Re: Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen?
Verfasst: Fr 26. Apr 2024, 15:59
Nachhol-Bombe!
Life's a bitch – Eine rabenschwarze und ziemlich fiese Komödie über den Menschen und seiner Beziehung zu seinem besten Freund – dem Hund. In drei schwarz-weißen Kapiteln werde unterschiedliche Geschichten erzählt, die sich aber durchaus überschneiden, da mehrere Figuren in den unterschiedlichen Kapiteln auftauchen. Die belgische Regisseurin hält sich nicht zurück und überrascht und schockiert immer wieder mit völlig unerwarteten Wendungen und sehr, sehr bösen Einfällen. In der ersten Geschichte muss sich ein einsamer Mann unfreiwillig des Hundes seines durch Suizid verstorbenen Nachbarn annehmen. Und vermute bald, dass der Hund beim Tod seines Herrchens eine aktive Rolle spielte und es nun auf ihn abgesehen hat. In der zweiten Geschichte verliert ein selbstverliebtes Model bei einem Unfall nicht nur ihre persönliche Assistentin sondern für sie noch viel schlimmer ihren geliebten Hund. Doch sie findet für beides schnell eine Alternative in der Gestalt einer Reinigungs-Angestellten. In der letzten Episode geht es um einen Mann, dessen einziger Freund lange Zeit seine Hündin war. Als er seine große Liebe findet endet dies in einer Menage-a-trois, bei der er sich zwischen alter und neuer Liebe entscheiden muss. Zeichnen sich die ersten beiden Kapitel durch beißendem schwarzen Humor aus, so kommt hier ein Hauch von Melancholie und Tragik hinzu. Gerade das Schlußbild entlässt einem mit einer kleinen Träne im Knopfloch und der Hoffnung, dass in dieser unerbittlichen Welt doch noch eine kleine Hoffnung besteht. Großes Kino (mal wieder) aus Belgien.
Gunfighter Paradise – Eine mysteriöse Geschichte, um einen gottesfürchtigen Waffennarren mit Tarnfarbe im Gesicht, der ins Haus seiner verstorben Mutter zurückkehrt, seltsame Begegnungen mit zwei Männern, die den Bürgerkrieg nachspielen, hat. Einen alten Freund und seinen Bruder trifft. Scheinbar Geld von seinem kriminellen Onkel gestohlen hat und nun ist ihm ein Killer auf den Fersen. Von seinem bedrohlichen Nachbarn ganz abgesehen. Das alles ist sehr assoziativ erzählt. Vieles bleibt ihm Unklaren. Hier und da sind In-Jokes auf die Jugend des Regisseurs und das Aufwachsen im Süden der USA eingestreut und Szenen, die der Zuschauer selber munter interpretieren kann und soll. Mehrmaliges Sehen lässt einen immer mehr entdecken. Den einprägsamen Bildern merkt man die Herkunft des Regisseurs vom Musikvideo an. Dort hat er u.a. mit John Cale gearbeitet. Da wir im Rahmen des Filmfest Bremen den Film zweimal gezeigt haben und dabei immer den sehr sympathischen Regisseur samt Produzenten (Cousin und Ehefrau) zu Gast hatten und eine tolle Zeit mit ihnen hatten, entfällt die Wertung – weil natürlich nicht subjektiv.
White Plastic Sky – Ungarischer Animationsfilm mit einer spannenden Prämisse. Um ihren Lebensstandard zu halten, müssen die Überlebenden der großen Klimakatastrophe nicht nur unter einem künstlichen Himmel leben, sondern sich an ihrem 50. Geburtstag einer Prozedur unterwerfen, welche sie in Bäume verwandelt, die es so nicht mehr gibt. Traumatisiert durch den tod ihres Kindes, meldet sich die Ehefrau eines Psychologen mit nur 35 Jahren freiwillig zur Umwandlung. Als er davon erfährt, setzt er alles daran, sie vor dem frühen Tod zu retten. Sehr interessante Gedankenspiele und eine tolle Rotoscope-Optik mit fantasievollen und detaillierten Hintergründen zeichnen den Film aus. In der Mitte zieht er sich etwas, wenn Held und Heldin zu einem geheimen Labor am Ende der Welt flüchten. Aber letztendlich ist dieses „Ausbremsen“ für die Entwicklung der Figuren wichtig. Empfehlenswerter Film über Selbstbestimmung und die Frage, ob der offensichtliche Weg immer der Richtige ist – oder welche Alternativen es noch gibt. Und über Leben und Tod.
