Deliria-Italiano

Successive Slidings of Pleasure - Wieder Alain Robbe-Grillet. Wieder eine Geschichte um Schein und Lügen, Variationen, Träumen und Albträumen. Geschichtenerzählen und Rollenspiele. Aufgeladen mit den für Robbe-Grillet typischen Obessionen. Die teilweise surealen, bunten Bilder und Tableaus brennen sich ins Hirn, die Geschichte um ein junges Mädchen, welches des Mordes an ihrer Mitbewohnerin angeklagt wird und in ein Gefängnis gesteckt wird, in dem Nonnen die Aufsicht haben und in dessen Keller mittelalterliche Folterkammern zu finden sind, lässt viele Lesarten zu. Man kann sich aber auch einfach von den Bilder in einen traumähnlichen Zustand versetzen lassen. Auf jeden Fall ein Film, der einen sehr fordert und den man mehr als einmal sehen sollte.

Bitter Unschuld - Wieder so ein Soap-Titel. Hauptrolle Elmar Wepper. Regie: Dominik Graf, Drehbuch Markus Busch. Der Film wirft einen gleich am Anfang in den Höhepunkt. Graf inszenienert das so, dass einem der Atem stockt. Dann der Sprung: Neun Tage vorher. die Kamera bleibt dynamisch, Grafs einfälle kreativ und positiv verspielt. Die Geschichte ein Intrige, eines Machtkampfes. Wepper will seinen Job und damit den Wohlstand seiner Familie schützten und führt dadurch deren Zusammenbruch herbei. Sein Gegenspieler ist machtversessen und skrupelos. Ein Arschloch, wie es ihn in den Chefetagen (leider) häufig gibt. Wie Wepper kämpft und sich dabei immer mehr verheddert, wie sein beruflicher Kampf seine Familie zerstört und sein Gegener gewissenlos seinen Vorteil sucht, das ist sauspannend inszeniert und lässt einem kaum Zeit zum Luftholen. Dabei wird allerdings auch klar, dass das arme Opfer Wepper nicht ganz unschuldig an seiner Lage ist. Sein Schweigen, wenn er eine Vergewaltigung beobachtet, und sein Versuch mit dem Wissen um tödliche Experimente seinen Job und damit seinen Status zu retten, machen ihn auch nicht besser als seinen Feind. Nur, dass Wepper passiv bleibt, während sein Gegener offensiv agiert. Auf der Strecke bleibt am Ende die Unschuld und Weppers junge Tochter, die brutal aus ihrem Wohlfüh-Kokon gerissen wird. Das Ende wirkt zwar etwas konstruiert und gerade in der Mitte des Filmes gibt es ein paar Durchhänger, trotzdem ein sehr sehenswerter, hochspannender Film mit vielen Zooms, Kameraschwenks, einer aufpeitschenden Musik, grandiosen Darstellern (bei Graf merkt man erst, wie sehr die hierzulande immer unter Wert verkauft werden) und tollen, spielerischen Regieeinfällen. Man merkt halt, dass Graf das europäische Genrekino der 70er liebt.

MEINE TEUFLISCHEN NACHBARN (THE `BURBS, USA 1989, Regie: Joe Dante)

Keine vielen Worte: Der Film ist pures Gold und wächst mit jeder Sichtung! Ich liebe ihn so, wie ich Tom Hanks liebe



DAS BRANDNEUE TESTAMENT (LE TOUT NOUVEAU TESTAMENT, Belgien, Frankreich, Luxemburg 2015, Regie: Jaco Van Dormael)

Gott ist ein jähzorniger, cholerischer Sadist, der mit seiner Frau in einem Hochhaus in Brüssel lebt und gelegentlich seine Kinder verprügelt. Ja, Kinder! Jesus ist allerdings schon vor Jahren abgehauen, um den Opfern seines Vaters, den Menschen, beizustehen. Und auch die zehnjährige Éa, die Tochter Gottes, plant ihre Flucht und die Suche nach sechs weiteren Aposteln. Nicht jedoch, ohne vorher allen Menschen ihre verbleibende Lebenszeit mitzuteilen. Daraufhin besinnen sie sich auf ihr Dasein, stellen Kriege und Konflikte ein und verlieren die Furcht. Und Gott verliert seine Macht über sie. Doch ein Backup des Computers, über den sich die Schicksale der Welt leiten lassen, ist ohne seine Tochter nicht möglich. Also muss auch er hinunter auf die Straßen Brüssels, um sie zu suchen und aufzuhalten…

