Also hier noch mal meine alte Kritik (wenn schon über sie geredet wird
) Als "reaktionär" wie von dr. freudstein indirekt zitiert würde ich ihn nicht bezeichnen, dieser Begriff ist mir zu diffus und beliebig, die Homosexualitätsthematik in dem Film lasse ich jetzt mal so wie unten formuliert stehen, so sehe ich den Film eben und besser könnte ich es jetzt auch nicht ausdrücken. In manchen Momenten finde ich ihn richtig gut (Freilassung von Hatlen und dessen Probleme in der Freiheit), in manchen doch sehr klischeegeprägt.
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"Ein Gefängnis ist kein Märchenland", so in etwa kommentiert Häftling "Red" die schamhaft ausgeblendete Vergewaltigung seines Leidensgefährten Andy Dufresne durch homosexuelle Mitgefangene, die "Sisters". Ob "The Shawshank Redemption" diese These nun widerlegen möchte, ob er sie schlicht und einfach in den Wind schlägt oder vergessen hat, nach und nach gleitet das unbarmherzig dargestellte Knast-Szenario Frank Darabonts in eine hochmoralische und tatsächlich recht märchenhafte Geschichte mit starkem Gut-Böse-Kontrast ab, in der eine Riege gutherziger Häftlinge um Ellis Redding, genannt "Red" (Morgan Freeman) und Andy Dufresne (Tim Robbins) einer gnadenlosen Gefängnisverwaltung gegenübersteht, die durch Korruption und Sadismus gekennzeichnet ist, vertreten in erster Linie durch den bigotten Gefängnisdirektor Norton (Bob Gunton) und den gewaltverliebten Aufseher Hadley (Clancy Brown in einer typischen Rolle).
Dabei beeindruckt - neben einer Figur, die noch genannt wird - vor allem Gunton in seiner dezenten, aber aussagekräftigen Interpretation eines bibelschwenkenden Zynikers. Tim Robbins macht ebenfalls eine sehr gute Figur, wenn er Dufresne mal verstockt, mal bübisch-listig auftreten lässt. Morgan Freeman hat auch für diese Rolle viel Anerkennung erhalten, hat aber nicht viel mehr zu tun, als gelassen und mit einer gewissen Weisheit und Altersmilde den Dingen ihren Lauf zu lassen.
Kings und Darabonts in schattierungsfreiem Schwarz-Weiß gezeichnete Knastwelt hat nach anfänglich verhaltenem Erfolg der Stephen-King-Verfilmung zahlreiche Filmliebhaber in ihren Bann gezogen und dem Film eine seltsam hohe Plazierung in der imdb-Bestenliste beschert. Und obwohl Darabont ein gutherziges und durch eine hochklassige Besetzung veredeltes Drama geschaffen hat, mutet diese Plazierung grotesk an. Denn dafür ist der Film deutlich zu wenig innovativ, zu konventionell in seiner moralischen Eindeutigkeit, aufgrund deren er dem leicht lenkbaren Zuschauer zwar am Ende eine tiefgehende Befriedigung bereitet, aber keine wesentlichen Fragen aufwirft, nicht wie wirklich prägende Filme eine produktive Verunsicherung hervorruft. Auch schafft er es nicht so recht, sich von der zugrundeliegenden Erzählung zu emanzipieren, indem er immer wieder "Red" per Off-Stimme erzählen lässt, der auch bei King als Ich-Erzähler fungiert, und sich so vom Anschein transferierten Schrifttums nicht freimacht.
