bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Moderator: jogiwan

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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Draculas Rückkehr
Der Monsignore Ernst Müller bereist in Transsilvanien Kirchen zwecks Inspektion und kommt auch in das kleine Dorf unweit von Draculas Schloss. Obgleich der Fürst der Finsternis längst tot ist, sind die Dorfbewohner weiterhin verunsichert und ängstlich. In Begleitung des Dorfpriesters versiegelt der Monsignore den Schlosseingang mit einem Kreuz, um das Böse endgültig zu bannen - holt aber durch ein Missgeschick Dracula ins Leben zurück. Dieser macht sich den Priester zum gefügigen Diener. Hauptsächlich hat er es aber auf Maria, die schöne Nichte des Monsignore, abgesehen. Deren Geliebter Paul sieht sich schon bald in der Rolle des Vampirjägers wieder. Wird er gegen seinen übermächtigen Gegner bestehen können? Text von Cyriaxx
Mit der dritten Fortsetzung der britischen „Hammer“-Dracula-Reihe, für die erstmals Freddie Francis den Regiestuhl besetzte, hielt endgültig „das Gesetz der Serie“ Einzug: Der Film wirkt etwas bemüht, die großen Innovationen wird man nicht finden und die Art und Weise, wie uns’ Dracula Christopher Lee zum untoten Dasein wiedererweckt wird, ist an den Haaren herbeigezogen, aber irgendwie muss es nach drei erfolgreichen Gothic-Horrorfilmen ja weitergehen. Damit habe ich aber kein großes Problem, wenn es wie in diesem Falle gelingt, „Hammer“-typischen Dracula-Grusel mit einem dem Genuss zugeneigten Filmfreund schmeichelnden Wohlfühlfaktor durch eine – ich wage es kaum auszusprechen – ergreifende, altertümliche Romanze und ausgedehnte, urige Wirtshausszenen sowie malerische Kulissen und Landschaftsaufnahmen zu versehen. Mit Horror hat das natürlich nicht viel zu tun und auch das typisch gotische Motiv des herrschaftlichen Schlosses ist diesmal zugunsten eben jener Freiluftszenen etwas in den Hintergrund gerückt, was aber von mir als durchaus angenehme Variation wahrgenommen wird – eben als Teil einer Serie betrachtet und nicht mehr unbedingt als eigenständiger Film. Des Weiteren experimentiert Francis mit artifiziellen Farbgebungen und Ausleuchtungen, evtl. eine Reminiszenz an den Zeitgeist (Draculas Rückkehr erschien 1968)? Zugegeben, bis auf Christopher Lee sind die Schauspieler relativ austauschbar; besonders schmerzlich vermisst man einen adäquaten, charakteristischen van-Helsing-Ersatz, denn der ehrwürdige Peter Cushing stand leider nicht zur Verfügung. Irgendwie hat man auch den Eindruck, dass sich das Drehbuch ein wenig dabei verzettelt, wenn es die christlich-religiösen Motive aus dem Vorgänger aufgreift – was zunächst noch horror-typisch kritisch wirkt, scheint sich mir im ansonsten recht starken, harten Finale zu einer pro-christlichen Aussage zu entwickeln. Eine Steigerung des Erotikanteils oder der grafisch expliziten Gewaltdarstellung gibt es ggü. dem Vorgänger nicht unbedingt zu verzeichnen, doch die nie aufgeklärte Eröffnungsszene mit der Leiche am Glockenseil verleiht dem Ganzen eine angenehm mystische Aura und stand evtl. Pate für einen großen italienischen Splatter-Klassiker…? Mit Erreichen des vierten „Dracula“-Teils dürfte sich das Fanlager endgültig gespalten haben. Die einen werden diesen Film und die weiteren Fortsetzungen ablehnen und als fragwürdige kommerzielle Ausschlachtung einer einst originellen und fantastisch umgesetzten Idee sehen, andere genießen diesen und die weiteren Filme ähnlich wie viele Jahre später z.B. eine „Halloween“-, „Nightmare“- oder „Freitag, der 13.“-Reihe und freuen sich auf jedes leicht abgewandelte Wiedersehen mit ihren Horrorikonen. Ich bekenne mich zu letztgenannter Gruppe von Genre-Freunden, die einen stattlichen Christopher Lee mit blutunterlaufenen Augen, spitzem Gebiss und schwarzrotem Umhang auch beim x-ten Auftritt noch zu schätzen wissen.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Wie schmeckt das Blut von Dracula?
