Seite 15 von 15
Re: Audiokommentare - pro & contra
Verfasst: Mo 18. Dez 2023, 20:16
von sid.vicious
Arkadin hat geschrieben: ↑Mo 6. Nov 2023, 15:34
buxtebrawler hat geschrieben: ↑Fr 3. Nov 2023, 13:36
Arkadin hat geschrieben: ↑Fr 3. Nov 2023, 13:32
Also, wenn das der Uwe Huber ist an den ich gerade denke, dann ist das aber mitnichten ein "Filmhistoriker", sondern eher ein mittlerweile ziemlich berüchtigter "Fanboy".
So wird er auf der Scheibe betitelt. Hilf mir mal auf die Sprünge: Wer is'n das?
Der hat sehr viele Videofeatures mit Interviews von Euro-Stars gemacht, die er dann an Arrow, Ascot und viele andere mehre verkauft hat. Da hast Du unter Garantie schon einige von gesehen. Das mit Helmut Berger taucht recht häufig auf. Die sind auch immer recht gut (finde ich), da er es geschafft hat, dass die viel - auch persönliches - erzählen. Wieso das ab und zu extrem problematisch war, kann ich mal bei einem Bier erzählen, das gehört nicht ins Netz. Was man aber leider sagen muss ist, dass der Gute spätestes ab Corona ganz, ganz tief in die Verschwörungstheorie-Szene abgetaucht ist. Ich kenne einige Leute, die er auf Facebook damit belästigt und regelrecht verfolgt hat.
Ich meine mich zu erinnern, so wurde mir jedenfalls berichtet, dass selbst ein gaaaaanz bekannter US-amerikanischer Regisseur von ihm übelst angegriffen wurde.
Re: Audiokommentare - pro & contra
Verfasst: Di 19. Dez 2023, 18:32
von Dick Cockboner
buxtebrawler hat geschrieben: ↑Mo 18. Dez 2023, 15:43
In seinem Audiokommentar zu Robert Siodmaks
„Die Wendeltreppe“ geht Dr. Rolf Giesen auf die Romanvorlage und deren Unterschiede zur Verfilmung ein sowie auf die Produktionshintergründe, den Regisseur, dessen Familie und deren Rollen während der Nazizeit, auf den Kameramann und dessen andere Filme… Es geht also viel um Personalien, wofür er sich nur anfänglich am Film orientiert. Dies ist der Fall, als er den im Film gezeigten Stummfilm erkennt und zuordnet. Zudem schweift Giesen gern mal ab, sein AK bleibt aber trotzdem stets relevant. So berichtet er von Siodmaks Karrierestationen und vom tragischen Tode Ödön von Horváth sowie von Siodmaks Beziehung zu seinem Bruder Kurt, bevor es verstärkt um die Schauspielerinnen und Schauspieler geht und Giesen schließlich beim
Film noir landet. Einige interessante Detailinformationen hat er ebenfalls parat und diskutiert schließlich den Stellenwert des Films, bevor er auf die Neuverfilmungen eingeht. Wie üblich eine herrlich unaufgeregte, irgendwie gemütliche Zeitreise, die ein Gefühl für die Umstände, unter denen der Film entstand, vermittelt und ihn somit auch für jüngere Generationen greifbarer macht.
Ich mag den Giesen, ein allwissender, geschwätziger Opa
Giesen erfüllt nahezu alle Primärtugenden für einen anständigen Audiokommentar.
