
In der Nacht von Sonntag auf Montag besteigen zwei auf Krawall gebürstete Kleinkriminelle in Brooklyn einen U-Bahn-Waggon, in dem bereits einige Leute sitzen, die ebenfalls ihre Probleme mit sich herumschleppen und eigentlich nur so rasch wie möglich nach Manhattan möchten. Doch schon bald heizt sich die Situation im Waggon auf und zuerst ist es ein betrunkener Obdachloser, der von den beiden Rowdys drangsaliert wird, dann ein Schwuler und in weiterer Folge auch die restlichen Fahrgäste. Obwohl diese gegenüber den Rabauken eigentlich in der Überzahl sind, traut sich kaum jemand in die Situation einzugreifen bzw. in die Schranken zu weisen und als das Geschehen im Innern des Waggons immer weiter eskaliert, wird klar, dass die Rolle des großen Helden in dieser Nacht wohl für niemanden reserviert ist.
Ein hochgradig unangenehmer Streifen, den Larry Peerce hier mit „The Incident“ geschaffen hat und der in seinem vielschichtigen Verlauf Themen wie Zivilcourage und gesellschaftliche Bequemlichkeit aufgreift, ohne dabei mit dem moralischen Zeigefinger zu wedeln. Hier sind es ganz gewöhnliche Menschen mit ihren eigenen Problemen, die hier auf einmal in eine Ausnahmesituation kommen, die mit kollektivem Handeln wohl rasch erledigt gewesen wäre. Doch niemand der Fahrgäste ergreift Initiative bzw. toleriert das Handeln der Krawallbrüder, solange man nicht selbst davon betroffen ist wahlweise in einer Mischung aus Sicherheitsbedenken, Unterlegenheit, gekränktem Stolz und Feigheit. Doch Peerce konfrontiert auch den Zuschauer mit seiner Bestandsaufnahme gesellschaftlicher Befindlichkeiten in Punkto Toleranz und Notwehr noch mit weiteren Fragen und scheut dabei auch vor bitterbösen Antworten nicht zurück. Spannend auch, dass der Streifen dabei eben nicht in die Exploitation-Ecke geht, sondern auf fast nüchterne Art und Weise die Eskalationsschraube immer weiter andreht, in dessen Verlauf auch fast alle ihr Fett abbekommen und in die Ausnahmesituation involviert flugs auch noch andere Konflikte hervorbrechen. Das Ende mag dann zusätzlich zynisch anmuten, aber ist aber wohl auch nicht so weit von heutigen Realitäten entfernt. Keine Ahnung, warum ich den Streifen bisher so überhaupt nicht am Radar hatte. Und ja, natürlich nochmals danke für den Tipp! Was für ein hochgradig unangenehmer Streifen…