Gott als jähzorniger White Trash-Penner, der seine Kinder verdrischt. Das ist genauso großartig, wie es klingt. Melancholisch, tragisch-komisch, surreal und witzig. DAS BRANDNEUE TESTAMENT ist eine angenehme Filmoffenbarung! Stil und Charakter erinnern in ihrer schräg-verträumten Art ein wenig an DIE FABELHAFTE WELT DER AMÉLIE. Wer letzteren mochte, wird sich auch in das TESTAMENT verlieben. Die Einspieler, die Schöpfungsgeschichte, die vielen Details – ja, der Film sprüht vor schrägem Witz voller Charme und Tragik, Witz und Melancholie. Ein Film für Herz und Lachmuskeln gleichermaßen. Uneingeschränkte Empfehlung!

purgatorio hat geschrieben:MEINE TEUFLISCHEN NACHBARN (THE `BURBS, USA 1989, Regie: Joe Dante)

Keine vielen Worte: Der Film ist pures Gold und wächst mit jeder Sichtung! Ich liebe ihn so, wie ich Tom Hanks liebe

We all ♥

purgatorio hat geschrieben:DAS BRANDNEUE TESTAMENT (LE TOUT NOUVEAU TESTAMENT, Belgien, Frankreich, Luxemburg 2015, Regie: Jaco Van Dormael)

Gott ist ein jähzorniger, cholerischer Sadist, der mit seiner Frau in einem Hochhaus in Brüssel lebt und gelegentlich seine Kinder verprügelt. Ja, Kinder! Jesus ist allerdings schon vor Jahren abgehauen, um den Opfern seines Vaters, den Menschen, beizustehen. Und auch die zehnjährige Éa, die Tochter Gottes, plant ihre Flucht und die Suche nach sechs weiteren Aposteln. Nicht jedoch, ohne vorher allen Menschen ihre verbleibende Lebenszeit mitzuteilen. Daraufhin besinnen sie sich auf ihr Dasein, stellen Kriege und Konflikte ein und verlieren die Furcht. Und Gott verliert seine Macht über sie. Doch ein Backup des Computers, über den sich die Schicksale der Welt leiten lassen, ist ohne seine Tochter nicht möglich. Also muss auch er hinunter auf die Straßen Brüssels, um sie zu suchen und aufzuhalten…

Gott als jähzorniger White Trash-Penner, der seine Kinder verdrischt. Das ist genauso großartig, wie es klingt. Melancholisch, tragisch-komisch, surreal und witzig. DAS BRANDNEUE TESTAMENT ist eine angenehme Filmoffenbarung! Stil und Charakter erinnern in ihrer schräg-verträumten Art ein wenig an DIE FABELHAFTE WELT DER AMÉLIE. Wer letzteren mochte, wird sich auch in das TESTAMENT verlieben. Die Einspieler, die Schöpfungsgeschichte, die vielen Details – ja, der Film sprüht vor schrägem Witz voller Charme und Tragik, Witz und Melancholie. Ein Film für Herz und Lachmuskeln gleichermaßen. Uneingeschränkte Empfehlung!

Über den hab' ich auch schon einiges gehört, klingt herrlich blasphemisch und hat einen eigenen Thread verdient

buxtebrawler hat geschrieben:We all ♥

-1

buxtebrawler hat geschrieben:We all ♥

Reine Provokation: No One Loves Tom Hanks....

Zwölf Uhr Mittags - Ein Film, den ich das letzte Mal vorüber 30 Jahren gesehen habe, und der für mich mit einer wichtigen Kindheitserinnerung verbunden ist. Gestern habe ich mir die Blu-ray für 4 Euro mitgenommen und - was ich lange nicht mehr gemacht habe - Zuhause gleich geguckt. War ein guter Tag dafür. Faszinierend, wie einen manchmal Erinnerungen täuschen. Ich hatte Gary Coopers Will Kane als sehr viel souveräner in Erinnerung. Ich war erstaunt, wie sehr sich Cooper hier als "Held" zurücknimmt und einen sichtbar verängstigten Mann spielt. Und dann überraschte mich, wie stark sich Leone bei "Spiel mit das Lied vom Tod" an "12 Uhr Mittags" orientiert hat. Nicht nur die drei an der Zughaltestelle wartenden Männer, sondern auch einige Kamerafahrten, die grandiose Bildmontage mit den Close-Ups auf verschwitzte Gesichter und vor allem der geniale Einsatz der Musik, erinnerten mich doch stark an Leone. Dimitri Tiomkins Musik ist aber auch wirklich ein Schätzchen. wie immer wieder das Hauptmotiv abgewandelt und auf die einzelnen Figuren zugeschnitten wird oder es sich am Ende furios in den Takt der tickenden Uhren aufschwingt. Atemberaubend. Dazu ist der Film aktuell wie nie. Der wird ja als Kommentar zu der "Hexenjagd" auf Kommunisten in den 50ern gesehen. Für mich war es eher eine Warnung vor dem aufkommen von Faschismus mit einer direkten Verbindung zu dem Aufstieg Hitlers 1933. Wo auch niemand was gemacht hat, weil man sich nicht einmischen will, das ja nicht seine Sache ist, es unter dem Bösen vielleicht ja sogar besser wird, man sich einen persönlichen Gewinn verspricht oder eine "man kann ja doch nichts ändern"-Haltung einnimmt. Da Regisseur Zinnemann Wiener und Sohn eines jüdischen Arztes ist, ist das ja durchaus möglich, dass er das auch im Hinterkopf hatte, als er den Film drehte. Interessante Trivia am Rande (wusste ich auch vorher nicht): Kameramann Floyd Crosby ist der Vater von David Crosby (The Byrds, Crosby Stills & Nash) und der sänger des Titelsongs "Don't Forsake Me Oh My Darling" Tex Ritter ist der Vater des leider breits verstorbenen Schauspielers John Ritter (u.a. "Skin Deep – Männer haben’s auch nicht leicht").