Re: Audiokommentare - pro & contra
Verfasst: Fr 12. Apr 2024, 16:52
von buxtebrawler
In seinem Audiokommentar zur 1952er-"Alraune"-Verfilmung, der auf der cmv-Blu-ray enthalten ist, zieht und erläutert Dr. Rolf Giesen Parallelen zu anderen damaligen Filmen, geht viel auf die zahlreichen Naziverbindungen ein, auf den Autor der zugrundeliegenden Geschichte (und zitiert aus dieser), auf das titelgebende Nachtschattengewächs, auf Parallelen zu Langs "Metropolis" und die vorausgegangenen Verfilmungen des Alraune-Stoffs. Dabei springt er von einer Personalie zur nächsten und orientiert sich diesmal tatsächlich nie am Bild, weshalb es mitunter schwer ist, ihm zu folgen - da muss man schon wirklich konzentriert zuhören und sich am besten Notizen machen... Irgendwann geht's dann endlich mal um Hildegard Knef, die hier die weibliche Hauptrolle spielte, und natürlich um "Die Sünderin". Giesen zitiert aus der katholischen Filmkritik, findet gegen Ende doch noch den direkten Filmbezug und bringt die Nazi-Kontinuität während der frühen Nachkriegsjahre innerhalb der Ufa letztlich schön auf den Punkt. Interessant, aber wie gesagt etwas anstrengend. Eher wie eine Vorlesung, bei der der Film zu reinen Illustrationszwecken nebenbei läuft.
Auf der Blu-ray befindet sich noch ein weiterer Audiokommentar mit Dr. Gerd Naumann, Thomas M. Goerke, Matthias Künnecke und Christopher Klaese. Den werde ich mir auch noch geben.
Re: Audiokommentare - pro & contra
Verfasst: Fr 19. Apr 2024, 16:19
von buxtebrawler
buxtebrawler hat geschrieben: ↑Fr 12. Apr 2024, 16:52
Auf der Blu-ray befindet sich noch ein weiterer Audiokommentar mit Dr. Gerd Naumann, Thomas M. Goerke, Matthias Künnecke und Christopher Klaese. Den werde ich mir auch noch geben.
Gesagt, getan:
Das muntere Quartett sprach einen allein schon wegen der Dialoge ermöglichenden Konstellation einen wesentlich lebendigeren Audiokommentar ein. Ein Hildegard-Knef-Nerd ist mit von der Partie, der anscheinend ihre von der Erbengemeinschaft abgesegnete Internetpräsenz betreut. Man versucht sich zunächst an einer Genre-Zuordnung des Films, zitiert aus der literarischen Vorlage, geht auf deren Autor ebenso ein wie auf die namengebende, mythologisch aufgeladene Pflanze und natürlich den Regisseur dieser Verfilmung. Es geht um Knefs Gesang und absonderliche Anekdoten über Erich von Stroheim in Zusammenhang mit dem Filmdreh werden ausgetauscht. Man gibt sich gegenseitig Stichworte und redet nur äußerst selten durcheinander, ergänzt sich stattdessen sehr gut. Man setzt sich mit dem von Knef verkörperten Frauentyp ebenso auseinander wie mit ihrer weiteren Karriere, irgendwann geht's gar um die zeitgenössische Knef-Rezeption - aber auch um germanische Mythen, die Einfluss auf den Inhalt von Buch und Film hatten. Und auch, wenn man sich nur lose am Film orientiert, vergisst man nicht, über dessen Musik zu sprechen und die Kulissen/Ausstattung zu kommentieren - und weiß sogar von einem Fluch, der vermeintlich auf dem Film lastete. Gelungener Audiokommentar, wenn der Knef-Nerd auch die Macke hat, in einem Satz dreimal
"sozusagen" unterzubringen. Ansonsten aber ein echter Mehrwert und eine schöne Ergänzung zu Dr. Giesens Audiokommentar, die einen etwas anderen Ansatz verfolgt.
Re: Audiokommentare - pro & contra
Verfasst: Do 8. Aug 2024, 17:58
von buxtebrawler
Habe mir mit etwas Abstand zueinander die Audiokommentare Dr. Gerd Naumanns, Matthias Künneckes und Christopher Klaeses sowie Lars Dreyer-Winkelmann und Dr. Monkulas zu Renato Polsellis
"Die Geliebte des Vampirs" angehört.
