Re: Mannaja - Das Beil des Todes - Sergio Martino
Verfasst: Mo 7. Nov 2011, 10:44
von sid.vicious
Alternativer Titel: Man Called Blade, A
Alternativer Titel: Mannaja - A Man Called Blade
Alternativer Titel: Mannaya
Produktionsland: Italien
Produktion: Luciano Martino
Erscheinungsjahr: 1977
Regie: Sergio Martino
Drehbuch: Sergio Martino, Sauro Scavolini
Kamera: Federico Zanni
Schnitt: Eugenio Alabiso
Spezialeffekte: Cataldo Galliano
Musik: Guido De Angelis, Maurizio De Angelis
Länge: ca. 97 Min (uncut) Alte Marketing Version geschnitten
Freigabe: ungeprüft
Darsteller:
Maurizio Merli: Mannaja
John Steiner: Voller
Sonja Jeannine: Deborah McGowan
Donald O'Brien: Burt Craven
Philippe Leroy: Ed McGowan
Martine Brochard: Angela
Salvatore Puntillo: Johnny
Der Kopfgeldjäger Mannaja kommt nach Suttonville, eine Stadt die der brutalen Herrschaft von McGowan untergeordnet ist. Mannaja legt sich mit McGowan an und es kommt zu einem Massaker.
Sergio Martinos, 1977 entstandener Italo Western hat zwar keine große Story, aber ansonsten eine ganze Menge zu bieten. Martino setzt einiges daran seinen Western so richtig dreckig wirken zu lassen. Dazu helfen ihm, die äußerst schmierigen Darsteller und ein Ambiente aus Dreck und Schlamm. Eine Prügelei wird innerhalb von knöchelhohen Pfützen durchgeführt und lässt die Darsteller, einem nach dem anderen den Dreck und Schlamm, einer verkommenen Stadt fressen. Eine Stadt in der es keine Moral gibt, eine Stadt in dem das Gesetz eines Diktators gilt, eine Stadt die keine Zukunft hat. Dem Ganzen stellt sich ein unerschrockener und knallharter Maurizio Merli, in der Rolle des Titelhelden, Mannaja entgegen. Merli konnte mich innerhalb seiner diversen Poliziesco-Rollen immer überzeugen. Das Merli allerdings auch außerhalb von Roms Straßen und außerhalb der Rolle des skrupellosen Kommissars, in einem Western überzeugen kann, sollte man nicht vergessen. Maurizio Merli macht seine Sache als Mannaja nämlich richtig gut. Merli ist auch hier knallhart in seiner Vorgehensweise, aber im Punkto: fieser Charakter, sind ihm seine Gegenspieler noch um einiges voraus. Mannaja, bietet keine „guten Menschen“. Der Film zeigt Fieslinge und faschistisch wirkende Menschen, die über Leichen gehen. John Steiner in der Rolle des Valler, ist da ein sehr gutes Beispiel. Trauen kann man in diesem Film wirklich Niemanden.
Martino breitet sein Thema sehr aus, er liefert keinen Italo-Western aus der Schema F Ablage. Martino weiß sehr genau wie man einen eigenständigen Italo-Western kreiert. Dazu nimmt er Bestandteile aus anderen Genres und vermischt diese zu einem düsteren und bitterbösen Gesamtbild. Es wird reichhaltig Nebel eingesetzt und auch ein wenig Gore verwendet, denn Mannaja ist mit seiner Axt nicht gerade zimperlich. Dazu kommt ein exzellenter und düsterer Soundtrack, sowie ein durchweg depressiv wirkender Titelsong.
Fazit: Ein Italo-Western wie man ihn liebt, ein dreckiges Ambiente und fiese, dreckige Charaktere. Das einzige was sauber wirkt, sind Maurizio Merlis strahlend weiße Zähne. Dieser Film kann einiges.