Hole in the Head – Spannender Experimentalfilm aus Irland mit einer Geschichte als Vorwand, um mit den unterschiedlichsten Filmformaten zu spielen. Wobei auch die Frage gestellt wird: Was ist eigentlich Erinnerung? Wie kann man ihr trauen? Und wie kann man sie zurückholen? Und ist das, was man zurückholt die Wahrheit? Aber auch über Manipulation. Manipulation von Menschen und der Manipulation eines Publikums. Einem exzentrischer Mann (und Filmvorführer) fehlen komplett die Erinnerungen an seine ersten sieben Lebensjahre und das geheimnisvolle Verschwinden seiner Eltern. Er engagiert einige Schauspieler, um seine Kindheit so zu rekonstruieren und die Erinnerungen in seinem Kopf zu beleben. Spannender Film, sowohl, was die Machart betrifft, als auch die Frage nach Erinnerung und Erinnerungskultur. Dass dafür ein nicht besonders sympathischer, stummer und manipulativer Charakter als Protagonist gewählt wurde, macht den Film auch auf einer erzählerischen Ebene unterhaltsam. Der sehr freundliche, auskunftsfreudige und liebenswerte junge Regisseur wusste viel zu erzählen und was er alles über die Entstehungsgeschichte des Film erzählte, war ebenso interessant wie der Film selber.
The Moths – Experimentalfilm aus Polen. Auch hier wird mit unterschiedlichem Bildmaterial gearbeitet, um einerseits die unterschiedlichen Handlungsebenen zu definieren, andererseits auch, um Verfremdungseffekte zu erzielen. Erzählt wird von einer Gruppe Jugendlicher, die in einem Gaming-Camp im Wald 24/7 Computerspiele zocken. Als ihre „Betreuer“ ihnen den Strom abdrehen, drehen sie durch, laufen davon und schlagen sich durch den Wald, während sich eine ganz ungute Gruppendynamik entwickelt, die einer von ihnen mit dem Leben bezahlt. Später spielen sie die Situationen im Rahmen einer Therapie auf wie in einem Theaterstück (oder Ballett) nach. Alle dies geschieht natürlich parallel. Die unterschiedlichen Materialien deuten an, auf welcher Ebene wir uns befinden. Lügen aber auch. Vielleicht tut dies auch der Junge, dessen Voice-Over die auch mit viel christlicher Symbolik aufgeladenen Bilder kommentiert. Der nur 67 Minuten dauernde Film zu dem Pawel Mykietyn (Stammkomponist von Skolimowski) einen kongenialen Soundtrack schuf, ist sehr herausfordernd und wirft Fragen nach Führerkult, seelischer Vereinsamung, die Rolle der Frau in einer Männerwelt, queeres Verlangen und das Unterdrücken desselben, aber auch die Entstehung einer Pseudo-Religion auf.Spannend und auf dem ersten Blick gar nicht vollständig zu erfassen.
