DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
GROSSES MIAMI-VICE-SPECIAL (ERSTE STAFFEL)
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Ich mag Polizeifilme! Harte Cops, die mit coolen Sprüchen und einer etwas zweifelhaften Moral die schmierige Verbrecherwelt aufräumen, sind in meinen Augen ein grandioses Handlungselement, welchem wir einige wundervolle Filme zu verdanken haben. In diesem Sinne bin ich auch ein Fan der „Dirty Harry“-Reihe oder der italienischen Errungenschaften auf diesem Gebiet. Ich dachte mir allerdings immer, eine fürs Fernsehen gedrehte Serie wird nicht das Budget und die kreative Crew haben, um in Sachen Action, Handlung oder Regie mit solchen Filmen mitzuhalten. Als ich die ersten paar Folgen von „Miami Vice“ sah, wusste ich, dass ich falsch gedacht hatte…
Ich weiß nicht genau, wie viel Geld Produzent Michael Mann in die einzelnen Episoden gesteckt hat, aber es ist beeindruckend, was für eine Menge an Schießereien und Explosionen in dieser Serie anzutreffen sind. Zudem verfügt jede Folge über eine originelle und spannende Story und eine professionelle Regie. Die Art und Weise, wie der sonnige Handlungsort mit seinen strahlenden und weniger strahlenden Seiten in Szene gesetzt wurde, sucht Ihresgleichen. Manche stilistische Einfälle finde ich zwar ein kleinwenig übertrieben – einige der Zeitlupeneinstellungen wirken störend und besonders in den ersten Episoden blieb das Bild zwischen zwei Schnitten ein wenig zu lange schwarz – aber im Großen und Ganzen sieht die Serie von der visuellen Komponente her atemberaubend aus. Die Handlungen haben auch jedes Mal eine gewisse Größe an sich. Damit meine ich, dass die Protagonisten Crockett und Tubbs nicht von Folge zu Folge irgendeinen 08/15-Mord aufklären müssen, nein, die haben es mit kaltblütigen Gangstern zu tun. Allabendlich müssen sie sich behaupten gegen Drogenbarone, Waffenhändler, Zuhälter, Straßengangs oder Al Bundys. Diesen Aspekten ist es zu verdanken, dass sich jede einzelne Folge von „Miami Vice“ wie ein eigenständiger Polizeifilm anfühlt, nur eben auf kurzweilige vierzig Minuten runter gekürzt.
Was oft im Zusammenhang mit dieser Serie erwähnt wird, ist ihr exzessives Porträtieren der Populärkultur, was in erster Linie Mode und Musik meint. Die Frage, die man sich heutzutage stellen muss lautet: Hat dies in unserer Zeit seinen Charme behalten, oder wirken die damaligen Kleider und Songs mittlerweile eher albern. In Sachen Mode ist die Antwort einfach: Sonny Crockett trägt manchmal ein Netzshirt! Ernsthaft, Sonny, ein Netzshirt? Ich meine, ich bin weiß Gott kein Modeexperte – mein Kleiderschrank besteht fast ausschließlich aus abgetragenen Sonderangeboten – aber selbst ich könnte diesen beiden Vogelscheuchen Modetipps geben. Zum Beispiel an Tubbs: Ein weit aufgeknöpftes Hemd ist gut, weil es Lässigkeit signalisiert; ein weit zugeknöpfter Anzug ist auch gut, weil er Seriosität signalisiert; aber ein weit aufgeknöpftes Hemd unter einem weit zugeknöpften Anzug ist nicht gut, weil es Albernheit signalisiert. Allerdings muss ich zugeben, dass besonders Don Johnson als Crockett eine gewisse Coolness ausstrahlt, bei der man ihm seine Netzshirts und rosa Hemdchen gern verzeiht. (Aber warum zum Teufel könnt ihr euch keine Socken anziehen. Ernsthaft, das hier ist Miami und nicht das Auenland, kauft euch endlich Strümpfe! )
Soviel zur Mode, nun zur musikalischen Gestaltung und diese ist auch heutzutage noch einfach nur grandios! Jan Hammer lieferte eine Vielzahl unvergesslicher Instrumental-Stücke, so, dass der Soundtrack zwar abwechslungsreich ist, aber über einen gleich bleibenden leicht wiederzuerkennenden Stil verfügt. Kompositionen wie das Titelthema oder „Crockett’s Theme“ passen von der Stimmung hervorragend zu den in der Serie vermittelten Emotionen, sind aber auch so harmonisch, dass man sie ebenso gut ohne visuelle Begleitung immer wieder gerne hört.
Neben Hammers Verdiensten werden immer wieder diverse Popsongs eingespielt und da die Serie in den 80ern gedreht wurde, handelt es sich dabei um gute Popsongs. Den ersten hört man gleich in der allerersten Episode, in einer Szene, in welcher ein Mann im Zeugenschutzprogramm von einem Auftragskiller kaltblütig erschossen wird. Mit welchem Song untermalt man am besten so eine Szene? „Bang, Bang, My Baby Shot Me Down“? „Knocking on Heavens Door“? „Highway to Hell“? Nein: „Girls just wanna have Fun“! Warum verfolgt mich dieser Song in letzter Zeit? Ich spiele zwecks eines billigen Gags in meiner „Django: Unchained“-Kritik darauf an, ich höre ihn in „Miami Vice“ und kaum sehe ich mir auf Youtube einige Folgen von „Charles in Charge“ (nebenbei bemerkt eine sehr zu empfehlenswerte Sitcom ) an, wird er dort auch angespielt. Bedenkt man in was für einem Ausmaß Cyndi Lauper 80er-Serien okkupierte, habe ich fast schon Angst davor, mir die dritte Staffel von „Allein gegen die Mafia“ anzusehen. Den absoluten Höhepunkt in Sachen Musik bietet jedoch die Folge „Der King“. In dieser ist nämlich „Self Control“ zu hören und selbstverständlich bin ich erst mal begeistert, denn der ist ohne Zweifel einer der besten Pop-Songs der 80er und es ist fast unmöglich ihn zu toppen. Und was geschieht? Sie toppen ihn! Ein paar Szenen später hören wir, und das ist mein voller Ernst, nichts anderes als Steppenwolf mit „Born to be Wild“!!! Wow! Ich meine, es ist eine Sache „Self Control“ in einer Serie zu spielen, aber zuerst „Self Control“ zu spielen und es dann noch mit „Born to be Wild“ zu toppen ist wirklich einmalig.
Neben berühmten Liedern bekommt man auch in einigen Folgen berühmte Menschen als Gaststars. In der ersten Staffel treten beispielsweise auf Bruce Willis (als seine Ehefrau misshandelnder Waffenhändler), John Turturro (als Zuhälter, der seine Prostituierten, wenn sie zu viel wissen, kaltblütig umbringen lässt), Ed O’Neill (als Undercover Polizist, der die Seiten wechselt und wahrscheinlich eine junge Schauspielerin grausam ermordet hat… was zum Teufel soll diese Misogynie unter den Gaststars? ) und last but not least die stets grandiose Pam Grier, die selbstverständlich wieder mal eine auf Selbstjustiz machen darf.
Was allerdings eine durchgehende Qualität der Serie ist – Songs und Gaststars, so überwältigend sie auch sein mögen, sind ja immer auf eine Folge beschränkt – sind die wiederkehrenden Charaktere, in erster Linie natürlich Crockett und Tubbs. Was mich an den beiden Figuren besonders begeistern kann, ist ihre Dynamik zusammen. Oft, wenn in Filmen zwei unterschiedliche Persönlichkeiten ein Team bilden – der eine ist ein erfahrener Vice-Cop aus dem Süden, der andere ist ein farbiger New Yorker Streifenpolizist – resultiert dies in irgendeiner billigen Buddy-Comedy. Ihre unterschiedlichen Charaktere werden in „Miami Vice“ jedoch nie als Basis für Humor genommen, im Gegenteil: Beide achten einander und respektieren die Eigenheiten des jeweils anderen. Während Crockett seine Erfahrung in der Polizeieinheit durch rationales Denken und ein größeres Verantwortungs-bewusstsein ausdrückt, ist Tubbs mehr der leichtlebige Jüngling (dies sieht man besonders gut in ihren zahlreichen Liebschaften: Wogegen Crockett während der ersten Staffel mehrere Beziehungen zu Frauen durchlebt, beschränkt sich Tubbs in der Regel auf Affären). Diese Differenz wird jedoch sehr subtil gehandelt und die beiden sind weit davon entfernt klischeehafte Stereotypen zu werden, sondern erscheinen als interessante und komplexe Charaktere.
Beide Darsteller – Don Johnson als Crockett und Philip Michael Thomas als Tubbs – leisten hervorragende Arbeit und gehen total in ihren Rollen auf. Sie haben eine großartige Chemie zusammen und man nimmt es ihnen ständig ab, dass sie miteinander befreundet sind. Wenn ich allerdings wählen müsste, wer von den beiden mehr Spaß macht, dann hat Johnson eindeutig die Nase vorne. Versteht mich nicht falsch, Philip Michael Thomas spielt seinen Part natürlich, glaubhaft und kann auch witzig sein, wenn ihm das Drehbuch einen spaßigen Satz in den Mund legt. Johnson auf der anderen Seite spielt auch natürlich und glaubhaft, bei ihm genügt aber seine bloße Anwesenheit um zu unterhalten. Er ist der Schauspieler der mit dem meisten Spaß bei der Sache zu sein scheint, seine Rolle ist die einzige mit einem Alligator namens „Elvis“ als Haustier und er verfügt über einige witzige Gesichtsausdrücke, wie beispielsweise dieses herrlich verdutzte Aus-der-Wäsche-Schauen, wenn er nachdenkt oder sich gerade mit gezückter Waffe anschleicht.
An irgendeinem Punkt der Serien-Entwicklung muss sich irgendein Produzent gedacht haben: „Wir haben in der Hauptrolle zwar einen ulkigen Typen, der gerne rosa Hemdchen trägt, aber trotzdem ist mir das weder humoristisch noch feminin genug!“ Und aus eben diesem Grund werden Crockett und Tubbs unterstützt von den Polizisten Zito und Switek (für den Humor) sowie Gina und Trudy (für das Feminine). Das Schöne an diesen vier Figuren ist nicht nur, dass sie untereinander befreundet sind, sondern auch, dass sie ihrem Beruf mit gewaltiger Freude nachgehen und einfach Spaß an ihrer Tätigkeit haben. In der Folge „Zu hoher Einsatz“ gibt es zum Beispiel eine nette Anfangsszene, in welcher Gina und Trudy, die in dieser Episode als Prostituierte undercover gehen, zusammen einen Einkaufsbummel machen und eine gewaltige Gaude dabei haben sich möglichst nuttige Klamotten auszusuchen. Auch Zito und Switek sind immer ganz aus dem Häuschen, wenn sie irgendwen ins Zeugenschutzprogramm nehmen können, weil das für sie bedeutet mit dieser Person in einem Motel herumzusitzen, sich Pizza zu bestellen und zusammen Monopoli zu spielen.
Dem Polizeipräsidium stand anfangs ein gewisser Rodriguez vor, der auch eine ziemlich unterhaltsame Figur war, doch unerwarteter Weise schon in einer der ersten Episoden das Zeitliche segnete. Dies bedeutet auf der positiven Seite, dass die Serie auf eine spannende Weise unberechenbar ist, und auf der negativen Seite, dass Rodriguez nicht mehr da ist, und wir wahrscheinlich irgendeinen doofen anderen Dude bekommen. Dem Internet entnahm ich die Information, dass dieser „doofe andere Dude“ ein gewisser Castillo sein wird, gespielt von Edward James Olmos. Ich sah mir einige Bilder von der Figur an und war enttäuscht, weil sie offenbar nur über einen einzigen ziemlich gelangweilten Gesichtsausdruck verfügt. Stutzig wurde ich erst, als ich sah, dass Olmos für seine Darstellung in „Miami Vice“ so ziemlich jeden Serienpreis den man bekommen kann, verliehen bekam. Mit einer gewissen Neugier sah ich mir also seine erste Folge an und wurde mehr als positiv überrascht:
Edward James Olmos ist in dieser Serie einfach nur genial! Er hat zwar wirklich nur einen einzigen Gesichtsausdruck drauf, aber dieser ist keinesfalls gelangweilt, sondern besteht in einem unheimlich bedrohlichen, etwas niedergeschlagenen Starren. Nicht nur die Zuseher bekommen eine Gänsehaut, wenn der Typ direkt in die Kamera blickt, sondern auch die fiktiven Charaktere. In „Der King“ beispielsweise gibt es eine Stelle, wo ein Drogenschmuggler vor Crockett und Tubbs davonlaufen will. Er flüchtet vor den beiden, rennt aber direkt in Castillo, der einfach nur dasteht und ihn anstarrt. Er zieht keine Waffe oder so, er starrt ihn einfach nur an und der Verbrecher wagt es nicht mal an ihm vorbeizugehen. Wunderbar ist auch, dass Olmos diesen eindrucksvollen Blick wirklich bei jeder Gelegenheit aufsetzt, ohne Ausnahme (selbst in den Crew-Fotos, wo alle anderen Darsteller einfach herumalbern hat er diesen Blick drauf). Ganz egal, ob er seinen Mitarbeitern gerade Instruktionen gibt, versucht seine Freunde aufzumuntern, oder ein Sandwich isst, er sieht immer so aus als hätte man ihm soeben mitgeteilt, dass ihn seine Frau verlässt, er Krebs hat und seine Lieblingsserie abgesetzt wurde. Und gerade weil Olmos‘ Mimik so eindeutig die Antipode jeglichen Humors ist, macht es ehrlich gesagt wirklich viel Spaß ihm zuzusehen.
Bei all den unterhaltsamen Nebencharakteren freut es, dass der Fokus der Handlung nicht in jeder Episode immer auf Crockett und Tubbs liegt. Hin und wieder bekommen wir auch eine Folge, in welcher Castillo oder Zito und Switek im Zentrum stehen. Auch der Ton der einzelnen Folgen ist nicht zwangsläufig derselbe. Sie enthalten zwar immer sowohl Tragik als auch Humor, aber meist überwiegt eines davon. Ich würde mich beschweren, wenn es innerhalb einer Folge zu Tonschwankungen kommt, dem ist aber nicht so: Die Stimmung, die in den ersten zehn Minuten erläutert wird, wird stets beibehalten, die Episoden als Ganzes variieren jedoch zwischen keinen Silberstreifen durchlassende Düsternis und der Vice-Version von „Ein seltsames Paar“. Man kann also nie ganz genau wissen, was man bekommt.
