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Re: Frauengefängnis - Jesus Franco

Verfasst: Mo 8. Jul 2013, 17:38
von buxtebrawler
„Du hast den Gouverneur verleugnet!“

Im Jahre 1975 arbeitete der spanische Vielfilmer Jess Franco („Sie tötete in Ekstase“) erstmals mit dem berüchtigten Schweizer Sleaze-Produzenten Erwin C. Dietrich zusammen. Das Ergebnis dieser Kollaboration ist der „Women in Prison“-Film „Frauengefängnis“.

Im Gefängnis auf einer Insel eines nicht näher definierten totalitären Staats herrscht die Gefängnisdirektorin (Monica Swinn, „Mädchen für intime Stunden”) mit eiserner Hand und foltert, unterdrückt und vergewaltigt die Inhaftierten. Endgültig zu eskalieren scheint die Gewalt, als die frisch verurteilte Maria da Guerra (Lina Romay, „Die Sex-Abenteuer des Robinson Crusoe“) heimlich einen Brief an den Gouverneur schreibt, in dem sie sich über die Zustände beschwert. Die Direktorin und ihr sich als Frauenarzt ausgebender Pantoffelheld Carlos Costa (Paul Muller, „Paroxismus“) nehmen daraufhin Maria ganz besonders in die Mangel, die vor allem aus einem Grund hinter Gittern sitzt: Die Direktorin war früher einmal mit Marias Vater liiert, der bei einem Unfall starb, als er sich an Maria vergehen wollte. Unter der Rache der Direktorin muss nun auch Maria leiden. Werden ihr und den anderen Frauen die Flucht gelingen?

Darf man in diesem Bereich stärker versierten Filmfreunden Glauben schenken, war „Frauengefängnis“ seinerzeit beileibe nicht der erste, aber wohl einer offensivsten „Women in Prison“-Filme. Das glaube ich angesichts der in ihrer Explizität die Grenzen zum sog. Hardcore-Bereich streifenden bzw. überschreitenden Sexszenen gern (Masturbation und lesbische Spiele in Großaufnahme), macht aus „Frauengefängnis“ aber keinen guten Film. Dieser wirkt vielmehr wie ein irrer Fetischtraum aus dem sadomasochistischen Bereich, für den man zunächst einmal als gegeben hinnehmen muss, dass Frauen – egal ob die Gefängnisdirektorin oder die Insassinnen – grundsätzlich keine Unterwäsche tragen. Generell wird keinerlei Wert auf Realismus gelegt, wodurch sich nie Empathie für die Charaktere entwickelt. Diese sind bis auf wenige Ausnahmen hochgradig nervtötend, sei es die schwachsinnige Rothaarige (Beni Cardoso, „Vampyros Lesbos“), die nymphomane Prostituierte (Peggy Markoff, „Frauen ohne Unschuld“) oder der es mit seinem Schauspiel vollends übertreibende Folterknecht (Eric Falk, „Ein Käfer auf Extratour“) der Knast-Oberdomina, die wenigstens ein abgefahrenes Outfit nach dem anderen an den Tag (und ihren Körper) legt. Diese frönt nun ausgiebig ihrem Sadismus und bestraft willkürlich die Gefangenen, wobei man sich beispielsweise bei einer angeblichen Stromfolter auf einem Matratzenfederkern den Strom einfach mal dazudenken muss. Generell muss man sich hier viel dazudenken, z.B. Sinn ergebende Dialoge, eine ebensolche Handlung, so etwas wie Spannung (diesmal meine ich nicht den Strom), weshalb Maria plötzlich zur Erzählerin aus dem Off wird sowie die Technik in der unfassbarsten Sequenz des Films: einer gespielten (!) Zeitlupe von Franco höchstpersönlich und Lina Romay! Spätestens da ist’s eigentlich ganz vorbei und hat sich der Film komplett der Lächerlichkeit preisgegeben.

Die Direktorin ist, wie man im Laufe der Zeit erfährt, aber nicht nur sadistisch veranlagt, sondern auch noch belesen (Albert Speer), verfügt über eine masochistische Ader und lässt es sich von einer Inhaftierten in dieser Hinsicht erniedrigend besorgen, um sie anschließend wieder dafür zu bestrafen – wie man’s macht, macht man’s falsch… immerhin sind es solche bizarren Momente, die den Zuschauer aus der Langeweile des absurden Schmierentheaters reißen. Sonderlich erotisch ist dieses verfilmte Swinger-Club-Rollenspiel nämlich nicht, ungebändigte Intimafros treffen auf unappetitliche Zooms einer obszönen Kamera und man wünscht sich eine schnelle Überwindung der zur Schlüpferlosigkeit geführt habenden Baumwollkrise. Lina Romay allerdings ist behaart von den Beinen bis zum Bauch, Material für warme Kleidung wäre also genug vorhanden… Um es abzukürzen: Aus der „Women in Prison“-Thematik macht Franco einen pornösen Film auf handwerklich schluderigem Niveau, der in seiner Härte unexplizit und symbolhaft bleibt, sich dafür umso stärker auf die weiblichen Geschlechtsorgane konzentriert und mit einer lachhaften, aufgesetzten Alibi-Handlung selbst diejenigen, die die zur Schau gestellten Fetische teilen, langweilen dürfte – womit „Frauengefängnis“ nicht nur ganz besonders plump, sondern auch noch inkonsequent ist. Unfreiwillige Komik, im Falle von Lina Romay und Martine Stedil („Down Town“) tatsächlich recht hübsche Darstellerinnen und einige wenige ansprechende Momente nicht bar einer gewissen Ästhetik retten „Frauengefängnis“ gerade noch so vorm Totalreinfall.

