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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Fr 15. Okt 2010, 13:36
von buxtebrawler
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Evil Toons
Ohne ihr Wissen befreien vier Studentinnen ein notgeiles Monster welches in einem Buch gebannt war und nun allerlei Unheil anrichtet. Die vier Mädchen machen sich daran ihren Fehler auszubügeln und versuchen das Monster erneut unschädlich zu machen.
US-Trash-Regisseur Fred Olen Ray verspricht mit seinem 1990 abgekurbelten „Evil Toons“ einen sleazigen Horrorspaß mit einer Mischung aus Real- und Zeichentrickfilm, kann die Erwartungen aber nicht wirklich erfüllen. In der sinnbefreiten, an „Tanz der Teufel“ erinnernden Geschichte hat lediglich eine einzige Cartoon-Figur zwei Kurzauftritte; ansonsten versucht man, mit vier Tittenmäuschen zu unterhalten, von denen eine kurzerhand ein zackiges Gebiss eingesetzt bekommt und die mordende Besessene mimt. Der Trash-Gehalt passiert hier auf freiwilliger Basis, der selbstironische Humor kommt i.d.R. mit der Brechstange (wenngleich einige Insider-Gags eingestreut wurden) und die Mädels, von denen sich zwei hauptberuflich im Pornogeschäft verdingten, zeigen gern ihre Hupen, behalten die Slips aber stets an. David Carradine hat eine Nebenrolle, für die er nur einen einzigen Gesichtsdruck braucht und der zum „American International Pictures“-Inventar gehörende Dick Miller sieht sich in einem der gelungensten Momente des Films selbst in „A Bucket Of Blood“ im TV an. Horrortechnisch gibt’s neben ein paar Make-Up-Effekten einige verhalten-blutige Szenen, die nicht weiter der Rede wert sind. Auch der Erotik-Faktor hält sich in Grenzen, beispielsweise bei einem fürchterlich ungeilen Striptease-Tanz von Roxanne (Pornosternchen Madison Stone), kurz bevor der Zeichentrick-Dämon von ihr Besitz ergreift. Andere haben bemerkenswerte 80er-Dauerwellen oder wurden per Brillengestell auf verklemmtes Mauerblümchen getrimmt. Das Buch, aus dem unser Cartoonmonster entspringt, ist übrigens mitnichten eine Comic-Schwarte, sondern ein geheimnisvoller, arg vom „Necronomicon“ inspirierter antiker Wälzer mit Fratze auf dem Umschlag. So kämpft man sich also mal ob der Dialoge amüsiert und mal eher gelangweilt durch die hanebüchene Handlung, bis einen der zweite Auftritt des bösen Toons im Finale erlöst. Ich bin mir sicher: Das wäre um einiges kurzweiliger gegangen! So reicht es leider nur zu sehr durchschnittlichem Trash-Vergnügen für Hartgesottene. Ex-Pornoqueen Madison Stone verdingt sich übrigens seit einiger Zeit als Tätowiererin (für die, die’s interessiert).

Link zu Madison Stone's Myspace-Profil:
http://www.myspace.com/madisontattoos

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mo 18. Okt 2010, 15:01
von buxtebrawler
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Ginger Snaps – Das Biest in Dir
Die Schwestern Ginger und Brigitte sind etwas merkwürdige Zeitgenossinnen: Beide sind Außenseiterinnen und fallen immer wieder durch ihre kuriosen und makabren Scherze auf. Doch immerhin haben sie einander - und gemeinsam ist man stark und kann auch die schlimmsten Erfahrungen meistern. Die Dinge ändern sich jedoch etwas, als Ginger eines Nachts von einem Werwolf angefallen wird, der durch das Auftreten ihrer ersten Periode angelockt wurde. Von nun an hat Brigitte alle Hände voll zu tun, die fortschreitende Verwandlung Gingers und die Folgen ihrer zunehmend blutrünstigeren Umtriebe entsprechend geheimzuhalten. Doch sie gibt die Hoffnung nicht auf, dass sich mit Hilfe des örtlichen Drogendealers Sam ein Heilmittel finden lässt...
