denn obwohl seine Geschichte mit jeder Menge Humor angereichert wurde, äußerst sich dieser zu keiner Zeit in einer überzogenen-oder gar lächerlichen Form, sondern ist absolut perfekt in die Abläufe integriert worden. Drei Morde, eine faszinierende Geschichte, jede Menge Hochspannung und eine nicht vorhersehbare Lösung sind die absoluten Highligths in einem Film, der zudem auch noch mit einer Darsteller-Riege ausgestattet ist, die man kaum besser hätte zusammenstellen können. Legenden der Leinwand wie beispielsweise David Niven oder die große Bette Davis sind dabei ebenso zu erwähnen wie eine brillante Mia Farrow und selbst die etwas kleineren Rollen sind perfekt besetzt, so das es in diesem Bezug überhaupt nichts zu bemängeln gibt.

Im Endeffekt kann man das jedoch auf den gesamten Film beziehen, denn mir fällt beim besten Willen kein einziger negativer Kritikpunkt ein, denn man hier erwähnen könnte. Litt "Mord im Orient Express" trotz seiner ohne Frage vorhandenen Qualität ein wenig an der Vorhersehbarkeit der Ereignisse, so tritt dieser Aspekt hier überhaupt nicht in Erscheinung. Es war gut das man diverse Veränderungen vorgenommen hat, ohne dabei den eigentlichen Geschichtsaufbau vollkommen zu verändern. Die Verpflichtung eines Peter Ustinov war dabei ein absoluter Glücksfall, denn auch wenn Albert Finney in der Rolle des Hercule Poirot absolut überzeugend agierte, so kommt er keinesfalls an den Charme und die Ausstrahlung seines Nachfolgers heran. Die etwas temporeichere Erzählweise der Geschichte und die leichte Flexibilität der Schauplätze sind definitiv als weiteres Plus anzusehen, doch der wohl größte Unterschied dürfte durch die humoristische Untermalung der gesamten Chose zu erkennen sein, die bei "Mord im Orient Express" im Prinzip vollkommen fehlte. Wie dem aber auch sei, die Meinungen darüber werden sicherlich auseinander gehen, doch in meinen Augen liegt mit "Tod auf dem Nil" ein grandioses Meisterwerk des Krimis vor, von dem sich so manch neuerer Vertreter mehr als nur eine dicke Scheibe abschneiden könnte. Filme mit dieser Qualität und auf diesem hohen Niveau bekommt man in der heutigen Zeit leider viel zu selten zu sehen, so das einem kaum etwas anderes übrig bleibt, als immer wieder auf diese zeitlosen Klassiker zurück zu greifen, an denen die Zeit scheinbar spurlos vorüber gezogen ist.


Fazit:


"Tod auf dem Nil" ist nicht nur auf das Genre des Krimis bezogen ein Meisterwerk und offenbart dem Betrachter immer wieder absolut brillante, spannende und extrem kurzweilige Unterhaltung. Die Geschichte übt eine unglaublich starke Faszination auf einen aus und macht einen ganz automatisch selbst zum Hobby-Detektiv, wobei man die logischen Gedankengänge eines Hercule Poirot zumeist erst weitaus später als er selbst nachvollziehen kann.


10/10
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horror1966
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Re: horror's Reise durch die große Welt der Filme

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Das Böse unter der Sonne
(Evil under the Sun)
mit Peter Ustinov, Colin Blakely, Jane Birkin, Nicholas Clay, Maggie Smith, Roddy McDowall, Sylvia Miles, James Mason, Denis Quilley, Diana Rigg, Emily Hone, John Alderson, Paul Antrim, Cyril Conway, Barbara Hicks
Regie. Guy Hamilton
Drehbuch: Agatha Christie / Anthony Shaffer / Barry Sandler
Kamera: Christopher Challis
Musik: Cole Porter
FSK 12
Großbritannien / 1982

Schauspielerin Arlena Marshall benimmt sich wie eine richtige Diva - kein Wunder, dass sie sich dadurch viele Feinde macht. Und so kommt es, wie es kommen muss: Mitten in ihrem Urlaub auf einer griechischen Mittelmeerinsel wird Madame Marshall tot aufgefunden. Zum Glück ist Meisterdetektiv Hercule Poirot vor Ort und übernimmt sofort die Ermittlungen. Aber dieses gestaltet sich aufgrund der Vorgeschichte jedoch ziemlich schwierig. Denn fast alle anderen Gäste hatten mit Arlena noch eine Rechnung offen. Hier geht es um Ehebruch, Eifersüchteleien, Profitinteresse oder blanken Hass. Doch alle haben ein scheinbar wasserdichtes Alibi. Poirot, übernehmen Sie!


Vier Jahre nach dem "Tod auf dem Nil" konnte man noch einmal den grandiosen Sir Peter Ustinov in die Rolle des belgischen Detektives Hercule Poirot schlüpfen sehen, der einmal mehr einen mehr als mysteriösen Mord untersuchen muss. Der sehr bekannte Guy Hamilton (Leben und sterben lassen, Diamantenfieber) fungierte dieses Mal als Regisseur und präsentiert dem Krimi-Fan eine weitere Geschichte voller Spannung und jeder Menge mysteriöser Momente. Nach dem altbewährten Erfolgs-Schema setzten man auch in vorliegender Verfilmung wieder einmal auf einen räumlich begrenzten Schauplatz, der jedoch durch eine Insel als Location relativ großzügig ausgefallen ist. Ohne allzu große Umschweife erreicht man dann auch relativ schnell den Hauptschauplatz der Ereignisse und trifft dabei auf eine prominente Besetzungsliste, die dieses Mal allerdings nicht ganz so hochkarätig ausgefallen ist wie in den beiden Vorgängern. Das soll aber die Klasse des Filmes in keinster Weise schmälern, zudem mit Jane Birkin und Maggie Smith auch noch zwei Darsteller mitwirken, die man schon in "Tod auf dem Nil" begutachten durfte. Mit James Mason und Roddy McDowall sind außerdem auch zwei wirkliche Größen dabei, von denen McDowall durch seinen hochgradig tuntigen Auftritt für jede Menge Humor sorgt und so im Prinzip den Part einnimmt, den im Vorgänger noch Angela Lansbury hervorragend ausgefüllt hatte. Ganz generell besticht die Geschichte durch einen äußerst humorigen Unterton und offenbart gleichzeitig auch wieder wunderbar bissige Dialoge, so das der Zuschauer absolut hervorragend-und sehr kurzweilig unterhalten wird.

Das sich einmal mehr ein gut durchdachtes-und interessantes Ratespiel entfaltet, dürfte sich eigentlich von selbst verstehen und Poirot wird zum wiederholten Male durch unzählige kleiner Indizien in die Irre geführt, bevor er im letzten Drittel des Filmes sämtliche Puzzle-Teilchen zusammen gefügt hat und dem gespannten Betrachter die Lösung in seiner brillanten Logik vorführt. Es ist immer wieder erstaunlich, das einem selbst bei Beginn der logischen Schlussfolgerungen einige zuvor eher banal erscheinende Kleinigkeiten in einem ganz anderen Licht erscheinen. Darin liegt auch der ganz besondere Reiz der Poirot-Verfilmungen, in denen eigentlich offensichtliche Dinge so gut ineinander verschachtelt wurden, das sich der Spannungsbogen sehr konstant durch die gesamten Abläufe zieht. Neben der grandiosen Krimi-Atmosphäre ist es einmal mehr der eingebaute Humor, der "Das Böse unter der Sonne" mit einem unvergleichlichen Charme ausstattet und dieses Mal bekommt man auch einige Passagen zu sehen, in denen Peter Ustinov die Figur des Poirot äußerst selbstironisch auf die Schippe nimmt. Hierfür sei nur stellvertretend die Passage genannt, in der man den Detektiv beim "Schwimmen" beobachten kann und der darauf folgende Dialog mit einem anderen Hotelgast ist auch nicht von schlechten Eltern. Herausragend dabei erscheint der Aspekt, das die Figur keinesfalls ins Lächerliche gezogen wird, sondern noch mehr Sympathiepunkte beim Zuschauer sammeln kann, wobei das perfekte Schauspiel eines Peter Ustinov sein Übriges dazu beiträgt, den Dingen ihren ganz eigenen Charme beizufügen.

