Sound of Silence and Decadence - Neues Vinyl und begleitende Eindrücke

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sid.vicious
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Re: Sound of Silence and Decadence - Neues Vinyl und begleitende Eindrücke

Beitrag von sid.vicious »

Maulwurf hat geschrieben: Di 27. Jun 2023, 06:56
FarfallaInsanguinata hat geschrieben: Mo 26. Jun 2023, 21:13 One Plus One lief doch in den Achtzigern mal in den 3. der Öffis?!
Ich erinnere mich an ein ausgesprochen interessantes, quasi zweigeteilten Werk. Die eine Hälfte zeigt die Stones im Studio, die andere britische Schrottplätze mit vielen niedlichen Kleinwagen. Definitiv nix für den Mainstream, da eher experimentell und ohne lineare Erzählstruktur, könnte mir aber durchaus vorstellen, dass du deinen Spaß daran haben wirst, sid.
Farfalla beschreibt den Film perfekt. Gestern habe ich den LASTWAGENKRIEG gesehen, und die Ähnlichkeiten in der Struktur sind bemerkenswert. Non-linear, experimentell, Musik, Dadaismus sind die Begriffe die mir zu beiden Filmen einfallen.
Ich habe gestern die One Plus One DVD (Ich muss nicht alles in HD und erst recht keine blöden Mediabooks haben) via Post erhalten. Allein meine Begeisterung für "Beggars Banquet" kann den Kauf rechtfertigen.

LASTWAGENKRIEG habe ich mittlerweile schon dreimal geschaut. ich finde den Film grandios.
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sid.vicious
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Re: Sound of Silence and Decadence - Neues Vinyl und begleitende Eindrücke

Beitrag von sid.vicious »

OUT OF OUR HEADS
The Rolling Stones


Erscheinungsdatum: 30. Juli 1965

A1 She Said Yeah
A2 Mercy, Mercy
A3 Hitch Hike
A4 That's How Strong My Love Is
A5 Good Times
A6 Gotta Get Away

B1 Talkin' 'Bout You
B2 Cry To Me
B3 Oh, Baby (We Got A Good Thing Going On)
B4 Heart Of Stone
B5 The Under Assistant West Coast Promotion Man
B6 I'm Free

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„Out of our Heads“ ist das erste Stereoalbum von den STONES, dass im UK veröffentlicht wurde. Die (mir vorliegende) UK-Fassung weicht inhaltlich deutlich von der US-Fassung ab. So inkludiert (beispielshalber) die US-Fassung im Gegensatz zur UK-Fassung „Satisfaction“ und „The last Times“. Dafür bietet die UK-Fassung wiederum Titel (von denen keiner den eben genannten Songs das Wasser reichen kann), die nicht auf der US-Fassung enthalten sind.

Das UK-Album legt mit „She Said Yeah“ los. Eine richtig gute RnR Nummer (Coverversion eines Roddy Jackson-Songs), die nach meinem Dafürhalten irgendwie nach Punk klingt.

Mit „Have Mercy“ geht es dito stark weiter, bevor es anschließend mit „Hitch Hike" und „That's how strong my Love is" etwas swinglastig wird. Die Songs sind okay, aber nicht wirklich mein Ding.

Es folgt mit „Good Times" ein tolles Sam Cooke-Cover, und mit „Gotta get away" die erste von drei Jagger/Richards-Kompositionen. „Gotta get away" klingt ein bissel monoton und liefert demgemäß keine Überraschungen. Dafür tönen die beiden anderen Eigenkompositionen - „Heart of Stone" und das rebellische „I'm free" - sehr gut.

„Out of our Heads“ (UK) klingt für mich nach RnR, R&B und Punk. Das Album gefällt mir besser als die beiden zuvor im UK veröffentlichten (Studio-)STONES-Langriller. Vermutlich erarbeiteten sich Mick Jagger und Keith Richards mittels der drei Eigenkompositionen jenes kompositorische Selbstbewusstsein, das sie zu ihrem 1966 veröffentlichten Glanzstück „Aftermath“ befähigte.