8,5/10
Re: Mannaja - Das Beil des Todes - Sergio Martino
Verfasst: Mo 7. Nov 2011, 14:00
von DrDjangoMD
Obwohl der Film visuell für mich deutlich an Keoma angelehnt ist, gefiel er mir sogar ein wenig besser als der berühmte Castellari-Film. Wie Sid schon erwähnt hat, gibt es bewusst nahezu keine positiven Charaktere. Umso Engelhafter wirkt dann plötzlich Sonja Jeannine und die Tanzgruppe mit der sie reist. Diese Menschen sind absolut gut, der Leiter der Gruppe ist ein netter alter Kauz und die Tänzerinnen selbst verfügen nicht nur über extreme Schönheit sondern auch über Tugenden wie Freundlichkeit, Fleiß, Hoffnung, etc. Umso erschreckender wirkt dann der raue Umgang den Steiner und Co. mit diesen himmlischen Geschöpfen pflegen. Dies machte Mannaja für mich zu einem der bedrückensten und eindrucksvollsten Italowestern den ich je gesehen habe. 9/10
Re: Mannaja - Das Beil des Todes - Sergio Martino
Verfasst: Mo 7. Nov 2011, 14:13
von Santini
! | Nachricht von: buxtebrawler |
Entfernt, da beim Bildhoster TinyPic leider nicht mehr verfügbar. |
Re: Mannaja - Das Beil des Todes - Sergio Martino
Verfasst: Mo 7. Nov 2011, 14:33
von dr. freudstein
Na toll
Ich erhebe massiven Einspruch
9/10, aber sowas von
Hab nur das ASTRO Tape damals für 49 DM gekauft. Eine DVD brauche ich noch unbedingt
Aber den genialen OST hab ich hier, der läuft ziemlich oft
Re: Mannaja - Das Beil des Todes - Sergio Martino
Verfasst: Fr 18. Nov 2011, 15:35
von DrDjangoMD
Aufgrund der Anfrage in einer Fan-PN (
) hier nochmal im Filmrelevanten-Fred die Interpretation von Mannajas Schlüsselszene.
Operazione Bianchi hat geschrieben:Allerdings ist der einzige Schnitt zu verschmerzen
1:11:52
Als der blinde Mannaja sein Beil baut fehlt:
Manaja hält sein fertiges Beil in der Hand und testet an, wie es in der Hand liegt.
Danach versteckt er es unter einen Heuhaufen.
16sec
NIEMALS! Das ist eine der wichtigsten Szenen im ganzen Film. Das Austesten der Waffe ist ein wichtiges Charakteristikum unseres Protagonisten und zeigt, dass er, der sich durch die indianische Waffe und sein wildes Auftreten als grobschlächtiger Barbar präsentiert, einen Sinn fürs Feine hat, was als Symbol für die amerikanischen Ureinwohner fungiert, die zwar auf den ersten Blick wie eine unterentwickelte Spezies erscheinen mögen, bei genauerer Betrachtung aber faszinierte fortschrittliche Leistungen erbracht haben.
UND ERST DAS VERSTECKEN DES BEILES IM HEUHAUFEN! In dieser Szene liegt die Quintessenz des ganzen Filmes verborgen. Sie symbolisiert wie in der apokalypstischen Welt, die gezeigt wird, Gefahren überall lauern und man nicht mehr zur Ruhe kommt. Der Heuhaufen, das älteste Bett der Welt, steht hierbei als Synonym für einen sicheren und wohligen Schlafplatz und die Tatsache, dass Mannaja sein Beil (Symbol für Krieg, Hass, Gewalt, etc., etc.) genau an diesem Ort aufbewahrt zeigt uns das oben genannte, eben, dass selbst die unscheinbarsten Orte dieser Welt durch die vorherrschende Gewalt entweiht wurden...
Yeahhh Filmwissenschaft to the max!!!
Re: Mannaja - Das Beil des Todes - Sergio Martino
Verfasst: Fr 18. Nov 2011, 16:08
von dr. freudstein
@doc2: Sehr schön interprtetiert, Wahnsinn
Das zeigte uns, wie unverzichtbar diese Szene ist,ich wäre auf den gleichen Gedanken gekommen
Re: Mannaja - Das Beil des Todes - Sergio Martino
Verfasst: So 20. Nov 2011, 18:05
von Ringo aka Angelface
Könnt Ihr mir von der Droge auch was zukommen lassen??????
Muß unglaublich starkes Zeug sein! Wegen 16 sec Beil weg stecken solch ein Gezeter
Prinzipiell will ich auch alle Filme uncut aber hier kaufe ich nicht nochmal deswegen. Die alte Marketing reicht mir vorerst.....
Re: Mannaja - Das Beil des Todes - Sergio Martino
Verfasst: So 20. Nov 2011, 23:25
von dr. freudstein
Ringo aka Angelface hat geschrieben:Könnt Ihr mir von der Droge auch was zukommen lassen??????
Muß unglaublich starkes Zeug sein! Wegen 16 sec Beil weg stecken solch ein Gezeter
Prinzipiell will ich auch alle Filme uncut aber hier kaufe ich nicht nochmal deswegen. Die alte Marketing reicht mir vorerst.....
Hey Ringo, wirbel nicht so viel Staub auf
Das war doch nur Spaß, ironisch weißt du
Ich find die Marketing auch klasse (die cut) und gabs für wenig Geld
außerdem hab ich ja das ASTRO Tape.