Außer den oben erwähnten Punkten hat die Serie allerdings noch irgendeinen weiteren positiven Aspekt, den ich nicht genau benennen kann. Ich weiß nicht ob es einfach Coolness ist oder was anderes, aber dieser positive Aspekt lässt einem darüber hinwegsehen, dass sie nicht vollkommen makellos ist. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass der Kleidungsstil der Hauptcharaktere manchmal ein wenig albern daher kommt. Sachen wie die übertriebene Lässigkeit der Protagonisten oder die ausgedehnten Autofahrt-Sequenzen, wurden sogar schon von der Sesamstraße mit ihrem „Miami Mice“ erfolgreich parodiert. Zudem gibt es unzählige unbeantwortete Fragen wie: Wo bewahrt Crockett in seinem kleinen Hausboot diese Berge von Designerklamotten auf? Warum gehen Miami, bedenkt man wie viele davon pro Folge ins Gras beißen, nie die Polizisten und Gangster aus (ernsthaft, über die Serie hinweg hat Crockett einen größeren Leichenberg zu verantworten als Django)? Warum kennt mittlerweile nicht jeder Verbrecherboss die beiden Polizisten, die allwöchentlich mit denselben Codenamen undercover gehen? Auf all diese Fragen gibt es genau eine Antwort: Wen kümmert’s?! Die Serie ist durchgehend spannend, cool, charmant, mitreißend, dramatisch und witzig. Ich habe jede einzelne Episode der ersten Staffel genossen und ich freue mich schon sehr auf Staffel Nr. 2, in welcher unter anderem Tomas Milian zu sehen sein wird.
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Ich mag Polizeifilme! Harte Cops, die mit coolen Sprüchen und einer etwas zweifelhaften Moral die schmierige Verbrecherwelt aufräumen, sind in meinen Augen ein grandioses Handlungselement, welchem wir einige wundervolle Filme zu verdanken haben. In diesem Sinne bin ich auch ein Fan der „Dirty Harry“-Reihe oder der italienischen Errungenschaften auf diesem Gebiet. Ich dachte mir allerdings immer, eine fürs Fernsehen gedrehte Serie wird nicht das Budget und die kreative Crew haben, um in Sachen Action, Handlung oder Regie mit solchen Filmen mitzuhalten. Als ich die ersten paar Folgen von „Miami Vice“ sah, wusste ich, dass ich falsch gedacht hatte…
Ich weiß nicht genau, wie viel Geld Produzent Michael Mann in die einzelnen Episoden gesteckt hat, aber es ist beeindruckend, was für eine Menge an Schießereien und Explosionen in dieser Serie anzutreffen sind. Zudem verfügt jede Folge über eine originelle und spannende Story und eine professionelle Regie. Die Art und Weise, wie der sonnige Handlungsort mit seinen strahlenden und weniger strahlenden Seiten in Szene gesetzt wurde, sucht Ihresgleichen. Manche stilistische Einfälle finde ich zwar ein kleinwenig übertrieben – einige der Zeitlupeneinstellungen wirken störend und besonders in den ersten Episoden blieb das Bild zwischen zwei Schnitten ein wenig zu lange schwarz – aber im Großen und Ganzen sieht die Serie von der visuellen Komponente her atemberaubend aus. Die Handlungen haben auch jedes Mal eine gewisse Größe an sich. Damit meine ich, dass die Protagonisten Crockett und Tubbs nicht von Folge zu Folge irgendeinen 08/15-Mord aufklären müssen, nein, die haben es mit kaltblütigen Gangstern zu tun. Allabendlich müssen sie sich behaupten gegen Drogenbarone, Waffenhändler, Zuhälter, Straßengangs oder Al Bundys. Diesen Aspekten ist es zu verdanken, dass sich jede einzelne Folge von „Miami Vice“ wie ein eigenständiger Polizeifilm anfühlt, nur eben auf kurzweilige vierzig Minuten runter gekürzt.
Was oft im Zusammenhang mit dieser Serie erwähnt wird, ist ihr exzessives Porträtieren der Populärkultur, was in erster Linie Mode und Musik meint. Die Frage, die man sich heutzutage stellen muss lautet: Hat dies in unserer Zeit seinen Charme behalten, oder wirken die damaligen Kleider und Songs mittlerweile eher albern. In Sachen Mode ist die Antwort einfach: Sonny Crockett trägt manchmal ein Netzshirt! Ernsthaft, Sonny, ein Netzshirt? Ich meine, ich bin weiß Gott kein Modeexperte – mein Kleiderschrank besteht fast ausschließlich aus abgetragenen Sonderangeboten – aber selbst ich könnte diesen beiden Vogelscheuchen Modetipps geben. Zum Beispiel an Tubbs: Ein weit aufgeknöpftes Hemd ist gut, weil es Lässigkeit signalisiert; ein weit zugeknöpfter Anzug ist auch gut, weil er Seriosität signalisiert; aber ein weit aufgeknöpftes Hemd unter einem weit zugeknöpften Anzug ist nicht gut, weil es Albernheit signalisiert. Allerdings muss ich zugeben, dass besonders Don Johnson als Crockett eine gewisse Coolness ausstrahlt, bei der man ihm seine Netzshirts und rosa Hemdchen gern verzeiht. (Aber warum zum Teufel könnt ihr euch keine Socken anziehen. Ernsthaft, das hier ist Miami und nicht das Auenland, kauft euch endlich Strümpfe! )
Soviel zur Mode, nun zur musikalischen Gestaltung und diese ist auch heutzutage noch einfach nur grandios! Jan Hammer lieferte eine Vielzahl unvergesslicher Instrumental-Stücke, so, dass der Soundtrack zwar abwechslungsreich ist, aber über einen gleich bleibenden leicht wiederzuerkennenden Stil verfügt. Kompositionen wie das Titelthema oder „Crockett’s Theme“ passen von der Stimmung hervorragend zu den in der Serie vermittelten Emotionen, sind aber auch so harmonisch, dass man sie ebenso gut ohne visuelle Begleitung immer wieder gerne hört.
Neben Hammers Verdiensten werden immer wieder diverse Popsongs eingespielt und da die Serie in den 80ern gedreht wurde, handelt es sich dabei um gute Popsongs. Den ersten hört man gleich in der allerersten Episode, in einer Szene, in welcher ein Mann im Zeugenschutzprogramm von einem Auftragskiller kaltblütig erschossen wird. Mit welchem Song untermalt man am besten so eine Szene? „Bang, Bang, My Baby Shot Me Down“? „Knocking on Heavens Door“? „Highway to Hell“? Nein: „Girls just wanna have Fun“! Warum verfolgt mich dieser Song in letzter Zeit? Ich spiele zwecks eines billigen Gags in meiner „Django: Unchained“-Kritik darauf an, ich höre ihn in „Miami Vice“ und kaum sehe ich mir auf Youtube einige Folgen von „Charles in Charge“ (nebenbei bemerkt eine sehr zu empfehlenswerte Sitcom ) an, wird er dort auch angespielt. Bedenkt man in was für einem Ausmaß Cyndi Lauper 80er-Serien okkupierte, habe ich fast schon Angst davor, mir die dritte Staffel von „Allein gegen die Mafia“ anzusehen. Den absoluten Höhepunkt in Sachen Musik bietet jedoch die Folge „Der King“. In dieser ist nämlich „Self Control“ zu hören und selbstverständlich bin ich erst mal begeistert, denn der ist ohne Zweifel einer der besten Pop-Songs der 80er und es ist fast unmöglich ihn zu toppen. Und was geschieht? Sie toppen ihn! Ein paar Szenen später hören wir, und das ist mein voller Ernst, nichts anderes als Steppenwolf mit „Born to be Wild“!!! Wow! Ich meine, es ist eine Sache „Self Control“ in einer Serie zu spielen, aber zuerst „Self Control“ zu spielen und es dann noch mit „Born to be Wild“ zu toppen ist wirklich einmalig.
Neben berühmten Liedern bekommt man auch in einigen Folgen berühmte Menschen als Gaststars. In der ersten Staffel treten beispielsweise auf Bruce Willis (als seine Ehefrau misshandelnder Waffenhändler), John Turturro (als Zuhälter, der seine Prostituierten, wenn sie zu viel wissen, kaltblütig umbringen lässt), Ed O’Neill (als Undercover Polizist, der die Seiten wechselt und wahrscheinlich eine junge Schauspielerin grausam ermordet hat… was zum Teufel soll diese Misogynie unter den Gaststars? ) und last but not least die stets grandiose Pam Grier, die selbstverständlich wieder mal eine auf Selbstjustiz machen darf.
Was allerdings eine durchgehende Qualität der Serie ist – Songs und Gaststars, so überwältigend sie auch sein mögen, sind ja immer auf eine Folge beschränkt – sind die wiederkehrenden Charaktere, in erster Linie natürlich Crockett und Tubbs. Was mich an den beiden Figuren besonders begeistern kann, ist ihre Dynamik zusammen. Oft, wenn in Filmen zwei unterschiedliche Persönlichkeiten ein Team bilden – der eine ist ein erfahrener Vice-Cop aus dem Süden, der andere ist ein farbiger New Yorker Streifenpolizist – resultiert dies in irgendeiner billigen Buddy-Comedy. Ihre unterschiedlichen Charaktere werden in „Miami Vice“ jedoch nie als Basis für Humor genommen, im Gegenteil: Beide achten einander und respektieren die Eigenheiten des jeweils anderen. Während Crockett seine Erfahrung in der Polizeieinheit durch rationales Denken und ein größeres Verantwortungs-bewusstsein ausdrückt, ist Tubbs mehr der leichtlebige Jüngling (dies sieht man besonders gut in ihren zahlreichen Liebschaften: Wogegen Crockett während der ersten Staffel mehrere Beziehungen zu Frauen durchlebt, beschränkt sich Tubbs in der Regel auf Affären). Diese Differenz wird jedoch sehr subtil gehandelt und die beiden sind weit davon entfernt klischeehafte Stereotypen zu werden, sondern erscheinen als interessante und komplexe Charaktere.
Beide Darsteller – Don Johnson als Crockett und Philip Michael Thomas als Tubbs – leisten hervorragende Arbeit und gehen total in ihren Rollen auf. Sie haben eine großartige Chemie zusammen und man nimmt es ihnen ständig ab, dass sie miteinander befreundet sind. Wenn ich allerdings wählen müsste, wer von den beiden mehr Spaß macht, dann hat Johnson eindeutig die Nase vorne. Versteht mich nicht falsch, Philip Michael Thomas spielt seinen Part natürlich, glaubhaft und kann auch witzig sein, wenn ihm das Drehbuch einen spaßigen Satz in den Mund legt. Johnson auf der anderen Seite spielt auch natürlich und glaubhaft, bei ihm genügt aber seine bloße Anwesenheit um zu unterhalten. Er ist der Schauspieler der mit dem meisten Spaß bei der Sache zu sein scheint, seine Rolle ist die einzige mit einem Alligator namens „Elvis“ als Haustier und er verfügt über einige witzige Gesichtsausdrücke, wie beispielsweise dieses herrlich verdutzte Aus-der-Wäsche-Schauen, wenn er nachdenkt oder sich gerade mit gezückter Waffe anschleicht.
An irgendeinem Punkt der Serien-Entwicklung muss sich irgendein Produzent gedacht haben: „Wir haben in der Hauptrolle zwar einen ulkigen Typen, der gerne rosa Hemdchen trägt, aber trotzdem ist mir das weder humoristisch noch feminin genug!“ Und aus eben diesem Grund werden Crockett und Tubbs unterstützt von den Polizisten Zito und Switek (für den Humor) sowie Gina und Trudy (für das Feminine). Das Schöne an diesen vier Figuren ist nicht nur, dass sie untereinander befreundet sind, sondern auch, dass sie ihrem Beruf mit gewaltiger Freude nachgehen und einfach Spaß an ihrer Tätigkeit haben. In der Folge „Zu hoher Einsatz“ gibt es zum Beispiel eine nette Anfangsszene, in welcher Gina und Trudy, die in dieser Episode als Prostituierte undercover gehen, zusammen einen Einkaufsbummel machen und eine gewaltige Gaude dabei haben sich möglichst nuttige Klamotten auszusuchen. Auch Zito und Switek sind immer ganz aus dem Häuschen, wenn sie irgendwen ins Zeugenschutzprogramm nehmen können, weil das für sie bedeutet mit dieser Person in einem Motel herumzusitzen, sich Pizza zu bestellen und zusammen Monopoli zu spielen.
Dem Polizeipräsidium stand anfangs ein gewisser Rodriguez vor, der auch eine ziemlich unterhaltsame Figur war, doch unerwarteter Weise schon in einer der ersten Episoden das Zeitliche segnete. Dies bedeutet auf der positiven Seite, dass die Serie auf eine spannende Weise unberechenbar ist, und auf der negativen Seite, dass Rodriguez nicht mehr da ist, und wir wahrscheinlich irgendeinen doofen anderen Dude bekommen. Dem Internet entnahm ich die Information, dass dieser „doofe andere Dude“ ein gewisser Castillo sein wird, gespielt von Edward James Olmos. Ich sah mir einige Bilder von der Figur an und war enttäuscht, weil sie offenbar nur über einen einzigen ziemlich gelangweilten Gesichtsausdruck verfügt. Stutzig wurde ich erst, als ich sah, dass Olmos für seine Darstellung in „Miami Vice“ so ziemlich jeden Serienpreis den man bekommen kann, verliehen bekam. Mit einer gewissen Neugier sah ich mir also seine erste Folge an und wurde mehr als positiv überrascht:
Edward James Olmos ist in dieser Serie einfach nur genial! Er hat zwar wirklich nur einen einzigen Gesichtsausdruck drauf, aber dieser ist keinesfalls gelangweilt, sondern besteht in einem unheimlich bedrohlichen, etwas niedergeschlagenen Starren. Nicht nur die Zuseher bekommen eine Gänsehaut, wenn der Typ direkt in die Kamera blickt, sondern auch die fiktiven Charaktere. In „Der King“ beispielsweise gibt es eine Stelle, wo ein Drogenschmuggler vor Crockett und Tubbs davonlaufen will. Er flüchtet vor den beiden, rennt aber direkt in Castillo, der einfach nur dasteht und ihn anstarrt. Er zieht keine Waffe oder so, er starrt ihn einfach nur an und der Verbrecher wagt es nicht mal an ihm vorbeizugehen. Wunderbar ist auch, dass Olmos diesen eindrucksvollen Blick wirklich bei jeder Gelegenheit aufsetzt, ohne Ausnahme (selbst in den Crew-Fotos, wo alle anderen Darsteller einfach herumalbern hat er diesen Blick drauf). Ganz egal, ob er seinen Mitarbeitern gerade Instruktionen gibt, versucht seine Freunde aufzumuntern, oder ein Sandwich isst, er sieht immer so aus als hätte man ihm soeben mitgeteilt, dass ihn seine Frau verlässt, er Krebs hat und seine Lieblingsserie abgesetzt wurde. Und gerade weil Olmos‘ Mimik so eindeutig die Antipode jeglichen Humors ist, macht es ehrlich gesagt wirklich viel Spaß ihm zuzusehen.