Im Gegensatz zum perfekten Vorgänger sind in diesem Film die Spielanteile der jeweiligen Figuren wieder etwas schlechter verteilt worden, so das Poirot das Szenario größtenteils fast im Alleingang trägt. Lediglich die oft auftretende Jane Birkin kann sich in ihrer Rolle als betrogene Ehefrau noch relativ gut entfalten, wohingegen die anderen Akteure zumeist nicht über das Statisten-Dasein hinaus kommen. Anders als bei "Mord im Orient Express" fällt dieser Punkt aber weniger negativ ins Gewicht, da die Omnipräsenz des belgischen Schnüfflers und das damit verbundene Schauspiel von Ustinov dermaßen brillant ist, das man sich daran regelrecht ergötzen kann. Sobald man selbst versucht sich in die grauen Zellen des dicklichen Mannes hinein zu versetzen, scheint alles andere um ihn herum zur Nebensache zu werden, denn die Ausstrahlung übt eine fast schon hypnotische Wirkung auf einen selbst aus. Es ist dabei auch vollkommen belanglos, das auch "Das Böse unter der Sonne" nach dem üblichen, aber immer wieder erfolgreichen Schema abläuft, das sich schon in den beiden vorherigen Verfilmungen so sehr bewährt hat. Eine spannende Story, hochkarätige Darsteller-Riegen, ein äußerst interessantes Ratespiel und die geniale Auflösung im letzten Filmdrittel sind die markantesten-und prägendsten Bausteine dieser Werke, wobei sich die einzelnen Filme doch immer wieder in kleinen Details unterscheiden. So kommt zu keiner Zeit Langeweile auf und es offenbaren sich jedes Mal wieder abwechslungsreiche Szenarien, wie man sie in der heutigen Zeit leider zumeist vergebens sucht. Guy Hamilton hat hier wohl den Teil mit dem größten Anteil Humor auf den Weg gebracht und wie schon kurz erwähnt, steht bei diesem gerade die Figur Poirot im Vordergrund. Zum Ende hin muss der arme Kerl sogar noch körperliche Gewalt über sich ergehen lassen, denn der Täter streckt den guten Mann nach seiner Überführung mit einem gezielten Faustschlag kurzzeitig in das Reich der Träume. So bekommt man also wieder einmal einen echten Klassiker des Genres serviert, der mittlerweile nach meiner neuesten Sichtung auf Platz zwei meiner persönlichen Rangliste vorgerückt ist und somit den "Mord im Orient Express" verdrängen konnte.

Doch ganz egal welchen der drei Filme man am liebsten hat, sehenswert sind alle. Hier bekommt man noch hochwertige, intelligente und äußerst spannende Krimikost geliefert, die man ohne Weiteres als absolut zeitlos bezeichnen kann. Die brillante Dramaturgie der jeweiligen Geschichten ist grandios, die Abläufe zumeist nicht vorhersehbar und die Auflösungen der einzelnen Fälle gestalten sich jedes Mal so, das man sie als Highlights ansehen muss. Nun mag ein jeder anders darüber denken, doch gerade "Das Böse unter der Sonne" ist ein von vielen Leuten noch sehr stark unterschätzter Klassiker, der seine wahre Klasse erst nach mehrmaliger Sichtung so richtig und ganz entfalten kann. Guy Hamilton hat wirklich alles richtig gemacht und einen würdigen Nachfolger von "Tod auf dem Nil" auf den Weg gebracht, der aber dennoch nicht ganz an die Perfektion des Vorgängers heran reichen kann.


Fazit:


Peter Ustinov war einfach die beste Wahl für die Rolle des Hercule Poirot, denn seine herausragende Performance fällt dem Zuschauer immer wieder aufs Neue ins Auge. Hier merkt man wirklich, das ein ganz großer seines Faches bei der Arbeit war, denn seine Spielfreude und Ausdruckskraft ist jedes Mal bewundernswert. In "Das Böse unter der Sonne" wird das Geschehen in großen Teilen fast von ihm allein getragen und der gute Mann läuft wirklich zur absoluten Höchstform auf. Wer niveauvolle, witzige und extrem spannende Krimis zu schätzen weiß, kommt auch an diesem grandiosen Film nicht vorbei.


9/10
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horror1966
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Re: horror's Reise durch die große Welt der Filme

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Pain
(Vile)
mit Eric Jay Beck, April Matson, Akeem Smith, Greg Cipes, Maya Hazen, Elisha Skorman, Heidi Mueller, Rob Kirkland, McKenzie Westmore, Ian Bohen, Stefanie Barboza, Maria Olsen, Maynard James Keenan, Mark Hengst
Regie: Taylor Sheridan
Drehbuch: Eric Jay Beck / Rob Kowsaluk
Kamera: Stewart Yost
Musik: keine Informationen
ungeprüft
USA / 2011

Es ist ein unvorstellbarer Albtraum: Eine zufällig zusammengewürfelte Gruppe von Leuten findet sich in einem hermetisch abgeriegelten Haus wieder. Keiner weiß, wieso sie eingeschlossen sind und wer dahinter steckt. Den eingeschlossenen wird nur mitgeteilt, dass die Freiheit einzig durch die Absolvierung eines unmenschlichen Experimentes erlangt werden kann. Von einem tödlichen Countdown unter Druck gesetzt müssen sich die Gefangenen gegenseitig schlimmste Schmerzen zufügen. Das Ziel ist, im Gehirn einen chemischen Prozess auszulösen, der nur durch Leid und Qualen erreicht werden kann…


Nachdem zumindest vorübergehend mit der "Saw-Reihe" das erfolgreichste Franchise im Bereich des Terror-und Folter Filmes auf Eis gelegt wurde, versuchen sich diverse andere Regisseure damit, dem Sub-Genre durch etliche Produktionen einige neue Impulse zu verleihen. Auch der vorliegende Regieerstling von Taylor Sheridan fällt in diese Sparte, wobei es sich allerdings um einen Film handelt, der vollkommen frei ist von neuen Impulsen und schon überhaupt keine Innovation beinhaltet, die man irgendwie positiv hervorheben könnte. Vielmehr bekommt der geneigte Gorehound ein Szenario offeriert, das selbst in seiner ungeschnittenen Version kaum nennenswerte visuelle Momente beinhaltet, denn anstatt hier mit derben Effekten zu schocken, präsentiert sich vielmehr ein Geschehen, das hauptsächlich über die psychische Schiene Schmerz beim Betrachter entstehen lässt. So fällt es mir dann auch ehrlich gesagt ein wenig schwer diverse andere Kritiken so richtig nachzuvollziehen, in denen von einem Beitrag voller Blut, Splatter-und Gore die Rede ist, denn in dieser Beziehung hält sich "Pain" doch eher sehr vornehm zurück. Ein paar herausgezogene Fingernägel, ein paar Arme für einige Sekunden im kochenden Wasser und einige Verbrennungen durch ein Bügeleisen sind doch im Prinzip die wenigen visuellen Highlights, wohingegen der Rest lediglich in Andeutungen zu sehen ist, so das hier letztendlich einmal mehr die Vorstellungskraft des Betrachters gefordert ist.

Damit wir uns nicht falsch verstehen, ich mag die Filme in dieser Art, die einen immensen Härtegrad im Kopf entstehen lassen, ohne sich dabei zu sehr über die ins Bild gesetzte Härte zu definieren. Dann sollte man aber auch nicht durch falsche Beschreibungen andere in die Irre leiten, denn der echte Gorehound wird wohl vielmehr mit einer ziemlichen Enttäuschung aus diesem Werk herauskommen und sich ziemlich ärgern, so viel Geld für ein Mediabook bezahlt zu haben. Aber wie schon erwähnt, Sheridan bietet einem trotzdem solide Genre-Kost, auch wenn die Geschichte an sich ziemlich an den Haaren herbeigezogen erscheint. Zudem fasst man sich einmal mehr des Öfteren an den eigenen Kopf, wenn man diverse Handlungsweisen der einzelnen Figuren genauer betrachtet, denn logisch nachvollziehbare Dinge sollte man hier nicht unbedingt voraussetzen. Gleichzeitig glänzen die Akteure auch nicht unbedingt durch wirklich überzeugendes Schauspiel und die deutsche Synchronisation sorgt dafür, das diverse Charaktere sich wie Kermit der Frosch anhören. Nun sind das alles nicht gerade Dinge, die für eine Empfehlung von "Pain" sprechen, doch irgendwie schafft es das Szenario trotzdem, einen auf eine kaum zu definierende Art und Weise in seinen Bann zu ziehen. Vielleicht ist dies einfach nur darin begründet, das man ganz einfach sehen möchte ob irgend jemand der zugegebenermaßen bedrohlichen Lage entkommen kann, in der sich die Protagonisten befinden.