Und gute Drogen teilt man grundsätzlich nicht
Und daß nicht nur, weil das Handeln noch härter bestraft wird und man sowieso öffentlich gegen Drogen sein sollte
Re: Mannaja - Das Beil des Todes - Sergio Martino
Verfasst: So 27. Nov 2011, 13:36
von Ringo aka Angelface
Ja Doktorchen, bin Ironie ja auch durchaus aufgeschlossen
Habe für meine Marketing damals aber die volle Länge abgedrückt (18 Teuronen, wenn ich mich richtig erinnere) und habe den Preisverfall nie psychisch überwunden
In diesem Sinne
mit legalen Drogen
Re: Mannaja - Das Beil des Todes - Sergio Martino
Verfasst: Sa 3. Mär 2012, 00:15
von buxtebrawler
„Idioten! 28 Männer gegen einen einzelnen! Ihr Scheißkerle!“
Italo-Regisseur Sergio Martino („Der Killer von Wien“, „Fireflash – Der Tag nach dem Ende“) drehte 1977 mit „Mannaja – Das Beil des Todes“ einen Spätwestern, in dem Maurizio Merli („Die Viper“) seine erste und einzige Hauptrolle in diesem Genre bestreiten sollte. Jim, genannt Mannaja – indianisch für „Wurfbeil“ – ist ein erbarmungsloser Kopfgeldjäger, behänder Beilwerfer, scharfer Schütze und harter Hund, der mit Silberminenbesitzer McGowan (Philippe Leroy, „Das wilde Auge“) noch eine alte Rechnung zu begleichen hat. Doch um an ihn heranzukommen, muss er erst einmal an dessen Männern um George Valler (John Steiner, „Tenebrae“) vorbei, was sich als alles andere als einfaches Unterfangen herausstellt. McGowan beherrscht die Stadt Suttonville und verbreitet Angst und Schrecken, doch das Blatt scheint sich zu wenden, als sich Valler gegen ihn richtet und seine Tochter Debra (Sonja Jeannine, „Wenn die prallen Möpse hüpfen“) entführt. Mannaja eröffnet sich die Chance, bei McGowan anzuheuern...
Mit Maurizio Merli habe ich so meine Probleme, verkörpert er doch in meinen Augen den typischen Schnauzbartproll mit unsympathischer Ausstrahlung, wozu auch seine Inszenierung als schießwütigem, über Leichen gehendem, erzreaktionärem „Law & Order“-Bullen in zahlreichen Selbstjustiz-Poliziotti, durch die er bekannt wurde, passt. So trägt auch der Beginn des Films, als er in seiner Rolle als widerlich blondem Kopfgeldjäger einem erbarmungswürdigen, kleinen Banditen mit seinem namenspendenden Beil eine Hand abhackt, nicht dazu bei, ihn zur Sympathiefigur aufzubauen, wenngleich diese Szene vermutlich Reminiszenzen an seine berüchtigten Rollen wecken soll. Zudem empfinde ich die extrem raue und tiefe Stimme des blondgelockten Zahnpastamodels als etwas unpassend.
Was die Stimmung und Betonung betrifft, ist „Mannaja“ ein überaus düsterer, dreckiger Genrebeitrag, der das bekannte Motiv eines Einzelgängers in einer Welt, in der man niemandem trauen darf, auf die Spitze treibt und zudem sowohl mit inhaltlicher, als auch visueller Harte zentimeterdick unterstreicht. Nicht nur Gliedmaßen werden abgehackt, auch geschossen wird selbstverständlich viel und blutig, denn Mannaja zieht auch schnell seinen Colt. Der Soundtrack der De-Angelis-Brüder besteht hauptsächlich aus einem gesungenen Titelthema, wobei die Stimme des Sängers leider sehr gezwungen auf tief getrimmt wurde und dadurch reichlich übertrieben wirkt. Die Kameraarbeit ist dafür ganz hervorragend und liefert dynamische, tiefe und weite Bilder, interessante Perspektiven und photographiert das Ambiente überaus atmosphärisch und stimmig.