Im Jahre 2000 sorgte der kanadische Regisseur John Fawcett mit „Ginger Snaps“ für angenehm frischen Wind im Werwolf-Subgenre. Im Gewand eines Teenager-Horrorfilms zeigt er das junge Geschwisterpaar Ginger und Brigitte, das sich dem Erwachsenwerden verweigert, mit pubertären Spielchen ebenso wenig zu tun haben möchte wie mit der Realität der verachtenswerten, perspektivlosen Kleinstadt, in der sich die beiden Langeweile und uninteressanten, aus ihrer Sicht idiotischen, oberflächlichen Mitschülern ausgesetzt sehen. Sie frönen dem Außenseiterdasein, leben ihre Vorliebe fürs Morbide als Reaktion auf die äußeren Umstände aus und halten zusammen, wo es nur geht. Das Verhältnis zu ihren zerstrittenen Eltern ist unterkühlt und geprägt von Respekt- und Kommunikationslosigkeit, man lebt quasi nebeneinander her („Ich hasse unseren Gen-Pool!“). Man entzieht sich gängigen, als primitiv erachteten Balzritualen und kleidet sich betont unaufreizend. Diese Ausgangssituation wird schwarzhumorig und gut nachvollziehbar dargestellt, schnell werden die schrägen Schwestern aufgrund ihrer teenieklischeearmen Charakterisierung zu Sympathieträgern. Der Alltag ändert sich jedoch schlagartig, als bei der ein Jahr älteren und attraktiveren Ginger die Menstruation eintritt und sie zudem von einem Werwolf gebissen wird. Ginger erlebt eine Entwicklung vom zynischen Freak zur selbstbewussten, an Jungs und Sexualität interessierten Frau bis hin zur Appetit auf Fleisch bekommenden, aggressiven Werwölfin, die die Kleinstadt unsicher macht. Diese Metamorphose treibt einen Keil zwischen Ginger und Brigitte und das einst so starke Duo bricht auseinander. Zwar bleibt der schwarze Humor über weite Strecken erhalten, doch gesellen sich nun „echtes“ Blut und tatsächliche Gefahr für Leib und Leben hinzu, wobei der Film mit entsprechenden, gut umgesetzten Szenen nicht geizt, dabei aber nie in reinen Selbstzweck verfällt. Die unheilvolle Entwicklung wurde dramaturgisch unterhaltsam und spannend inszeniert, wenn auch das Drehbuch bei näherer Betrachtung die eine oder andere Wendung als gegeben auftischt, ohne sie logisch 100%ig nachvollziehbar herzuleiten. Damit ist man im Horrorgenre aber in guter Gesellschaft und diese Details verleiden die Freude an „Ginger Snaps“ nicht wirklich. Den beiden Mädels zuzusehen, macht einen Heidenspaß. Emily Perkins (die bereits in „Es“ die kleine Beverly March spielte!) und Katharina Isabelle mimen die angepissten Teenies absolut klasse, schauspielerische Ausfälle gibt es generell keine zu verzeichnen. Mit der Zeit schlägt der Film allerdings einen ernsteren Ton an, der sich immer weiter steigert, bis im düsteren, traurigen Finale praktisch nichts mehr von der vorausgegangenen Leichtfüßigkeit der Handlung vorhanden ist. Dabei funktioniert „Ginger Snaps“ hervorragend als Parabel auf das Erwachsenwerden, damit einhergehende Veränderungen, das Entdecken der Sexualität und das Ende der unbedarften Kindheit. Der Pessimismus dabei steht dem Horrorfilm gut zu Gesicht und wird viele kleine Gingers und Brigittes da draußen bestätigen. Das einzige, das den Filmgenuss ein wenig stören könnte, ist das Creature Design, das man in anderen Werwolf-Filmen schon wesentlich effektiver gesehen hat. Alles in allem ist „Ginger Snaps“ eine erfrischende, intelligente Neuinterpretation der klassischen Lykanthropen-Schauermär, eingebettet in eine Kleinstadtatmosphäre, die alleine schon der Alptraum eines jeden Teenagers sein dürfte. Zudem schwer unterhaltsam mit überzeugenden Jungschauspielerinnen umgesetzt. Vielleicht der beste Werwolf-Horror seit den Achtzigern?

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Di 19. Okt 2010, 13:12
von buxtebrawler
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The Crazies – Fürchte deinen Nächsten
Etwas ist faul im Bundestaate Iowa. Als ein bewaffneter Mann apathisch und mit einer Schrotflinte bewaffnet auf ein Baseballfeld taumelt und dort die Anwesenden in Angst und Schrecken versetzt, versuchen Sheriff Dutton (Timothy Olyphant) und sein Deputy (Joe Anderson) die Lage zu deeskalieren. Doch der Mann reagiert nicht und wird schließlich von den beiden in Notwehr erschossen. Während Dutton durch den Vorfall noch mit Selbstzweifeln kämpft, rollt schon eine Welle von beunruhigenden Vorkommnissen durch das beschauliche Städtchen. Immer mehr Bürger der Stadt mutieren zu schlechtgelaunten Verrückten, die alles und jedem nach dem Leben trachten. Eine Epidemie scheint sich auszubreiten. Als die Regierung eine gründliche Säuberungsaktion einleitet, bricht Chaos aus. Mit ein paar anderen sucht Sheriff Dutton nun einen Weg aus der eingekesselten Stadt.