Arkadin hat geschrieben:Zwölf Uhr Mittags Ich hatte Gary Coopers Will Kane als sehr viel souveräner in Erinnerung. Ich war erstaunt, wie sehr sich Cooper hier als "Held" zurücknimmt und einen sichtbar verängstigten Mann spielt. Und dann überraschte mich, wie stark sich Leone bei "Spiel mit das Lied vom Tod" an "12 Uhr Mittags" orientiert hat. Nicht nur die drei an der Zughaltestelle wartenden Männer, sondern auch einige Kamerafahrten, die grandiose Bildmontage mit den Close-Ups auf verschwitzte Gesichter und vor allem der geniale Einsatz der Musik, erinnerten mich doch stark an Leone. Dimitri Tiomkins Musik ist aber auch wirklich ein Schätzchen. wie immer wieder das Hauptmotiv abgewandelt und auf die einzelnen Figuren zugeschnitten wird oder es sich am Ende furios in den Takt der tickenden Uhren aufschwingt. Atemberaubend. Interessante Trivia am Rande (wusste ich auch vorher nicht): Kameramann Floyd Crosby ist der Vater von David Crosby (The Byrds, Crosby Stills & Nash) und der sänger des Titelsongs "Don't Forsake Me Oh My Darling" Tex Ritter ist der Vater des leider breits verstorbenen Schauspielers John Ritter (u.a. "Skin Deep – Männer haben’s auch nicht leicht").

Schöner Text und Interessante Infos zu einem Klassiker des US Western. Schon lange nicht mehr gesehen und der Text macht Bock auf eine DVD Sichtung!

Grace Kelly


Bei mir zuletzt im Player
STOKER (2013)
von Park Chan-Wook, mit Mia Wasikowska, Nicole Kidman, Matthew Goode, Musik: Clint Mansell, Produziert: Ridley und Tony Scott

Parks Ausflug nach Hollywood.
Zu Beginn werden uns typische Figuren des Old School Horrors vorgestellt: das Kind mit einer aussergewöhnlichen Begabung, die weise alte Frau in Gestalt der Haushälterin, der unheimliche fremde, aber auch charmante Mann aus der Vergangenheit, die böse (Stief-) Mutter.
Das entwickelt sich sanft, ein bißchen Mystery-Atmo, auch das Haus kommt Horror-Haus-mäßig daher.
Aber: Was sich da für eine Geschichte draus entwickelt! Wirklich spannend, ungewöhnlich, biestig in Richtung Killer- / Partners-in-crime-Story. Ein verdrehter Drama-Thriller-Mix, über Lust, Macht, Erwachsenwerden.
Visuell ist das ganz weit vorne. Toll, was die Kamera macht. Klare, leicht verdrehte, einfach zu entschlüüselnde aber trotzdem starke Bilder. Gut, das kennen wir von Park, aber für Hollywood ungewöhnlich. Dazu ein starker Soundtrack von Clint Mansell!
Mia Wasikowska finde ich ja eh toll, hier wieder großartig, ebenso Nicole Kidman. Matthew Goode kannte ich bisher nur von Watchmen, ist hier auch brillant zwischen Charmebolzen und Wahnsinnigen, und das mit einem all american Gesicht (obwohl er Engländer ist), der mich an Perkins erinnerte.
Empfehlung.

PS: An Specials nix dolles, immerhin drei geschnittene Szenen, schaut euch nicht die Titel der Szenen an, wenn ihr nicht gespoilert werden wollt.

karlAbundzu hat geschrieben: STOKER (2013)

karlAbundzu hat geschrieben: Empfehlung.

Den schieb ich schon so lange vor mir her - irgendwie reizte mich der bislang mal so überhaupt nicht und ich weiß nicht einmal warum. Das hat sich hiermit geändert.