Gleichzeitig herrscht da aber auch von Beginn an dieses unbestimmte Gefühl vor, das zumindest eine Person aus der Gruppe nicht mit offenen Karten spielt und diverse Dinge verheimlicht. So ist es dann auch keine echte Überraschung, das die von Sheridan sicherlich als Überraschungsmoment geplante Wendung kurz vor dem Ende als ziemlicher Rohrkrepierer verendet, denn wenn man nicht ganz auf den Kopf gefallen ist und sich einigermaßen mit den Folterfilmen auskennt, dann wirkt das Finale viel eher als laues Lüftchen, als das man hier noch einmal einen wahren Knall-Bonbon serviert bekommen hätte. Man dürfte also merken, das es sich um einen eher recht durchwachsenen Beitrag handelt der sicherlich seine starken Momente hat, aber in der Hauptsache doch maximal im oberen Durchschnittsbereich anzusiedeln ist. Es gibt unzählige schlechtere Vertreter dieser Art, doch das von vielen leuten eventuell erwartete Highlight ist "Pain" mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Dafür fehlt es einfach auch an der nötigen visuellen Härte, den zumindest einige gorige Passagen hätten dem Gesamtbild bestimmt nicht sonderlich geschadet.

So aber wartet man gut 85 Minuten lang auf heiß ersehnte Höhepunkte, die sich letztendlich aber definitiv nicht zu erkennen geben. Und so bezieht der Film seine Stärke hauptsächlich aus der Vorstellung des Zuschauers und aus der extrem fiesen Ausgangssituation, in der sich die Akteure befinden. Bei manch einem kommt dann auch der wahre Charakter zumindest ansatzweise zum Vorschein, doch um einen wirklich nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen, fehlt es ganz deutlich an der nötigen Tiefe. Ganz wichtig ist eventuell noch der Aspekt, das man im Prinzip für keine einzige der Figuren wirkliche-und echte Sympathie aufbringen kann, was unweigerlich in der äußerst oberflächlichen Beleuchtung der Charaktere begründet ist. Selbst die durchaus vorhandenen Gut-Menschen wirken seltsam leblos und warten nicht unbedingt mit den schauspielerischen Leistungen auf, die diesen Eindruck positiv verändern könnten. Im Endeffekt bleibt so also ein Beitrag übrig den man sich ohne Weiteres zu Gemüte führen kann, jedoch sollte man keinesfalls darauf hoffen, das "Pain" mit sonderlich viel visueller Härte aufwartet, denn diese wird leider fast gänzlich nur angedeutet.


Fazit:


Ehrlich gesagt hätte ich mir zumindest ein wenig mehr von diesem Film erwartet, der in der in Deutschland erhältlichen Version sogar noch um über 8 Minuten erleichtert wurde. Nach Ansicht des Filmes fragt man sich allerdings nach dem "Warum", denn auch in der ungeschnittenen Variante wäre eine 18er Freigabe durchaus gerechtfertigt gewesen. Eventuell bin ich diesen Dingen gegenüber auch schon ein wenig abgestumpft, aber selbst der harmloseste Teil der "Saw-Reihe" ist weitaus härter gestaltet, als es hier der Fall ist.


6/10
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horror1966
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Re: horror's Reise durch die große Welt der Filme

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Cold Blooded
(Cold Blooded)
mit Ryan Robbins, Zoie Palmer, William MacDonald, Huse Madhavji, Thomas Mitchell, Sergio Di Zio, Samantha Kaine, Imali Perera, Chris Ratz,
Regie: Jason Lapeyre
Drehbuch: Jason Lapeyre
Kamera: Alwyn Kumst
Musik: Todor Kobakov
FSK 16
Kanada / 2012

Nach einem missglückten Überfall auf ein Juweliergeschäft wacht der Dieb Eddie Cordero angeschossen und mit Handschellen ans Bett gefesselt im Krankenhaus auf. Die junge Polizistin Frances Janes, die zu seiner nächtlichen Bewachung abgestellt ist, versucht pflichtbewusst, Eddie weitere Einzelheiten zu dem Überfall und den verschwundenen Diamanten zu entlocken. Eddie wiederum setzt alles daran, mit seiner trickreichen Art Frances zu überrumpeln, um auf diese Weise dem Gefängnis entkommen zu können. Das gegenseitige Katz- und Maus-Spiel wird jäh unterbrochen, als Corderos Auftraggeber mit seinen Männern in den nahezu ausgestorbenen Krankenhausflügel eindringt. Neben Corderos Leben will er die Diamanten - und er schreckt vor nichts zurück, um sein Ziel zu erreichen. Der gemeinsame Feind schweißt Frances und Eddie zusammen, die nun gemeinsam ums Überleben kämpfen müssen.


Im Jahr 2012 entstanden zwei Spielfilme unter der Regie des Neulings Jason Lapeyre, der bis dahin lediglich für den Kurzfilm "The Director's Cut" (2006) verantwortlich zeichnete. Beide Werke wurden beim letzten Fantasy Filmfest aufgenommen und erhalten nun eine DVD-Auswertung durch das noch junge Label OFDB filmworks. Bei "Cold Blooded" handelt es sich nun um den ersten Spielfilm des Regisseurs und es handelt sich dabei um einen wunderbaren Thriller, der die Elemente Spannung, Witz und Humor auf eine erstklassige Art und Weise miteinander verbindet, so das letztendlich ein Gesamtpaket entstanden ist, das man meiner Meinung nach ohne Weiteres als echtes Kleinod bezeichnen kann. Gerade in der heutigen Zeit der Blockbuster sind es doch zumeist die eher kleineren Produktionen die nachhaltig auf sich aufmerksam machen und das vorliegende Werk kann man wohl getrost in diese Kategorie einordnen. So handelt es sich um eine Geschichte, in der es nicht durchgehend voller Tempo und mit vollkommen überzogener Action zur Sache geht, vielmehr legt Lapeyre ganz augenscheinlich gesteigerten Wert auf die Charakterzeichnungen der einzelnen Figuren und verabreicht seiner Story außerdem eine ordentliche Portion Humor, die sich manchmal erst im Detail erkennen lässt. Gerade darin liegt eine der Stärken dieser eher bescheidenen Produktion, denn streckenweise skurrile Situationskomik und feinster Wortwitz treten immer wieder in den Mittelpunkt des Geschehens, so das sich dem Zuschauer gut 80 Minuten erstklassige und sehr kurzweilige Unterhaltung präsentiert.

Mit verhältnismäßig wenigen Darstellern besetzt konzentrieren sich die Abläufe in der Hauptsache auf die drei Hauptfiguren die den gesamten Film fast im Alleingang tragen. Auf der einen Seite ist da der durchaus äußerst sympathische Antiheld Eddie, dann hätten wir noch die smarte-und sehr taffe Polizistin Frances und zu guter Letzt den skrupellosen Gangster Louis Holland im Angebot und es ist einem ein innerer Festschmaus, diesen drei Akteuren bei ihrem hervorragendem Schauspiel zuzusehen. Denn obwohl die Rollen von eher unbekannten Darstellern ausgefüllt werden, beinhalten die Darstellungen ein extrem hohes Maß an Qualität, zudem zeichnen sich die agierenden Personen durch eine geradezu enorme Spielfreude aus, was den von Haus aus schon guten Eindruck des Filmes beim Betrachter zusätzlich aufwertet. Nun handelt es sich in vorliegendem Film ganz sicher um keinen High Speed Thriller, wobei insbesondere der Einstieg in die Ereignisse recht temporeich gestaltet ist. Doch danach driftet das Szenario in eher ruhigere Fahrwasser ab und gestaltet sich in der Folge einigermaßen dialoglastig. Sicherlich mag das nun nicht jedermanns Sache sein, doch zeigen sich vor allem in diesen Passagen die eigentlichen Highlights eines Filmes, der sich nicht wie viele andere Genre-Vertreter fast ausschließlich durch unglaubwürdige Stunts und übersteigerte Action-Sequenzen definiert, sondern sondern sich vielmehr an diverse Werke der 90er Jahre anlehnt, die durch diese Machart sogar teilweise zu einem absoluten Kultstatus gelangt sind. So fallen einem ganz unwillkürlich Filme wie beispielsweise "Reservoir Dogs" oder auch "Cold Blooded" (1995) ein, wobei der letztgenannte Namensvetter bis heute zu den am meisten unterschätzten Werken des Jahrzehnts zu zählen ist.