Breck Eisners Remake aus dem Jahre 2010 des George-Romero-Klassikers aus den Siebzigern kann als geglückt bezeichnet werden. Hatte Romeros Original meines Erachtens doch ziemlich mit Dramaturgie und Erzähltempo zu kämpfen, inszeniert Eisner das Szenario einer von bakteriologischem Kampfstoff verseuchten Kleinstadt flotter und insgesamt ausgewogener, wobei er dennoch nicht auf einen stimmigen, langsameren Prolog verzichtet. Die Neuverfilmung ist actionreicher und rasanter, wofür die emotionalen, traurig-melancholischen Momente des Originals aber zurückstecken müssen. Dafür setzte man mehr auf grafische Härte inklusive überzeugender Masken und blutiger Effekte, die sich mitsamt spannender Ideen auf höherem Horrorniveau bewegen. Die bei Romero noch allgegenwärtige Militärkritik wurde hier in ihrer Unmissverständlichkeit für den bösartigen Schluss aufgespart. Das mag von Kritikern als Abschwächung der Aussage gewertet werden, kann aber im Prinzip durch seine Schockwirkung ebenfalls den gewünschten Effekt erzielen. Eine im wahrsten Sinne des Wortes „bombastische“ Szene drückt den Zuschauer förmlich in den Kinosessel. Die Schauspieler wurden gut gewählt, wobei der Fokus auf dem Trio Timothy Olyphant, Radha Mitchell und Joe Anderson liegt, das sich ab einem gewissen Zeitpunkt fast schon in Endzeit-Road-Movie-Manier durchschlägt. Zwar ist „The Crazies“ heutzutage in Anbetracht von modernen Kinoerfolgen wie „28 Days Later“ und Co. nun wirklich auch für Nicht-Kenner des Originals keine hochinteressante Neuinterpretation des Stoffes mehr, krankt aber glücklicherweise auch nicht an zeitgemäßen, aber immer wieder ärgerlichen Elementen wie übertrieben unruhiger Kameraführung bei Actionsequenzen oder unauthentischen Effekten aus dem CGI-Setzbaukasten. Dass George Romero höchstpersönlich als ausführender Produzent fungierte, scheint sich bezahlt gemacht zu haben. Dessen Original mag atmosphärischer und düsterer gewesen sein, in Sachen Unterhaltungswert hat das Remake aber die Nase vorn, ohne das Niveau dabei aus den Augen zu verlieren.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Di 19. Okt 2010, 13:23
von buxtebrawler
Und noch mal [·REC], hier mein UltrakurzkommentarTM von Anfang des Jahres, wobei ich diesmal das Ende besser und schlüssiger fand:

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[·REC]
Eine Reporterin samt Kameramann macht eine Reportage über die Besatzung einer kleinen Feuerwehrstation. Als die Männer zu einem Rettungseinsatz gerufen werden, begleiten die beiden das Team. Doch am Ort des Geschehens soll es anders kommen, als vorauszuahnen war und die Nacht wird zu einem Alptraum...
Den Hype um diese spanische Zombiehorrorproduktion aus dem Jahr 2007 habe ich geflissentlich ignoriert und sie mir erst jetzt angeschaut. Den überwiegend positiven Meinungen kann ich nur beipflichten, denn so wenig neu spätestens seit „Blair Witch Project“ die Idee auch ist, einen Horrorfilm durch die subjektive Perspektive einer von den Protagonisten mitgeführten Kamera zu zeigen, so handelt es sich hier glücklicherweise um eine vernünftige TV-Kamera und kein Amateur-Equipment, so dass der Zuschauer trotzdem eine Menge zu sehen bekommt. Und das Gezeigte hat es wirklich in sich und ist verdammt unheimlich. Zudem fällt die Identifikation mit den Eingeschlossenen leicht, ja, man fiebert sogar richtiggehend mit und fühlt sich bald ähnlich gehetzt und hilflos wie die Opfer. Das Spiel mit den Kameraperspektiven ist also gelungen, die Darstellung der unterschiedlichen Charaktere inkl. der Hausbewohner größtenteils auch, der Actionanteil ist hoch und Stimmung und Atmosphäre passen – wie sieht’s mit der Handlung aus? Nicht ganz so gut. Manch ein späteres Zombieopfer verhält sich angesichts seiner Situation verdammt unangemessen, so dass man es am liebsten anschreien möchte; eher unwahrscheinliche und dadurch unglaubwürdige Zufälle treiben die rasante Dramaturgie künstlich voran. Und nach einer der packendsten, spannendsten Sequenzen des Films komplett auf ein richtiges Finale, einen Showdown oder von mir aus auch ein „Happy End“ zu verzichten und nach nur 70 Minuten Nettospielzeit einfach endgültig das Licht auszuknipsen, war keine gute Idee, lässt „[REC]“ unrund erscheinen und bringt ihn um meine persönliche „Sehr gut“-Wertung. Schade. Trotzdem ein sehr erfrischender, fesselnder europäischer Zombie-Beitrag.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Di 19. Okt 2010, 16:40
von buxtebrawler
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A Nightmare On Elm Street