Re: Frauengefängnis - Jesus Franco

Verfasst: Mo 8. Jul 2013, 17:53
von Adalmar
Wieder mal so eine freudlose Kritik ... Die Zeitlupenszene (ich traute meinen Augen kaum ... muss man gesehen haben!) ist doch schon Grund genug, um sich dieses herrliche Machwerk reinzuziehen.

Re: Frauengefängnis - Jesus Franco

Verfasst: Mo 8. Jul 2013, 17:59
von buxtebrawler
Adalmar hat geschrieben:Wieder mal so eine freudlose Kritik ... Die Zeitlupenszene (ich traute meinen Augen kaum ... muss man gesehen haben!) ist doch schon Grund genug, um sich dieses herrliche Machwerk reinzuziehen.
Klar, man kann sich herrlich drüber beömmeln - leider besteht der Film aber nicht nur aus dieser Szene :(

Re: Frauengefängnis - Jesus Franco

Verfasst: Mo 8. Jul 2013, 18:46
von DrDjangoMD
buxtebrawler hat geschrieben:Aus der „Women in Prison“-Thematik macht Franco einen pornösen Film auf handwerklich schluderigem Niveau, der in seiner Härte unexplizit und symbolhaft bleibt, sich dafür umso stärker auf die weiblichen Geschlechtsorgane konzentriert und mit einer lachhaften, aufgesetzten Alibi-Handlung selbst diejenigen, die die zur Schau gestellten Fetische teilen, langweilen dürfte – womit „Frauengefängnis“ nicht nur ganz besonders plump, sondern auch noch inkonsequent ist.
Das was du sagst hast du zwar wie immer nachvollziehbar begründet und es macht alles ausgesprochenen Sinn, allerdings muss ich sagen, dass mich Jess'sss "Frauengefängnis" damals wirklich kurzweilig unterhalten hat - und dies obwohl ich von mir behaupten darf, dass ich nichts unerotischer finde als Frauengefängnisfilme. Allerdings hat es Franco geschafft mein Interesse von der ersten Minute an zu fesseln, wahrscheinlich, weil er mich nicht zuletzt wegen den schmuddeligen und unprofessionellen Aspekten des Filmes, permanent fürchten lässt, dass der Film in einer Katastrophe endet und ich permanent um das Leben der nicht unsympathischen Heldin fürchten musste.
In Sachen "Spaß" gebe ich dem Bux recht, dass einige Szenen diesen auslösen (Zeitlupensequenz) diese aber in der Unterzahl bleiben und der Film im Großen und Ganzen eher unangenehm als lustig wirkt. Wenn ich in Frauengefängnissen was zum Lachen haben wollte, dann würde ich noch eher bei den beiden Genre-Beiträgen von crazy Bruno bleiben, der hat nämlich solch großartige Ideen, wie einen furchtbar sterotypen homosexuellen Gefängnisinsassen oder diese kongeniale runde Brille, die er Lorraine de Selle aufgesetzt hat. :thup:

Re: Frauengefängnis - Jess Franco

Verfasst: Mo 8. Jul 2013, 23:18
von CamperVan.Helsing
Ich würde behaupten, der Bux mag den Film wirklich nicht. :D


Ich würde allerdings die Behauptung in den Raum werfen, dass Onkel J. diesen WIPploiter nicht nur gemacht hat, um seine Lina unbekleidet in allen Einzelheiten zu präsentieren, sondern auch, um den Bahnhofskinogängern der westlichen Welt, als Frauengefängnisfilm getarnt, Kritik an den Zuständen in seiner spanischen Heimat, die ja noch unter der Rechtsaußen-Diktatorenknute seines Namensvetters stand, unterzuschieben, die er dann auch mit dem Nazi-Regime vergleicht.

Die Direktorin liest ja nicht nur das Buch von Albert Speer, sondern auch ihre Äußerungen gegenüber Costa über das "Gesocks" gehen ja in diese Richtung. Und bezüglich Costa selbst mit seiner Kassenbrille, dem schlurfenden Gang und dem grauen Mantel: Wem würde da nicht Hannah Arendts Äußerung zu Adolf Eichmann über die "Banalität des Bösen" einfallen?