Luka – Die Verfilmung des Romans „Die Tatarenwüste“ als Science-Fiction-Film. In körnigem Schwarzweiß. Eine belgisch-italienisch-niederländisch-bulgarisch-armenische Co-Produktion von Jessica Woodworth. In der Zukunft in einem nicht näher definierten Land. Die Leute aus dem Norden sind böse und werden irgendwann den Süden angreifen. Heißt es. Darum gibt es ein großes Militär-Bastion, welches den Angriff aus dem Norden abwehren soll. Dorthin verschlägt es den jungen Luka. Ehrgeizig will er schnell in den Rängen aufsteigen. Das Leben in der Bastion ist von Langeweile und, Drill und Männlichkeitsritualen geprägt. Denn der feind aus dem Norden lässt sich nicht blicken. Es darf sogar daran gezweifelt werden, dass es ihn gibt. So ist man nur mit sich selbst beschäftigt. Die Führung hält mit eiserner Disziplin und unmenschlichen Strafen die Männer unter ihrer Knute. Jessica Woodworth fängt diese ganze ungute Atmosphäre zwischen Langeweile, Lethargie und permanent Druck in körnigen, flimmernden Schwarzweißbildern ein. Man ist schnell drin und bei den Figuren. Die ständige (behauptete?) Gefahr von außen, der Druck von innen. Immer zwischen Resignation und Ausbruch.Begleitet wird es von einem kongenialen Soundtrack für den Teho Teardo verantwortlich ist, von dessen tollen Zusammenarbeiten mit Blixa Bargeld auch was bei mir im Schrank steht. Unter den Drstellern sind neue Gesichter (Toll vor allem der Armenier Samvel Tadevossian als Lukas' Freund Konstantin) und Veteranen wie Geraldine Chaplin oder der „Borgman“ persönlich: Jan Bijvoet. Das Ende wurde gegenüber dem Roman abgeändert und fand ich sehr stimmig.
Donogoo Tonka – Hui, was ist das? Der Film überrascht mit einer Frische und Esprit, welche man einer deutschen Produktion aus dem Jahre 1936 nicht unbedingt zugetraut hätte. Man möchte fast von einer anarchistischen Screwball-Komödie aus dem Dritten Reich sprechen. Man staunt angesichts der wie aus Maschinengewehren abgefeuerten Dialoge und der frivolen Erotik. Immer wieder gerät unser Pärchen physische aneinander und als Pierre seiner Josette einmal ordentlich den Hintern versohlt, verbietet sie lustvoll einem Dritten einzugreifen. Die großartige und umwerfend witzige Anny Ondra zeigt auch gerne Bein und erinnert in ihrer naiv-erotischen Quirligkeit an Ingrid Steeger in ihren besten Zeiten. Im letzten Drittel verliert der Film etwas an Fahrt, was u.a. daran liegt, dass der Fokus hier nicht auf der Ondra, sondern auf Viktor Staal liegt.
Godzilla X Kong: The New Empire – Ein schön bunter Quatsch. War ich mit meinem Sohn drin und der fand das alles toll. Toll war vor allem das 3D, welches effektiv eingesetzt wurde und tatsächlich zum Film gehört und nicht im Nachhinein hinein konvertiert wurde. Ständig passiert etwas, kloppt sich der mit dem. Die Menschen sind eher farblose Randfiguren. Vielleicht ist die Halbwertzeit des Filmes deshalb auch nicht besonders lang. Man hat kurz nach dem Kinobesuch das Meiste schon wieder vergessen. Guter Popcornfilm ohne große Ansprüche. Was auch mal sehr angenehm ist. Regisseur Adam Wingard (der hier seinen Hauptdarsteller aus seinem noch kleinen Frühwerk „The Guest“ unterbringen konnte) inszeniert das auch auf maximale Unterhaltung und ohne Pseudodramatik oder Botschaft. Das Äquivalent zu einem Karussellbesuch auf dem Freimarkt. Uns hat's Spaß gemacht.
Der Mann mit dem Karateschlag – Ach, Menno. Ich hatte mich irgendwie ja doch auf diesen Giallo-Martial-Arts-Hybriden aus Hongkong und Thailand gefreut. Aber das war dann doch ein Satz mit X. Hässliche und nervige Sexszenen ohne jeden Funken Erotik, die die Handlung ständig ausbremsen. Beliebige Schnitte, Morde im Off, größtenteils überforderte Schauspieler, ein Drehbuch, das auch nicht so recht weiß, was es will. Lichtblick Bolo als Irrer, aber mit viel zu wenig Screentime. Allein die Giallo-Szenen – die zwar auch hilflos wirken, aber zumindest den hauch von Stimmung haben, die (wahrscheinlich geklaute) Filmmusik und der ein oder andere (vielleicht sind es auch nur zwei) halbwegs gelungene Einfall lassen einen durchhalten. Aber z.B. Spannung? Die liegt bei Null.