Jason Lapeyre bedient sich ganz augenscheinlich etlicher Stilelemente dieser Filmart und geht damit auch sicher das Risiko ein, das sein Werk bei etlichen Menschen die Meinungen spalten wird, erscheint eine so eher unspektakuläre Geschichte aus heutiger Sicht vielleicht auf den ersten Blick nicht mehr ganz zeitgemäß. Mit dieser Einschätzung würde man jedoch meiner persönlichen Meinung nach einem fatalen Trugschluss erliegen, denn "Cold Blooded" beinhaltet trotz des offensichtlich nicht sehr hohen Budgets so viel Qualität und Klasse, das sich so mancher Blockbuster bei dieser Produktion eine ganz dicke Scheibe abschneiden könnte. Geschliffene Dialoge, bissiger Wortwitz und manchmal fast schon philosophische Diskussionen über Moral und Gerechtigkeit sind hier dermaßen unterhaltsam und interessant verpackt worden, das man die Hände vor Begeisterung über dem Kopf zusammen schlägt. Da macht es einem auch überhaupt nichts aus, das nur an einigen Stellen etwas Action in das Geschehen einzieht, denn viel lieber erfreut man sich am tollen Schauspiel der handelnden Akteure und an den grandiosen Dialogen, die immer wieder zum Besten gegeben werden.

Letztendlich liegt es wie immer im Auge des jeweiligen Betrachters, doch ich kann diese bescheidene, aber qualitativ hochwertige kanadische Film-Perle nur jedem wärmstens empfehlen. "Cold Blooded" erfindet das Rad des Genres sicherlich nicht neu und gleichzeitig versucht der Film auch gar nicht erst zu kaschieren, das es sich um eine kleine Produktion handelt. dadurch erscheint die ganze Chose umso ehrlicher und wartet zudem auch noch mit einer Darsteller-Riege auf, die zwar aus eher unbekannteren Namen besteht, jedoch mit phasenweise brillantem Schauspiel aufwarten kann. Bis in die kleinen Rollen absolut perfekt besetzt sind es aber in der Hauptsache Ryan Robbins (Eddie) und Zoie Palmer (Frances) die hier die absoluten Farbtupfer setzen, denn das Zusammenspiel der beiden Hauptfiguren ist stellenweise als nahezu göttlich zu bezeichnen. Und so sollte eigentlich ein jeder seine helle Freude an diesem amüsanten, teils spannenden und immer bestens unterhaltenden Kleinod haben, das man nicht unbeachtet an sich vorbei ziehen lassen sollte.


Fazit:


Auch die zweite Veröffentlichung von OFDB filmworks ist absolut sehenswert und präsentiert einen Film, der mich absolut begeistert hat. Klein, aber sehr fein kommt "Cold Blooded" daher und erinnert in seiner Machart an so einige Kultfilme aus den 90er Jahren. Das mag nicht jedem gefallen, doch wer ein Faible für diese Filmgattung sein Eigen nennt, sollte das Langfilm-Debüt von Jason Lapeyre definitiv anschauen, da ihm ansonsten ein erstklassiger Beitrag durch die Lappen geht.


8/10
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horror1966
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Re: horror's Reise durch die große Welt der Filme

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Inferno unter heißer Sonmne
(Al tropico del cancro)
mit Anthony Steffen, Anita Strindberg, Gabriele Tinti, Umberto Raho, Stelio Candelli, Gordon Felio, Kathryn Witt, Richard Osborne, Alfio Nicolosi, Bob Lemoine, Pierre Richard Merceron, Fred Ade
Regie: Giampaolo Lomi / Edoardo Mulargia
Drehbuch: Giampaolo Lomi / Edoardo Mulargia / Anthony Steffen
Kamera: Marcello Masciocchi
Musik: Piero Umiliani
ungeprüft
Italien / 1972

Auf Haiti hat der renommierte Wissenschaftler Dr. Williams ein geheimnisvolles Serum entwickelt, dessen Wirkung etliche halbseidene Interessenten auf den Plan ruft. Zuerst versucht man es mit Geld und guten Worten, doch als sich der Doktor verweigert, müssen überzeugendere Argumente herhalten: Eine mysteriöse Mordserie erschüttert das Inselparadies. Die Polizei tappt im Dunkeln, und dann erscheint auch noch ein alter Bekannter von Williams auf der Bildfläche, der mit seiner Ehefrau ein paar Urlaubstage in der Karibik verbringen will. Bald treiben alle Beteiligten in einem Strudel aus Voodoo, Mord und nackter Haut auf eine tödliche Konfrontation zu, die wie ein Hurrikan durch die Palmen fegt.


Es ist gar nicht einmal so leicht, diesen Giallo aus dem Jahr 1972 objektiv zu bewerten, denn trotz einer ausgeprägten Zuneigung zu dem Sub-Genre dürfte sich in vorliegendem Fall selbst bei eingefleischten Fans ein ziemlicher Zwiespalt ergeben. Ein Grund dafür mag eventuell der exotische Schauplatz Haiti sein, der doch ein wenig gewöhnungsbedürftig erscheint, doch der Hauptgrund ist vielmehr im streckenweise etwas konfusen Drehbuch zu suchen. Dieses offenbart dem Zuschauer nämlich eine Geschichte die einen merkwürdigen Mix aus Giallo, Mondo und Erotik-Thriller beinhaltet, wobei das Geschehen sich zu keiner Zeit so wirklich entscheiden kann, in welche Richtung es nun eigentlich tendiert. Durch diesen Umstand entfaltet sich dann auch ein Szenario, das in der Betrachtung selten stimmig, sondern vielmehr äußerst holprig und unrund erscheint, was den Seh-Genuss doch erheblich beeinträchtigt. Zudem kann sich eigentlich zu keinem Zeitpunkt ein wirklich konstantes Maß an Spannung aufbauen, da die Abläufe doch sehr vorhersehbar und durchschaubar daher kommen und zudem auch nicht von der außergewöhnlich dichten Atmosphäre begleitet werden, die man ansonsten aus den Vertretern dieser Filmart kennt.

Und so begibt man sich dann mit den Protagonisten in eine Mordserie hinein in deren Mittelpunkt ein ominöses Serum steht, über dessen Zweck und Wirkung man leider nur sehr unzureichende Informationen erhält. Sicherlich von den Machern als Spannungsmoment gedacht, geht dieser Schuss aber viel eher nach hinten los, erscheinen die Abläufe des Ganzen doch größtenteils eher sinnlos und lassen kaum einen echten Zusammenhang erkennen. Dieser Umstand wird zudem durch die nur oberflächlich eingeführten Charaktere noch zusätzlich hervor gehoben, denn diverse Figuren werden einfach nur in die Ereignisse hinein geworfen, ohne das man irgendwelche näheren Erläuterungen über deren Herkunft und Absichten erhält. Dementsprechend gestaltet sich dann auch das dargebotene Schauspiel, das zumeist einen extrem mittelmäßigen Eindruck hinterlässt, lediglich Anthony Steffen fällt an dieser Stelle ein wenig positiv aus der Rolle, ist seine Performance doch gleichzeitig so ziemlich das einzige Highlight in einem Film, der ansonsten nicht unbedingt mit Höhepunkten um sich wirft. Dabei ist dies noch eine relativ diplomatische Beschreibung, denn im Grunde genommen kommt an etlichen Stellen der Geschichte sogar regelrechte Langeweile auf und das ist dann doch eher ein Aspekt, den man nur äußerst selten in diesem Sub-Genre antrifft.

"Inferno unter heißer Sonne" ist vorsichtig ausgedrückt ein mehr als durchwachsener Film, der aufgrund der gewöhnungsbedürftigen Mixtur weder Fisch noch fleisch darstellt und so auch zu keiner Zeit eine richtig flüssige Erzähl-Struktur erkennen lässt. Phasenweise wirkt die ganze Chose seltsam abgehackt und man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, das viele Passagen eher lieblos zusammen gestückelt wurden. Manche Umschnitte erscheinen dabei so komisch das man zu dem Eindruck gelangt, das der Geschichte an diversen Stellen einige Minuten fehlen würden, denn die augenscheinliche Willkür mit der hier krampfhaft eine Rahmenhandlung konstruiert wurde, korrigiert den von Haus aus schon maximal mittelmäßigen Gesamteindruck noch einmal ein wenig nach unten. So sollte man dieses Werk vielleicht auch viel eher als einen ziemlich misslungenen Versuch ansehen, der Filmart durch einen exotischen Schauplatz ein neues Gewand zu verleihen, denn ein Giallo sollte nun einmal in Italien spielen. Manch einer mag das vollkommen anders sehen, doch dieser sehr unausgegorene Mix aus verschiedenen Genres vor einer sicherlich rein optisch äußerst ansprechenden Kulisse ist dann doch ein ziemlicher Rohrkrepierer, der mich persönlich nicht wirklich überzeugen konnte.

