Originaltitel: Macabro
Regisseur: Lamberto Bava
Kamera: Franco Delli Colli
Musik: Ubaldo Continiello
Drehbuch: Antonio Avati, Pupi Avati, Lamberto Bava, Roberto Gandus
Jane Baxter genießt, so könnte man annehmen, ein intaktes Familienleben. Ein erfolgreicher Ehemann, zwei Kinder (natürlich Mädchen und Junge), viel Geld zum verbraten und ein schmuckes Häuschen. Doch der Schein trügt, denn Jane flüchtet fortwährend aus ihrem goldenen Käfig, und zwar direkt in die Arme ihres Liebhabers Fred (von den deutschen Synchronisation „Frett“ ausgesprochen) Kellermann. Doch eines schlechten Tages muss Miss Baxter die rezidivierenden Sauereien mit „Frett“ unterbrechen, um schnellstmöglich nach Hause zu kommen, denn (Nachricht von Tochter Lucy!) ihr kleiner Sohn ist in der Badewanne ertrunken. „Frett“ lässt kurzerhand, geleitet von einem kurzen Verstand, die Reifen seines Wagens qualmen und verursacht postwendend einen Unfall, bei dem er (nicht allein im übertragenden Sinne) den Kopf verliert.
Ein Jahr später: Die traumatisierte Jane Baxter wird als geheilt aus der Psychiatrie entlassen, doch anstatt zu ihrem Ehemann und ihrer Tochter zurückzukehren, zieht Jane in das Haus, welches ihr und „Frett“ (je häufiger ich den Namen schreibe, desto beschmierter finde ich ihn) als Liebesnest diente. Dort lebt sie als Untermieter des blinden Robert Duval, der fortan aus Janes Zimmer seltsame Geräusche erlauscht und einhergehend die Vermutung hegt, dass Jane Baxters Aufenthalt in der Klappse nicht wirklich eine Genesung resultieren ließ.
Was (oder mit wem) treibt (es) Miss Baxter denn nun schon wieder?
Die Küsse der Jane Baxter sind so heiß, dass sie die Männer sogar aus der Leichenstarre erwecken! Ob die Küsse allerdings auch heiß genug sind, um den Zuschauer in eine entsprechende Grundstimmung manövrieren, um ihn zu Lamberto Bavas Film zu verführen? Vor (schätzungsweise) drei Jahren hätte ich diese Frage mit einem eindeutigen Nein beantwortet. Mittlerweile sagt mir „Macabro“ allerdings ein Stückweit mehr zu, was jedoch nichts an der Tatsache ändert, dass der Film von einigen Mankos befallen ist und primär innert seiner ersten Hälfte einfach zu viele Durchhänger offenbart sowie phasenweise zum Einnicken animiert. Die zweite Hälfte kann deutlich mehr bewegen, da der Regisseur seine Karten geschickter ausspielt, um auf den alles entscheidenden Trumpf hinzuarbeiten. Dieser mutmaßliche Kartenclou entpuppt sich schlussendlich jedoch nur als ein eher enttäuschender Bluff.
Die Ambitionen des Regisseurs sind, sofern sie von Erfolg gekrönt sein sollen, auf eine düstere und beklemmende Atmosphäre angewiesen. Um dieses zu bewirken setzt Lamberto Bava auf eine von Bassgitarre und Schlagzeug dominierte Musik, welche den Zuschauer zumindest zeitweise in klaustrophobische und morbide Gefilde befördern können. Leider verlieren sich diese durchaus interessanten Momente schnell im „Einheitsbrei der Jane Baxter“, sodass eine Inkonsequenz aufgedeckt wird, welche sich einhergehend als die große Schwäche des Films zu erkenn gibt.
Was die Hauptcharaktere respektive deren Darsteller anbelangt, so fällt Bernice Stegers in der Jane Baxter Rolle primär durch ihre unsympathische Ausstrahlung auf. Eine Eigenschaft die durchaus förderlich wirkt! Aus diesem Grunde sollte man kein voreiliges (Fehl)urteil fällen und nicht von einer klassischen Fehlbesetzung reden, denn die Antipathie, die Jane Baxter ausstrahlt, ist ein zuverlässiger Partner, welcher Lambertos Absichten sehr wohl stärken kann.
Neben diese missliebige Charakterkonstruktion tritt deren kleine Tochter Lucy, eine pfiffige, kleine Bestie, die ihrer Mutter das Leben zur Hölle macht, denn das scheinbar liebe Mädchen ist durch und durch ein gerissenes Miststück. Lucy(fer)s Beweggründe bezüglich ihrer Mutterverachtenden Haltung (Ödipuskomplex) werden jedoch nur oberflächlich behandelt.
Der Dritte im Bunde ist Robert Duval (gespielt von Stanko Molnar), der seine Sache als blinder Hobbydetektiv gut macht. Er wirkt überaus sympathisch und bietet sich infolgedessen bestens als Reflektorfigur an. Leider stellen diese herzensguten Menschen (wie der gehandicapte Robert Duval) meist zu spät fest, dass diese verfickte Welt nur aus widerlichen Arschlöchern besteht.
Fazit: Die Idee, einen Film zwischen Liebe, Tod und Leidenschaft pendeln zu lassen, ist lobenswert. Allerdings gelingt es Lamberto nicht, die dafür notwendigen Ingredienzien erfolgreich einzusetzen. Somit versäumt der Film beispielsweise seine Chance, den Zuschauer in die Rolle der Jane Baxter zu drängen, um deren Gefühlschaos authentisch mitzuerleben, sodass das fertige Filmprodukt leider nicht der Kühnheit seiner in Dekadenz wurzelnden Grundidee gerecht werden kann.