Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt
Verfasst: Di 27. Feb 2024, 15:28
Polizeiruf 110: Diebe
„Hab‘ keine Angst, die ist nur tot.“
Der 28. Fall des Rostocker „Polizeiruf 110“-Strangs ist zugleich der vierte ohne Alexander Bukow, statt seiner befindet sich Melly Böwe (Lina Beckmann) an Kommissarin Katrin Königs (Anneke Kim Sarnau) Seite. „Diebe“ entstand nach einem Drehbuch Elke Schuchs bereits von Mai bis Juli 2022 unter der Regie Andreas Herzogs, der bereits den vorausgegangenen Rostocker Fall „Gespenster“ inszeniert hatte. Diesen hatte ich ausgespart, weil mich seine hyperdramatische Story nicht angesprochen hatte. Am Abend der „Diebe“-Erstausstrahlung am 25. Februar 2024 saß ich aber wieder pünktlich um 20:15 Uhr vor dem Glotzofen.
„Bei Junkies fang‘ ich mit Vertrauen auch gar nicht erst an!“
Die junge heroinabhängige Mascha Kovicz (Meira Durand, „Die zweite Welle“) geht regelmäßig mit ihrer fünfjährigen Tochter Holli (Mathilda Graf) auf Diebestour, hat sich mit ihr in einer heruntergekommenen Kleingartenparzelle einquartiert und versucht, ihr trotz allem eine gute Mutter zu sein. Als sie gemeinsam in ein Haus einsteigen, finden sie dort die Leiche der Bewohnerin. Was zunächst wie ein Haushaltsunfall aussieht, entpuppt sich als Mord durch Ersticken. Durch DNA-Spuren am Tatort gerät Mascha unter Verdacht, doch schnell macht sich auch der wesentlich jüngere Ehemann (Michael Stange, „Im Westen nichts Neues“) der Toten verdächtig. Dieser wiederum erzählt den ermittelnden Polizistinnen und Polizisten der Rostocker Kripo etwas von einem betrügerischen Investmentfonds des Wohlfahrtsverbands BSP…
„Ich bin nicht dein kostenloses Altersheim!“
Der Prolog zeigt Szenen aus dem Leben Maschas mit ihrem Kind: Aus der Gartenlaube geht’s zusammen in den Club, wo Mascha mit Männern flirtet, während Holli Taschendiebstähle begeht. Auf der Toilette setzt sich Mascha einen Schuss, ihr anschließendes Glücksempfinden wird visualisiert. Beim daraufhin verübten Einbruch dann der Leichenfund. Während man nach dieser beeindruckenden Eröffnung vielleicht noch rätselt, wie Mascha es zusammen mit Holli mir nichts, dir nichts in die Clubs schafft, wird die horizontale Erzählebene bemüht, indem Katrin Königs Erzeuger Günther Wernecke (Wolfgang Michael, „Hit Mom – Mörderische Weihnachten“) nach 40 Jahren überraschend bei seiner Tochter auf der Matte steht und den Kontakt zu ihr sucht, was diese irritiert bis ablehnend zur Kenntnis nimmt, er ihr aber nachzustellen beginnt.
„Du kannst gar kein Arschloch, oder?“
Parallel zu den anlaufenden polizeilichen Ermittlungen im als Unfall getarnten Mordfall gewährt die Handlung weitere Einblicke in Maschas und Hollis Leben. So belästigt Mascha einen Familienvater (Robin Sondermann, „Wer wir sind“) auf dessen Grundstück in einer gelackten Neubausiedlung. Die Frage nach dem Warum wird erst wesentlich später geklärt werden. Da die Polizei nach Mascha sucht, kreuzen sich bald die Wege. Mascha wird festgenommen und Holli zu Pflegerinnen gebracht. Die Trennung der beiden voneinander wird mittels Zeitlupe melodramatisiert. Tatsächlich ist die Handlung bemüht, Mascha nicht einseitig als Rabenmutter hin-, sondern die Tragik der Situation herauszustellen – was durchaus gelingt. Die beiden unterschiedlichen Kommissarinnentypen reagieren entsprechend verschieden darauf und gehen unterschiedlich damit um, was zu Meinungsverschiedenheiten führt.