Letztendlich liegt das wie immer im Auge des jeweiligen Betrachters und diverse Kritiken zu diesem Werk lassen durchaus erkennen, das manch einer regelrecht in Begeisterung verfallen ist, doch in meinen Augen beinhaltet "Inferno unter heißer Sonne" viel zu viele augenscheinliche Defizite, als das man von einem überzeugenden Gesamtwerk sprechen könnte. Eine äußerst holprig erzählte Geschichte, größtenteils eher schwaches Schauspiel und kaum aufkommende Spannung sind dabei als die auffälligsten Mankos auszumachen und die fehlende dichte Grundstimmung setzt dem Ganzen dann auch noch die Krone der Unzulänglichkeiten auf. Zwar ist die DVD-Auswertung von Camera Obscura einmal mehr in gewohnt guter Qualität erfolgt, doch dieser Umstand kann den schwachen Genre-Beitrag auch nicht sonderlich aufwerten, so das man am Ende selbst mit einem gewissen Bonus nur zu einem durchschnittlichen Eindruck gelangen kann.


Fazit:


Ich war doch sehr gespannt auf diesen Giallo unter heißer Sonne, doch nach der Sichtung stellte sich doch verhältnismäßig schnell die Ernüchterung und Enttäuschung über das Gesehene ein. Von den wirklichen Größen seiner Gattung ist der Film soweit entfernt wie die Sonne von der Erde und so verbietet sich schon generell, dieses Werk in einem Atemzug mit Meisterwerken wie beispielsweise "Der Killer von Wien" oder auch §Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" zu nennen, wobei man an dieser Stelle auch noch unzählige andere Vertreter aufzählen könnte, die weitaus besser gelungen sind.


5,5/10
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Re: horror's Reise durch die große Welt der Filme

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Hannibal
(Hannibal)
mit Hugh Dancy, Mads Mikkelsen, Caroline Dhavernas, Hettienne Park, Laurence Fishburne, Scott Thompson, Aaron Abrams, Kacey Rohl, Vladimir Jon Cubrt, Lara Jean Chorostecki, Gillian Anderson, Krista Patton
Regie: Tim Hunter / Guillermo Navarro, u.A
Drehbuch: Bryan Fuller / Thomas Harris, u.A
Kamera: James Hawkinson / Karim Hussain
Musik: Brian Reitzell
keine Jugendfreigabe
USA / 2013
13 Episoden a ca. 45 Minuten
Episoden:
Disc 1:
01 Töchter
02 Pilze
03 Hirschgeweih
04 Verlorene Jungs

Disc 2:
05 Engel
06 Hoffnung
07 Alles Fleisch
08 Dunkler Klang

Disc 3:
09 Vermächtnis
10 Gesichter
11 Fieber
12 Köder

Disc 4:
13 Minnesota

FBI-Agent Will Graham hat eine besondere Gabe. Er kann tief in den Verstand anderer Personen eindringen und deren Erlebnisse zu seinen eigenen machen. Eine Fähigkeit, die ihm einerseits bei der Aufklärung von perfiden Mordfällen hilft, ihn andererseits aber auch an den Rand des Wahnsinns bringt. Als eine neue Mordserie das FBI erschüttert, bittet ihn Special Agent Jack Crawford um Hilfe. Zur Unterstützung und Sicherheit wird dem labilen Graham der prominenteste und beste Psychiater des Landes zur Seite gestellt – Dr. Hannibal Lecter.


Es ist im Vorfeld schon ein wenig gewöhnungsbedürftig, sich die Figur des Hannibal Lecter im Serienformat vorzustellen. Erschwerend kommt dann noch der Umstand hinzu, das Sir Anthony Hopkins den Charakter der Figur dermaßen brillant dargestellt hat, das man sich kaum jemand anders in dieser Rolle vorstellen kann. So löst dann auch die Besetzung durch einen zugegebenermaßen sehr guten Darsteller wie Mads Mikkelsen im ersten Moment nicht unbedingt Begeisterungsstürme beim Zuschauer aus, doch soll man schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit feststellen, das man dem blonden Dänen mit dieser Einschätzung keinesfalls gerecht wird. In seiner Person liegt nämlich eine der großen Stärken der vorliegenden ersten Staffel begründet, denn sein distinguiertes Auftreten als Mann von Welt steht dem eines Anthony Hopkins nicht nach, zudem ist es seine fast schon stoische Ruhe, die einen in diversen Momenten fast zur Explosion bringt. Insbesondere im Zusammenspiel mit der anderen Hauptfigur Will Graham (Hugh Dancy) ergeben sich unzählige darstellerische Höhepunkte, denn was die beiden Schauspieler sich hier größtenteils für einen Schlagabtausch liefern, ist kaum in Worte zu fassen und muss von einem jeden selbst gesichtet werden, um die qualitativ extrem hochwertigen Performances auch richtig beurteilen zu können. Allerdings sollte man auch den Rest der Darsteller-Riege keinesfalls vernachlässigen, denn bis in die kleinsten Nebenrollen erscheint das Ganze nahezu perfekt besetzt. Doch obwohl selbst ein Laurence Fishburne (Crawford) eine glänzende Leistung an den Tag legt und auch eine äußerst spielfreudige Caroline Dhavernas (Dr. Alana Bloom) die Reihen der Hauptfiguren glänzend ergänzt, erblassen doch eigentlich alle durch die Omnipräsenz der beiden wichtigsten Charaktere.

Dieser Aspekt macht sich zwar in keiner Weise irgendwie negativ bemerkbar da die Spielanteile relativ fair verteilt sind, es ist ganz einfach die Fokussierung der Serie auf die Beziehung zwischen Lecter und Graham, die hier das Augenmerk des Betrachters fast zwangsläufig auf diese beiden Personen lenkt. Zeitlich ist das gesamte Geschehen in der Gegenwart angesiedelt, wobei man eigentlich viel eher den Rahmen der 70er Jahre erwartet hätte, da sich die Ereignisse ganz offensichtlich vor der ersten Verfilmung "Blutmond" bzw. "Roter Drache" ansiedeln. Dieser Schachzug erweist sich jedoch vielmehr als absoluter Volltreffer, wird man dadurch doch auch mit den neuesten Methoden von Forensikern konfrontiert, was jederzeit absolut zeitgemäß erscheint. Auch wenn das Format nicht unbedingt mit visueller Härte aufwartet, beinhaltet die Serie einen nahezu immensen Härtegrad, der sich vor allem in der Vorstellungskraft des Zuschauers bemerkbar macht. Werden die meisten Dinge zwar lediglich in Ansätzen gezeigt, so sind es in erster Linie die dazu gehörigen Dialoge, die einen fast die gesamte Zeit über mit einer Gänsehaut versehen. So kann man auch ohne Übertreibung behaupten, das "Hannibal" nicht unbedingt eine Serie für zarte Gemüter ist, denn wenn man ein wenig die eigene Fantasie in Gang setzt, driftet man immer mehr in eine Welt der Brutalitäten und Grausamkeiten ab und kann sich einen ungefähren Eindruck über die seelische Verfassung eines Will Graham machen, dessen seelischer Zustand immer mehr in den Mittelpunkt des Geschehens rückt. Dabei ist es dem glänzenden Schauspiel von Hugh Dancy zu verdanken, das man regelrecht mit einem Menschen mitleidet, der mit einer Gabe gesegnet ist, die sich für einen Außenstehenden vielmehr als eine Art grausamer Fluch darstellt. Das Vermögen, sich in einen Serienkiller hinein zu versetzen wird dabei so grandios dargestellt, das man sich phasenweise des Eindruckes nicht erwahren kann, selbst in den Körper des Ermittlers zu schlüpfen und so die unendlichen Qualen mit ihm zu teilen.

Obwohl Graham genau weiß wie belastend das Ganze für seinen körperlichen und geistigen Zustand ist, scheint er ohne diese makabere Arbeit nicht leben zu können. Diesen Umstand macht sich sein Vorgesetzter Crawford durchaus zu Nutze und saugt Graham durch das Ausnutzen seiner Fähigkeiten regelrecht aus. Dennoch besteht zwischen den beiden eine sonderbare Art von Respekt und sogar ansatzweise Freundschaft, was trotz der grausamen Ereignisse immer wieder zum Vorschein kommt. Das beide von der Figur Lecter auf die raffinierteste Art und Weise benutzt und gegeneinander ausgespielt werden ist für die beiden nicht ersichtlich, so das lediglich der Betrachter die Heimtücke erkennt, die hinter dem perfiden Plan des kannibalistischen Psychiaters steckt. Auch wenn manch einer das eventuell etwas anders sehen wird bin ich persönlich der Meinung, das der Plan auch nicht durchschaubar ist, denn Mikkelsen spannt hier ein Netz aus Lügen-und Manipulation das sich wirklich gewaschen hat. Und so läuft die ganze Chose letztendlich auf ein Finale der ersten Staffel hinaus, das die Meinungen ganz sicher spalten wird, doch ich persönlich finde den Cliffhanger am Ende der letzten Episode absolut passend, kann man so doch die Spannung bis zur Weiterführung der Serie nur schwerlich aushalten. Zu guter Letzt sollte man noch einige Worte über die Dramaturgie verlieren, denn obwohl das Format in den ersten beiden Folgen noch ein klein wenig holprig erscheint, erweist sich dieser eventuell aufkommende Eindruck als absoluter Trugschluss. Vielmehr wird an dieser Stelle nämlich der Grundstein für ein Szenario gelegt, das wirklich fast minütlich immer mehr an Klasse und Niveau gewinnt und so auf die gesamte Staffel ausgelegt einen enorm hohen Standard an den Tag legt und dabei auch eine immer stärker ansteigende Intensität erkennen lässt, die einen ganz unwillkürlich in ihren Bann zieht.