Whiskey Mountain – William Grefé inszeniert diesmal einen Beitrag zur Hillybilly/Redneck/Rape&Revenge-Thematik. Irgendwo zwischen „Deliverence“ und „I Spit On your Grave“. Diesmal hat er einen Pre-Fulci Christopher George dabei. Nicht die erste Wahl für einen jungen Motorcross-Fahrer, aber gut. Man macht sich zu viert auf, den Whiskey Mountain zu suchen, wo der Großvater der Freundin seines Kumpels (die tolle Roberta Collins) einst hunderte wertvoller Bürgerkriegs-Musketen versteckt hat. Auf der Reise durch die Südstaaten trifft man auf allerlei merkwürdige Gestalten, wie man sie aus bereits erwähnten Filmen kennt. Und scheinbar sollen sie auch daran gehindert werden, den Mountain zu finden. Am Ende muss man sich dann einer Bande Drogenschmuggler stellen – und da explodiert der Film förmlich! War alles am Anfang nett und betulich – ohne langweilig zu sein – holt Grefé nun das große Besteck raus und macht Rambazamba. Mir hat der Film wieder einmal ausgesprochen gut gefallen. Die Grefé-Filme haben es mir tatsächlich angetan. Schade, dass meine Box jetzt durch ist und ich auch schon „Stanley“ gesehen habe. Der Rest scheint noch nirgendwo erschienen zu sein. Sind aber auch nicht mehr viele filme, die mir da noch fehlen. Die Doku „He Came From the Swamp“ kann ich auch empfehlen. Hier wird jeder Film vorgestellt und Grefé (leider extrem schwer zu verstehen) und alte Mitstreiter erzählen dazu Geschichten.
Life's a bitch – Eine rabenschwarze und ziemlich fiese Komödie über den Menschen und seiner Beziehung zu seinem besten Freund – dem Hund. In drei schwarz-weißen Kapiteln werde unterschiedliche Geschichten erzählt, die sich aber durchaus überschneiden, da mehrere Figuren in den unterschiedlichen Kapiteln auftauchen. Die belgische Regisseurin hält sich nicht zurück und überrascht und schockiert immer wieder mit völlig unerwarteten Wendungen und sehr, sehr bösen Einfällen. In der ersten Geschichte muss sich ein einsamer Mann unfreiwillig des Hundes seines durch Suizid verstorbenen Nachbarn annehmen. Und vermute bald, dass der Hund beim Tod seines Herrchens eine aktive Rolle spielte und es nun auf ihn abgesehen hat. In der zweiten Geschichte verliert ein selbstverliebtes Model bei einem Unfall nicht nur ihre persönliche Assistentin sondern für sie noch viel schlimmer ihren geliebten Hund. Doch sie findet für beides schnell eine Alternative in der Gestalt einer Reinigungs-Angestellten. In der letzten Episode geht es um einen Mann, dessen einziger Freund lange Zeit seine Hündin war. Als er seine große Liebe findet endet dies in einer Menage-a-trois, bei der er sich zwischen alter und neuer Liebe entscheiden muss. Zeichnen sich die ersten beiden Kapitel durch beißendem schwarzen Humor aus, so kommt hier ein Hauch von Melancholie und Tragik hinzu. Gerade das Schlußbild entlässt einem mit einer kleinen Träne im Knopfloch und der Hoffnung, dass in dieser unerbittlichen Welt doch noch eine kleine Hoffnung besteht. Großes Kino (mal wieder) aus Belgien.