Diese werden jedoch nicht bis zur völligen Eskalation hochgekocht, sondern im Regelfall konstruktiv zu lösen versucht. Dass König der verzweifelten Mascha in Bezug auf Holli ins Gesicht lügt, wird dabei problematisiert. Einen noch etwas tieferen Einblick in die polizeiliche Ermittlungsarbeit vermitteln Königs und Böwes männliche Kollegen, die parallel andere Spuren verfolgen. Darüber lernt man auch den wenig sympathischen neuen Staatsanwalt Benjamin Hinze (Maximilian Dirr, „Diaz – Don't Clean Up This Blood“) kennen. Der Ehemann der Toten scheint zunächst sehr ungelenk den Verdacht auf den BSP lenken zu wollen, doch es wird sich herausstellen, dass man gut daran tut, auch diesem Hinweis zu folgen. Eine Erpressung spielt ebenfalls eine Rolle – und hängt unmittelbar mit dem Fall zusammen.
Eine Menge los also im neuen „Polizeiruf“ und mehr wird hier auch nicht verraten. Alle Fäden werden relativ elegant zusammengefügt und gegen Ende zusätzlich eine überraschende Wendung platziert, sodass erst gar keine Langeweile aufkommt und das Zusehen Spaß macht, wenngleich das Miträtseln nicht immer die größte Herausforderung ist. Ferner wird Böwes Gutmütig- und Schusseligkeit mit schwerwiegenden Folgen ausgenutzt, was sie noch einige Episoden lang beschäftigen könnte. Schauspielerisch ist auch dieser Rostocker „Polizeiruf“ eine Wucht, einige hübsche maritime Bilder werden den Rostocker Tourismusverband freuen, und nach der berührenden Schlussszene lautet das Fazit (in etwa):
Never trust a cop, never trust a junkie, never trust a Finanzberater.
„Hab‘ keine Angst, die ist nur tot.“
Der 28. Fall des Rostocker „Polizeiruf 110“-Strangs ist zugleich der vierte ohne Alexander Bukow, statt seiner befindet sich Melly Böwe (Lina Beckmann) an Kommissarin Katrin Königs (Anneke Kim Sarnau) Seite. „Diebe“ entstand nach einem Drehbuch Elke Schuchs bereits von Mai bis Juli 2022 unter der Regie Andreas Herzogs, der bereits den vorausgegangenen Rostocker Fall „Gespenster“ inszeniert hatte. Diesen hatte ich ausgespart, weil mich seine hyperdramatische Story nicht angesprochen hatte. Am Abend der „Diebe“-Erstausstrahlung am 25. Februar 2024 saß ich aber wieder pünktlich um 20:15 Uhr vor dem Glotzofen.