Dr. Naumann, Künnecke und Klaese bezeichnen diesen frühen Italo-Gothic-Horror-Filmbeitrag als Paradigmenwechsel. Sie nennen Hammers "Dracula" als Inspiration, der wiederum an die Universal-Dracula-Verfilmungen anknüpft habe (logisch), aber auch "Der Vampir von Notre Dame" und erwähnen natürlich auch Bavas "Die Stunde, wenn Dracula kommt". Durch den gesteigerten Erotikanteil habe Polselli kompensiert, dass er auf kein stargespricktes Ensemble habe zurückgreifen können. Man arbeitet die Unterschiede zu Hammers "Dracula" heraus, weist auf die Modernisierungen hin und paraphrasiert Autor Gastaldi hinsichtlich seiner Mitarbeit. Wir erfahren Hintergrundinfos zum Dreh, werden auf Details aufmerksam gemacht und bekommen erörtert, wie stark der Film sich auf die Frauenfiguren fokussiert. Man geht aufs Ensemble ebenso ein wie auf Polsellis Schaffen und die Schwächen dieses seines Films. Ferner geht's um die Synchronsprecher(innen) und den Komponisten. Bei alldem hängt man nicht sklavisch am Bild, eher im Gegenteil. Punktuell geht das Trio aber immer wieder auf konkrete Bilder oder Szenen ein, findet also immer mal wieder "zurück". Alle bringen sich klug ein, einer der Dreien ist stets um Subtextfindung bemüht. Schöne Quasselrunde von Menschen mit Ahnung, die an Wissensvermittlung interessiert sind.
Das sind auch Dreyer-Winkelmann und Dr. Monkula im zweiten auf der Anolis-BD enthaltenen AK, zu allzu vielen Überschneidungen kommt es dabei aber gar nicht unbedingt - zumal Dr. Monkula auch etwas mehr Leben in die Bude bringt, wenn er mehr als einmal seine Faszination für den Film, das Genre, den Stil und das italienische Genre-Kino allgemein durchblicken lässt. Die beiden gehen auf die Kameraarbeit und die zahlreichen Gothic-Versatzstücke sowie die Historie des Gothic-Horrorfilms und mögliche bzw. wahrscheinliche Inspirationen Polsellis ein, ebenso aufs Schauspielensemble, soweit namentlich bekannt, und ist dabei relativ nah am Bild - zumindest zunächst... Irgendwann haut Dr. Monkula Anekdoten und Trivia heraus, bald erfährt man aber auch Wissenswertes über die literarischen Vorlagen des Vampirfilms. Später dreht's sich viel um Drehbuchautor Gastaldi, was in ein Gespräch über Italofilme allgemein und deren Entwicklung mündet. Darüber gelangt man zurück zu Polselli, von wo aus es nicht weit zum Thema Nacktheit ist, ergänzt um Statements zu Ästhetik versus Prüderie. Nun biegt man ab zu Jean Rollin, landet irgendwie bei Rainer Brandt und von dort aus bei Sex mit Eseln in einem Mondofilm Polsellis. Dr. Monkula dreht zum Ende hin immer mehr auf, stellt sogar einige Bezüge zu Comics her und haut manchen Filmtipp raus. Da wäre man gern mit 'nem Bierchen dabeigewesen.
Re: Audiokommentare - pro & contra
Verfasst: Fr 9. Aug 2024, 10:21
von sid.vicious
buxtebrawler hat geschrieben: ↑Fr 12. Apr 2024, 16:52
Auf der Blu-ray befindet sich noch ein weiterer Audiokommentar mit Dr. Gerd Naumann, Thomas M. Goerke, Matthias Künnecke und Christopher Klaese. Den werde ich mir auch noch geben.
Respekt, eine derartige Belastungsrenze kann ich nicht vorweisen. Ich finde die Typen (auch während der 1.000sten Giallo-Besprechnung werden sie von Mondadori berichten) unerträglich. Und jetzt ist tatsächlich noch ein Vierter dabei.
buxtebrawler hat geschrieben: ↑Do 8. Aug 2024, 17:58
Dr. Naumann, Künnecke und Klaese bezeichnen diesen frühen Italo-Gothic-Horror-Filmbeitrag als Paradigmenwechsel. Sie nennen Hammers "Dracula" als Inspiration, der wiederum an die Universal-Dracula-Verfilmungen anknüpft habe (logisch), aber auch "Der Vampir von Notre Dame" und erwähnen natürlich auch Bavas "Die Stunde, wenn Dracula kommt". Durch den gesteigerten Erotikanteil habe Polselli kompensiert, dass er auf kein stargespricktes Ensemble habe zurückgreifen können.