Bei all den unterhaltsamen Nebencharakteren freut es, dass der Fokus der Handlung nicht in jeder Episode immer auf Crockett und Tubbs liegt. Hin und wieder bekommen wir auch eine Folge, in welcher Castillo oder Zito und Switek im Zentrum stehen. Auch der Ton der einzelnen Folgen ist nicht zwangsläufig derselbe. Sie enthalten zwar immer sowohl Tragik als auch Humor, aber meist überwiegt eines davon. Ich würde mich beschweren, wenn es innerhalb einer Folge zu Tonschwankungen kommt, dem ist aber nicht so: Die Stimmung, die in den ersten zehn Minuten erläutert wird, wird stets beibehalten, die Episoden als Ganzes variieren jedoch zwischen keinen Silberstreifen durchlassende Düsternis und der Vice-Version von „Ein seltsames Paar“. Man kann also nie ganz genau wissen, was man bekommt.
Außer den oben erwähnten Punkten hat die Serie allerdings noch irgendeinen weiteren positiven Aspekt, den ich nicht genau benennen kann. Ich weiß nicht ob es einfach Coolness ist oder was anderes, aber dieser positive Aspekt lässt einem darüber hinwegsehen, dass sie nicht vollkommen makellos ist. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass der Kleidungsstil der Hauptcharaktere manchmal ein wenig albern daher kommt. Sachen wie die übertriebene Lässigkeit der Protagonisten oder die ausgedehnten Autofahrt-Sequenzen, wurden sogar schon von der Sesamstraße mit ihrem „Miami Mice“ erfolgreich parodiert. Zudem gibt es unzählige unbeantwortete Fragen wie: Wo bewahrt Crockett in seinem kleinen Hausboot diese Berge von Designerklamotten auf? Warum gehen Miami, bedenkt man wie viele davon pro Folge ins Gras beißen, nie die Polizisten und Gangster aus (ernsthaft, über die Serie hinweg hat Crockett einen größeren Leichenberg zu verantworten als Django)? Warum kennt mittlerweile nicht jeder Verbrecherboss die beiden Polizisten, die allwöchentlich mit denselben Codenamen undercover gehen? Auf all diese Fragen gibt es genau eine Antwort: Wen kümmert’s?! Die Serie ist durchgehend spannend, cool, charmant, mitreißend, dramatisch und witzig. Ich habe jede einzelne Episode der ersten Staffel genossen und ich freue mich schon sehr auf Staffel Nr. 2, in welcher unter anderem Tomas Milian zu sehen sein wird.
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
BETE, AMIGO
Originaltitel: Che c'entriamo noi con la rivoluzione?
Alternativtitel: Die zwei glorreichen Halunken von Santa Cruz
Land: Italien
Jahr: 1973
Genre: Western
Regie: Sergio Corbucci
Handlung:
Zu Zeiten der Mexikanischen Revolution soll der Priester Don Albino Moncalieri (Paolo Villaggio) von Soldaten hingerichtet werden. Auf dem Weg zum Erschießungskommando lässt er die Ereignisse, die dazu geführt haben, Revue passieren und die Schilderung der turbulenten Reise von ihm und dem Schauspieler Guido Guidi (Vittorio Gassman) durch die Wirren der Revolution beginnt…
Kritik:
Ich kann nur meinen Hut vor Sergio Corbucci ziehen. Nach „Mercenario“ und „Lasst uns töten, Companeros“ präsentiert er mit „Bete, Amigo“ schon seine dritte Tragikomödie über die mexikanische Revolution und diese weist nicht nur eine unüberschaubare Fülle von neuen Einfällen auf, ihre Mischung aus Tragik und Komik ist noch immer so perfekt wie in den oben genannten Filmen, wenn nicht sogar noch genialer abgestimmt.
Wenn der Streifen lustig sein will, dann ist er unbeschreiblich lustig. Obwohl er selten allzu sehr in Klamauk abdriftet (zumindest im Vergleich zu einigen anderen Spaßwestern) gibt es unzählige Stellen bei denen man lauthals auflachen muss. Und wenn der Film ernst sein will, dann gelingt ihm auch das. Corbucci ist seriös genug, dass er weiß, über welche Situationen er sich lustig machen darf und mit welchen er wie ein Erwachsener verfahren muss. Wenn sich die beiden Helden mit Grauen konfrontiert sehen, dann setzen sie sich keine Sonnenbrillen auf und tänzeln mit ihren Pferden herum, während das Thema von einem Barboni-Film spielt, nein, in Szenen die Pietät verlangen, zeigt die Regie Pietät. Erschießungen der Revolutionäre oder das alte Ehepaar, das sich selbst umgebracht hat, sind dadurch bewegende Szenen, die der revolutionsspezifischen Botschaft, die Corbucci anstrebt, äußerst dienlich sind. Nun gibt es aber davor und danach immer so viel zu lachen und die Helden sind so liebenswerte Gesellen, dass man trotz all des ernsten Zeugs nie den Spaß am Film verliert.
Obwohl der Film etwas über anderthalb Stunden andauert, ist das Tempo, welches er anstrebt, enorm. Alle paar Minuten kommen Albino und Guido in irgendein neues verrücktes Abenteuer, mal flüchten sie vor den Revolutionären, mal vor den Soldaten, mal tun sie dies zu Fuß, mal im Auto, mal im Motorrad und (zwei)mal im Flugzeug. Da sie ständig zwischen den Fronten stehen, müssen sie ununterbrochen ihre Kostümierung wechseln, um sich mal mit der einen mal mit der anderen Seite freundschaftlich zu stellen und am Ende setzen sie sich doch immer wieder in die Nesseln. Gewürzt wird dies noch von einer unzähligen Menge an schenkelklopfenden Dialogen der beiden Hauptpersonen. Der englische Titel (der vermutlich näher an den Originaltitel herankommt) „What am I doing in the Middle of the Revolution“ trifft den Ton des Filmes da sehr genau, da das historische Ereignis aus der Sicht von zwei (italienischen) Außenstehenden geschildert wird. Untermalt wird der ganze Spaß übrigens von einem netten angenehme pfeifenden Thema aus der Feder Ennio Morricones und dem Direktionsstab Bruno Nicolais.
Sowohl Paolo Villaggio als auch Vittorio Gassman spielen ihre ulkigen Rollen hervorragend, besonders Gassmans übertrieben theatralisches Gehabe weiß häufig zu gefallen. Die Chemie zwischen den beiden stimmt auch und wir nehmen ihnen vollkommen die beiden Streithähne ab, die sich zwar stets in die Haare geraten, aber sich in Wahrheit doch von ganzem Herzen gerne haben. Derweil erleben wir unter den Nebenrollen die üblichen bekannten Verdächtigen des Italowesterns, reichend von Riccardo Garrone und Leo Anchoriz über José Canalejas und Simon Arriaga bis hin zu Victor Israel und ganz besonders dem großen Eduardo Fajardo!
Fajardo ist in diesem Film wie immer absolut prächtig. Erneut dürfen wir ihn in seiner Paraderolle als sadistischer Anführer der Armee erleben, außer „Django“ habe ich ihn aber glaube ich noch nie so böse gesehen. Der Typ ist nicht nur durch und durch diabolisch, er liebt es auch noch innig diabolisch zu sein. Keinen Skrupel hat er seine eigenen Leute in den Tod zu schicken und die Erschießung von Revolutionären verfolgt er mit dem größten Vergnügen. Hier und da geht seine Performance fast schon in einen cartoonhaften Superbösewicht über, komplett mit Klischees wie seiner Liebe zur Oper, seinem hintertriebenen Schnurrbart und der Tatsache, dass er ständig von schönen Frauen umgeben ist. OK, zugegeben, ich persönlich vermute, dass der letzte Punkt nicht Teil des Filmes war, meine Theorie besagt, dass Fajardo an diesem Punkt seiner Karriere einfach schon so beliebt war, dass ihm sein privater Harem überallhin folgte, auch vor die Kamera. Was? Ihr glaubt mir nicht, dass Fajardo einer der coolsten und gefragtesten Schauspieler aller Zeiten ist? Wie erklärt ihr euch dann, dass der Spanier Eduardo „Eddie“ Fajardo der einzige Italowestern-Star ist, dem 80er-Ikone Laura Branighan einen ganzen Song gewidmet hat?
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Anyway, das Fazit: Sergio Corbucci vermittelt in „Bete, Amigo“ seine durchaus ernste Revolutions-Botschaft mit so viel Humor und unterhaltsamen Abenteuern, wie nur möglich. Ein absolut großartiger Spaß zum drüber nachdenken, mit zwei hervorragenden Hauptdarstellern und einem wie immer sehenswerten Eduardo Fajardo.
Originaltitel: Che c'entriamo noi con la rivoluzione?
Alternativtitel: Die zwei glorreichen Halunken von Santa Cruz
Land: Italien
Jahr: 1973
Genre: Western
Regie: Sergio Corbucci
Handlung:
Zu Zeiten der Mexikanischen Revolution soll der Priester Don Albino Moncalieri (Paolo Villaggio) von Soldaten hingerichtet werden. Auf dem Weg zum Erschießungskommando lässt er die Ereignisse, die dazu geführt haben, Revue passieren und die Schilderung der turbulenten Reise von ihm und dem Schauspieler Guido Guidi (Vittorio Gassman) durch die Wirren der Revolution beginnt…
Kritik:
Ich kann nur meinen Hut vor Sergio Corbucci ziehen. Nach „Mercenario“ und „Lasst uns töten, Companeros“ präsentiert er mit „Bete, Amigo“ schon seine dritte Tragikomödie über die mexikanische Revolution und diese weist nicht nur eine unüberschaubare Fülle von neuen Einfällen auf, ihre Mischung aus Tragik und Komik ist noch immer so perfekt wie in den oben genannten Filmen, wenn nicht sogar noch genialer abgestimmt.
Wenn der Streifen lustig sein will, dann ist er unbeschreiblich lustig. Obwohl er selten allzu sehr in Klamauk abdriftet (zumindest im Vergleich zu einigen anderen Spaßwestern) gibt es unzählige Stellen bei denen man lauthals auflachen muss. Und wenn der Film ernst sein will, dann gelingt ihm auch das. Corbucci ist seriös genug, dass er weiß, über welche Situationen er sich lustig machen darf und mit welchen er wie ein Erwachsener verfahren muss. Wenn sich die beiden Helden mit Grauen konfrontiert sehen, dann setzen sie sich keine Sonnenbrillen auf und tänzeln mit ihren Pferden herum, während das Thema von einem Barboni-Film spielt, nein, in Szenen die Pietät verlangen, zeigt die Regie Pietät. Erschießungen der Revolutionäre oder das alte Ehepaar, das sich selbst umgebracht hat, sind dadurch bewegende Szenen, die der revolutionsspezifischen Botschaft, die Corbucci anstrebt, äußerst dienlich sind. Nun gibt es aber davor und danach immer so viel zu lachen und die Helden sind so liebenswerte Gesellen, dass man trotz all des ernsten Zeugs nie den Spaß am Film verliert.
Obwohl der Film etwas über anderthalb Stunden andauert, ist das Tempo, welches er anstrebt, enorm. Alle paar Minuten kommen Albino und Guido in irgendein neues verrücktes Abenteuer, mal flüchten sie vor den Revolutionären, mal vor den Soldaten, mal tun sie dies zu Fuß, mal im Auto, mal im Motorrad und (zwei)mal im Flugzeug. Da sie ständig zwischen den Fronten stehen, müssen sie ununterbrochen ihre Kostümierung wechseln, um sich mal mit der einen mal mit der anderen Seite freundschaftlich zu stellen und am Ende setzen sie sich doch immer wieder in die Nesseln. Gewürzt wird dies noch von einer unzähligen Menge an schenkelklopfenden Dialogen der beiden Hauptpersonen. Der englische Titel (der vermutlich näher an den Originaltitel herankommt) „What am I doing in the Middle of the Revolution“ trifft den Ton des Filmes da sehr genau, da das historische Ereignis aus der Sicht von zwei (italienischen) Außenstehenden geschildert wird. Untermalt wird der ganze Spaß übrigens von einem netten angenehme pfeifenden Thema aus der Feder Ennio Morricones und dem Direktionsstab Bruno Nicolais.
Sowohl Paolo Villaggio als auch Vittorio Gassman spielen ihre ulkigen Rollen hervorragend, besonders Gassmans übertrieben theatralisches Gehabe weiß häufig zu gefallen. Die Chemie zwischen den beiden stimmt auch und wir nehmen ihnen vollkommen die beiden Streithähne ab, die sich zwar stets in die Haare geraten, aber sich in Wahrheit doch von ganzem Herzen gerne haben. Derweil erleben wir unter den Nebenrollen die üblichen bekannten Verdächtigen des Italowesterns, reichend von Riccardo Garrone und Leo Anchoriz über José Canalejas und Simon Arriaga bis hin zu Victor Israel und ganz besonders dem großen Eduardo Fajardo!
Fajardo ist in diesem Film wie immer absolut prächtig. Erneut dürfen wir ihn in seiner Paraderolle als sadistischer Anführer der Armee erleben, außer „Django“ habe ich ihn aber glaube ich noch nie so böse gesehen. Der Typ ist nicht nur durch und durch diabolisch, er liebt es auch noch innig diabolisch zu sein. Keinen Skrupel hat er seine eigenen Leute in den Tod zu schicken und die Erschießung von Revolutionären verfolgt er mit dem größten Vergnügen. Hier und da geht seine Performance fast schon in einen cartoonhaften Superbösewicht über, komplett mit Klischees wie seiner Liebe zur Oper, seinem hintertriebenen Schnurrbart und der Tatsache, dass er ständig von schönen Frauen umgeben ist. OK, zugegeben, ich persönlich vermute, dass der letzte Punkt nicht Teil des Filmes war, meine Theorie besagt, dass Fajardo an diesem Punkt seiner Karriere einfach schon so beliebt war, dass ihm sein privater Harem überallhin folgte, auch vor die Kamera. Was? Ihr glaubt mir nicht, dass Fajardo einer der coolsten und gefragtesten Schauspieler aller Zeiten ist? Wie erklärt ihr euch dann, dass der Spanier Eduardo „Eddie“ Fajardo der einzige Italowestern-Star ist, dem 80er-Ikone Laura Branighan einen ganzen Song gewidmet hat?
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Anyway, das Fazit: Sergio Corbucci vermittelt in „Bete, Amigo“ seine durchaus ernste Revolutions-Botschaft mit so viel Humor und unterhaltsamen Abenteuern, wie nur möglich. Ein absolut großartiger Spaß zum drüber nachdenken, mit zwei hervorragenden Hauptdarstellern und einem wie immer sehenswerten Eduardo Fajardo.