Während Nancy (Rooney Mara) ihrem Wochenendjob als Kellnerin nachgeht, versucht sich Dean (Kellan Lutz) dort krampfhaft wachzuhalten. Immer wieder taucht in seinen Träumen eine gräßliche Kreatur mit Messerklingen an den Fingern auf und versucht ihn umzubringen. Nur dank Nancys Rütteln wacht er, seine Hand schon voller Schnittwunden, noch rechtzeitig auf. Die Gefahr in den Träumen ist real, aber Niemand will ihm glauben. Auch Kris (Katie Cassidy) nicht, mit der er sich hier verabredet hatte, um ihr von seinen Träumen zu erzählen. Als sie ihn nur einen Moment lang allein lässt, muss sie zurückgekehrt mit ansehen, wie er sich selbst die Kehle durchschneidet. Noch völlig von diesem Erlebnis verstört, nickt sie bei der Beerdigung ein paar Tage später einen Moment weg, sieht sich als kleines Mädchen vor sich stehen und spürt eine Hand, die nach ihrem Fuss greift. Als ihre Mutter sie anspricht, ist der Spuk verschwunden, aber das Kinderfoto auf dem Sarg, dass den verstorbenen Dean und sie zusammen als Fünfjährige zeigt, begreift sie nicht. Sie kannte Dean doch erst seit der High-School…
Der Remakewahn nimmt kein Ende und so bediente sich US-Regisseur Samuel Bayer folgerichtig für Michael Bays Produktionsfirma an einer der Kult-Ikonen des Horrorkinos schlechthin, Freddy Krueger mit seinen mörderischen Alpträumen. Das Original ist von 1984, das Remake von 2010 – dazwischen liegen etliche Jahre und Fortsetzungen. Konnte man sich von den vielen interessanten Ideen der Reihe inspirieren lassen, den Grundtenor des Klassikers erhalten und eine fulminante, eigenständige, zeitgemäße Neuverfilmung auf Zelluloid bannen? Nein. Zunächst einmal gibt es keine Spur von Robert Englund, denn Freddy wird diesmal von Jackie Earle Haley gespielt, dem man ein zugegebenermaßen sehr (un)ansehnliches, realistischeres Make-Up verpasste, das mit seinen tiefen Löchern ekliger und erschreckender wirkt als die bisherige Pizzavariante. Doch wo ist die Mimik hin? Freddy zieht quasi den gesamten Film über die gleiche Flappe wie Kyle Gallner als Quentin, dessen Mundwinkel streng nach unten zeigen. Freddy hat schwer von seiner Boshaftigkeit und seinem Zynismus eingebüßt, er wirkt weniger gruselig als in der Originalreihe – ganz gleich, wie sehr er dort mitunter zum Sprücheklopfer mutierte. Seine Erhabenheit ist dahin. So ist er diesmal auch kein Kindermörder, sondern ein Pädophiler, dessen Opfer allesamt noch leben. Dadurch erscheint er zeitweise ebenfalls eher als Opfer, dem Unrecht von den Eltern der Kleinstadt angetan wurde. Die Handlung bekommt diesbzgl. dennoch die Kurve, verzettelt sich aber unbefriedigend in moralischen Fragen hinsichtlich der Selbstjustiz gegen Pädophile, statt sich wie das Original auf Eltern-Kind-Konflikte zu Zeiten der Pubertät zu konzentrieren. Zwar bedient man sich vieler starker Szenen aus dem Original, deren Wirkung aber ob der geänderten Ausgangssituation und vor allem der blassen, wenig bis gar nicht charakteristischen Figuren verpufft. An eine Heather Langenkamp, einen Johnny Depp oder einen John Saxon reicht hier niemand heran. Dadurch, dass der Film Freddys sexuelles Interesse an den Kindern betont, bekommen die spärlichen sexuellen Metaphern, die im Original für einen intelligenten Subtext sorgten, hier eine abstoßende, perverse Note, wie es seinerzeit sicher nicht in Wes Cravens Interesse war. Dass sich von all den (ehemaligen) Kindern niemand mehr an den Missbrauch erinnert, ja nicht einmal mehr an seine damaligen Klassenkameraden, nimmt der Handlung den letzten Funken Glaubwürdigkeit. Was Schockmomente betrifft, lässt es Bayer ganz ordentlich krachen, wobei die Spezialeffekte aber manches Mal durch schlechte CGI sämtlichen Realismus einbüßen und dadurch ad absurdum geführt werden. Ausufernde, surreale Traumwelten sucht man ohnehin vergebens. Obzwar bereits 1984 vorgemacht wurde, wie ein packendes Finale aussehen kann, wird auch diese Chance in einer lauen, unspektakulären Neuauflage des Kampfes kläglich vergeben. Wenigstens stimmt das Tempo des Films, der sich wie ein bemüht bzw. vorgeblich ernsthafter Horrorbeitrag bei kühlen Getränken und Knabbergebäck gut und unterhaltsam konsumieren lässt, ohne nachhaltig zu beeindrucken. Am meisten Spaß machen eben doch die Verweise aufs Original, die wohlige Erinnerungen wecken...

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Do 21. Okt 2010, 13:00
von buxtebrawler
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Ilsa – Die Hündinnen vom Liebeslager 7
Während des Zweiten Weltkriegs leitet Ilsa als pervers brutale SS-Kommandeurin ein Konzentrationslager. Die Gefangenen werden gefoltert und für grausame wissenschaftliche und medizinische Experimente mißbraucht. Als Ilsa sich in einen gefangenen Amerikaner verliebt, nutzt dieser die Affäre und zettelt einen Gefangenenaufstand an...