7 von 10
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Beitrag von sid.vicious »

GOT LIVE IF YOU WANT IT - The Rolling Stones
Veröffentlicht: 1966

A1 Under My Thumb
A2 - Get Off Of My Cloud
A3 - Lady Jane
A4 - Not Fade Away
A5 - I've Been Loving You Too Long
A6 - Fortune Teller

B1 - The Last Time
B2 - 19th Nervous Breakdown
B3 - Time Is On My Side
B4 - I'm Alright
B5 - Have You Seen Your Mother, Baby, Standing In The Shadow?
B6 - (I Can't Get No) Satisfaction

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“Got live if you want it!” inkludiert Live-Aufnahmen aus Newcastle und Bristol. Vermutlich im Oktober 1966 eingefangen und im selben Jahr auf Scheibe veröffentlicht. Wenn man es sich besonders einfach machen will, resümiert man die Aufnahmen als einem Kampf zwischen den STONES und den unzähligen Kreischhennen im Publikum. Das ist mir allerdings viel zu lieb- als auch respektlos. Denn wer die Lauscher aufsperrt, der kann – wie ich – ein Live-Album entdecken, dass unbedingt in die STONES-Sammlung gehört. Denn meines Erachtens besitzen die Aufnahmen sehr viel Charme und klingen hin und wieder gar nach frühem Punk. Keith trällert übrigens fleißig mit und klingt, wie angeblich alle Sänger, die nicht singen können und es trotzdem unnachgiebig versuchen, mehr als ein bissel nach Dylan.

Etwas Gaunerei hat das Album ebenfalls in petto, denn wer - wie eingangs geschrieben - seine Lauscher aufsperrt, der wird registrieren, dass es sich bei den Songs "I've been loving you too long" und "Fortune Teller" um Studioaufnahmen handelt, die mit dem Gekreische hysterischer Weiber unterlegt wurden. Generell finde ich das Gekreische übrigens okay, aber nicht wenn es getürkt ist und dann auch noch in Schleife eingespielt wurde. Die Kreischhennen haben dereinst schließlich aus dem Bauch agiert. Ich war nämlich kürzlich in einem Raum, wo die "Giovanni Zarrella Show" im TV lief, das war für mich der wahre Alptraum. Unmengen von Spacken, die nach Jubeltafeln agierten und den allerletzten Scheiß hochjubelten. Ganz fürchterlich, das hatten wir übrigens alles schon mal, wenn man an die Begeisterung für die Theatralik des Faschismus denkt...

Kaufen und nicht kaufen? Unbedingt kaufen, denn die Songauswahl auf “Got live if you want it!” ist hervorragend und an der Interpretation habe ich ebenfalls nichts zu meckern - auch wenn zahlreiche Overdubs zum Einsatz kamen.

7,5 von 10
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Re: Sound of Silence and Decadence - Neues Vinyl und begleitende Eindrücke

Beitrag von sid.vicious »

THE STOOGES -The Stooges
Erscheinungsjahr: 1969


Side 1
1969
I Wanna Be Your Dog
We Will Fall

Side 2
No Fun
Real Cool Time
Ann
Not Right
Little Doll
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Es datierte der 5. August 1969, als in den USA ein Musikalbum veröffentlicht wurde, das die damalige Musikpresse zu durch und durch negativen Kritiken anspornte. Heute schaut es freilich ganz anders aus, denn der 5. August 1969 symbolisiert ein bedeutendes Datum innert der Rockmusikhistorie und somit jenen Tag an dem das Erstwerk der STOOGES in die Plattenläden einzog und einen bis dato immensen Einfluss auf die Musikwelt ausübte.