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
ZWISCHEN SHANGHAI UND ST. PAULI
Originaltitel: Zwischen Shanghai und St. Pauli
Land: Deutschland, Italien
Jahr: 1962
Genre: Abenteuer
Regie: Wolfgang Schleif
Handlung:
Mr. und Mrs. Böse (Horst Frank und Dorothee Parker) planen durch die Sprengung eines Schiffs einen Versicherungsbetrug zu begehen. Doch Mr. Böse hat noch andere Pläne: Er entführt die Millionärstochter Vera Anden (Karin Baal) und lässt sie auf besagten Frachter verschleppen, um ihren Vater zu erpressen. Können die drei ulkigen deutschen Matrosen (Joachim Hansen, Bill Ramsey, Carlo Giustini), die auf dem Unglücksdampfer angeheuert haben, den Tag noch retten?
Kritik:
„Zwischen Shanghai und St. Pauli“ ist ein netter Film, kein bemerkenswert guter Film, kein sonderlich emotionaler oder intelligenter Film, aber ein netter Film. Man muss dabei nicht sonderlich viel nachdenken, allzu tragische Situationen werden einem großteils erspart und wir bekommen fiese Bösewichte, die am Schluss bestraft werden und liebenswerter Helden, die am Schluss heiraten. Kurz gesagt: Leichte, gut verdauliche Unterhaltung, nichts Besonderes, aber nett.
Die drei deutschen Seeleute sind eine lustige Truppe, besonders natürlich Bill Ramsey, der selbstverständlich seine Gesangsstimme wiedermal zum Besten geben darf. Karin Baal, bekannt aus den Plörrbräu-Werbungen, nervte in ihren ersten Szenen ein wenig, da sie eine verwöhnte Göre spielt, deren Dialoge nur daraus bestehen, sich über irgendeine Kleinigkeit zu beschweren, aber auch sie bessert sich mit der Zeit rapide und wächst dem Zuseher ans Herz (außerdem mag ich ihre Stimme). Dass Horst Frank einen wunderbar diabolischen Bösewicht spielt, ist etwas Selbstverständliches und Dorothee Parker macht ihre Sache an seiner Seite auch sehr gut.
Den Großteil des Filmes wird hin- und her geschnitten zwischen dem mit Explosionskörpern gespickten Schiff, auf dem sich die meisten der Helden befinden, und Sherlock Ramsey, der an Land geblieben ist, von dem mörderischen Plan mitbekommen hat und nun versucht die Sprengung seiner Freunde zu verhindern. Beide Plots halten das Interesse aufrecht, der eine, weil Ramsey eine lustige Type ist und der andere in erster Linie wegen Luisella Boni als Isabella.
Isabella ist die gutmütige aber naive Freundin von Mr. Böse, die ihm aus Leichtsinn bei seinem Plan hilft, an Bord des Schiffes aber merkt, was sie getan hat, und sich infolge dessen auf die Seite der Helden schlägt. Sie ist eine sehr sympathische und spaßige Figur, der Unterschied zu anderen Sympathieträgern besteht jedoch darin, dass ihr Davonkommen nicht wirklich garantiert ist. Ich meine Spoiler: Die blonde Millionärstochter, die sich in den Helden verliebt, und von Karin Baal gespielt wurde, überlebt. Uhhh, wer hätte das gedacht? Aber mit brünetten weiblichen Nebenfiguren verfahren Unterhaltungsfilme aus den frühen 60ern, besonders, wenn sie sich noch am Plan der Schurken beteiligt haben, meist nicht so freundlich.
Zwei Beispiele, die mir grade einfallen: In Lenzis „Robin Hood – Der Löwe von Sherwood“ stirbt die taffe Wirtin bei der Entführung von Lady Marion. Mit ihrem letzten Atemhauch sagt sie Robin Hood, was geschehen ist. WEN INTERESSIERT MARION??? Die Wirtin ist tot, Film aus! Oder: Als in „Der schwarze Seeteufel“ Liana Orfei stirbt meint Ricardo Montalban: „Ja, dumm, dass du tot bist, aber wir müssen jetzt unbedingt Doofy McGouverneurstochter retten.“ WEN INTERESSIERT DOOFY MCGOUVERNEURSTOCHTER??? Liana Orfei ist tot, Film aus! Diese und ähnliche Beispiele geisterten mir im Kopf herum, als ich mir „Zwischen Shanghai und St. Pauli“ ansah und dies machte jede Szene, in welcher Isabella in Gefahr ist, nervenzerreißend spannend.
Zwei Aspekte des Filmes, seine Niedlichkeit und diverse Slapstick-Einlagen, kann man als negativ werten und in Sachen Slapstick tu ich das auch. Es ist schon gut, dass es einige Stellen zum Schmunzeln gibt, aber übertriebene Gags, wie der eine Typ, der bei einer Bar-Schlägerei wortwörtlich aus seinen Schuhen geschlagen wurde, wirken in einem Film der keine wirkliche Komödie ist, doch ziemlich störend. Die Niedlichkeit – die drei deutschen Matrosen adoptieren spontan drei Hundewelpen – machte mir jedoch nichts. Ich habe mich als Gegenbeispiel mal darüber beschwert, dass in „Cowboys and Aliens“ immer wieder auf einen süßen Hund geschnitten wird, dies aber nur, weil der Film hart und brutal ist und ich es nicht einsehe, warum man nach einer blutigen Prügelorgie einen verdutzten Hund zeigen muss. „Zwischen Shanghai und St. Pauli“ ist aber kein brutaler sondern wie gesagt ein netter kleiner Gute-Laune-Film, da ist es kein Problem, wenn wir alle paar Minuten eine Großaufnahme von Klein-Rintintin bekommen.
Hier und da bekam ich auch ein trashiges Vergnügen geboten, besonders muss ich beispielsweise an die Sängerin denken, die in einer marokkanischen Bar voller afrikanischer Stereotypen, komplett mit Wasserpfeifen und Fez-Hüten, einen deutschen Schlager zum besten gibt, von dem sich die Statisten nicht sonderlich begeistert zeigen.
Fazit: Absolut nichts Besonderes…aber nett. 6/10
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Originaltitel: Zwischen Shanghai und St. Pauli
Land: Deutschland, Italien
Jahr: 1962
Genre: Abenteuer
Regie: Wolfgang Schleif
Handlung:
Mr. und Mrs. Böse (Horst Frank und Dorothee Parker) planen durch die Sprengung eines Schiffs einen Versicherungsbetrug zu begehen. Doch Mr. Böse hat noch andere Pläne: Er entführt die Millionärstochter Vera Anden (Karin Baal) und lässt sie auf besagten Frachter verschleppen, um ihren Vater zu erpressen. Können die drei ulkigen deutschen Matrosen (Joachim Hansen, Bill Ramsey, Carlo Giustini), die auf dem Unglücksdampfer angeheuert haben, den Tag noch retten?
Kritik:
„Zwischen Shanghai und St. Pauli“ ist ein netter Film, kein bemerkenswert guter Film, kein sonderlich emotionaler oder intelligenter Film, aber ein netter Film. Man muss dabei nicht sonderlich viel nachdenken, allzu tragische Situationen werden einem großteils erspart und wir bekommen fiese Bösewichte, die am Schluss bestraft werden und liebenswerter Helden, die am Schluss heiraten. Kurz gesagt: Leichte, gut verdauliche Unterhaltung, nichts Besonderes, aber nett.
Die drei deutschen Seeleute sind eine lustige Truppe, besonders natürlich Bill Ramsey, der selbstverständlich seine Gesangsstimme wiedermal zum Besten geben darf. Karin Baal, bekannt aus den Plörrbräu-Werbungen, nervte in ihren ersten Szenen ein wenig, da sie eine verwöhnte Göre spielt, deren Dialoge nur daraus bestehen, sich über irgendeine Kleinigkeit zu beschweren, aber auch sie bessert sich mit der Zeit rapide und wächst dem Zuseher ans Herz (außerdem mag ich ihre Stimme). Dass Horst Frank einen wunderbar diabolischen Bösewicht spielt, ist etwas Selbstverständliches und Dorothee Parker macht ihre Sache an seiner Seite auch sehr gut.
Den Großteil des Filmes wird hin- und her geschnitten zwischen dem mit Explosionskörpern gespickten Schiff, auf dem sich die meisten der Helden befinden, und Sherlock Ramsey, der an Land geblieben ist, von dem mörderischen Plan mitbekommen hat und nun versucht die Sprengung seiner Freunde zu verhindern. Beide Plots halten das Interesse aufrecht, der eine, weil Ramsey eine lustige Type ist und der andere in erster Linie wegen Luisella Boni als Isabella.
Isabella ist die gutmütige aber naive Freundin von Mr. Böse, die ihm aus Leichtsinn bei seinem Plan hilft, an Bord des Schiffes aber merkt, was sie getan hat, und sich infolge dessen auf die Seite der Helden schlägt. Sie ist eine sehr sympathische und spaßige Figur, der Unterschied zu anderen Sympathieträgern besteht jedoch darin, dass ihr Davonkommen nicht wirklich garantiert ist. Ich meine Spoiler: Die blonde Millionärstochter, die sich in den Helden verliebt, und von Karin Baal gespielt wurde, überlebt. Uhhh, wer hätte das gedacht? Aber mit brünetten weiblichen Nebenfiguren verfahren Unterhaltungsfilme aus den frühen 60ern, besonders, wenn sie sich noch am Plan der Schurken beteiligt haben, meist nicht so freundlich.
Zwei Beispiele, die mir grade einfallen: In Lenzis „Robin Hood – Der Löwe von Sherwood“ stirbt die taffe Wirtin bei der Entführung von Lady Marion. Mit ihrem letzten Atemhauch sagt sie Robin Hood, was geschehen ist. WEN INTERESSIERT MARION??? Die Wirtin ist tot, Film aus! Oder: Als in „Der schwarze Seeteufel“ Liana Orfei stirbt meint Ricardo Montalban: „Ja, dumm, dass du tot bist, aber wir müssen jetzt unbedingt Doofy McGouverneurstochter retten.“ WEN INTERESSIERT DOOFY MCGOUVERNEURSTOCHTER??? Liana Orfei ist tot, Film aus! Diese und ähnliche Beispiele geisterten mir im Kopf herum, als ich mir „Zwischen Shanghai und St. Pauli“ ansah und dies machte jede Szene, in welcher Isabella in Gefahr ist, nervenzerreißend spannend.
Zwei Aspekte des Filmes, seine Niedlichkeit und diverse Slapstick-Einlagen, kann man als negativ werten und in Sachen Slapstick tu ich das auch. Es ist schon gut, dass es einige Stellen zum Schmunzeln gibt, aber übertriebene Gags, wie der eine Typ, der bei einer Bar-Schlägerei wortwörtlich aus seinen Schuhen geschlagen wurde, wirken in einem Film der keine wirkliche Komödie ist, doch ziemlich störend. Die Niedlichkeit – die drei deutschen Matrosen adoptieren spontan drei Hundewelpen – machte mir jedoch nichts. Ich habe mich als Gegenbeispiel mal darüber beschwert, dass in „Cowboys and Aliens“ immer wieder auf einen süßen Hund geschnitten wird, dies aber nur, weil der Film hart und brutal ist und ich es nicht einsehe, warum man nach einer blutigen Prügelorgie einen verdutzten Hund zeigen muss. „Zwischen Shanghai und St. Pauli“ ist aber kein brutaler sondern wie gesagt ein netter kleiner Gute-Laune-Film, da ist es kein Problem, wenn wir alle paar Minuten eine Großaufnahme von Klein-Rintintin bekommen.
Hier und da bekam ich auch ein trashiges Vergnügen geboten, besonders muss ich beispielsweise an die Sängerin denken, die in einer marokkanischen Bar voller afrikanischer Stereotypen, komplett mit Wasserpfeifen und Fez-Hüten, einen deutschen Schlager zum besten gibt, von dem sich die Statisten nicht sonderlich begeistert zeigen.
Fazit: Absolut nichts Besonderes…aber nett. 6/10
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
HILFE, MEINE FRAU GEHT WIEDER ZUR SCHULE
Originaltitel: Mia moglie torna a scuola
Land: Italien
Jahr: 1981
Genre: Komödie
Regie: Giuliano Carnimeo
Handlung:
Valentina (Carmen Russo), die Frau eines Wurst- und Käseverkäufers (Renzo Montagnani), sehnt sich nach Kultur und Bildung. Trotz der Proteste ihres Gatten schreibt sie sich für mehrere Monate in ein Internat ein. Ihr Gemahl will jedoch nicht so lange auf seine Frau verzichten und versucht sich in diversen Verkleidungen Zugang zu ihr zu verschaffen…
Kritik:
Ich werde für meine Kritik von „Hilfe, meine Frau geht wieder zur Schule“ etwas machen, was ich bisher immer vernachlässigte, nämlich eine genaue Analyse des deutschen Titels. Zunächst mal habe ich nämlich meine Probleme mit dem Wort „Hilfe“. Es ist prinzipiell nicht falsch, dieses Wort in einem Titel zu benutzen; doch sollte nicht irgendetwas Furchtbares folgen, wirkt der Gebrauch von „Hilfe“ ein wenig wehleidig. Ich meine, wenn das Ich aus dem Titel keine anderen Probleme hat, außer, dass seine Frau wieder zur Schule geht, dann hat er keine Probleme und das Wort „Hilfe“ ist wirklich nicht angebracht.
Um meine Position zu festigen betrachten wir als gute Gegenbeispiele einige andere Titel mit „Hilfe“, die absolut wirklich existieren und die ich garantiert nicht gerade eben erfunden habe, also: „Hilfe, meine Frau trat einer obskuren Sekte, die von Julian Ugarte geleitet wird, bei“ – der Titel rechtfertigt das „Hilfe“; „Hilfe, meine Frau wurde von Eduardo Fajardo getötet und ich war nicht da, um es zu verhindern“ – der Titel rechtfertigt ebenso das „Hilfe“; „Hilfe, meine Frau wurde von Marcell Bozzuffi entführt, der super serious ist, weil er die letzten Tage damit verbracht hat, alle meine Berufskollegen grausam umzubringen“ – auch dieser Titel rechtfertigt das „Hilfe“; „Hilfe, meine Frau hat zusammen mit einem Angestellten von mir, mit dem sie auch eine Affäre hat, eine nahezu unzerstörbare Mischung aus Fossil, Hai und Krake herangezüchtet, die jetzt diverse Bote angreift und schon viele Menschen umgebracht hat, außerdem haben die beiden einen Auftragskiller bezahlt, der die coole Meeresforscherin mit der Brille erschossen hat, was ziemlich doof ist, denn sie war mein Lieblingscharakter. Wegen wem soll ich mir denn jetzt den Rest von diesem Film noch ansehen? Ach ja, Gianni Garko als witziger Roy-Schneider-Ersatz ist noch da. Never mind“ – Dieser Titel ist vielleicht ein wenig lang, aber auch er rechtfertigt das „Hilfe“. „Hilfe, meine Frau geht wieder zur Schule“ rechtfertigt das „Hilfe“ nicht.