Man nehme einen US-Regisseur, der anscheinend nicht viel zu verlieren hat, einen Drehbuchschreiber mit dem Vorsatz, so gut wie jedes Tabu zu brechen, eine dickbusige Möchtegernwalküre als Hauptdarstellerin und Nebendarsteller, die sich für nichts zu schade sind – und fertig ist er, der Gipfel der Geschmacklosigkeit. Don Edmonds Naziploitation-Trash aus dem Jahre 1975 vermengt hier vollkommen sinnbefreit Sex und Gewalt vor dem skandalträchtigen Hintergrund eines Nazi-Gefangenenlagers bis zum Erbrechen und versucht, so viele Grenzen wie möglich zu überschreiten. Jegliche Grenzen überschreitend war auch das, was die echten Nazis ihren Opfern angetan haben. Das zu verarbeiten steht diesem Low-Budget-Knallbonbon selbstverständlich nicht im Sinn, statt dessen möchte man sein Publikum mit heftigen Folterszenen und vielen Nackedeis unterhalten. Offensichtlich zielt man dabei schamlos auf eine äußerst fragwürdige Zielgruppe, die sich gern an Gewalt gegen Frauen ergötzt. Der Make-Up-Künstler jedenfalls verstand sein Handwerk und sorgte für einige wirklich harte Szenen. Das wäre eigentlich alles zurecht ein Aufreger, wäre der Film nicht so unfreiwillig komisch. Er nimmt sich nämlich selbst bierernst und ist dabei aber in seinem Ideenreichtum so dermaßen übertrieben und unglaublich offensichtlich spekulativ, dass er zu einem großen Trash-Abenteuer wird. Dazu passend fielen die Dialoge zumindest in der deutschen Synchronfassung überaus hölzern und gekünstelt aus, insbesondere im Falle Ilsas höchstpersönlich, die nun wirklich zu keiner Sekunde bedrohlich oder angsteinflößend wirkt, während sie so vor sich hinvögelt und -foltert. Gegen Ende werden dann mittels Fäkalhumor die Nazis auch noch kräftig verarscht, was der Ernsthaftigkeit Ilsas den letzten Todesstoß versetzt – sogar noch vor den wilden Schießereien im Finale, bei denen der Make-Up-Künstler anscheinend keine Lust mehr hatte (oder nicht mehr bezahlt werden konnte), denn unpassenderweise gerieten diese sehr unblutig. Trashologen kommen an Ilsa (nicht nur wegen ihrer Körbchengröße) nur schwer vorbei; wer das Werk aber auf einer anderen Ebene schätzt, hat damit zumindest ein Indiz dafür, warum er keine Freundin hat und/oder sich in Behandlung befindet… (ok, für Menschen aus dem Sado-Maso- oder Uniform-Fetisch-Bereich könnte dieser Film evtl. noch von einem etwas anders gelagerten Interesse sein).

„Sie setzen keine Narkose ein?“ –
„Man gibt Schweinen doch kein Kaviar!“

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Do 21. Okt 2010, 23:21
von buxtebrawler
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Alien – Die Saat des Grauens kehrt zurück
Von einem Weltraumflug bringt eine NASA-Kapsel einen außerirdischen Organismus mit, der jedoch wie ein Stein aussieht. Ein paar Höhlenforscher nehmen sich des Fundes an und tragen ihn bei der Erforschung einer Grotte mit sich, was schlimme Folgen hat, denn das Wesen ist außerordentlich blutrünstig. Ein Katz- und Mausspiel in der düsteren Höhlenwelt mit vielen Toten ist die Folge...
Es zeugt schon von einer ausgeprägten Kaltschnäuzigkeit, „Alien Due - Sulla Terra“ allen Ernstes als Fortsetzung des Original-„Alien“-Films von Ridley Scott aus dem Jahre 1979 zu vermarkten. Sicherlich, so etwas haben die Italiener ganz gerne mal gemacht, und im Falle von z.B. Fulcis „Woodoo“ (alias „Zombie 2“) kamen auch überaus ansehnliche Filme dabei heraus. Doch nicht so bei diesem Trash, den Regisseur Ciro Ippolito 1980 auf die Sci-Fi-Horror-Fans losließ. Dieser spielt nämlich der Einfachheit halber gar nicht erst im Weltall, sondern auf Mutter Erde, genauer: größtenteils in einer Tropfsteinhöhle; bei den einzigen Weltraumaufnahmen handelt es sich um Archivmaterial. Nun mag ich es ja grundsätzlich, wenn ein Film sich für die Charakterisierung seiner Protagonisten Zeit nimmt; gemächlicheres Erzähltempo ist mir nicht fremd und wird von mir sogar oft als recht wohlig empfunden. Gerne verzeihe ich auch ein paar Streckdialoge, um den jeweiligen Exploiter auf Laufzeit zu bringen. Doch was man sich hier geleistet hat, spottet jeder Beschreibung. Nicht nur, dass die Handlung ziemlich idiotisch ist und kaum Sinn ergibt, nein, sie wurde zudem mit völligen Nichtigkeiten so dermaßen in die Länge gezogen, dass es schon unfreiwillig komisch ist. Hinzu kommen sinnlose, minutenlange Kamerafahrten über einzelne Objekte und ähnliche Dreistigkeiten. Die „Charaktere“ werden von höchst unglaubwürdigen Knallchargen gespielt, unter ihnen aber interessanterweise Michele Soavi, der später als Regisseur einige Genrefilme drehte, die weit besser ausfielen als dieser ungeholfene Rip-Off. Auch die De-Angelis-Brüder („Oliver Onions“) hatten nicht ihren besten Tag erwischt und steuerten einen recht monotonen Score bei. Das einzige, das den Film neben der offensichtlichen, schamlosen Publikumsverarsche interessant macht, sind die leider nur spärlich eingesetzten Spezialeffekte. So bekommt man zwar keine Kreatur mehr als versatzweise und bruchstückhaft zu sehen, dafür aber einige nette, blutige Momente präsentiert, die schon ziemlich abgefahren und böse wirken. Wenn einem weinenden Kind z.B. plötzlich das Gesicht fehlt oder schön langsam einer der Höhlenfuzzies enthauptet wird, lacht dann doch das Schmodderherz und macht das Ansehen dieses Films zu einem nicht völlig zeitverschwenderischen Unterfangen. Zum Unterhaltungsfaktor tragen ebenfalls zahlreiche Trashfaktoren bei wie ein Typ, der in der Höhle seine Schreibmaschine auspackt und vorgibt, ein Buch zu schreiben oder der hilflose Versuch einer subjektiven Kamera aus Sicht des Aliens. Anscheinend gibt es auch einige Goofs (sofern man nicht den kompletten Film als einen solchen bezeichnen möchte), die zu entdecken ebenfalls Freude bereiten könnte. Wie es aussieht, war „Alien Due“ übrigens der letzte Film des Regisseurs...