Letztendlich hat mich diese erste Staffel in allen Belangen vollkommen überzeugt und die im Vorfeld befürchteten Mankos haben sich an keiner einzigen Stelle erkennen lassen. Eine perfekte Darsteller-Riege, ein dramaturgisch hervorragend aufgebauter Spannungsbogen und Gänsehaut ohne Ende sorgen hier für eine erhöhte Suchtgefahr und machen "Hannibal" zu einer der mit Abstand besten Serien, die momentan wohl auf dem Markt ist. Man kann wirklich nur hoffen, das an dieser Stelle noch eine ganze Menge folgen wird, denn vorhandenes Potential ist ganz bestimmt genügend vorhanden. Geprägt wird das Format von seinen brillant agierenden Hauptdarstellern, bei denen man wohl kaum eine bessere Wahl hätte treffen können. Besonders positiv fallen dabei vor allem Mads Mikkelsen und der mir eher unbekannte Hugh Dancy auf, die in der Rolle der beiden tragenden Figuren mit sensationellen Leistungen aufwarten können, die eine fast schon hypnotische Wirkung auf den Betrachter ausüben, der man sich keinesfalls verschließen kann.


Fazit:


Lange hatte ich überlegt, ob ich überhaupt den Schritt wagen sollte, mir Hannibal Lecter im Serienformat anzutun. Wie gut, das ich die anfängliche Skepsis über Bord werfen konnte, denn ansonsten wäre mir diese brillante Serie höchstwahrscheinlich durch die Lappen gegangen. Man darf gespannt sein wie sich das Ganze weiter entwickelt, doch wenn man nur einigermaßen den hohen Standard und die Qualität halten kann, dann dürften noch einige Staffeln folgen, auf die ich mich jetzt schon freue.


9/10
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Re: horror's Reise durch die große Welt der Filme

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Shootout - Keine Gnade
(Bullet to the Head)
mit Sylvester Stallone, Sung Kang, Sarah Shahi, Adewale Akinnuoye-Agbaje, Jason Momoa, Christian Slater, Jon Seda, Holt McCallany, Brian Van Holt, Weronika Rosati, Dane Rhodes, Marcus Lyle Brown, Andrew Austin-Peterson
Regie: Walter Hill
Drehbuch: Alessandro Camon / Alexis Nolent / Colin Wilson
Kamera: Lloyd Ahern II
Musik: Steve Mazzaro
FSK 16
USA / 2012

James Bonomo alias "Jimmy Bobo" (Sylvester Stallone) ist ein Auftragskiller in New Orleans. Er folgt nur einem Prinzip: Töte niemals einen Unschuldigen. Als aus diesem Grund ein Zeuge überlebt, muss Jimmys junger Partner zur Strafe dafür mit seinem Leben bezahlen. Detective Taylor Kwon (Sung Kang) aus Washington trifft in New Orleans ein, um eine neue Spur in einem alten Fall zu verfolgen. Als er seinen Kollegen treffen will, findet er stattdessen nur noch dessen Leiche vor. Für das NOPD stehen Jimmy und sein mittlerweile toter Partner als Hauptverdächtige für diese Tat fest. Die Suche nach Hinweisen zu den Tätern zwingt Jimmy und Kwon schließlich zu einer ungewöhnlichen Partnerschaft und für die Jagd nach den Mördern sind Cop und Killer plötzlich aufeinander angewiesen. Auf ihrem Weg zu Gerechtigkeit und Vergeltung treffen die beiden auf zwielichtige Gestalten und blicken hinab in tiefste Abgründe, die bis in die höchsten Polizeikreise reichen. Manchmal liegt nur ein schmaler Grat zwischen Killer und Cop.


Walter Hill (Nur 48 Stunden) hat mit "Shootout" einen Action-Thriller kreiert, der den Zuschauer aufgrund seiner Machart auf eine Art Zeitreise in die 80er Jahre schickt, denn das Szenario erinnert doch stark an etliche Werke des damaligen Jahrzehntes. Mit dem sichtlich in die Jahre gekommenen Sylvester Stallone ist dabei eine der größten Action-Ikonen in der Hauptrolle zu sehen, der trotz des fortgeschrittenen Alters immer noch äußerst gut in Form ist und durch sein gewohnt lässiges-und cooles Schauspiel dieser Geschichte seinen ganz persönlichen Stempel aufdrückt. Rein inhaltlich sollte man in vorliegendem Fall jedoch nicht zu viel erwarten, handelt es sich doch eher um eine recht dünn gehaltene Rahmenhandlung, die zudem auch keinerlei größere Überraschungsmomente parat hält. Es gibt nun wirklich nichts, was man nicht schon einmal in dieser-oder ähnlicher Form gesehen hätte, so das man also definitiv kein Feuerwerk an Innovation erwarten sollte. Doch darauf ist die Story auch überhaupt nicht ausgelegt, denn hier zählt einzig und allein der durchaus hoch ausgefallene Unterhaltungswert. Wer die Filme von Walter Hill kennt kann sich denken, das man in dieser Beziehung eine ganze Menge geboten bekommt und dennoch fehlt es dem Film ein wenig am nötigen Zündfunken, um den Zuschauer so richtig vom Hocker zu reißen.

Das mag in erster Linie in der Durchschaubarkeit der Abläufe begründet sein, denn ziemlich schnell wird einem klar, auf welches Ende die gesamte Chose hinaus läuft. Die reichlich vorhandenen Action-Sequenzen kaschieren dabei gekonnt eine gewisse inhaltliche Leere, sind aber definitiv nicht so spektakulär gestaltet, als das man über die augenscheinlichen Mankos gänzlich hinweg sehen kann. Und so konzentriert man sich dann in der Hauptsache auch auf die ungewöhnliche Beziehung die hier zwischen einem Cop und einem Auftragskiller entsteht, ist in dieser doch das absolute Highlight der Geschichte zu finden. Natürlich mag man trefflich darüber streiten, ob die eingegangene Zweckgemeinschaft in irgendeiner Form glaubwürdig erscheint, doch für die Kurzweil der Ereignisse ist sie auf jeden Fall äußerst förderlich. Witzige-und teils sehr bissige Dialoge und immer wieder aufkommende Situationskomik sorgen für die nötige Lockerheit und ganz generell sollte einmal erwähnt werden, das insbesondere Stallone auf seine alten Tage einen herrlichen Hang zur Selbst-Ironie entwickelt, der hier ebenso wie in den "Expendables-Filmen" stellenweise zum Ausdruck kommt.

Sung Kang hingegen erscheint in der Rolle des Polizisten phasenweise ein wenig blass-und farblos, ist aber dennoch ein recht guter Kontrast zum ewigen Macho Stallone, der während des Geschehens ganz eindeutig die Zügel in der Hand hat. Der Rest der Akteure kann getrost vernachlässigt werden und dient vielmehr als notwendige Staffage, um den Ereignissen auch einen Sinn zu ergeben. Was mich persönlich ein wenig gestört hat ist der Aspekt, das die Story irgendwie so wirkt, als wenn man sämtliche Geschehnisse in eine gewisse Zeitspanne pressen musste, dabei aber bewusst darauf verzichtet hat, rein inhaltlich ein wenig mehr Tiefe in das Szenario zu packen. So werden auch die öfter auftretenden Neben-Erzählstränge nur äußerst oberflächlich angekratzt, was ganz besonders beim Thema korrupte Polizisten zum Ausdruck kommt. In diesem Punkt von Oberflächlichkeit zu sprechen wäre fast schon zuviel des Guten, denn im Prinzip wird der Betrachter lediglich mit der Tatsache konfrontiert und das war es dann auch schon.