Ja, Sergio Martino konnte zu Höchstleistungen auflaufen, ein entsprechendes Team und Budget vorausgesetzt. Das bewies er mit einer ganzen Reihe Filme verschiedener Genres, so auch hier. Und spätestens, wenn Mannaja schwer an seiner Coolness einbüßt, verlässt Merli sein etwas hölzernes Schauspiel und leidet so richtig schön, als er bis zum Hals eingegraben und der erbarmungslosen Glut der gleißenden Sonne ausgeliefert wird, der Möglichkeit beraubt, die Augen zum Schutze vor den Strahlen zu schließen. Der Charakter seiner Rolle scheint sich hierbei ein wenig zu wandeln, was den eingangs beschriebenen Eindruck revidiert. Möglicherweise war es daher bewusstes Kalkül, die Identifikation mit ihm zunächst zu erschweren. Diese fällt ohnehin leichter ab dem Zeitpunkt, ab dem er nicht mehr kleinen Ganoven hinterherjagt, sondern sich den Großen, Mächtigen, Reichen zuwendet. In diesem Zusammenhang wird einmal mehr die Versklavung der Mehrzahl einfacher Menschen unter der Knute weniger Ausbeuter thematisiert, die über dem Gesetz zu stehen scheinen und derer sich nur gewaltsam entledigt werden kann. Es wird viel gestorben in einer Welt, in der sich niemand für sein Gegenüber interessiert, wenn nichts mehr aus ihm herauszuquetschen ist. Selbst der abgeklärte Mannaja muss schmerzhaft erfahren, dass für romantische Gefühle kein Platz ist und das zarte Pflänzchen der Liebe niedergetrampelt und ausgerissen wird, bevor es aufblühen kann. Eine durch die Lande tingelnde Schaustellertruppe gerät zwischen die Fronten und wird zermalmt, Spaß ist streng verboten. Doch auch McGowan erfährt am eigenen Leib, dass selbst Familienbande einen feuchten Kehricht wert und Missgunst und Intrigen der Preis der Macht und des Besitzes sind, wenn vermeintlich nahe stehende Vertrauenspersonen wie die Geier um ihn kreisen.
Wenn Täter zu Opfern werden und Mannaja plötzlich auf die Hilfe des durch sein Wurfbeil eine Hand kürzeren Ganoven angewiesen ist, scheint das Drehbuch die Karten neu zu verteilen, nur um am Ende doch konsequent die eigene Prämisse zu bestätigen. Das alles ist starker Tobak und setzt auf so manchen Rachewestern noch einen drauf, was nihilistische Härte betrifft. Doch es lohnt sich ebenso, seine Aufmerksamkeit auf Details zu richten, die sich einem bei der Erstsichtung sicherlich nicht ohne Weiteres erschließen werden. So schärfte ein geschätzter Filmfreund* meinen Blick für nur scheinbar redundante Szenen wie Mannajas Austesten seines selbstgebastelten Wurfbeils als wichtiges Charakteristikum unseres Protagonisten, welches zeigt, dass er, der sich durch die indianische Waffe und sein wildes Auftreten als grobschlächtiger Barbar präsentiert, einen Sinn fürs Feine hat, was als Symbol für die amerikanischen Ureinwohner fungiert, die zwar auf den ersten Blick wie eine unterentwickelte Spezies erscheinen mögen, bei genauerer Betrachtung aber faszinierende fortschrittliche Leistungen erbracht haben. Im Verstecken des Beils im Heuhaufen liegt die Quintessenz des ganzen Films verborgen. Es symbolisiert, wie in der gezeigten apokalyptisch anmutenden Welt überall Gefahren lauern und es unmöglich ist, sich zur Ruhe zu betten. Der Heuhaufen, das älteste Bett der Welt, steht hierbei als Synonym für einen sicheren und wohligen Schlafplatz sowie die Geburtsstätte des Erlösers aus der christlichen Mythologie. Die Tatsache, dass Mannaja sein Beil als Symbol für Krieg, Hass und Gewalt genau an diesem Ort aufbewahrt, zeigt, dass selbst die unscheinbarsten Orte dieser Welt durch die vorherrschende Gewalt entweiht werden.
„Mannaja“ wird häufig mit Enzo G. Castellaris ein Jahr zuvor erschienenem „Keoma“ verglichen. Mal abgesehen davon, dass ich Franco Nero für den besseren Hauptdarsteller halte, empfinde ich „Keoma“ als den künstlerischeren Film, während „Mannaja“ grobschlächtiger und zynischer erscheint. In jedem Falle ist aber auch „Mannaja“ ein hochinteressanter, sehenswerter Spätwestern auf technisch hohem Niveau, mit größtenteils guter Darstellerriege und einer wendungsreichen Geschichte, der dem Genre zur Ehre gereicht. Und wer weiß, vielleicht mache ich irgendwann ja doch noch meinen Frieden mit Signore Merli. Nach ein paar Abzügen in der B-Note komme ich auf 7,5 von 10 knochendurchtrennenden Wurfbeilen.
*) Danke an DrDjangoMD