Das was nach dem „Hilfe“ kommt, wirkt auch ein wenig weinerlich, weil man sich über eine Nichtigkeit, eben das zur Schule Gehen der Frau, beschwert, obwohl man eigentlich ein schönes Leben zu haben scheint – betrachten wir das genauer: „Hilfe meine Frau geht wieder zur Schule“ – Der Hilfe-Suchende hat also eine Frau, und sogar eine sehr attraktive, dem Cover nach zu schließen. Aber es kommt noch schlimmer: „Hilfe meine Frau geht wieder zur Schule“. Der wehleidige Mann, der sich beschwert, hat also eine Frau, die nicht nur attraktiv ist, sondern auch bereits eine Schulbildung genossen hat, also auch gebildet ist.
Wenn wir nun zusammenfassen, was alles nicht mit dem Titel stimmt, werden wir den absolut perfekten Titel kreieren können. Also: Erstens: Wenn nichts Ernstes folgt, soll man das „Hilfe“ weglassen. Zweitens: Damit der Sprechende nicht weinerlich wirkt, soll man das „meine“ durch ein verallgemeinerndes „eine“ ersetzen. Drittens: Aus selbigem Grund soll man das „wieder“ weglassen. Was bleibt ist der gesuchte perfekte Titel: „Eine Frau geht zur Schule“ – super! Ihr lacht vielleicht, aber ich garantiere euch, im 18. Jahrhundert wäre das ein Aufsehen erregender Skandal-Titel geworden.
So, nachdem jetzt eine ganze Seite lang nur mit dem Titel herum geblödelt wurde (wow, der Einstiegsgag ist wesentlich länger geworden als geplant, sorry ), nun endlich zum eigentlichen Film: Er ist nicht schlecht, würde ich sagen. Viele der Gags erinnern stark an die „Flotte Teens…“-Filme, wir bekommen sogar Ersätze für Lino Banfi und Alvaro Vitali. Nur leider hat weder Nicht-Banfi noch Nicht-Vitali sonderlich viel komisches Talent, wodurch die Strenger-Lehrer-vs.-Lausbube-Gags meistens ziemlich unlustig herüberkommen.
Wer allerdings komisches Talent hat ist, neben Renzo Montagnani, Carmen Russo. Die talentierte Frau ist nicht nur (um Wikipedia zu zitieren) „eine italienische Tänzerin, Soubrette, Sängerin, Schauspielerin und Pornodarstellerin“, sondern auch eine begabte Komikerin. Ihre Grimassen werden zwar nie so extrem wie jene einiger ihrer männlicher Kollegen (die sich viel zu sehr bemühen), sie bleibt halbwegs natürlich, schafft es aber trotzdem auf eine äußerst witzige Weise auf all den Unsinn um sie herum zu reagieren. Zudem teilt sie jedem Mann, der einen Annäherungsversuch an sie startet, eine Ohrfeige nach der anderen aus und nicht zuletzt durch den ungewöhnlich lauten Klatsch-Sound, den man an diesen Stellen eingefügt hat, ist das immer zum Schießen komisch anzusehen.
Die diversen Gags selbst sind strunzdumm ausgedacht, funktionieren jedoch trotzdem in der Regel, nämlich aufgrund von Carnimeos Sinn für Timing. Die Witze selbst mögen unkreativ und dämlich sein, der Regisseur schafft es aber trotzdem die Pointen so feinfühlig einsetzen zu lassen, dass man meistens zumindest Kichern kann. Zudem ist der Film nicht ganz so makaber und gemein, wie einige andere Komödien aus bella Italia, sodass er zumindest nicht verstört und dies ist bezogen auf das Land, welchem wir sowohl „Das völlig irre Klassenzimmer“ als auch „Onkel Addi“ zu verdanken haben, immerhin etwas. Die deutsche Synchronisation leistet dann noch das Ihrige („Das Berühren der Figüren mit den Pfoten ist verboten!“).
Was ist jedoch das absolute Highlight bei dem Film? Wenn man die DVD des Labels Madison Home Video einlegt, hört man, während dem Hinweis, dass die DVD nur zu privaten Gebrauch geeignet ist, aus irgendeinem Grund eine wundervolle funkige Melodie. Ich weiß nicht welches Genie auf die Idee gekommen ist, den langweiligen Text mit dieser musikalischen Coolness zu unterlegen, aber ich zumindest habe zum ersten Mal seit langem den Warnhinweis nicht vorgespult.
Fazit: Eine wundervolle Carmen Russo sowie einige weit weniger wundervolle Nebendarsteller tragen unlustige Witze vor, die auf eine lustige Weise inszeniert wurden. Prädikat: Äußerst naja, ganz OK! Aber im Grunde genommen ist es doch egal, was ich zum Film zu sagen habe, oder ob mir der Film gefällt, wichtig ist nur eins: GEFÄLLT ES RINGO???
Originaltitel: Mia moglie torna a scuola
Land: Italien
Jahr: 1981
Genre: Komödie
Regie: Giuliano Carnimeo
Handlung:
Valentina (Carmen Russo), die Frau eines Wurst- und Käseverkäufers (Renzo Montagnani), sehnt sich nach Kultur und Bildung. Trotz der Proteste ihres Gatten schreibt sie sich für mehrere Monate in ein Internat ein. Ihr Gemahl will jedoch nicht so lange auf seine Frau verzichten und versucht sich in diversen Verkleidungen Zugang zu ihr zu verschaffen…
Kritik:
Ich werde für meine Kritik von „Hilfe, meine Frau geht wieder zur Schule“ etwas machen, was ich bisher immer vernachlässigte, nämlich eine genaue Analyse des deutschen Titels. Zunächst mal habe ich nämlich meine Probleme mit dem Wort „Hilfe“. Es ist prinzipiell nicht falsch, dieses Wort in einem Titel zu benutzen; doch sollte nicht irgendetwas Furchtbares folgen, wirkt der Gebrauch von „Hilfe“ ein wenig wehleidig. Ich meine, wenn das Ich aus dem Titel keine anderen Probleme hat, außer, dass seine Frau wieder zur Schule geht, dann hat er keine Probleme und das Wort „Hilfe“ ist wirklich nicht angebracht.
Um meine Position zu festigen betrachten wir als gute Gegenbeispiele einige andere Titel mit „Hilfe“, die absolut wirklich existieren und die ich garantiert nicht gerade eben erfunden habe, also: „Hilfe, meine Frau trat einer obskuren Sekte, die von Julian Ugarte geleitet wird, bei“ – der Titel rechtfertigt das „Hilfe“; „Hilfe, meine Frau wurde von Eduardo Fajardo getötet und ich war nicht da, um es zu verhindern“ – der Titel rechtfertigt ebenso das „Hilfe“; „Hilfe, meine Frau wurde von Marcell Bozzuffi entführt, der super serious ist, weil er die letzten Tage damit verbracht hat, alle meine Berufskollegen grausam umzubringen“ – auch dieser Titel rechtfertigt das „Hilfe“; „Hilfe, meine Frau hat zusammen mit einem Angestellten von mir, mit dem sie auch eine Affäre hat, eine nahezu unzerstörbare Mischung aus Fossil, Hai und Krake herangezüchtet, die jetzt diverse Bote angreift und schon viele Menschen umgebracht hat, außerdem haben die beiden einen Auftragskiller bezahlt, der die coole Meeresforscherin mit der Brille erschossen hat, was ziemlich doof ist, denn sie war mein Lieblingscharakter. Wegen wem soll ich mir denn jetzt den Rest von diesem Film noch ansehen? Ach ja, Gianni Garko als witziger Roy-Schneider-Ersatz ist noch da. Never mind“ – Dieser Titel ist vielleicht ein wenig lang, aber auch er rechtfertigt das „Hilfe“. „Hilfe, meine Frau geht wieder zur Schule“ rechtfertigt das „Hilfe“ nicht.
Das was nach dem „Hilfe“ kommt, wirkt auch ein wenig weinerlich, weil man sich über eine Nichtigkeit, eben das zur Schule Gehen der Frau, beschwert, obwohl man eigentlich ein schönes Leben zu haben scheint – betrachten wir das genauer: „Hilfe meine Frau geht wieder zur Schule“ – Der Hilfe-Suchende hat also eine Frau, und sogar eine sehr attraktive, dem Cover nach zu schließen. Aber es kommt noch schlimmer: „Hilfe meine Frau geht wieder zur Schule“. Der wehleidige Mann, der sich beschwert, hat also eine Frau, die nicht nur attraktiv ist, sondern auch bereits eine Schulbildung genossen hat, also auch gebildet ist.
Wenn wir nun zusammenfassen, was alles nicht mit dem Titel stimmt, werden wir den absolut perfekten Titel kreieren können. Also: Erstens: Wenn nichts Ernstes folgt, soll man das „Hilfe“ weglassen. Zweitens: Damit der Sprechende nicht weinerlich wirkt, soll man das „meine“ durch ein verallgemeinerndes „eine“ ersetzen. Drittens: Aus selbigem Grund soll man das „wieder“ weglassen. Was bleibt ist der gesuchte perfekte Titel: „Eine Frau geht zur Schule“ – super! Ihr lacht vielleicht, aber ich garantiere euch, im 18. Jahrhundert wäre das ein Aufsehen erregender Skandal-Titel geworden.
So, nachdem jetzt eine ganze Seite lang nur mit dem Titel herum geblödelt wurde (wow, der Einstiegsgag ist wesentlich länger geworden als geplant, sorry ), nun endlich zum eigentlichen Film: Er ist nicht schlecht, würde ich sagen. Viele der Gags erinnern stark an die „Flotte Teens…“-Filme, wir bekommen sogar Ersätze für Lino Banfi und Alvaro Vitali. Nur leider hat weder Nicht-Banfi noch Nicht-Vitali sonderlich viel komisches Talent, wodurch die Strenger-Lehrer-vs.-Lausbube-Gags meistens ziemlich unlustig herüberkommen.
Wer allerdings komisches Talent hat ist, neben Renzo Montagnani, Carmen Russo. Die talentierte Frau ist nicht nur (um Wikipedia zu zitieren) „eine italienische Tänzerin, Soubrette, Sängerin, Schauspielerin und Pornodarstellerin“, sondern auch eine begabte Komikerin. Ihre Grimassen werden zwar nie so extrem wie jene einiger ihrer männlicher Kollegen (die sich viel zu sehr bemühen), sie bleibt halbwegs natürlich, schafft es aber trotzdem auf eine äußerst witzige Weise auf all den Unsinn um sie herum zu reagieren. Zudem teilt sie jedem Mann, der einen Annäherungsversuch an sie startet, eine Ohrfeige nach der anderen aus und nicht zuletzt durch den ungewöhnlich lauten Klatsch-Sound, den man an diesen Stellen eingefügt hat, ist das immer zum Schießen komisch anzusehen.
Die diversen Gags selbst sind strunzdumm ausgedacht, funktionieren jedoch trotzdem in der Regel, nämlich aufgrund von Carnimeos Sinn für Timing. Die Witze selbst mögen unkreativ und dämlich sein, der Regisseur schafft es aber trotzdem die Pointen so feinfühlig einsetzen zu lassen, dass man meistens zumindest Kichern kann. Zudem ist der Film nicht ganz so makaber und gemein, wie einige andere Komödien aus bella Italia, sodass er zumindest nicht verstört und dies ist bezogen auf das Land, welchem wir sowohl „Das völlig irre Klassenzimmer“ als auch „Onkel Addi“ zu verdanken haben, immerhin etwas. Die deutsche Synchronisation leistet dann noch das Ihrige („Das Berühren der Figüren mit den Pfoten ist verboten!“).
Was ist jedoch das absolute Highlight bei dem Film? Wenn man die DVD des Labels Madison Home Video einlegt, hört man, während dem Hinweis, dass die DVD nur zu privaten Gebrauch geeignet ist, aus irgendeinem Grund eine wundervolle funkige Melodie. Ich weiß nicht welches Genie auf die Idee gekommen ist, den langweiligen Text mit dieser musikalischen Coolness zu unterlegen, aber ich zumindest habe zum ersten Mal seit langem den Warnhinweis nicht vorgespult.
Fazit: Eine wundervolle Carmen Russo sowie einige weit weniger wundervolle Nebendarsteller tragen unlustige Witze vor, die auf eine lustige Weise inszeniert wurden. Prädikat: Äußerst naja, ganz OK! Aber im Grunde genommen ist es doch egal, was ich zum Film zu sagen habe, oder ob mir der Film gefällt, wichtig ist nur eins: GEFÄLLT ES RINGO???
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
GRUFT DER VAMPIRE
Originaltitel: The Vampire Lovers
Land: Großbritannien
Jahr: 1970
Genre: Horror
Regie: Roy Ward Baker
Handlung:
Als Mr. Vampirjäger (Douglas Wilmer) die Karnsteins, eine Familie von in erster Linie schöner weiblicher Vampire, vernichtete, vergaß er dummerweise auf das Grab von Mircalla (Ingrid Pitt). Diese erhebt sich schon bald von den Toten, tut sich erst mal an der Tochter eines Generals (Peter Cushing) gütlich und nistet sich dann bei der jungen Emma (Madeline Smith) ein…
Kritik:
Da ich noch nicht die Zeit gefunden habe, mir das auf meiner DVD enthaltene Audiokommentar zu diesem Film anzuhören, kann ich nur Vermutungen anstellen, wie der Entstehungsprozess verlaufen ist. Ich nehme jedenfalls an, dass sich irgendein Genie den „Dracula“ der Hammer-Studios angesehen hat und sich dabei dachte: „Wow, der Film hat wirklich alles: Einen coolen Peter Cushing, fiese mächtige Vampire, gotische Schlösser mit Spinnweben und Zeugs…alles...halt außer Lesben.“ Und aus diesem Gedankengang heraus wurde 1970 „Gruft der Vampire“ gedreht.
Der Film ist so ziemlich die typische Vampir-Geschichte halt mit einem hochgeschraubten Erotik-Faktor und wundersamer weise passt das wirklich gut. Es wirkt viel unheimlicher, wenn eine wunderschöne makellose Frau plötzlich die Kinnlade herunterklappt um die hässlichen animalischen Fangzähne zu offenbaren, als wenn sie sich vollständig in ein Monster verwandeln würde, oder von Anfang an schon eines wäre. Die Erotik harmoniert auch deswegen so gut mit der Atmosphäre, weil sie nicht übertrieben wird. Von einer Szene abgesehen, in welcher die Dialoge tatsächlich Billig-Porno-Dimensionen annehmen („Nein, nein, wenn du mein Kleid probieren willst, musst du schon alles ausziehen, sonst verfälscht dein Mieder ja die Form.“ ), bleiben die wichtigsten Stellen der Damen bedeckt und allfällige Spielereien nur angedeutet. In diesem Sinne fällt die Vampirfürstin (großartig gespielt von Ingrid Pitt) auch nicht in hemmungsloser Lust über ihre Opfer her, sondern ist ausgesprochen zärtlich zu ihnen, bevor sie sie beißt und damit umbringt, und eben dies ist umso verstörender.