Es gab Zeiten, da hätten mich solche Dinge weniger gestört und ich hätte mich ausschließlich auf die gut in Szene gesetzten Action-Passagen konzentriert, doch komischerweise springen einem diese Defizite so dermaßen ins Auge, das man beim besten Willen nicht darüber hinweg sehen kann. Im Endeffekt sollte man also mit der Erwartung an gute, aber keinesfalls spektakuläre Action an dieses Werk heran gehen und einen spielfreudigen Sylvester Stallone erwarten, ansonsten muss man die eigenen Ansprüche jedoch auf Sparflamme halten. Vor einigen Jahren noch hätte ich diesem Film ganz sicher ein absolut überzeugendes Zeugnis ausgestellt, doch leider scheint auch ein Walter Hill ein wenig von seinem Biss verloren zu haben, so das sich letztendlich ein gut unterhaltender Actionfilm im Stil der 80er präsentiert, der allerdings keinen sonderlich nachhaltigen Eindruck hinterlässt.


Fazit:


Ein wenig mehr hatte ich mir schon von "Shootout - Keine Gnade" versprochen, doch leider erscheint die Geschichte an etlichen Stellen viel zu oberflächlich als das man von einem hervorstechenden Actioner sprechen könnte. Solide Filmkost im oberen Durchschnittsbereich bekommt man aber geboten, so das sich das Werk jederzeit für einen gemütlichen Filme-Abend eignet.


6,5/10
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Re: horror's Reise durch die große Welt der Filme

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I Declare War
(I Declare War)
mit Siam Yu, Gage Munroe, Michael Friend, Aidan Gouveia, Mackenzie Munro, Alex Cardillo, Dyson Fyke, Spencer Howes, Andy Reid, Kolton Stewart, Richard Nguyen, Eric Hanson, Alex Wall, Houston
Regie: Jason Lapeyre / Robert Wilson
Drehbuch: Jason Lapeyre
Kamera: Ray Dumas
Musik: Eric Cadesky / Nick Dyer
FSK 16
Kanada / 2012

Der 12-jährige PK und seine Freunde spielen nach der Schule regelmäßig "Capture the Flag" im nahe gelegenen Wald. In der Fantasie der Kinder gewinnt das harmlose Kriegsspiel an Realismus: Stöcke werden zu Gewehren, Wasserbomben zu Granaten und das einfache, aber strenge Regelwerk lässt die Opfer "sterben" und somit aus dem Spiel ausscheiden. Doch an einem Nachmittag verliert Skinner, einer von PKs Gegnern auf dem Schlachtfeld, die Kontrolle. Er reißt das Kommando über seinen Trupp an sich und nimmt PKs besten Freund Kwon als Kriegsgefangenen. Als verschiedene Befreiungsversuche scheitern, droht das unschuldige Kinderspiel zu eskalieren, denn für Skinner ist das Spiel schon lange keines mehr. Doch auch PKs Vorgehensweise nimmt immer gefährlichere Ausmaße an...


Nachdem mir persönlich im Gegensatz zu vielen anderen Leuten schon das Spielfilm-Debüt von Jason Lapeyre "Cold Blooded" sehr gut gefallen hat, bringt das noch junge Label OFDB filmworks nun mit "I Declare War" den Nachfolger heraus, der den Zuschauer phasenweise wirklich sprachlos zurücklässt. Lediglich mit Kindern besetzt offenbart sich hier eine Geschichte die aufgrund der agierenden Darsteller selbstverständlich einen kindlich naiven Anstrich beinhaltet, bei genauerem Hinsehen jedoch einen mehr als erwachsenen Eindruck hinterlässt. Lapeyre hat es geradezu meisterhaft verstanden, hier einen gewagten Spagat zwischen kindlichem Charme und der damit verbundenen Unschuld und andererseits fast schon boshafter Ernsthaftigkeit hinzubekommen, der sich immer wieder während der gut 90 Minuten Laufzeit erkennen lässt. Selten habe ich einen Film gesehen, in dem die Kriegs-Thematik so wundervoll mit der Naivität von Kindern verbunden wurde und dabei ein Gesamtpaket an den Tag legt, das in wirklich jeder Beziehung vollends überzeugen kann. Dabei hält man sich auch nicht erst mit einer großen Einführung in die Geschehnisse auf, sondern konfrontiert den Betrachter schon gleich zu Beginn mit dem Kriegsspiel, das PK und seine Freunde täglich nach der Schule im Wald stattfinden lassen. Schon nach wenigen Minuten lassen die Abläufe erahnen, das die durch junge Schauspieler offensichtlich zur Schau gestellte Naivität lediglich Fassade ist, kommen doch vielmehr die Attribute eines echten Kriegsfilms zum tragen. Das Szenario bietet dabei eine tiefer gehende Beleuchtung sämtlicher Charaktere an und was sich einem hinter den unschuldigen Gesichtern der Protagonisten wirklich entgegen stellt überzieht einen in etlichen Passagen schon mit einer echten Gänsehaut.

Kann man am Anfang noch von einem vielleicht typischen Jugendfilm ausgehen, so wandelt sich die Geschichte doch relativ schnell zu einem waschechten Drama, das zusätzlich mit Elementen des Actionfilmes angereichert wurde und gleichzeitig auch eine bissig-humorige Note erkennen lässt. Das herausragende Merkmal dieses Filmes ist jedoch der Aspekt, das die Kinder-Fassade der Akteure immer mehr bröckelt, um dann die Züge der Erwachsenen durchscheinen zu lassen. Es ist schon streckenweise perfide wenn man sieht, das sich hier offensichtlich gestörte Persönlichkeiten zu erkennen geben, die auf einmal so gar nichts mehr von einem unschuldigen Kind aufweisen außer ihr Aussehen. Ansonsten jedoch zeigen sich Figuren, die fast durch die Bank an einer ausgewachsenen Profilneurose zu leiden scheinen und das erschreckend grandiose Schauspiel der Jung-Darsteller ist dafür verantwortlich, das die Ereignisse eine nicht erwartete Intensität annehmen, die einem merklich unter die Haut geht. Zwar versucht man sich selbst ständig einzureden das es nur Kinder sind und das es sich hier lediglich um ein Spiel handelt, das ein wenig außer Kontrolle gerät, doch der authentische Eindruck des Ganzen ist dermaßen stark, das man eher vergeblich gegen die teils grausame Wirkung des Szenarios ankämpft.

Jason Lapeyre lässt hier sämtliche wesentlichen Merkmale wie Freundschaft, Taktik, Liebe, Verrat und Angst in den Mittelpunkt rücken und verleiht den Abläufen eine unglaubliche Reife, denn nur noch selten ertappt sich der Zuschauer noch selbst dabei, an dieser Stelle einen Film zu sehen, der ausschließlich mit Kindern besetzt ist. Unter diesem Gesichtspunkt erscheinen die Geschehnisse dann auch umso härter-und brutaler, selbst Folterungen lassen die immer stärker aufkommende Gewaltspirale vollkommen außer Kontrolle geraten. Dennoch hat man sorgsam darauf geachtet, das zwischendurch immer mal wieder der kindliche Charme durchkommt, denn auch die ersten Sehnsüchte und damit verbundene Liebesgefühle haben ihren Platz in diesem herausragenden Werk, das so auch durchaus schöne Momente bereit hält. Besonders gut kommt der Spagat zwischen Kind und Erwachsenem auch in visueller Hinsicht zum tragen, so verwandeln sich doch Waffen aus Holz durch die Fantasie der Akteure in echtes Kriegsmaterial, so das man auf einmal statt eines großen Knüppels eine Bazooka auf dem Rücken trägt. Durch dieses visuelle Element wird einem noch eindringlicher vor Augen geführt, wie schmal doch der Grat zwischen Spiel und Ernst ist, wobei die Grenzen teilweise regelrecht verschwimmen.

Am Ende der Geschichte ist man dann fast schon körperlich erschöpft und merkt eigentlich erst im nachhinein, wie sehr einen das Gesehene doch berührt-und gleichzeitig mitgenommen hat. Kaum merklich entwickelt sich nämlich während der Laufzeit eine immer stärkere Intensität des Ganzen, die einen vollkommen in Beschlag nimmt und auch nach dem Ende noch sehr nachhaltig haften bleibt. "I Declare War" ist in meinen Augen eine wahre Film-Perle, die man nicht einfach so nebenbei anschauen sollte. Was wie ein handelsüblicher Jugendfilm beginnt, lässt ziemlich schnell die Züge eines echten Kriegsfilmes erkennen und hinterlässt insbesondere durch diesen Umstand einen manchmal fast verstörenden Eindruck beim Zuschauer. Durch den genialen Schachzug die ganze Chose ausschließlich mit Jung-Darstellern zu besetzen wird der Geschichte eine Wucht verliehen, die man am Anfang keinesfalls erwarten kann. Und so sollte man im Prinzip nur zu einem überragenden Gesamteindruck gelangen können, der ganz besonders durch die perfekten Performances der kindlichen Kriegsherren entsteht. Wie dem aber auch sei, Lapeyre hat mit "I Declare War" definitiv einen Film geschaffen, den man so schnell nicht wieder vergessen kann und der ganz bestimmt nicht das letzte Mal im heimischen DVD-Player gelandet ist.