Aufgrund der krass divergierenden Einschätzungen klingt es doch irgendwie einleuchtend, dass dieses Werk mit einem Song an den Start geht, der sein Taufwasser mitsamt dem Rufnamen „1969“ empfing. Eine Musikkomposition, die von Monotonie und Aussichtslosigkeit und einer daraus resultierenden Scheißegal- wie Null Bock-Attitüde geprägt ist, wozu der Gesang den größten Anteil beiträgt. Angeblich ist es ja eh der Sänger und nicht der Song - nun frag´ mich bloß nicht, wer das zuerst gesagt hat (Andy Warhol?), denn ich weiß es wirklich nicht.

Es ist mir allerdings klar wie bewusst, dass Jim Osterberg eine ganz besondere Position unter in der populären Musik einnimmt. Ein unverwechselbarer Vokalist, der während seiner gesanglichen Einsätze auf dem ersten STOOGES-Album die Vokale mit Passion in die Länge zieht. Diese Gesangsmethode reflektiert nach meiner Einschätzung den Zustand von extremsten Angewidertsein. Iggy klingt rotzig, Iggy klingt trotzig, so als ob er postwendend jedem ins Gesicht rotzen wird, der sich auch nur ansatzweise traut, ihm in die Augen zu schauen.

Nach dem großartigen „1969“ folgt eines der simpelsten, aber dennoch geilsten Gitarrenriffs, das ich jemals gehört habe. Monoton tönt der mit Wah-Wah verzierte Sound vor sich hin. Und schier impertinent verkündet Iggy „I wanna be your Dog“, zieht weiterhin beharrlich die Vokale in die Länge und klingt kraft seiner trotzigen Rotzigkeit ein wenig nach dem KINKS-Frontmann Ray Davis, im Besonderen nach dessen Stropheninterpretation des KINKS-Übersongs “You really got me“. „I wanna be your Dog“ ist Punk in Reinkultur! Der Song vollendet im Prinzip das, was THE VELVET UNDERGROUND in Teilen ihres Debütalbums vorbereiteten. Und mittels dieser Aussage, sollte es eigentlich niemanden wirklich überraschen, dass das Debüt der STOOGES von John Cale produziert wurde, was sich notabene für jeden halbwegs geschulten Musikliebhaber simpel aus dem abschließenden Song der ersten Albumseite entschlüsseln lässt. Bereits der Songtitel, „We will fall“, lässt die tatsächlich enthaltene und stolz zur Schau getragene Dekadenz erahnen. „We will fall“ wirkt wie ein schwarzgewandeter Vertreter einer Neuen Dekadenten, der das Songbuch der VELVET UNDERGROUND entsprechend neu definieren will. Schleppend, düster, monoton klingt eine erste Seite aus, die mich allumfassend begeistert.

Und Seite 2 macht vorerst dort weiter, wo Seite 1 ausklingt. „No Fun“ wirkt wie ein Hybrid aus Dekadenz und Arroganz. Rotten hat den Song, gemäß eigener Aussage, geliebt. Kein Wunder, dass er ihn mit den PISTOLS interpretierte. Und währenddessen holt John wirklich alles aus dem Song heraus. Seine Interpretation schlägt die von Iggy. Rotten klang nie mehr so geil, wie während seiner ersten PISTOLS-Phase. Da klingt Rotten so, wie Rotten klingen muss. Alles danach ist zwar nett, aber um Lichtjahre entfernt von seiner Glanzzeit.

Iggy klingt notabene nicht immer nach Iggy, sondern hin und wieder nach Lou Reed und sogar nach Jim Morrison. Dafür zeugen die Songs „We will fall“ und „Ann“. Zwei jener fünf Songs, die das Album ursprünglich nur enthalten sollte. Auf Druck der Plattenfirma, der das eindeutig zu wenig war, mussten die STOOGES allerdings weitere Songs schaffen, was sie angeblich innerhalb kurzer Zeit erledigten. Das Problem: „A real good Time“, „Not right“ und „A little Doll“ litten unter der Akkordarbeit und können mit den fünf anderen Songs beileibe nicht mithalten. „A little Doll“, der letzte Song des Albums, erinnert mich an „1969“, womit wir uns auch gleich wieder zum Anfang bewegen, denn mit „1969“ ging schließlich alles los. Für mich auch, denn nachdem ich mittels „A little Doll“ aus dem Album entlassen wurde, drehte ich die Scheibe um und trat erneut in die Welt der STOOGES ein. Hä? Natürlich kenne ich das Album in und auswendig, aber Vinyl ist halt eine ganz andere Nummer als CD oder undiskutabeler Streaming-Schrott…