Gunfighter Paradise – Eine mysteriöse Geschichte, um einen gottesfürchtigen Waffennarren mit Tarnfarbe im Gesicht, der ins Haus seiner verstorben Mutter zurückkehrt, seltsame Begegnungen mit zwei Männern, die den Bürgerkrieg nachspielen, hat. Einen alten Freund und seinen Bruder trifft. Scheinbar Geld von seinem kriminellen Onkel gestohlen hat und nun ist ihm ein Killer auf den Fersen. Von seinem bedrohlichen Nachbarn ganz abgesehen. Das alles ist sehr assoziativ erzählt. Vieles bleibt ihm Unklaren. Hier und da sind In-Jokes auf die Jugend des Regisseurs und das Aufwachsen im Süden der USA eingestreut und Szenen, die der Zuschauer selber munter interpretieren kann und soll. Mehrmaliges Sehen lässt einen immer mehr entdecken. Den einprägsamen Bildern merkt man die Herkunft des Regisseurs vom Musikvideo an. Dort hat er u.a. mit John Cale gearbeitet. Da wir im Rahmen des Filmfest Bremen den Film zweimal gezeigt haben und dabei immer den sehr sympathischen Regisseur samt Produzenten (Cousin und Ehefrau) zu Gast hatten und eine tolle Zeit mit ihnen hatten, entfällt die Wertung – weil natürlich nicht subjektiv.
White Plastic Sky – Ungarischer Animationsfilm mit einer spannenden Prämisse. Um ihren Lebensstandard zu halten, müssen die Überlebenden der großen Klimakatastrophe nicht nur unter einem künstlichen Himmel leben, sondern sich an ihrem 50. Geburtstag einer Prozedur unterwerfen, welche sie in Bäume verwandelt, die es so nicht mehr gibt. Traumatisiert durch den tod ihres Kindes, meldet sich die Ehefrau eines Psychologen mit nur 35 Jahren freiwillig zur Umwandlung. Als er davon erfährt, setzt er alles daran, sie vor dem frühen Tod zu retten. Sehr interessante Gedankenspiele und eine tolle Rotoscope-Optik mit fantasievollen und detaillierten Hintergründen zeichnen den Film aus. In der Mitte zieht er sich etwas, wenn Held und Heldin zu einem geheimen Labor am Ende der Welt flüchten. Aber letztendlich ist dieses „Ausbremsen“ für die Entwicklung der Figuren wichtig. Empfehlenswerter Film über Selbstbestimmung und die Frage, ob der offensichtliche Weg immer der Richtige ist – oder welche Alternativen es noch gibt. Und über Leben und Tod.
Hole in the Head – Spannender Experimentalfilm aus Irland mit einer Geschichte als Vorwand, um mit den unterschiedlichsten Filmformaten zu spielen. Wobei auch die Frage gestellt wird: Was ist eigentlich Erinnerung? Wie kann man ihr trauen? Und wie kann man sie zurückholen? Und ist das, was man zurückholt die Wahrheit? Aber auch über Manipulation. Manipulation von Menschen und der Manipulation eines Publikums. Einem exzentrischer Mann (und Filmvorführer) fehlen komplett die Erinnerungen an seine ersten sieben Lebensjahre und das geheimnisvolle Verschwinden seiner Eltern. Er engagiert einige Schauspieler, um seine Kindheit so zu rekonstruieren und die Erinnerungen in seinem Kopf zu beleben. Spannender Film, sowohl, was die Machart betrifft, als auch die Frage nach Erinnerung und Erinnerungskultur. Dass dafür ein nicht besonders sympathischer, stummer und manipulativer Charakter als Protagonist gewählt wurde, macht den Film auch auf einer erzählerischen Ebene unterhaltsam. Der sehr freundliche, auskunftsfreudige und liebenswerte junge Regisseur wusste viel zu erzählen und was er alles über die Entstehungsgeschichte des Film erzählte, war ebenso interessant wie der Film selber.