Fazit:


Auch die mittlerweile dritte Veröffentlichung von OFDB filmworks hat sich meiner Ansicht nach als absoluter Volltreffer erwiesen. Dieses Mal handelt es sich um einen wirklich außergewöhnlich guten Film der nicht nur äußerst nachdenklich stimmt, sondern zudem auch eine ansonsten als erwachsen einzustufende Thematik mit einer kindlichen Unschulds-Note verbindet und dadurch einen gewagten Spagat begeht, den man letztendlich jedoch als absolut gelungen einstufen kann.


9/10
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Re: horror's Reise durch die große Welt der Filme

Beitrag von horror1966 »

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Mordlust
(The Killing Kind)
mit Ann Sothern, John Savage, Ruth Roman, Luana Anders, Cindy Williams, Sue Bernard, Marjorie Eaton, Peter Brocco, Helene Winston
Regie: Curtis Harrington
Drehbuch: Tony Crechales / George Edwards
Kamera: Mario Tosi
Musik: Andrew Belling
juristisch geprüft
USA / 1973

Zwei Jahre musste Terry Lambert (John Savage) einsitzen, weil seine Freunde ihn mitschleiften, als sie beschlossen, die junge Tina unter einem Pier zu vergewaltigen. Wieder auf freiem Fuß, kehrt er zu seiner Mutter Thelma (Ann Sothern) zurück, die jetzt eine Pension führt und zu der er seit seiner Pubertät ein sehr zweifelhaftes und sexuelles Verhältnis pflegt. Gleichzeitig wird Terry aber von der attraktiven Mieterin Lori (Cindy Williams) angeflirtet, was seine Mutter nicht gerade positiv einschätzt, weswegen sie dem Mädchen nur Schlechtes wünscht. Und dann ist da noch die Bibliothekarin Louise, die im Gegensatz zu Lori weiß, was Terry getan hat und darüber eigene Vergewaltigungs-Phantasien entwickelt hat. Doch alle sind zu sehr mit ihren Obsessionen beschäftigt, um zu bemerken, das Terry plötzlich wirklich mörderische Verhaltenszüge an den Tag legt...


Immer wieder stößt man eher zufällig auf unscheinbare Filme vergangener Tage, die sich nach der Sichtung doch als echte kleine Perlen zu erkennen geben. Es dürfte somit nicht übertrieben erscheinen, wenn man auch "Mordlust" von Regisseur Curtis Harrington in diese Kategorie einordnet, denn mit einem geschätzten Budget von gerade einmal 200.000 $ ist hier eine kleine, aber sehr feine Produktion entstanden, die dem Zuschauer zwar keine unbedingt spektakuläre, dafür aber recht intensive Thriller-Kost anbietet. Gleich bei der Eröffnungs-Sequenz wird man dabei mit der Tat konfrontiert, wegen der man den jungen Terry für 2 Jahre ins Gefängnis steckt und schon in dieser relativ kurz gehaltenen Einstellung gibt sich zu erkennen, das der junge Mann ganz augenscheinlich ein äußerst gestörtes Verhältnis zu den Damen der Schöpfung hat. Harrington macht sich nun die Arbeit einem die möglichen Gründe für diesen Umstand näher zu bringen und gleichzeitig ein Bild vom aufkommenden Hass zu zeichnen, der immer stärker in Terry aufsteigt. Um seine Motivlage einigermaßen einschätzen zu können muss man unbedingt einen Blick hinter die scheinbar heile Fassade in der Beziehung zu seiner Mutter wagen, zu der es den Mann nach seiner Entlassung aus dem Knast zieht. Ganz offensichtlich wird das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn nämlich von einem eher dunklen Geheimnis belastet, da Harrington an dieser Stelle zu keiner Zeit die Vermutung des Betrachters visuell oder verbal bestätigen lässt, andererseits aber äußerst geschickt den Verdacht des familiären Inzest aufkommen lässt, der im Prinzip die ganze Zeit über wie ein unsichtbares Damokles-Schwert über den Ereignissen hängt. Ohne während des gesamten Filmes eine Bestätigung dafür zu bekommen nimmt man diesen Punkt einfach mal als gegeben und kann so auch das vollkommen durchgeknallte Verhalten und die Taten von Terry nachvollziehen, der im wahrsten Sinne des Wortes nicht alle Latten am Zaun hat.

Allerdings kann man diesen Umstand auch den anderen Haupt-Charakteren des Werkes zuschreiben, denn sowohl die Mutter wie auch die neue und hübsche Mieterin, sowie auch die auf den ersten Blick bieder erscheinende Nachbarin werden hier ziemlich stark vom Wahnsinn getrieben, denn anders lassen sich diverse Verhaltensweisen und Abläufe nicht erklären. Hier gibt sich auch eine absolute Stärke der Geschichte zu erkennen, denn etliche Passagen hinterlassen schon den Eindruck eines außergewöhnlich skurrilen Szenarios und man fragt sich an manchen Stellen ganz unweigerlich, ob die Protagonisten sich allesamt auf einem schlechten Drogen-Trip befinden. Trotz des skurrilen Anstriches driftet der Film aber zu keiner Zeit ins Lächerliche ab, sondern lässt vielmehr diverse extrem bedrohliche Momente aufkommen. Zugegebenermaßen gestaltet sich das Ganze eher unspektakulär und man bekommt auch keinerlei visuelle Highlights geboten, dafür kann "Mordlust" jedoch mit einer gesunden Mischung aus inhaltlicher Tiefe und psychologischer Beleuchtung einer kranken Seele aufwarten, wodurch diese eher bescheidene Produktion auch eine Intensität an den Tag legt, die man ihr ehrlich gesagt gar nicht zugetraut hätte. Ein Grund dafür ist bestimmt auch das erstklassige Schauspiel von John Savage der als Terry eine beeindruckende Performance abliefert und sehr authentisch einen offenbar gestörten jungen Mann interpretiert.

Obwohl das Werk eigentlich ohne jegliche Höhepunkte auskommen muss, offenbart sich gerade in der Schlichtheit des Szenarios die größte Stärke. Bis auf die überzogen erscheinenden Verhaltensweisen-und Handlungen diverser Figuren besticht die Geschichte nämlich durch ihre Unauffälligkeit und lässt insbesondere dadurch an manchen Stellen schon fast subtile Horror-Elemente erkennen. Gleichzeitig entfaltet die Figur von Terry immer bedrohlichere Ausmaße und man wird das Gefühl nicht los, das es sich bei ihm um einen Vulkan handelt, dessen völliger Ausbruch kurz bevor steht. Dabei erscheint der Mann rein Äußerlich eher eher adrett und zeigt auch streckenweise recht sympathische Züge, doch hinter der Fassade scheint ein wildes Raubtier zu lauern das nur darauf wartet, wieder einmal zuzuschlagen. Seine Verachtung und der ganze Hass gegenüber dem weiblichen Geschlecht kommt mehr als einmal zum Vorschein und so manche Frau muss erst ihr Leben lassen, bevor ein schon tragisches Ende der Geschichte dem Ganzen Einhalt gebietet.

Meiner Meinung nach hat Curtis Harrington hier wirklich ganze Arbeit geleistet und schafft es fast spielerisch mit diversen Andeutungen, den Zuschauer in eine bestimmte Richtung zu lenken, ohne ihm jedoch eine wirkliche Bestätigung für mehrere Annahmen zu liefern. So ist dann auch die eigene Fantasie gefragt und das macht diesen kleinen, aber sehr feinen Thriller zu einer kaum beachteten Film-Perle, die eher unbeachtet ihr Dasein fristet. Letztendlich kann man nur eine dicke Empfehlung für dieses Werk aussprechen, das ohne große Kosten ein jederzeit spannendes-und sehr intensives Film-Erlebnis präsentiert, dem man definitiv eine Chance geben sollte.


Fazit:


Es müssen nicht immer die hoch budgetierten Filme sein die einem erstklassige Unterhaltung bieten. Manchmal reicht schon ein eher unscheinbarer Thriller voller Suspense und Spannung, in dem ein spielfreudiger Hauptdarsteller das Geschehen fast im Alleingang trägt. "Mordlust" ist auf jeden Fall ein solcher Film und erzählt eine Geschichte, die in erster Linie auf der psychologischen Schiene äußerst gut funktioniert.


7,5/10
Big Brother is watching you
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