Der Film verfügt über eine ganze Latte von großartigen Schauspielern, die man zum größten Teil schon in dem einen oder anderen Gruselfilm sehen konnte. Neben der bereits erwähnten Pitt sind besonders zu nennen Peter Cushing und außerdem...Madeline Smith!!? Was machst du in diesem Film? Geh da weg, da sind Vampire, das ist gefährlich! Aber die niedliche Madeline missachtet meinen Rat und siehe da, sie entwickelt sich sogar zu einer echten Hauptfigur. Das ist natürlich wundervoll, bedenkt man, dass es sich bei Smith um eine Schauspielerin handelt, die ich zwar total gerne mag, die aber trotzdem in der Regel auf ein zwei Szenen beschränkt wird (z.B. „Leben und sterben lassen“; eine Folge von „Die Zwei“) oder wortlos im Hintergrund herum gurken muss (z.B. „Theater des Grauens“). Da war es natürlich herrlich sie in diesem Film einmal ununterbrochen präsent und mit einem richtigen Charakter und Text und so zu sehen. Besonders nervenzerreißend spannend wird es, wenn die Vampirfürstin plötzlich ein Auge auf Smith geworfen hat und all die lieben Nebencharaktere versuchen, sie vor der Blutsaugerin zu beschützen, weil selbstverständlich kein Mensch – vollkommen egal ob auf oder vor der Leinwand – will, dass Madeline Smith irgendwas Böses wiederfährt. Wenn ich an ihrer Figur nur irgendetwas auszusetzen hätte, wäre das, dass sie vollkommen passiv bleibt und trotz ihrer ständigen Präsenz nicht sonderlich viel tut. Die meiste Zeit sitzt sie irgendwo herum, liegt in ihrem Bettchen oder lässt sich halt von irgendwem anderen retten. Allerdings wenn es eine Schauspielerin gibt, die ich auch achten kann, wenn sie absolut nichts zum Verlauf der Handlung beiträgt, dann ist es Madeline Smith, die ihre sympathisch naive Rolle mit so einer fröhlichen Energie spielt, dass es einfach eine Freude ist, ihr zuzusehen.
Apropos Darsteller, die in diesem Film nicht sonderlich viel machen aber trotzdem wundervoll sind: Peter Cushing, der coolste knochige alte Mann der Filmgeschichte, verbringt seinen Part des Filmes (er kommt eigentlich nur am Anfang und am Ende vor) auch in der Regel mit Herumstehen und Nichtstun. Aber das ist vollkommen egal, denn er ist Peter Cushing und auch als unbeweglicher Nebencharakter ist er immer noch so einnehmend, dass die Aufmerksamkeit des Publikums andauernd auf ihn gerichtet ist. Seine Peter-Power kann er erst in einer der letzten Szenen zum Besten geben, wenn es darum geht einen Vampir zu pfählen. Cushing, Mr. Vampirjäger und einige andere Dudes sind in die Gruft eingedrungen und haben den Sarg ausgebuddelt. Mr. Vampirjäger will schon näher treten um das Pfählen durchzuführen, aber Cushing sagt: „Halt, ich mach das. Warum? Weil ich Peter Cushing bin.“
Darauf meint Mr. Vampirjäger: „OK, hier ist der Pfahl, ich hol dir noch ein Hämmerchen.“
Und Cushing sagt: „Nein, ich brauch kein Hämmerchen. Ich bin Peter Cushing, ich mach das mit bloßen Händen.“
Und daraufhin nimmt Peter Cushing den recht stumpf aussehenden Pfahl in seine dürren Alte-Leute-Hände und rammt ihn dem Vampir durch Haut und Knochen mitten ins Herz.
Und alle Umstehen wollen schon jubeln, aber Cushing sagt: „Wartet noch, wenn ich, Peter Cushing, einen Vampir töte, dann Pfähle ich ihn nicht nur, nein, ich schlage ihm auch noch den Kopf ab, in der Hoffnung, dass er sich im letzten Moment in eine Wachspuppe verwandeln wird.“
Und er tut das und alle sagen: „Yeah, Peter, du bist so super, du bist der Allerbeste. Ein Hoch auf Peter Cushing.“
Und sie applaudieren und haben plötzlich alle Schilder mit Cushings Konterfei darauf dabei…So habe ich diese Szene zumindest im Gedächtnis behalten. Könnte sein, dass sie in Wirklichkeit ein wenig anders war.
Kurz noch zu den Gegenspielern dieses Filmes, die Vampire der Familie Karnstein. Ich war ziemlich begeistert, denn bei den Karnsteins handelt es sich nicht um solche jammerläppischen Weicheier wie diverse Draculas oder der Klan aus den „From Dusk till Dawn“-Filmen, die sofort zu Staub zerfallen, wenn sie ein Lichtstrählchen trifft oder wenn sie zufällig an einem Fensterkreuzchen vorbeikommen. Die Blutsauger aus „Gruft der Vampire“ scheuen zwar die Sonne oder heilige Symbole aber sie sterben nicht gleich daran, und das ist super, denn oft leiden Vampir-Filme darunter, dass die angeblich mächtigen Monster einfach zu viele und zu läppische Schwachstellen haben.
Die anderen Elemente, die man sich von einem gelungenen Gruselfilm erwartet, wie nebelige Friedhöfe, staubige Schlösser und abgehärtete Monsterjäger sind alle vorhanden und vortrefflich in Szene gesetzt. Wenn ich jedoch an dem Film irgendwas aussetzen hätte, dann wäre das, dass es keinen wirklich Protagonisten gibt. Anfangs dachte, Mr. Vampirjäger wird unser Held, weil er den Anfangsmonolog hält, aber dann verschwindet er plötzlich bis zum Ende aus dem Film. Dann konzentrierte ich mich auf Cushings Charakter, aber den ereilt schon bald das Schicksal von Mr. Vampirjäger. Die Titelcharaktere des Originaltitels „The Vampire Lovers“ sind wahrscheinlich Ingrid Pitt und Madeline Smith, die auch die meiste Screentime haben, allerdings bleibt Pitts Figur zu mysteriös, als dass man mit ihr mitfühlen könnte und Smith, wie oben schon beschrieben, ist durch und durch passiv und schon Aristoteles meinte, ein Protagonist zeichne sich durch Handeln aus. Ich sage nicht, dass der Film schlecht ist, weil er keinen Protagonisten hat, ganz im Gegenteil, er hat mir außerordentlich gut gefallen. Ich sage lediglich, dass er mir mit einem anständigen Protagonisten noch ein wenig außerordentlicher besser gefallen hätte.
Fazit: Extrem gelungener Gruselhorror mit einigen zielführend eingefügten Erotik-Elementen, sowie Peter Cushing und Madeline Smith, die zwar wenig tun, aber trotzdem super sind, weil es sich bei ihnen um Peter Cushing und Madeline Smith handelt.
Originaltitel: The Vampire Lovers
Land: Großbritannien
Jahr: 1970
Genre: Horror
Regie: Roy Ward Baker
Handlung:
Als Mr. Vampirjäger (Douglas Wilmer) die Karnsteins, eine Familie von in erster Linie schöner weiblicher Vampire, vernichtete, vergaß er dummerweise auf das Grab von Mircalla (Ingrid Pitt). Diese erhebt sich schon bald von den Toten, tut sich erst mal an der Tochter eines Generals (Peter Cushing) gütlich und nistet sich dann bei der jungen Emma (Madeline Smith) ein…
Kritik:
Da ich noch nicht die Zeit gefunden habe, mir das auf meiner DVD enthaltene Audiokommentar zu diesem Film anzuhören, kann ich nur Vermutungen anstellen, wie der Entstehungsprozess verlaufen ist. Ich nehme jedenfalls an, dass sich irgendein Genie den „Dracula“ der Hammer-Studios angesehen hat und sich dabei dachte: „Wow, der Film hat wirklich alles: Einen coolen Peter Cushing, fiese mächtige Vampire, gotische Schlösser mit Spinnweben und Zeugs…alles...halt außer Lesben.“ Und aus diesem Gedankengang heraus wurde 1970 „Gruft der Vampire“ gedreht.
Der Film ist so ziemlich die typische Vampir-Geschichte halt mit einem hochgeschraubten Erotik-Faktor und wundersamer weise passt das wirklich gut. Es wirkt viel unheimlicher, wenn eine wunderschöne makellose Frau plötzlich die Kinnlade herunterklappt um die hässlichen animalischen Fangzähne zu offenbaren, als wenn sie sich vollständig in ein Monster verwandeln würde, oder von Anfang an schon eines wäre. Die Erotik harmoniert auch deswegen so gut mit der Atmosphäre, weil sie nicht übertrieben wird. Von einer Szene abgesehen, in welcher die Dialoge tatsächlich Billig-Porno-Dimensionen annehmen („Nein, nein, wenn du mein Kleid probieren willst, musst du schon alles ausziehen, sonst verfälscht dein Mieder ja die Form.“ ), bleiben die wichtigsten Stellen der Damen bedeckt und allfällige Spielereien nur angedeutet. In diesem Sinne fällt die Vampirfürstin (großartig gespielt von Ingrid Pitt) auch nicht in hemmungsloser Lust über ihre Opfer her, sondern ist ausgesprochen zärtlich zu ihnen, bevor sie sie beißt und damit umbringt, und eben dies ist umso verstörender.
Der Film verfügt über eine ganze Latte von großartigen Schauspielern, die man zum größten Teil schon in dem einen oder anderen Gruselfilm sehen konnte. Neben der bereits erwähnten Pitt sind besonders zu nennen Peter Cushing und außerdem...Madeline Smith!!? Was machst du in diesem Film? Geh da weg, da sind Vampire, das ist gefährlich! Aber die niedliche Madeline missachtet meinen Rat und siehe da, sie entwickelt sich sogar zu einer echten Hauptfigur. Das ist natürlich wundervoll, bedenkt man, dass es sich bei Smith um eine Schauspielerin handelt, die ich zwar total gerne mag, die aber trotzdem in der Regel auf ein zwei Szenen beschränkt wird (z.B. „Leben und sterben lassen“; eine Folge von „Die Zwei“) oder wortlos im Hintergrund herum gurken muss (z.B. „Theater des Grauens“). Da war es natürlich herrlich sie in diesem Film einmal ununterbrochen präsent und mit einem richtigen Charakter und Text und so zu sehen. Besonders nervenzerreißend spannend wird es, wenn die Vampirfürstin plötzlich ein Auge auf Smith geworfen hat und all die lieben Nebencharaktere versuchen, sie vor der Blutsaugerin zu beschützen, weil selbstverständlich kein Mensch – vollkommen egal ob auf oder vor der Leinwand – will, dass Madeline Smith irgendwas Böses wiederfährt. Wenn ich an ihrer Figur nur irgendetwas auszusetzen hätte, wäre das, dass sie vollkommen passiv bleibt und trotz ihrer ständigen Präsenz nicht sonderlich viel tut. Die meiste Zeit sitzt sie irgendwo herum, liegt in ihrem Bettchen oder lässt sich halt von irgendwem anderen retten. Allerdings wenn es eine Schauspielerin gibt, die ich auch achten kann, wenn sie absolut nichts zum Verlauf der Handlung beiträgt, dann ist es Madeline Smith, die ihre sympathisch naive Rolle mit so einer fröhlichen Energie spielt, dass es einfach eine Freude ist, ihr zuzusehen.
Apropos Darsteller, die in diesem Film nicht sonderlich viel machen aber trotzdem wundervoll sind: Peter Cushing, der coolste knochige alte Mann der Filmgeschichte, verbringt seinen Part des Filmes (er kommt eigentlich nur am Anfang und am Ende vor) auch in der Regel mit Herumstehen und Nichtstun. Aber das ist vollkommen egal, denn er ist Peter Cushing und auch als unbeweglicher Nebencharakter ist er immer noch so einnehmend, dass die Aufmerksamkeit des Publikums andauernd auf ihn gerichtet ist. Seine Peter-Power kann er erst in einer der letzten Szenen zum Besten geben, wenn es darum geht einen Vampir zu pfählen. Cushing, Mr. Vampirjäger und einige andere Dudes sind in die Gruft eingedrungen und haben den Sarg ausgebuddelt. Mr. Vampirjäger will schon näher treten um das Pfählen durchzuführen, aber Cushing sagt: „Halt, ich mach das. Warum? Weil ich Peter Cushing bin.“
Darauf meint Mr. Vampirjäger: „OK, hier ist der Pfahl, ich hol dir noch ein Hämmerchen.“
Und Cushing sagt: „Nein, ich brauch kein Hämmerchen. Ich bin Peter Cushing, ich mach das mit bloßen Händen.“
Und daraufhin nimmt Peter Cushing den recht stumpf aussehenden Pfahl in seine dürren Alte-Leute-Hände und rammt ihn dem Vampir durch Haut und Knochen mitten ins Herz.
Und alle Umstehen wollen schon jubeln, aber Cushing sagt: „Wartet noch, wenn ich, Peter Cushing, einen Vampir töte, dann Pfähle ich ihn nicht nur, nein, ich schlage ihm auch noch den Kopf ab, in der Hoffnung, dass er sich im letzten Moment in eine Wachspuppe verwandeln wird.“
Und er tut das und alle sagen: „Yeah, Peter, du bist so super, du bist der Allerbeste. Ein Hoch auf Peter Cushing.“
Und sie applaudieren und haben plötzlich alle Schilder mit Cushings Konterfei darauf dabei…So habe ich diese Szene zumindest im Gedächtnis behalten. Könnte sein, dass sie in Wirklichkeit ein wenig anders war.
Kurz noch zu den Gegenspielern dieses Filmes, die Vampire der Familie Karnstein. Ich war ziemlich begeistert, denn bei den Karnsteins handelt es sich nicht um solche jammerläppischen Weicheier wie diverse Draculas oder der Klan aus den „From Dusk till Dawn“-Filmen, die sofort zu Staub zerfallen, wenn sie ein Lichtstrählchen trifft oder wenn sie zufällig an einem Fensterkreuzchen vorbeikommen. Die Blutsauger aus „Gruft der Vampire“ scheuen zwar die Sonne oder heilige Symbole aber sie sterben nicht gleich daran, und das ist super, denn oft leiden Vampir-Filme darunter, dass die angeblich mächtigen Monster einfach zu viele und zu läppische Schwachstellen haben.