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Sa 23. Okt 2010, 22:49
von buxtebrawler
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Bad Boy Bubby
Bubby ist 35 Jahre alt. Recht außergewöhnlich ist, dass er noch immer mit seiner Mutter zusammenlebt. Wirklich außergewöhnlich ist, dass er die "Wohnung" – eher ein Kellerloch, dass in zwei Zimmer unterteilt ist – in seinem ganzen Leben noch nie verlassen hat. Das Leben von Bubby ändert sich schlagartig, als eines Tages sein Vater – völlig unerwartet – an die Türe klopft. Dieser wußte bisher nicht einmal, dass er einen Sohn hat. Es dauert auf jeden Fall nicht mehr lange, bis Bubby zum ersten Mal in seinem Leben sein "Gefängnis" verlässt. Mit verständlichen Anpassungsschwierigkeiten...
Was der niederländische Regisseur und Drehbuchautor Rolf de Heer mit der australischen Produktion „Bad Boy Bubby“ im Jahre 1993 geschaffen hat, ist schwer in einem Wort zu beschreiben. „Bad Boy Bubby“ ist Drama, Tragödie, Komödie und Road-Movie zugleich (oder hintereinander?) und dabei unheimlich mutig. Bereits in der düsteren, 20 bis 30 Minuten langen Eröffnungssequenz, wird der Zuschauer mit Tabubrüchen wie z.B. ödipalem Sex (dazu recht freizügig dargestellt) und allerlei Grausamkeiten konfrontiert. Man erfährt, dass Bubby von seiner Mutter in einer heruntergekommenen Wohnung seit 35 Jahren systematisch von der Außenwelt isoliert wird. Bubby kennt nichts anderes als seine Mutter, Küchenschaben und eine zugelaufene Katze, kann nicht richtig sprechen, hat kein Sozialverhalten gelernt. Diese Szenen strahlen Kälte und Monotonie aus und der Zuschauer wähnt sich in einem kranken, verstörenden Film, der es drauf angelegt, ihm vor den Kopf zu stoßen. Die Skurrilität der Situation sorgt mehr oder weniger unterschwellig für eine bitterböse, zynische humoristische Note. Doch wer bis hierhin wacker durchgehalten hat, wird fürstlich mit Unterhaltungskino auf hohem Niveau entlohnt: Als Bubby nach einem Doppelmord mit seinen 35 Lenze die Welt da draußen zum ersten Mal entdeckt, sie nach und nach erkundet und versucht, sich in ihr zurecht zu finden, entwickelt sich eine herzliche, anarchistische Außenseitergeschichte und man schließt Bubby, als eine Art Mischung aus Soziopath, Kaspar Hauser und Forrest Gump überragend gespielt von Nicholas Hope, ins Herz. Es kommt zu allerlei witzigen Begegnungen und Momenten, aber auch zu unschönen, bitteren Erfahrungen. Bubby lernt die Welt mit ihren Vorzügen, aber auch ihren Gefahren kennen und interpretiert sie auf seine Weise. Mit aufgeschnappten Satzfragmenten, die er sich merkt und originalgetreu wiedergeben kann, schlägt er sich durch und lernt verschiedene Menschen kennen, die ihm mal mehr, mal weniger wohlgesinnt sind. Das zu beobachten, hat sicherlich etwas Voyeuristisches an sich, durch die Identifikation mit Bubby drückt man ihm aber stets die Daumen und fiebert mit ihm mit. Der ungewöhnliche Ansatz des Films entfaltet sich zu einem bunten Strauß unterhaltsamer Quasi-Episoden, wobei auffällt, dass es die einfachen Leute bzw. die Außenseiter sind, die Bubby so nehmen, wie er ist, und sich mit ihm auseinandersetzen. Bis zu einem gewissen Punkt geht das alles sehr gut und man wird hervorragend auf hohem Niveau unterhalten – bis es das Drehbuch leider irgendwann übertreibt und die schmale Grenze vom Unwahrscheinlichen, etwas Naiven zum völlig Absurden überschreitet. Andererseits bietet das Bubby z.B. die Möglichkeit, sich musikalisch zu betätigen und indirekt seinem Film zu einem tollen, rockigen Soundtrack zu verhelfen. Gegen Ende verlässt die Botschaft des Films, behinderte Menschen zu respektieren, endgültig den Bereich des Subtilen und die humanistische Aussage liegt unmissverständlich auf dem Präsentierteller, bevor auch der Kitsch zu seinem Recht im rührseligen Abschluss kommt. Das wertet „Bad Boy Bubby“ aber viel weniger stark ab, als es jetzt womöglich klingen mag. Hätte man es geschafft, auch diese Klippen zu umschiffen, hätte man aber evtl. ein großartiges Meisterwerk kreiert, einen Helden des Undergrounds, einen Kultfilm für alle Ewigkeiten. Für viele ist er das aber sicherlich auch in dieser Form schon, und das nicht unberechtigt. „Bad Boy Bubby“ ist ein Plädoyer für das Außergewöhnliche, für Freaks, Individualisten, Gesetzesbrecher und vom Leben Gefickte, die sich trotz allem ihre Herzlichkeit bewahren – und das in Form eines Films mit Gasmasken, dicken Titten, Sex, Vergewaltigungen, Morden, Tierkadavern, Gotteslästerei und Rock’n’Roll!