The Moths – Experimentalfilm aus Polen. Auch hier wird mit unterschiedlichem Bildmaterial gearbeitet, um einerseits die unterschiedlichen Handlungsebenen zu definieren, andererseits auch, um Verfremdungseffekte zu erzielen. Erzählt wird von einer Gruppe Jugendlicher, die in einem Gaming-Camp im Wald 24/7 Computerspiele zocken. Als ihre „Betreuer“ ihnen den Strom abdrehen, drehen sie durch, laufen davon und schlagen sich durch den Wald, während sich eine ganz ungute Gruppendynamik entwickelt, die einer von ihnen mit dem Leben bezahlt. Später spielen sie die Situationen im Rahmen einer Therapie auf wie in einem Theaterstück (oder Ballett) nach. Alle dies geschieht natürlich parallel. Die unterschiedlichen Materialien deuten an, auf welcher Ebene wir uns befinden. Lügen aber auch. Vielleicht tut dies auch der Junge, dessen Voice-Over die auch mit viel christlicher Symbolik aufgeladenen Bilder kommentiert. Der nur 67 Minuten dauernde Film zu dem Pawel Mykietyn (Stammkomponist von Skolimowski) einen kongenialen Soundtrack schuf, ist sehr herausfordernd und wirft Fragen nach Führerkult, seelischer Vereinsamung, die Rolle der Frau in einer Männerwelt, queeres Verlangen und das Unterdrücken desselben, aber auch die Entstehung einer Pseudo-Religion auf.Spannend und auf dem ersten Blick gar nicht vollständig zu erfassen.
Luka – Die Verfilmung des Romans „Die Tatarenwüste“ als Science-Fiction-Film. In körnigem Schwarzweiß. Eine belgisch-italienisch-niederländisch-bulgarisch-armenische Co-Produktion von Jessica Woodworth. In der Zukunft in einem nicht näher definierten Land. Die Leute aus dem Norden sind böse und werden irgendwann den Süden angreifen. Heißt es. Darum gibt es ein großes Militär-Bastion, welches den Angriff aus dem Norden abwehren soll. Dorthin verschlägt es den jungen Luka. Ehrgeizig will er schnell in den Rängen aufsteigen. Das Leben in der Bastion ist von Langeweile und, Drill und Männlichkeitsritualen geprägt. Denn der feind aus dem Norden lässt sich nicht blicken. Es darf sogar daran gezweifelt werden, dass es ihn gibt. So ist man nur mit sich selbst beschäftigt. Die Führung hält mit eiserner Disziplin und unmenschlichen Strafen die Männer unter ihrer Knute. Jessica Woodworth fängt diese ganze ungute Atmosphäre zwischen Langeweile, Lethargie und permanent Druck in körnigen, flimmernden Schwarzweißbildern ein. Man ist schnell drin und bei den Figuren. Die ständige (behauptete?) Gefahr von außen, der Druck von innen. Immer zwischen Resignation und Ausbruch.Begleitet wird es von einem kongenialen Soundtrack für den Teho Teardo verantwortlich ist, von dessen tollen Zusammenarbeiten mit Blixa Bargeld auch was bei mir im Schrank steht. Unter den Drstellern sind neue Gesichter (Toll vor allem der Armenier Samvel Tadevossian als Lukas' Freund Konstantin) und Veteranen wie Geraldine Chaplin oder der „Borgman“ persönlich: Jan Bijvoet. Das Ende wurde gegenüber dem Roman abgeändert und fand ich sehr stimmig.
Donogoo Tonka – Hui, was ist das? Der Film überrascht mit einer Frische und Esprit, welche man einer deutschen Produktion aus dem Jahre 1936 nicht unbedingt zugetraut hätte. Man möchte fast von einer anarchistischen Screwball-Komödie aus dem Dritten Reich sprechen. Man staunt angesichts der wie aus Maschinengewehren abgefeuerten Dialoge und der frivolen Erotik. Immer wieder gerät unser Pärchen physische aneinander und als Pierre seiner Josette einmal ordentlich den Hintern versohlt, verbietet sie lustvoll einem Dritten einzugreifen. Die großartige und umwerfend witzige Anny Ondra zeigt auch gerne Bein und erinnert in ihrer naiv-erotischen Quirligkeit an Ingrid Steeger in ihren besten Zeiten. Im letzten Drittel verliert der Film etwas an Fahrt, was u.a. daran liegt, dass der Fokus hier nicht auf der Ondra, sondern auf Viktor Staal liegt.