Dass die Häftlinge, verurteilte Kriminelle, hier die sympathische und ihre Aufseher die unsympathische Seite bilden, ist ein alter Hut. Dass die unerfreulichsten Figuren unter den Häftlingen die Homosexuellen sind, die ihrer Neigung skrupellos-animalisch nachgehen, ist nicht nur ebenfalls ein altes Knastfilm-Klischee, sondern wirkt in der gezeigten Drastik auch verunglimpfend. Schwulenhasser werden an diesem Film jedenfalls ihre Freude haben. Ebenfalls nicht für die ethische Redlichkeit der Darstellung spricht die Figur eines fettleibigen Häftlings, der in der ersten Nacht nach der Inhaftierung in Tränen ausbricht und aufgrund seiner Panik zum Opfer eines Gewaltausbruchs Hadleys wird. Diese Figur ist durch ihre Erscheinung und die infantile Art ihrer Äußerungen so angelegt, dass sie zwar möglicherweise das Mitleid, aber durch ihre karikaturhaft verzerrte Darstellung auch leicht die Verachtung des Zuschauers auf sich zieht und eine billige Kontrastfolie für die stoische Disziplin Andy Dufresnes bildet.
Anrührend und vor allem glänzend schauspielerisch interpretiert ist hingegen die Episode um den alten Häftling Brooks Hatlen, als der der zur Drehzeit über 70-jährige James Whitmore sich ins Herz des Zuschauers spielt. Und diese Episode beinhaltet auch den vielleicht stärksten und wertvollsten inhaltlichen Aspekt des Films, nämlich die Darstellung der desorientierten psychischen Lage des Entlassenen, der in eine Welt geschickt wird, die ihm mittlerweile völlig fremd geworden ist und in der er kein eigenständiges Leben führen kann.
Dieser durch ihre Intensität und Echtheit nahegehenden Geschichte in der Geschichte steht als Haupthandlung der unaufhaltsame Aufstieg des Andy Dufresne gegenüber, der vom verschwiegenen Sonderling zum obersten Günstling des Direktors avanciert und durch seine überlegenen Rechtskenntnisse schließlich für diesen unverzichtbar wird. Das ist insofern nicht besonders realitätsnah, als ihn Direktor Norton freimütig an seinen illegalen Finanzmachenschaften teilhaben lässt und so riskiert, dass das ganze Gefängnis von diesen erfährt, d. h. Norton könnte letztlich niemanden mehr entlassen, ohne befürchten zu müssen, dass dieser von seinem schmutzigen Geheimnis weiß. Dieses Gefahrenpotenzial kommt allerdings nie zur Sprache, da von Erzählerseite klar ist: Wenn überhaupt jemandem, dann ist allein Dufresne selbst diese Enthüllung vorbehalten. Hier scheint schon die Märchenhaftigkeit durch, der sich der Film noch zu Beginn scheinbar explizit verweigert hat.
Stephen King hat in seinen Erzählungen immer wieder die Traditionen US-amerikanischer Popularkultur berücksichtigt, was dem Leser des öfteren den Eindruck vermittelt, dass für den europäischen Leser der Einstieg hier gar nicht so leicht ist - und das merkt man auch dem Film an. Die Film-Ikonen Rita Hayworth, Marilyn Monroe und Raquel Welch spielen hier - wenn auch nur in Form von Wandplakaten - eine Schlüsselrolle, indem sie das große Geheimnis von Andy Dufresne verbergen, das hier aus Rücksicht gegenüber Lesern, die den Film noch nicht gesehen haben, nicht genannt werden soll. Dass dieses im Laufe einer Haftzeit von etwa 20 Jahren (während deren Dufresne im übrigen auch kaum oder nicht sichtbar altert) niemals entdeckt wird, ist schon extrem unwahrscheinlich und unterstreicht wiederum die genannte Märchenhaftigkeit, die gar nicht als Minuspunkt angerechnet werden muss, sondern hier nur als unverkennbarer Zug des Films thematisiert werden soll.
Alles in allem ein handwerklich weitgehend untadliges, aber in der Zeichnung seiner Figuren doch letztlich allzu eindeutiges Drama, das hauptsächlich von der balsamischen Wirkung des "Zu schön, um wahr zu sein"-Ausgangs sowie von einigen wirklich guten Schauspielerleistungen profitiert.
Immerhin
6/10