Dann sind doch die Zeitlupensequenz und Eric Falks Overacting doch nur das Salz in der Suppe.

(Ganz zu schweigen davon, dass Jess auch noch das kapitalistische System in Gestalt seines Finanziers ECD geprellt hat, indem er parallel noch einen zweiten Film drehte und auf eigene Rechnung verkaufte...)

Re: Frauengefängnis - Jess Franco

Verfasst: Di 9. Jul 2013, 09:30
von Reinifilm
ugo-piazza hat geschrieben:Ich würde behaupten, der Bux mag den Film wirklich nicht. :D


Ich würde allerdings die Behauptung in den Raum werfen, dass Onkel J. diesen WIPploiter nicht nur gemacht hat, um seine Lina unbekleidet in allen Einzelheiten zu präsentieren, sondern auch, um den Bahnhofskinogängern der westlichen Welt, als Frauengefängnisfilm getarnt, Kritik an den Zuständen in seiner spanischen Heimat, die ja noch unter der Rechtsaußen-Diktatorenknute seines Namensvetters stand, unterzuschieben, die er dann auch mit dem Nazi-Regime vergleicht.

Die Direktorin liest ja nicht nur das Buch von Albert Speer, sondern auch ihre Äußerungen gegenüber Costa über das "Gesocks" gehen ja in diese Richtung. Und bezüglich Costa selbst mit seiner Kassenbrille, dem schlurfenden Gang und dem grauen Mantel: Wem würde da nicht Hannah Arendts Äußerung zu Adolf Eichmann über die "Banalität des Bösen" einfallen?

Dann sind doch die Zeitlupensequenz und Eric Falks Overacting doch nur das Salz in der Suppe.

(Ganz zu schweigen davon, dass Jess auch noch das kapitalistische System in Gestalt seines Finanziers ECD geprellt hat, indem er parallel noch einen zweiten Film drehte und auf eigene Rechnung verkaufte...)
SO habe ich den Film noch nie betrachtet. :shock: :?

Re: Frauengefängnis - Jess Franco

Verfasst: Di 9. Jul 2013, 12:37
von Onkel Joe
ugo-piazza hat geschrieben:Ganz zu schweigen davon, dass Jess auch noch das kapitalistische System in Gestalt seines Finanziers ECD geprellt hat, indem er parallel noch einen zweiten Film drehte und auf eigene Rechnung verkaufte...

Das hat er aber nicht nur hier gemacht, auch Harry Alan Towers hat mit Jess Francos Geschäftstüchtigkeit Bekanntschaft gemacht.

Re: Frauengefängnis - Jess Franco

Verfasst: Di 9. Jul 2013, 12:43
von Arkadin
ugo-piazza hat geschrieben: viele kluge Sachen
So sieht das aus! :thup:

Re: Frauengefängnis - Jess Franco

Verfasst: Di 9. Jul 2013, 20:09
von CamperVan.Helsing
Reinifilm hat geschrieben:
ugo-piazza hat geschrieben:Ich würde behaupten, der Bux mag den Film wirklich nicht. :D


Ich würde allerdings die Behauptung in den Raum werfen, dass Onkel J. diesen WIPploiter nicht nur gemacht hat, um seine Lina unbekleidet in allen Einzelheiten zu präsentieren, sondern auch, um den Bahnhofskinogängern der westlichen Welt, als Frauengefängnisfilm getarnt, Kritik an den Zuständen in seiner spanischen Heimat, die ja noch unter der Rechtsaußen-Diktatorenknute seines Namensvetters stand, unterzuschieben, die er dann auch mit dem Nazi-Regime vergleicht.

Die Direktorin liest ja nicht nur das Buch von Albert Speer, sondern auch ihre Äußerungen gegenüber Costa über das "Gesocks" gehen ja in diese Richtung. Und bezüglich Costa selbst mit seiner Kassenbrille, dem schlurfenden Gang und dem grauen Mantel: Wem würde da nicht Hannah Arendts Äußerung zu Adolf Eichmann über die "Banalität des Bösen" einfallen?

Dann sind doch die Zeitlupensequenz und Eric Falks Overacting doch nur das Salz in der Suppe.

(Ganz zu schweigen davon, dass Jess auch noch das kapitalistische System in Gestalt seines Finanziers ECD geprellt hat, indem er parallel noch einen zweiten Film drehte und auf eigene Rechnung verkaufte...)
SO habe ich den Film noch nie betrachtet. :shock: :?
Ich auch nicht! :D Aber wie du siehst: Filme im Kino sehen sorgt für neue Sichtweisen. ;)

Re: Frauengefängnis - Jess Franco

Verfasst: Mi 10. Jul 2013, 09:31
von buxtebrawler
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