Godzilla X Kong: The New Empire – Ein schön bunter Quatsch. War ich mit meinem Sohn drin und der fand das alles toll. Toll war vor allem das 3D, welches effektiv eingesetzt wurde und tatsächlich zum Film gehört und nicht im Nachhinein hinein konvertiert wurde. Ständig passiert etwas, kloppt sich der mit dem. Die Menschen sind eher farblose Randfiguren. Vielleicht ist die Halbwertzeit des Filmes deshalb auch nicht besonders lang. Man hat kurz nach dem Kinobesuch das Meiste schon wieder vergessen. Guter Popcornfilm ohne große Ansprüche. Was auch mal sehr angenehm ist. Regisseur Adam Wingard (der hier seinen Hauptdarsteller aus seinem noch kleinen Frühwerk „The Guest“ unterbringen konnte) inszeniert das auch auf maximale Unterhaltung und ohne Pseudodramatik oder Botschaft. Das Äquivalent zu einem Karussellbesuch auf dem Freimarkt. Uns hat's Spaß gemacht.
Der Mann mit dem Karateschlag – Ach, Menno. Ich hatte mich irgendwie ja doch auf diesen Giallo-Martial-Arts-Hybriden aus Hongkong und Thailand gefreut. Aber das war dann doch ein Satz mit X. Hässliche und nervige Sexszenen ohne jeden Funken Erotik, die die Handlung ständig ausbremsen. Beliebige Schnitte, Morde im Off, größtenteils überforderte Schauspieler, ein Drehbuch, das auch nicht so recht weiß, was es will. Lichtblick Bolo als Irrer, aber mit viel zu wenig Screentime. Allein die Giallo-Szenen – die zwar auch hilflos wirken, aber zumindest den hauch von Stimmung haben, die (wahrscheinlich geklaute) Filmmusik und der ein oder andere (vielleicht sind es auch nur zwei) halbwegs gelungene Einfall lassen einen durchhalten. Aber z.B. Spannung? Die liegt bei Null.
Whiskey Mountain – William Grefé inszeniert diesmal einen Beitrag zur Hillybilly/Redneck/Rape&Revenge-Thematik. Irgendwo zwischen „Deliverence“ und „I Spit On your Grave“. Diesmal hat er einen Pre-Fulci Christopher George dabei. Nicht die erste Wahl für einen jungen Motorcross-Fahrer, aber gut. Man macht sich zu viert auf, den Whiskey Mountain zu suchen, wo der Großvater der Freundin seines Kumpels (die tolle Roberta Collins) einst hunderte wertvoller Bürgerkriegs-Musketen versteckt hat. Auf der Reise durch die Südstaaten trifft man auf allerlei merkwürdige Gestalten, wie man sie aus bereits erwähnten Filmen kennt. Und scheinbar sollen sie auch daran gehindert werden, den Mountain zu finden. Am Ende muss man sich dann einer Bande Drogenschmuggler stellen – und da explodiert der Film förmlich! War alles am Anfang nett und betulich – ohne langweilig zu sein – holt Grefé nun das große Besteck raus und macht Rambazamba. Mir hat der Film wieder einmal ausgesprochen gut gefallen. Die Grefé-Filme haben es mir tatsächlich angetan. Schade, dass meine Box jetzt durch ist und ich auch schon „Stanley“ gesehen habe. Der Rest scheint noch nirgendwo erschienen zu sein. Sind aber auch nicht mehr viele filme, die mir da noch fehlen. Die Doku „He Came From the Swamp“ kann ich auch empfehlen. Hier wird jeder Film vorgestellt und Grefé (leider extrem schwer zu verstehen) und alte Mitstreiter erzählen dazu Geschichten.