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Maulwurf
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Re: Sound of Silence and Decadence - Neues Vinyl und begleitende Eindrücke

Beitrag von Maulwurf »

Die Stooges. Drei der besten Rockalben (und eine der besten E.P.s) die jemals produziert wurden. Jedes dieser Alben unterschiedlich in Klang und Ausrichtung, jedes mit dem gleichen Druck nach vorne prügelnd. Auf dem ersten Album haben die vom Leben eher benachteiligten Musiker ihren ganzen Hass und ihre Wut rausgerotzt und in kleine, ziemlich perfekte Rohdiamanten verwandelt. We will fall? Seltsamerweise das Stück, das ich neben 1969 am meisten gehört habe von diesem Album. Dafür habe ich Little doll immer gegenüber No fun bevorzugt. In Little doll höre ich die gesamte Karriere der Stooges heraus: Das Psychedelische des ersten Albums, die einfachen und eisigen Strukturen von Fun house, und die Drogensucht und die Selbstverstümmelungen von Raw power.

Wenn es Alben in der Rockmusik gibt, die neben Joy Division bestehen können, dann die drei Studioalben der Stooges. :pah:
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
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sid.vicious
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Re: Sound of Silence and Decadence - Neues Vinyl und begleitende Eindrücke

Beitrag von sid.vicious »

Maulwurf hat geschrieben: Fr 11. Aug 2023, 14:52 Die Stooges. Drei der besten Rockalben (und eine der besten E.P.s) die jemals produziert wurden. Jedes dieser Alben unterschiedlich in Klang und Ausrichtung, jedes mit dem gleichen Druck nach vorne prügelnd. Auf dem ersten Album haben die vom Leben eher benachteiligten Musiker ihren ganzen Hass und ihre Wut rausgerotzt und in kleine, ziemlich perfekte Rohdiamanten verwandelt. We will fall? Seltsamerweise das Stück, das ich neben 1969 am meisten gehört habe von diesem Album. Dafür habe ich Little doll immer gegenüber No fun bevorzugt. In Little doll höre ich die gesamte Karriere der Stooges heraus: Das Psychedelische des ersten Albums, die einfachen und eisigen Strukturen von Fun house, und die Drogensucht und die Selbstverstümmelungen von Raw power.

Wenn es Alben in der Rockmusik gibt, die neben Joy Division bestehen können, dann die drei Studioalben der Stooges. :pah:
Sehr schön und in jeder Hinsicht nachvollziehbar geschrieben. :thup:
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FarfallaInsanguinata
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Re: Sound of Silence and Decadence - Neues Vinyl und begleitende Eindrücke

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Ich habe mit einigem Glück die deutsche Erstpressung des "The Stooges"-Debuts ergattert! Selbstverständlich als Cutout (den Remitenden bei Büchern entsprechend), da sich das Ding 1969 bestimmt alles andere als gut verkaufte.
Für mich eine musikalische Offenbarung und -ohne Stooges, MC5 und New York Dolls- hätte es Punk nie gegeben - das ist Fakt!
Diktatur der Toleranz

Die Zeit listete den Film in einem Jahresrückblick als einen der schlechtesten des Kinojahres 2023. Besonders bemängelt wurden dabei die Sexszenen, die von der Rezensentin als „pornografisch“ und „lächerlich“ bezeichnet wurden.
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Re: Sound of Silence and Decadence - Neues Vinyl und begleitende Eindrücke

Beitrag von sid.vicious »

FarfallaInsanguinata hat geschrieben: Fr 18. Aug 2023, 21:35 Ich habe mit einigem Glück die deutsche Erstpressung des "The Stooges"-Debuts ergattert! Selbstverständlich als Cutout (den Remitenden bei Büchern entsprechend), da sich das Ding 1969 bestimmt alles andere als gut verkaufte.
Für mich eine musikalische Offenbarung und -ohne Stooges, MC5 und New York Dolls- hätte es Punk nie gegeben - das ist Fakt!
Die deutsche Erstpressung ist verflucht wertvoll.