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: So 24. Okt 2010, 22:55
von buxtebrawler
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Rocky
Der US-Schwergewichts-Boxchampion Apollo Creed (Carl Weathers) beherrscht seine Gegner so nach Belieben, daß es schon langweilig ist. Um wieder in die Schlagzeilen zu kommen, entscheidet er sich dafür, einem unbekannten weißen Boxer eine Chance auf einen WM-Kampf zu geben. Die Wahl fällt auf den mit relativ begrenztem Intellekt gesegneten Rocky Balboa (Sylvester Stallone), der ansonsten im Schlachthaus arbeitet oder als Geldeintreiber. Im Augenblick interessiert ihn auch mehr die in einem Tierladen arbeitende Adrian (Talia Shire). Doch als die Chance kommt, beginnt Rocky unter Anleitung seines Trainers Mickey (Burgess Meredith) zu trainieren. Sein Wunsch: nicht k.o. zu gehen...
Ich liebe es, wenn ein Drehbuch sich Zeit für die Charakterisierung seiner Protagonisten nimmt, wenn sie zudem facettenreich und ambivalent ausfallen. Genau das ist im Klassiker „Rocky“ der Fall, dem Film, der 1976 Sylvester Stallones Karrieredurchbruch bedeutete und vermutlich bis heute sein bester geblieben ist. Das Drehbuch stammt von Stallone höchstpersönlich, der sich von einem Boxkampf Muhammad Alis gegen Chuck Wepner inspirieren ließ. Umgesetzt wurde es von US-Regisseur John G. Avildsen. „Rocky“ ist über weite Strecken eine gelungene Milieustudie der Arbeiterslums und Armenviertel, in denen er spielt. Der 30-jährige Rocky verdingt sich als Hinterhofboxer, gibt sich mit kleinen Erfolgen zufrieden und verdient sich als Geldeintreiber für die Halbwelt etwas dazu. Er lebt allein, versucht aber, bei der verschüchterten Verkäuferin eines Tiergeschäfts zu landen, die die Schwester seines Kumpels ist. Dieser wiederum arbeitet als Fleischer usw. Die Figuren werden möglichst authentisch dargestellt, auf Schwarz-Weiß-Malerei wird verzichtet. Niemand ist ein strahlender Held und niemand abgrundtief böse. Generell wird auf Klischees weitestgehend verzichtet. So ist der amtierende Schwergewichtsweltmeister Apollo Creed beispielsweise ein smarter, gebildet scheinender Mann und kein tumber, ungehobelter Schlägertyp. Als Rocky seine Chance bekommt, gegen ihn boxen zu können, gibt er sich mit seiner für ihn vorgesehenen Rolle als Kanonenfutter nicht zufrieden und trainiert hart und selbstdiszipliniert. Bis es zum finalen, packend inszenierten und choreographierten Kampf kommt, ist „Rocky“ Atmosphäre pur – wenn Rocky frühmorgens das Haus verlässt, um zu trainieren, meint man, die Frischluft riechen und die Kälte spüren zu können und wenn er die Treppen heraufjoggt und jubelnd auf die Stadt blickt, ergreift die positive Energie vom Zuschauer Besitz. Natürlich hat der grandiose Soundtrack daran seinen Anteil, der längst ins kollektive Gedächtnis eingebrannt ist und sogar von Menschen erkannt wird, die noch nie einen „Rocky“-Film gesehen haben. Stallone und Co. wirken glaubwürdig in ihren Rollen und haben eine Reihe wirkungsvoller emotionaler Momente. Sicherlich ist das alles auf gewisse Weise das klassische Märchen vom „Amerikanischen Traum“, der so vielen Leuten vorgegaukelt wird, vor allem aber ist „Rocky“ ein inspirierender Kampf Unten gegen Oben und nicht West gegen Ost oder ähnlich reaktionärer Schmarren, wie man es später von Stallone leider gewohnt war. Ein beeindruckender Überraschungserfolg mit unermesslichem Einfluss – nicht nur auf die Filmwelt.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Di 26. Okt 2010, 23:00
von buxtebrawler
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Rambo
Der heruntergekommende Vietnamveteran und Landstreicher John Rambo wird in einem nordamerikanischen Provinz-Kaff ungewollt in einen Kleinkrieg mit dem starrköpfigen Sherrif verwickelt. Die Situation droht zu eskalieren, als die Nationalgarde anrückt...