Die anderen Elemente, die man sich von einem gelungenen Gruselfilm erwartet, wie nebelige Friedhöfe, staubige Schlösser und abgehärtete Monsterjäger sind alle vorhanden und vortrefflich in Szene gesetzt. Wenn ich jedoch an dem Film irgendwas aussetzen hätte, dann wäre das, dass es keinen wirklich Protagonisten gibt. Anfangs dachte, Mr. Vampirjäger wird unser Held, weil er den Anfangsmonolog hält, aber dann verschwindet er plötzlich bis zum Ende aus dem Film. Dann konzentrierte ich mich auf Cushings Charakter, aber den ereilt schon bald das Schicksal von Mr. Vampirjäger. Die Titelcharaktere des Originaltitels „The Vampire Lovers“ sind wahrscheinlich Ingrid Pitt und Madeline Smith, die auch die meiste Screentime haben, allerdings bleibt Pitts Figur zu mysteriös, als dass man mit ihr mitfühlen könnte und Smith, wie oben schon beschrieben, ist durch und durch passiv und schon Aristoteles meinte, ein Protagonist zeichne sich durch Handeln aus. Ich sage nicht, dass der Film schlecht ist, weil er keinen Protagonisten hat, ganz im Gegenteil, er hat mir außerordentlich gut gefallen. Ich sage lediglich, dass er mir mit einem anständigen Protagonisten noch ein wenig außerordentlicher besser gefallen hätte.
Fazit: Extrem gelungener Gruselhorror mit einigen zielführend eingefügten Erotik-Elementen, sowie Peter Cushing und Madeline Smith, die zwar wenig tun, aber trotzdem super sind, weil es sich bei ihnen um Peter Cushing und Madeline Smith handelt.
- DrDjangoMD
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
HOBO WITH A SHOTGUN
Originaltitel: Hobo with a Shotgun
Land: Kanada
Jahr: 2011
Genre: Vigilante-Film
Regie: Jason Eisener
Handlung:
Ein namens- und obdachloser Mann (Rutger Hauer) kommt mit einem Zug nach Hopetown, um sich dort niederzulassen. Er plant genug Geld zusammenzubetteln, um sich einen Rasenmäher zu kaufen und mit diesem seinen Lebensunterhalt auf ehrliche Weise zu verdienen. Doch als er merkt, dass die Stadt von dem Verbrecherkönig Drake, korrupten Polizisten und einigen anderen üblen Gesellen in einen lebensbedrohlichen Sündenpfuhl verwandelt wurde, investiert der Hobo sein Geld in ein anderes Gerät…in eine Schrotflinte!
Kritik:
In den letzten Jahren haben wir einige Werke bekommen, die den Grindhouse-Filmen der 60er-80er Tribut zollten. Besonders ins Gedächtnis kommen dabei diverse Streifen vom ollen Quentin oder Robert Rodriguez. Diese Filme waren Großteils auch ziemlich toll, besonders „Machete“ hat mir sehr gut gefallen, bei allem Lob muss ich jedoch eingestehen, dass sie sich weniger nach den schmuddeligen Genrefilmen, denen sie sich verschrieben haben, anfühlen, sondern mehr wie große Massenpublikums-kompatible Blockbuster. Dies ist ja nichts Negatives aber trotzdem war ich froh, dass sich unter all diesen „Throwbacks“ auch ein kleiner Streifen befand, der sich auch wirklich so anfühlt wie ein billig produziertes Schmuddelwerk, welches man sich in einem nach Urin stinkenden Bahnhofskino ansieht. Ein Hoch auf „Hobo with a Shotgun“.
Nun ist es natürlich nicht so, dass der Film einfach versucht das Formular von damals zu kopieren, er präsentiert seine Gewalt schon exzessiver, die Einstellungen sind moderner und einige Handlungselemente verrückter, aber man merkt ihm an, dass er nicht die Welt gekostet hat und es war einfach schön und erfrischend, dass es Regisseur Jason Eisener gelungen ist sein Publikum zu unterhalten ohne Horden von Statisten, Wagenladungen voller Props und Massen von Hochklassestars am Höhepunkt ihrer Karriere zu haben. Stars hat er sich im Grunde nur einen geholt, dafür aber einen ganz großen: Rutger Hauer.
Hauer, der schon in jüngeren Jahren ein einnehmender Actionheld aller erster Güte war, hat auch im Alter nichts von seiner Coolness eingebüßt. Auf der einen Seite ist er überzeugend als heruntergekommener verwahrloster Obdachloser, aber andererseits hat man auch keinen Zweifel daran, dass dieser Kerl zu übermenschlichen Heldentaten fähig ist. Obwohl Hauer jede Szene absolut dominiert, ist er von durchaus talentierten Nebendarstellern umgeben, in erster Linie Brian Downey der mit seinem Overacting einen diabolischen Oberschurken abliefert und Molly Dunsworth als „Hooker with a Heart of Gold“ die gegen Ende auch in einigen Actionszenen glänzend partizipiert.
Besonders beeindruckend fand ich, wie Eisener den Handlungsort inszenierte: Hopetown wird so ungemütlich und verkommen dargestellt, wie es nur geht. Alles ist voller Graffiti, die ganze Stadt besteht fast nur aus Hinterhöfen und wo man hinsieht ist gerade irgendein Verbrechen in Gange. Die Stadt wird so erfolgreich als Sündenpfuhl aller Sündenpfuhle dargestellt, dass das Verständnis des Publikums vollkommen bei unserem Hobo liegt, der endlich in diesem Nest aufräumen will, auch wenn er dabei zu unorthodoxen Mitteln greifen muss.
Die Gewalt ist erschreckend explizit und das Morden macht auch vor Frauen und Kindern keinen Halt. Allerdings weiß Eisener, dass es dem Film durchaus dienlich ist, wenn die Gewalt, die vom Protagonisten ausgeht, geringer ist als jene, welche die Antagonisten zu verantworten haben. Sicher, Hobo streckt einige Menschen grausam nieder, aber der Film hat sich Zeit genommen um zu zeigen, dass diese Menschen absolut skrupellose Mörder, Psychopathen, Vergewaltiger und was weiß ich noch sind. Nicht dass dies Selbstjustiz rechtfertigt, aber es ist jedenfalls besser, als wenn der Protagonist wehrlose unschuldige Frauen niederschießen würde.
Trotz dem ungeheuren Härtegrad wirkt „Hobo with a Shotgun“ nie wirklich verstörend, da die ulkige Prämisse stets präsent ist, um dem Publikum ein Schmunzeln zu entlocken. Egal welche Grausamkeit auf der Leinwand gezeigt wird, solange man gleich danach sieht wie ein alternder Rutger Hauer mit einer Schrotflinte durchs Bild schlürft, bekommt man ein wohliges Gefühl. Ich halte es dem Film auch sehr hoch, dass er Szenen selten als Witz per se inszeniert hat. Durch einige Übertreibungen kann man zwar durchgehend schmunzeln, wenn nicht sogar lachen, aber es gibt keine allzu offensichtliche Gags, die einen aus dem Film holen würden.
Anspielungen auf ältere Meisterwerke finden sich einige, aber sie sind gut versteckt und Eisener hat anstrebsamer Weise darauf verzichtet, ganze Einstellungsfolgen zu klauen referenzieren. Ganz grandios ist es natürlich, wenn einem schon am Anfang Michael Holms Liebesthema aus „Hexen bis aufs Blut gequält“ entgegen trällert. Als Drakes Söhne einen Schulbus in Flammen aufgehen lassen wird „Disco Inferno“ im Radio gespielt, so wie in Glickenhaus‘ wundervollem Vigilante-Meisterwerk „The Exterminator“. Und ratet mal was für eine Whisky-Marke Rutger Hauer zu trinken bekommt.
Fazit: „Hobo with a Shotgun“ zollt den schmuddeligen Selbstjustizstreifen der Exploitation-Ära nicht als aufgeblähter Blockbuster sondern als schmuddeliger Selbstjustizstreifen Hommage, ohne jedoch die Vorbilder zu kopieren, und dies macht er gelungen und großartig. Ein alter aber immer noch absolut wunderbarer Rutger Hauer trägt das seinige zum Erfolg des Filmes bei.
Originaltitel: Hobo with a Shotgun
Land: Kanada
Jahr: 2011
Genre: Vigilante-Film
Regie: Jason Eisener
Handlung:
Ein namens- und obdachloser Mann (Rutger Hauer) kommt mit einem Zug nach Hopetown, um sich dort niederzulassen. Er plant genug Geld zusammenzubetteln, um sich einen Rasenmäher zu kaufen und mit diesem seinen Lebensunterhalt auf ehrliche Weise zu verdienen. Doch als er merkt, dass die Stadt von dem Verbrecherkönig Drake, korrupten Polizisten und einigen anderen üblen Gesellen in einen lebensbedrohlichen Sündenpfuhl verwandelt wurde, investiert der Hobo sein Geld in ein anderes Gerät…in eine Schrotflinte!
Kritik:
In den letzten Jahren haben wir einige Werke bekommen, die den Grindhouse-Filmen der 60er-80er Tribut zollten. Besonders ins Gedächtnis kommen dabei diverse Streifen vom ollen Quentin oder Robert Rodriguez. Diese Filme waren Großteils auch ziemlich toll, besonders „Machete“ hat mir sehr gut gefallen, bei allem Lob muss ich jedoch eingestehen, dass sie sich weniger nach den schmuddeligen Genrefilmen, denen sie sich verschrieben haben, anfühlen, sondern mehr wie große Massenpublikums-kompatible Blockbuster. Dies ist ja nichts Negatives aber trotzdem war ich froh, dass sich unter all diesen „Throwbacks“ auch ein kleiner Streifen befand, der sich auch wirklich so anfühlt wie ein billig produziertes Schmuddelwerk, welches man sich in einem nach Urin stinkenden Bahnhofskino ansieht. Ein Hoch auf „Hobo with a Shotgun“.
Nun ist es natürlich nicht so, dass der Film einfach versucht das Formular von damals zu kopieren, er präsentiert seine Gewalt schon exzessiver, die Einstellungen sind moderner und einige Handlungselemente verrückter, aber man merkt ihm an, dass er nicht die Welt gekostet hat und es war einfach schön und erfrischend, dass es Regisseur Jason Eisener gelungen ist sein Publikum zu unterhalten ohne Horden von Statisten, Wagenladungen voller Props und Massen von Hochklassestars am Höhepunkt ihrer Karriere zu haben. Stars hat er sich im Grunde nur einen geholt, dafür aber einen ganz großen: Rutger Hauer.
Hauer, der schon in jüngeren Jahren ein einnehmender Actionheld aller erster Güte war, hat auch im Alter nichts von seiner Coolness eingebüßt. Auf der einen Seite ist er überzeugend als heruntergekommener verwahrloster Obdachloser, aber andererseits hat man auch keinen Zweifel daran, dass dieser Kerl zu übermenschlichen Heldentaten fähig ist. Obwohl Hauer jede Szene absolut dominiert, ist er von durchaus talentierten Nebendarstellern umgeben, in erster Linie Brian Downey der mit seinem Overacting einen diabolischen Oberschurken abliefert und Molly Dunsworth als „Hooker with a Heart of Gold“ die gegen Ende auch in einigen Actionszenen glänzend partizipiert.
Besonders beeindruckend fand ich, wie Eisener den Handlungsort inszenierte: Hopetown wird so ungemütlich und verkommen dargestellt, wie es nur geht. Alles ist voller Graffiti, die ganze Stadt besteht fast nur aus Hinterhöfen und wo man hinsieht ist gerade irgendein Verbrechen in Gange. Die Stadt wird so erfolgreich als Sündenpfuhl aller Sündenpfuhle dargestellt, dass das Verständnis des Publikums vollkommen bei unserem Hobo liegt, der endlich in diesem Nest aufräumen will, auch wenn er dabei zu unorthodoxen Mitteln greifen muss.
Die Gewalt ist erschreckend explizit und das Morden macht auch vor Frauen und Kindern keinen Halt. Allerdings weiß Eisener, dass es dem Film durchaus dienlich ist, wenn die Gewalt, die vom Protagonisten ausgeht, geringer ist als jene, welche die Antagonisten zu verantworten haben. Sicher, Hobo streckt einige Menschen grausam nieder, aber der Film hat sich Zeit genommen um zu zeigen, dass diese Menschen absolut skrupellose Mörder, Psychopathen, Vergewaltiger und was weiß ich noch sind. Nicht dass dies Selbstjustiz rechtfertigt, aber es ist jedenfalls besser, als wenn der Protagonist wehrlose unschuldige Frauen niederschießen würde.
Trotz dem ungeheuren Härtegrad wirkt „Hobo with a Shotgun“ nie wirklich verstörend, da die ulkige Prämisse stets präsent ist, um dem Publikum ein Schmunzeln zu entlocken. Egal welche Grausamkeit auf der Leinwand gezeigt wird, solange man gleich danach sieht wie ein alternder Rutger Hauer mit einer Schrotflinte durchs Bild schlürft, bekommt man ein wohliges Gefühl. Ich halte es dem Film auch sehr hoch, dass er Szenen selten als Witz per se inszeniert hat. Durch einige Übertreibungen kann man zwar durchgehend schmunzeln, wenn nicht sogar lachen, aber es gibt keine allzu offensichtliche Gags, die einen aus dem Film holen würden.
Anspielungen auf ältere Meisterwerke finden sich einige, aber sie sind gut versteckt und Eisener hat anstrebsamer Weise darauf verzichtet, ganze Einstellungsfolgen zu klauen referenzieren. Ganz grandios ist es natürlich, wenn einem schon am Anfang Michael Holms Liebesthema aus „Hexen bis aufs Blut gequält“ entgegen trällert. Als Drakes Söhne einen Schulbus in Flammen aufgehen lassen wird „Disco Inferno“ im Radio gespielt, so wie in Glickenhaus‘ wundervollem Vigilante-Meisterwerk „The Exterminator“. Und ratet mal was für eine Whisky-Marke Rutger Hauer zu trinken bekommt.
Fazit: „Hobo with a Shotgun“ zollt den schmuddeligen Selbstjustizstreifen der Exploitation-Ära nicht als aufgeblähter Blockbuster sondern als schmuddeliger Selbstjustizstreifen Hommage, ohne jedoch die Vorbilder zu kopieren, und dies macht er gelungen und großartig. Ein alter aber immer noch absolut wunderbarer Rutger Hauer trägt das seinige zum Erfolg des Filmes bei.
- Vinz Clortho
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
Liebster Doc, ich bin untröstlich, ist mir doch diese wunderbare Kritik bislang vollkommen entgangen. Entglitten. Unter'm Radar durchgeflutscht quasi. Nicht zu fassen. Hier fall ich doch tatsächlich mal auf die Knie vor Ehrfurcht - und das meine ich zur Abwechslung vollkommen ironiefrei. Da kann man Herrn Kessler nur eindringlich warnen: Eat your heart out, Christian - hier lugt der Nachwuchs um die Ecke. Born and raised @ Deliria Italiano! Hab' ich sicher nicht zum letzten Mal gelesen. Oder ums mal mit dem ehrenwerten Blap zu sagen: In Wohlfühlpunkten kaum aufzuwiegen. Aber mal ehrlich: Hast Du Dir da vorab einen gezwitschert oder warum ist dieses Review derart schweinelustig und unterhaltsam, dass man sich am liebsten fortwährend wegschmeißen bzw. beherzt in sein Laptop beißen möchte?DrDjangoMD hat geschrieben:GRUFT DER VAMPIRE
Mehr davon. Bittö!