Ich mochte auch nicht zu tief in die Tasche greifen und habe mich schlussendlich für eine Reissue entschieden.

Ich packe zu den Punk-Vorbereitern - Stooges, MC5 und den New York Dolls - noch The Velvet Underground.
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Re: Sound of Silence and Decadence - Neues Vinyl und begleitende Eindrücke

Beitrag von sid.vicious »

LET IT BLEED - The Rolling Stones
Veröffentlichungsjahr: 1969

Gimmie Shelter 4:30
Love In Vain 4:18
Country Woman 3:00
Live With Me 3:35
Let It Bleed 5:27
Midnight Rambler 6:52
You Got The Silver 2:51
Monkey Man 4:12
You Can't Always Get What You Want 7:28
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„Let it bleed“ ist der Titel der achten STONES-Langspielplatte, die in Großbritannien veröffentlicht wurde. Wikipedia schreibt, dass Mick Taylor nur auf zwei Songs zu hören ist. Das ist definitiv „Live with me“! Aber beim zweiten Song bin ich mir nicht sicher. Wiki schreibt „Country Honk“, Sean Egan bestätigt das. Eine andere Quelle teilt mir dementgegen mit, dass die Klampfen bei „Country Honk“ einzig von Keith bedient wurden…

Wenn ich nun all meine Infos zu „Let it bleed“ zusammenkratze, dann reflektiert die Scheibe die Arbeit von vier STONES. Die Sache Mick Taylor habe ich definiert, und Brian bündelte wohl seine allerletzten Ressourcen, um den jeweiligen Studiotag überhaupt zu überleben. Er spielte lediglich die Kastenzither bei „You got the Silver“ und klopfte zu „Midnight Rambler“ ein wenig auf die Fasstrommel. Mehr war mit Blick auf seinen Gesundheitszustand wohl nicht möglich.

Auch ungeachtet von Brians bescheidenen Beitrag, kam „Let it bleed“ ohnehin mit wenig Personal aus, besaß aber mit Keith, Mick und dem Produzenten Jimmy Miller extrem viel Potential! Und das wurde allumfassend abgeschöpft, denn „Let it bleed“ ist ein saugeiles Album! Als ich das Werk erstmals mit 13 oder 14 Jahren hörte, konnte ich diese Klasse noch nicht begreifen. Immo kann ich, nachdem ich mir „Let it bleed“ gestern zum zweiten Mal, nach dem Erwerb der Scheibe (28.07.2023), angehört habe, nur in den höchsten Tönen schwärmen. Das Album klingt durchweg genial und liefert mit „Midnight Rambler“ einen der spannendsten Songs, den die STONES jemals komponiert haben. Auch das Robert Johnson Cover „Love in Vain“ klingt vorzüglich. Die übrigens einzige Coverversion auf „Bleed“. Die restlichen Songs sind Jagger/Richards-Kompositionen. Von "Gimme Shelter" über "Midnight Rambler" bis hin zu "You can't always get what you want" - ein Knaller jagt den nächsten.

„Let it bleed“ wurde in GB, beinahe auf den Tag genau, 1 Jahr nach „Beggars Banquet“ veröffentlicht. „Bleed“ musste sich also an einem hervorragenden Vorgängeralbum messen lassen. Konnte „Bleed“ mit „Beggars“ mithalten? Selbstverständlich, denn die STONES lieferten nicht einmal in Bestbesetzung ein derart geiles Album ab, das „Beggars“ schlussendlich gar übertrumpfen konnte.