„Bei Junkies fang‘ ich mit Vertrauen auch gar nicht erst an!“
Die junge heroinabhängige Mascha Kovicz (Meira Durand, „Die zweite Welle“) geht regelmäßig mit ihrer fünfjährigen Tochter Holli (Mathilda Graf) auf Diebestour, hat sich mit ihr in einer heruntergekommenen Kleingartenparzelle einquartiert und versucht, ihr trotz allem eine gute Mutter zu sein. Als sie gemeinsam in ein Haus einsteigen, finden sie dort die Leiche der Bewohnerin. Was zunächst wie ein Haushaltsunfall aussieht, entpuppt sich als Mord durch Ersticken. Durch DNA-Spuren am Tatort gerät Mascha unter Verdacht, doch schnell macht sich auch der wesentlich jüngere Ehemann (Michael Stange, „Im Westen nichts Neues“) der Toten verdächtig. Dieser wiederum erzählt den ermittelnden Polizistinnen und Polizisten der Rostocker Kripo etwas von einem betrügerischen Investmentfonds des Wohlfahrtsverbands BSP…
„Ich bin nicht dein kostenloses Altersheim!“
Der Prolog zeigt Szenen aus dem Leben Maschas mit ihrem Kind: Aus der Gartenlaube geht’s zusammen in den Club, wo Mascha mit Männern flirtet, während Holli Taschendiebstähle begeht. Auf der Toilette setzt sich Mascha einen Schuss, ihr anschließendes Glücksempfinden wird visualisiert. Beim daraufhin verübten Einbruch dann der Leichenfund. Während man nach dieser beeindruckenden Eröffnung vielleicht noch rätselt, wie Mascha es zusammen mit Holli mir nichts, dir nichts in die Clubs schafft, wird die horizontale Erzählebene bemüht, indem Katrin Königs Erzeuger Günther Wernecke (Wolfgang Michael, „Hit Mom – Mörderische Weihnachten“) nach 40 Jahren überraschend bei seiner Tochter auf der Matte steht und den Kontakt zu ihr sucht, was diese irritiert bis ablehnend zur Kenntnis nimmt, er ihr aber nachzustellen beginnt.
„Du kannst gar kein Arschloch, oder?“
Parallel zu den anlaufenden polizeilichen Ermittlungen im als Unfall getarnten Mordfall gewährt die Handlung weitere Einblicke in Maschas und Hollis Leben. So belästigt Mascha einen Familienvater (Robin Sondermann, „Wer wir sind“) auf dessen Grundstück in einer gelackten Neubausiedlung. Die Frage nach dem Warum wird erst wesentlich später geklärt werden. Da die Polizei nach Mascha sucht, kreuzen sich bald die Wege. Mascha wird festgenommen und Holli zu Pflegerinnen gebracht. Die Trennung der beiden voneinander wird mittels Zeitlupe melodramatisiert. Tatsächlich ist die Handlung bemüht, Mascha nicht einseitig als Rabenmutter hin-, sondern die Tragik der Situation herauszustellen – was durchaus gelingt. Die beiden unterschiedlichen Kommissarinnentypen reagieren entsprechend verschieden darauf und gehen unterschiedlich damit um, was zu Meinungsverschiedenheiten führt.
Diese werden jedoch nicht bis zur völligen Eskalation hochgekocht, sondern im Regelfall konstruktiv zu lösen versucht. Dass König der verzweifelten Mascha in Bezug auf Holli ins Gesicht lügt, wird dabei problematisiert. Einen noch etwas tieferen Einblick in die polizeiliche Ermittlungsarbeit vermitteln Königs und Böwes männliche Kollegen, die parallel andere Spuren verfolgen. Darüber lernt man auch den wenig sympathischen neuen Staatsanwalt Benjamin Hinze (Maximilian Dirr, „Diaz – Don't Clean Up This Blood“) kennen. Der Ehemann der Toten scheint zunächst sehr ungelenk den Verdacht auf den BSP lenken zu wollen, doch es wird sich herausstellen, dass man gut daran tut, auch diesem Hinweis zu folgen. Eine Erpressung spielt ebenfalls eine Rolle – und hängt unmittelbar mit dem Fall zusammen.
Eine Menge los also im neuen „Polizeiruf“ und mehr wird hier auch nicht verraten. Alle Fäden werden relativ elegant zusammengefügt und gegen Ende zusätzlich eine überraschende Wendung platziert, sodass erst gar keine Langeweile aufkommt und das Zusehen Spaß macht, wenngleich das Miträtseln nicht immer die größte Herausforderung ist. Ferner wird Böwes Gutmütig- und Schusseligkeit mit schwerwiegenden Folgen ausgenutzt, was sie noch einige Episoden lang beschäftigen könnte. Schauspielerisch ist auch dieser Rostocker „Polizeiruf“ eine Wucht, einige hübsche maritime Bilder werden den Rostocker Tourismusverband freuen, und nach der berührenden Schlussszene lautet das Fazit (in etwa):
Never trust a cop, never trust a junkie, never trust a Finanzberater.