John Rambo wurde neben Boxer Rocky Balboa zu Sylvester Stallones Paraderolle und wird gemeinhin mit flachen, US-propagandistischen Actionreißern in Verbindung gebracht. Dass die Intention des Ursprungs der Reihe, „First Blood“ aus dem Jahre 1982, inszeniert von Regisseur Ted Kotcheff nach einer Literaturvorlage von David Morrell, noch anderer Natur war, geriet leider etwas in Vergessenheit. Dieser setzt sich nämlich differenziert mit dem US-amerikanischen Vietnam-Trauma in Form eines harten Actiondramas auseinander. Die Ausgangssituation: John Rambo zieht durch die Lande und muss erfahren, dass auch sein letzter Freund aus seiner Vietnamkriegszeit gestorben ist. Einsam zieht er durch die Lande, bis er von einem faschistoiden Kleinstadtbullen verhaftet wird, der in ihm einen nutzlosen Tunichtgut sieht und ihn zusammen mit seinen Kollegen demütigt und misshandelt. Doch Rambo setzt sich zur Wehr und verwickelt die Staatsmacht in einen Guerillakrieg, in den er seine Erfahrungen und Kenntnisse aus dem Krieg einbringt. Der Guerillakampf ist das, was er gelernt hat, worin er sich heimisch in einer ihm feindlich gesinnten Umwelt fühlt. Er portiert diesen Krieg in ein reaktionäres, amerikanisches Nest und verteidigt sich gegen die Angriffe auf seine Person… Eine geniale Idee, die zudem filmisch fast makellos umgesetzt wurde. Der Zuschauer identifiziert sich mit Rambo und entwickelt eine tiefe Verachtung für die übermächtig erscheinende Exekutive, die mit der Situation überfordert, aber auch nicht bereit ist, klein beizugeben. Rambo ist hier ein Einzelkämpfer, ein psychisches Wrack, ein verstoßenes Individuum, keinesfalls ein eiskalter Killer - und er handelt nicht im Auftrag eines Staates oder einer politischen Organisation. Ironischerweise ist er ein Produkt derer, die ihn nun verstoßen, eine tragische Figur, die es nicht geben darf, da sie wie eine alte Kriegsverletzung an das Geschehene, das man am liebsten aus dem kollektiven Bewusstsein streichen würde, erinnert. Ihm persönlich geht es lediglich um die Rettung seiner Haut, und zu verlieren hat er ohnehin nichts. Alle Freunde sind tot und richtig Fuß konnte er außerhalb des Krieges anscheinend nie fassen. Vielerorts verurteilt die Öffentlichkeit den verbrecherischen Vietnamkrieg mittlerweile, während Rambo und andere Soldaten dachten und erzählt bekamen, das Richtige zu tun. Rambo konfrontiert die vermeintlich heile Vorstadtwelt mit dem, was er tausende Kilometer entfernt in einem schmutzigen Krieg erfahren und ausgeübt hat. Dadurch werden die Kriegsgreuel ins Bewusstsein gerufen, werden abstrahiert, geradezu plastisch. Der ungleiche Kampf zieht sich hin, es werden seitens der Staatsmacht immer schwerere Geschütze aufgefahren und die Verwüstung und Zerstörung nimmt ungeahnte Ausmaße an – bis es zu einem klassischen, letzten Mann-gegen-Mann-Duell kommt. Das Auftauchen seines alten Vorgesetzten aus Kriegszeiten dient in erster Linie dazu, Rambo zu charakterisieren. Er steht dem Sheriff Rat zur Seite und schafft es mehr schlecht als recht, seine Sympathie für seinen Ex-Zögling zu verbergen, was natürlich ebenfalls zu Konflikten führt. Sympathiebekundungen entwickelt auch das jüngste Mitglied der örtlichen Polizei, was man als Unverdorbenheit der Jugend deuten mag. Durch seinen Beruf und daraus resultierende eingegangenen Verpflichtungen sowie den Gruppenzwang seiner Kameraden kann oder will sich der Situation aber nicht entziehen – ebenso wenig wie ein Soldat im Krieg. Schade, dass diesem interessanten Aspekt nicht mehr Tiefgang eingeräumt wurde. Stallone spielt seine Rolle solide und hat gegen Ende sogar einen überzeugenden, traurig-emotionalen Moment. Dieser, in dem er sein Leid darüber klagt, dass ihn Antikriegsdemonstranten nach seiner Rückkehr mit Verachtung gestraft haben, sorgt ebenso wie die eingestreuten, einseitigen Erinnerungsbilder aus Rambos Gedächtnis, die lediglich für ihn bedrohliche Situationen statt auch das Wüten der US-Truppen zeigen, perfider- (oder aus Produzentensicht genialer-)weise dafür, dass sich auch die Kriegsbefürworter unter den Zuschauern für diesen Film begeistern können. Andererseits verhindert „First Blood“ so eine allzu plakative Auseinandersetzung mit dem Thema. Der erste „Rambo“-Film hatte noch nicht viel mit den weltanschaulich fragwürdigen Fortsetzungen und trashigen Exkursionen Stallones späterer Filme zu tun, die mit einem stark vereinfachten Gut-Böse-Schema „Law and Order“ glorifizieren. Wer diese ablehnt, sollte sich dennoch – oder gerade deshalb – Rambos Debüt unbedingt einmal ansehen.