„Let it bleed“ = Spannende Musikkompositionen plus Bad Boy Image, etwas Rowdytum sowie Sarkasmus und eine gehörige Portion Provokation. Was kraft der zuletzt genannten vier Eigenschaften Ende der 1960er noch so reinzimmerte, wie es reinzimmern sollte, wird heute wahrscheinlich niemanden sonderlich tangieren. Die Klasse von „Let it bleed“ sollte allerdings bis dato jeder STONES-Fan bestätigen.

Höchstwertung!
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Re: Sound of Silence and Decadence - Neues Vinyl und begleitende Eindrücke

Beitrag von sid.vicious »

KICK OUT THE JAMS - MC5
Erscheinungsjahr: 1969
1. "Ramblin' Rose"
2. "Kick Out the Jams"
3. "Come Together"
4. "Rocket Reducer No. 62 (Rama Lama Fa Fa Fa)"

5. "Borderline"
6. "Motor City Is Burning"
7. "I Want You Right Now"
8. "Starship"
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kick out.jpg (162.3 KiB) 241 mal betrachtet
Es ist alles andere - nur nicht alltäglich, dass eine Band mit einer Live-LP auf dem Musikmarkt debütiert. Wie es bei MC5 dazu kam, lässt sich evt. über das Klappentextwissen von Wikipedia eruieren (?), es gibt jedoch auch gute Literatur wie „Please kill me“.

Live-Alben wirken generell polarisierend. Aber manche Live-Alben sind halt unverzichtbar. Denn KISS sind im Prinzip erst mit ihrem vierten Album, einem eben solchem Live-Album, erstmals richtig aus den Plateauschuhen gekommen. Schließlich klangen ihre drei vorangegangenen Erzeugnisse enttäuschend dünn. „Alive I“ strotzt hingegen nur so vor Energie und kickte KISS in der Zuschauergunsttabelle schlagartig ganz weit nach oben.

Die Energie, die „Alive I“ zueigen hat, wird kraft „Kick out the Jams“ vervielfacht. Das Teil besitzt eine einzigartige Power. Knallt vom ersten bis zum letzten Ton. Das der Begriff, „Motherfuckers“, in Rob Tyners legendärer Ansage zum Titelsong durch ein „Brothers and Sisters“ ersetzt wurde, ist zwar der einzige Wehrmutstropfen, aber die Verantwortlichen müssten dafür bis dato als auch darüber hinaus mit Berufsverbot und Ohrfeigen als auch Arsch- wie Eiertritten abgestraft werden.

(Den Song) „Kick out the Jams“ kennt mittlerweile wohl fast jeder 35+ Musikfan. Demgemäß wird im Anschluss an die Frage nach dem besten MC5 Song von 90% der Teilnehmer „Kick out the Jams“ genannt. Das hat nach meinem Dafürhalten den Grund, dass der Großteil der Abstimmenden eh nur diesen einen MC5 Song kennt.

Aber, Brothers and Sisters, auch wenn „Kick out the Jams“ ein ultrageiler Song ist: Wer MC5 auf „Kick out the Jams“ reduziert, der hat null Plan von der Band, und die Facebook-Gruppen sind mit derartigen „Musikspezialisten“ rammelvoll.

Back to Toppic: „Rocket Reducer No. 62“ knallt beispielsweise wie Sau. Ach was, das ganze Album knallt wie Sau! Die für die Liveaufnahmen ausgewählte Location, das Grande Ballroom, wird dereinst fortwährend gewackelt haben und stand mit Sicherheit kurz davor zu explodieren. Was müssen das nur für infernalische Abende gewesen sein, als das MC5-Debüt live eingespielt wurde?

Und siehe da, es waren tatsächlich infernalisch-höllisch-diabolische Abende, denn es datierten der 30. und 31. Oktober: Devil's Night und Hallows' Eve! Und sollten sich Boogeyman, Meyers, Pennywise oder sonstige ... Horrorclowns ins Grande Ballroom hineingetraut haben, dann werden ihnen die MC5 gewaltig in den Arsch getreten haben. Getreu dem Motto:

KICK OUT THE JAMS, MOTHERFUCKERS!!!
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