Die Konsumenten, die das nicht wissen, die werden das Mediabook eh nicht auspacken. Und diejenigen, die sich einen AK anhören könnten, verügen über ein mehr als ausreichendes Wissen, um das Erwähnte während der Filmsichtung selbst zu erkennen.
Normalerweise würde ich gar nichts dazu schreiben, aber die Vögel sind mir dermaßen unsympathisch und wirken so dermaßen arrogant auf mich, sodass ich es mir diesmal einfach nicht verkneifen konnte.
Re: Audiokommentare - pro & contra
Verfasst: Fr 9. Aug 2024, 10:32
von buxtebrawler
sid.vicious hat geschrieben: ↑Fr 9. Aug 2024, 10:21
Die Konsumenten, die das nicht wissen, die werden das Mediabook eh nicht auspacken. Und diejenigen, die sich einen AK anhören könnten, verügen über ein mehr als ausreichendes Wissen, um das Erwähnte während der Filmsichtung selbst zu erkennen.
Das vermag ich nicht zu beurteilen, aber für diejenigen, die ohnehin schon alles wissen, ist der AK vermutlich auch nicht gedacht.
Beide AK sind übrigens nicht nur im Mediabook für die Verpackungsfetischisten enthalten, sondern auch auf der Blu-ray in herkömmlicher Hülle (die ich mir gekauft habe).
sid.vicious hat geschrieben: ↑Fr 9. Aug 2024, 10:21Normalerweise würde ich gar nichts dazu schreiben, aber die Vögel sind mir dermaßen unsympathisch und wirken so dermaßen arrogant auf mich, sodass ich es mir diesmal einfach nicht verkneifen konnte.
Wäre mir bisher nicht aufgefallen, habe aber auch erst zwei AK des Trios gehört (und beide waren nicht zu einem Giallo). Sind halt nicht so humorvoll wie manch Keßler-AK, aber gehen bisher m.E. schon klar.
Re: Audiokommentare - pro & contra
Verfasst: Mi 20. Nov 2024, 17:22
von buxtebrawler
Ich gab mir zuletzt den Audiokommentar der Herren Lars Johansen, Marco Koch und Clemens Williges zum Uralt-Werwolf-Heuler "Werewolf of London" (1935!), der auf der Ostalgica-Blu-ray enthalten ist. Das Trio geht auf den "tibetanischen" Drehort des Prologs ein, auf die Schauspielerinnen und Schauspieler, auf Universal, den Regisseur, die Masken- und die Kameraarbeit, lässt allgemeine Hintergrundinfos zur Werwolf-Thematik fallen und hat einige Produktionsnotizen parat - beispielsweise, dass ursprünglich Bela Lugosi die Hauptrolle hätte spielen sollen. Die Schwächen des Films werden kritisiert; in der Beurteilung der Qualitäten ist man sich dabei nicht immer ganz einig (was den AK besonders hörenswert macht). Man macht Parallelen zum Jekyll/Hyde-Topos aus, Marco außerdem welche zu Jack the Ripper. Er ist es auch, der die komödiantischen Szenen mit den schrulligen älteren Damen abfeiert. Vergleiche mit Lon Chaney (der den wesentlich populäreren Werwolf ein paar Jährchen später gab) werden angestellt, um die Musik geht's auch noch und, und, und... Alles in allem ist das ein sehr hörenswerter, kurzweiliger AK, bei dem die Chemie zwischen dem Trio stimmt und der mir besonders gut reinlief, da ich die drei ja auch persönlich kenne. Einziger Kritikpunkt: Die Lautstärkeunterschiede zwischen den Sprechern. Das hätte man vielleicht besser in den Griff bekommen können.