Noch Sand und schon warm drauf.
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
Die Röte meiner Wangen machen gerade Erdbeerbauern auf mich aufmerksam. Tausend Dank für das wunderbare Lob! Betrunken war ich beim Schreiben nicht, so bin ich immer drauf Ich werde mich bemühen, dir und dem Forum in nächster Zeit weitere Lektüre zukommen zu lassen.Vinz Clortho hat geschrieben:Liebster Doc, ich bin untröstlich, ist mir doch diese wunderbare Kritik bislang vollkommen entgangen. Entglitten. Unter'm Radar durchgeflutscht quasi. Nicht zu fassen. Hier fall ich doch tatsächlich mal auf die Knie vor Ehrfurcht - und das meine ich zur Abwechslung vollkommen ironiefrei. Da kann man Herrn Kessler nur eindringlich warnen: Eat your heart out, Christian - hier lugt der Nachwuchs um die Ecke. Born and raised @ Deliria Italiano! Hab' ich sicher nicht zum letzten Mal gelesen. Oder ums mal mit dem ehrenwerten Blap zu sagen: In Wohlfühlpunkten kaum aufzuwiegen. Aber mal ehrlich: Hast Du Dir da vorab einen gezwitschert oder warum ist dieses Review derart schweinelustig und unterhaltsam, dass man sich am liebsten fortwährend wegschmeißen bzw. beherzt in sein Laptop beißen möchte?DrDjangoMD hat geschrieben:GRUFT DER VAMPIRE
Mehr davon. Bittö!
- Vinz Clortho
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
Noch so ein instant classic. Dem wurde soeben ein Denkmal gesetzt. Verdientermaßen.DrDjangoMD hat geschrieben:Die Röte meiner Wangen machen gerade Erdbeerbauern auf mich aufmerksam.
http://deliria-italiano.org/phpbb/offto ... t6990.html
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
EMANUELA – ALLE LÜSTE DIESER WELT
Originaltitel: Emanuelle – perché violenza alle donne?
Land: Italien
Jahr: 1977
Genre: Erotik-Thriller
Regie: Joe D’Amato
Handlung:
Nachdem Reporterin Emanuelle (Laura Gemser) von ihrem neuen Freund (Ivan Rassimov) die Idee in den Kopf gesetzt wurde, endlich mal politischere Themen in ihren Artikeln zu behandeln begibt sie sich auf die Reise um eine internationale Organisation von Mädchenhändlern aufzudecken.
Kritik:
Ich hatte doch einige Erwartungen an diesen Film. Mal ganz davon abgesehen, dass Joe D’Amato meistens recht unterhaltsame Streifen abliefert, macht die Besetzungsliste hier wirklich mundwässrig. Wir bekommen Laura Gemser, Ivan Rassimov, George Eastman und Marino Masé in ein und demselben Film. Wie cool ist das denn? Ich machte mich also auf die Suche nach dem Streifen, was nicht allzu leicht war, denn in Sachen Deutsche DVD-Veröffentlichung existiert er nur (in englischer Sprache) als Easter-Egg auf einer bestimmten (wahrscheinlich nicht unbedingt 100% offiziellen) DVD von Joeys „Man-Eater“. Das Schicksal wollte es nun, dass ich eben diese DVD auf einer Börse erspähte, ich sah mir den Film an und musste eine herbe Enttäuschung erfahren.
Aber zunächst mal die positiven Sachen, die ich über „Emanuela – Austauschbarer 08/15-Titel“ sagen kann: Die Musik von Nico Fidenco macht wiedermal jede Menge Laune und die paar Auftritte, die George Eastman hat, machen auch Freude. Eastman spielt in der ersten Hälfte des Filmes einen indischen Liebesguru, eine Rolle in welche er genauso gut passt wie Marlon Brando. Leider hat er eben nur ein paar wenige Szenen und die Eastman-losen Momente des Filmes sind nicht sonderlich rosig.
Rassimov und Masé werden total verschwendet und stehen nur hier und da in langweiligen Halbtotalen im Bild herum und Laura Gemser, die fast pausenlos präsent ist, spielt hier eine so unsympathische hassenswerte Rolle, dass man oft dazu verleitet wird, Popcorn gegen die Leinwand zu schleudern. Es ist nicht das erste Mal, dass ich sie als Reporterin Emanuelle sehe, aber in den anderen Filmen hatte sie nie so eine hochnäsige abweisende Art. Schon zu Beginn schimpft sie einen armen Hotelportier zusammen, der eigentlich nur seine Arbeit macht und über den ganzen Film reibt sie jedem den sie trifft unter die Nase, wie gut sie im Bett ist und wie toll sie ist und was weiß ich noch alles.
Wenigstens kann man hier und da über ihr vollkommen fehlendes Schamgefühl lachen. Ein kleiner Test: Stellt euch vor, ihr reist in ein fernes Land, geht auf euer Hotelzimmer und beginnt euch auszuziehen, um ein Schläfchen zu halten, als ihr plötzlich ein vollkommen fremdes Mädchen entdeckt, welches sich in eurem Hotelzimmer versteckt hat. Wie würdet ihr euch verhalten???
a) Das Mädchen fragen, was zum Teufel es hier zu suchen hat.
b) Sofort dem Hotelpersonal Bescheid geben.
c) Den ungebetenen Gast mit Ach und Krach hinausschmeißen.
d) Mit dem Ausziehen weitermachen.
Wenn ihr a), b) oder c) sagen würdet, wärt ihr nicht Laura Gemser. Übrigens, dieser Film gehört zu den vielen D’Amato-Streifen, die nicht auf dem Planet Erde spielen, sondern in Joeys eigener kleiner Wunderwelt, in welcher alle Frauen Bi-Sexuell sind und BHs nicht existieren.
Es gibt zwar auch eine Hardcore-Version von dem Film, aber zum Glück war auf meiner DVD nur die Softcore-Variante enthalten. Denn auf der einen Seite sind alle Sex-Szenen mit „normalen“ Inhalt so schmuddelig und abstoßend gefilmt, dass ich mich sicher zu Tode langweilen würde, wenn sie länger angedauert hätten und andererseits lässt Joey wiedermal in allen anderen Sex-Szenen seinen obskuren Fetischen freien Lauf, sodass ich über manche Schnitte die vorgenommen wurden, zugegeben glücklich war.
Ein großes Problem, welches beide Fassungen jedoch haben, ist, dass Joey offenbar lieber die Begehung als die Bekämpfung von Verbrechen zeigt. Drei Mal quält er das Publikum mit Vergewaltigungsszenen, die gefolgt werden von Dialogen, in denen die Opfer besagter Szenen darüber plaudern, dass die Täter mittlerweile verhaftet wurden, ohne dass wir das sehen würden. Nein, Joey, in Unterhaltungsfilmen zeigst du nur Verbrechen, wenn du auch vor hast zu zeigen, wie erbarmungslose Polizisten a la „Dirty Harry“ oder Selbstjustiz betreibende Opfer a la „Eine Frau sieht rot“ die Täter zur Strecke bringen. Könnt ihr euch vorstellen, was passiert wäre, hätte man ihm „Ich spuck auf dein Grab“ zum Filmen gegeben? Wahrscheinlich hätte D’Amato nur die erste Hälfte abgedreht und danach eine kleine Texttafel eingeblendet auf der steht „By the way: Die Typen, die das getan haben, wurden vielleicht verhaftet oder so. Keine Ahnung, who cares. Ende“
Deswegen macht der Film einfach keinen Spaß. Wir haben all diese schockierenden Szenen und kaum stellt Joey eine unterhaltsame Rache-Geschichte in Ausschau gibt es einen Schnitt und wir erfahren in langweiligen Dialogen, dass die Täter längst hinter Gitter sitzen. Nun könnte man ja sagen: „Vielleicht will der Film nicht unterhalten, sondern sich auf seriöse Weise mit dem Thema Menschenhandel auseinandersetzen.“ Aber das tut der Film nicht, dazu ist er viel zu dumm und unfokussiert.
Um mit etwas Positiven zu schließen: Karin Schubert als Emanuelles Freundin Cora ist ziemlich cool und hätte in meinen Augen eine wesentlich bessere Hauptfigur abgegeben.
Fazit: Trotz einiger kleiner Plus-Punkte (George Eastman!!!) inszeniert Joey die Geschichte mit vollkommen falsch gesetztem Hauptaugenmerk und Gerede, wo wir Taten sehen wollen. 3/10
Originaltitel: Emanuelle – perché violenza alle donne?
Land: Italien
Jahr: 1977
Genre: Erotik-Thriller
Regie: Joe D’Amato
Handlung:
Nachdem Reporterin Emanuelle (Laura Gemser) von ihrem neuen Freund (Ivan Rassimov) die Idee in den Kopf gesetzt wurde, endlich mal politischere Themen in ihren Artikeln zu behandeln begibt sie sich auf die Reise um eine internationale Organisation von Mädchenhändlern aufzudecken.
Kritik:
Ich hatte doch einige Erwartungen an diesen Film. Mal ganz davon abgesehen, dass Joe D’Amato meistens recht unterhaltsame Streifen abliefert, macht die Besetzungsliste hier wirklich mundwässrig. Wir bekommen Laura Gemser, Ivan Rassimov, George Eastman und Marino Masé in ein und demselben Film. Wie cool ist das denn? Ich machte mich also auf die Suche nach dem Streifen, was nicht allzu leicht war, denn in Sachen Deutsche DVD-Veröffentlichung existiert er nur (in englischer Sprache) als Easter-Egg auf einer bestimmten (wahrscheinlich nicht unbedingt 100% offiziellen) DVD von Joeys „Man-Eater“. Das Schicksal wollte es nun, dass ich eben diese DVD auf einer Börse erspähte, ich sah mir den Film an und musste eine herbe Enttäuschung erfahren.
Aber zunächst mal die positiven Sachen, die ich über „Emanuela – Austauschbarer 08/15-Titel“ sagen kann: Die Musik von Nico Fidenco macht wiedermal jede Menge Laune und die paar Auftritte, die George Eastman hat, machen auch Freude. Eastman spielt in der ersten Hälfte des Filmes einen indischen Liebesguru, eine Rolle in welche er genauso gut passt wie Marlon Brando. Leider hat er eben nur ein paar wenige Szenen und die Eastman-losen Momente des Filmes sind nicht sonderlich rosig.
Rassimov und Masé werden total verschwendet und stehen nur hier und da in langweiligen Halbtotalen im Bild herum und Laura Gemser, die fast pausenlos präsent ist, spielt hier eine so unsympathische hassenswerte Rolle, dass man oft dazu verleitet wird, Popcorn gegen die Leinwand zu schleudern. Es ist nicht das erste Mal, dass ich sie als Reporterin Emanuelle sehe, aber in den anderen Filmen hatte sie nie so eine hochnäsige abweisende Art. Schon zu Beginn schimpft sie einen armen Hotelportier zusammen, der eigentlich nur seine Arbeit macht und über den ganzen Film reibt sie jedem den sie trifft unter die Nase, wie gut sie im Bett ist und wie toll sie ist und was weiß ich noch alles.
Wenigstens kann man hier und da über ihr vollkommen fehlendes Schamgefühl lachen. Ein kleiner Test: Stellt euch vor, ihr reist in ein fernes Land, geht auf euer Hotelzimmer und beginnt euch auszuziehen, um ein Schläfchen zu halten, als ihr plötzlich ein vollkommen fremdes Mädchen entdeckt, welches sich in eurem Hotelzimmer versteckt hat. Wie würdet ihr euch verhalten???
a) Das Mädchen fragen, was zum Teufel es hier zu suchen hat.
b) Sofort dem Hotelpersonal Bescheid geben.
c) Den ungebetenen Gast mit Ach und Krach hinausschmeißen.
d) Mit dem Ausziehen weitermachen.
Wenn ihr a), b) oder c) sagen würdet, wärt ihr nicht Laura Gemser. Übrigens, dieser Film gehört zu den vielen D’Amato-Streifen, die nicht auf dem Planet Erde spielen, sondern in Joeys eigener kleiner Wunderwelt, in welcher alle Frauen Bi-Sexuell sind und BHs nicht existieren.
Es gibt zwar auch eine Hardcore-Version von dem Film, aber zum Glück war auf meiner DVD nur die Softcore-Variante enthalten. Denn auf der einen Seite sind alle Sex-Szenen mit „normalen“ Inhalt so schmuddelig und abstoßend gefilmt, dass ich mich sicher zu Tode langweilen würde, wenn sie länger angedauert hätten und andererseits lässt Joey wiedermal in allen anderen Sex-Szenen seinen obskuren Fetischen freien Lauf, sodass ich über manche Schnitte die vorgenommen wurden, zugegeben glücklich war.
Ein großes Problem, welches beide Fassungen jedoch haben, ist, dass Joey offenbar lieber die Begehung als die Bekämpfung von Verbrechen zeigt. Drei Mal quält er das Publikum mit Vergewaltigungsszenen, die gefolgt werden von Dialogen, in denen die Opfer besagter Szenen darüber plaudern, dass die Täter mittlerweile verhaftet wurden, ohne dass wir das sehen würden. Nein, Joey, in Unterhaltungsfilmen zeigst du nur Verbrechen, wenn du auch vor hast zu zeigen, wie erbarmungslose Polizisten a la „Dirty Harry“ oder Selbstjustiz betreibende Opfer a la „Eine Frau sieht rot“ die Täter zur Strecke bringen. Könnt ihr euch vorstellen, was passiert wäre, hätte man ihm „Ich spuck auf dein Grab“ zum Filmen gegeben? Wahrscheinlich hätte D’Amato nur die erste Hälfte abgedreht und danach eine kleine Texttafel eingeblendet auf der steht „By the way: Die Typen, die das getan haben, wurden vielleicht verhaftet oder so. Keine Ahnung, who cares. Ende“
Deswegen macht der Film einfach keinen Spaß. Wir haben all diese schockierenden Szenen und kaum stellt Joey eine unterhaltsame Rache-Geschichte in Ausschau gibt es einen Schnitt und wir erfahren in langweiligen Dialogen, dass die Täter längst hinter Gitter sitzen. Nun könnte man ja sagen: „Vielleicht will der Film nicht unterhalten, sondern sich auf seriöse Weise mit dem Thema Menschenhandel auseinandersetzen.“ Aber das tut der Film nicht, dazu ist er viel zu dumm und unfokussiert.
Um mit etwas Positiven zu schließen: Karin Schubert als Emanuelles Freundin Cora ist ziemlich cool und hätte in meinen Augen eine wesentlich bessere Hauptfigur abgegeben.
Fazit: Trotz einiger kleiner Plus-Punkte (George Eastman!!!) inszeniert Joey die Geschichte mit vollkommen falsch gesetztem Hauptaugenmerk und Gerede, wo wir Taten sehen wollen. 3/10