Ein schwarzer Mantel, ein Ring und ein Fläschchen mit pulverisiertem Blut, dies sind die Gegenstände, die Lord Courtley in seinen Besitz gebracht hat. In einer schauerlichen Zeremonie will er mit Hilfe dreier Männer den Grafen Dracula auferstehen lassen. Als Courtley im Schein schwarzer Kerzen sein Blut auf das Pulver in jenem Fläschchen tropfen läßt, nimmt das Verhängnis seinen Lauf und Courtley muß sein Leben lassen. Der wiedererweckte Dracula jedoch schwört den drei Männern und ihren Familien grausame Rache...
„Wie schmeckt das Blut von Dracula?“ – Den patriarchalischen Herren in der gleichnamigen Fortsetzung der erfolgreichen „Dracula“-Reihe der britischen „Hammer Film Productions“ aus dem Jahre 1970 nicht sonderlich gut, dem Genre-Freund durchaus passabel, Originalitätsfanatiker hingegen dürften sich ob des erneuten Aufgusses (welch subtiles Wortspiel...) eher abwenden. Diesmal durfte Peter Sasdy ran, um abermals Christopher Lee als Graf Dracula und dem Rest der Darstellerriege Regieanweisungen zu erteilen und das Drehbuch umzusetzen, das den blutsaugenden Grafen erstmals komplett ohne Schloss auskommen lässt (eine heruntergekommene, „entweihte“ Kirche muss als Vampirdomizil herhalten) und die plakative Kritik am bigotten Bürgertum, das seinen Kindern gottesfürchtige Keuschheit verordnet, sich selbst aber in „Etablissements“ mit „Animierdamen“ vergnügt und stets auf der Suche nach dem nächsten Kick ist, zum Anlass für eine paar sleazige Oben-Ohne-Szenen nimmt, die mittlerweile ganz dem Zeitgeist entsprechend im Hause „Hammer“ Einzug erhalten haben. Atmosphärisch ist „Wie schmeckt das Blut von Dracula?“ in weiten Teilen ausgesprochen düster, wenn sich beim Zuschauer auch Ungeduld auf die lang hinausgezögerte Wiedererweckungsszene breit macht – doch wird er entlohnt mit einem beeindruckenden, höchst memorablen, satanischen Hokuspokus und auch der rote Lebenssaft fließt diesmal in größeren Ausmaßen als noch zuvor. Wie das mit solchen Fortsetzungen von Fortsetzungen von Fortsetzungen eben (fast) immer so ist, wirkt der Charakter Draculas häufig ein wenig bemüht in die Handlung hineingeschrieben und über alle Maßen gefordert wird Lee auch hier ganz sicher nicht, aber dem aufgeschlossenen Dracula- und Genrefreund wird dieses Blutgebräu mit Sicherheit dennoch munden – nach der langen Einführung wirkt „Wie schmeckt…“ auf den Punkt gebracht und mit Hingebung zum Horrorfilm inszeniert. Wenn ich das Finale mit der erneuten vorläufigen Tötung Draculas als geheimnisvoll und mystisch bezeichne, ist gewiss ein wenig Euphemismus dabei, den sich das „Hammer“-Team mit diesem unterhaltsamen und grundsoliden Genrebeitrag aber redlich verdient hat. Einziger Wermutstropfen: Eine erneut recht austauschbare Darstellerriege ohne Original-van-Helsing Peter Cushing.
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Dracula – Nächte des Entsetzens
Nachdem Graf Dracula (Christopher Lee) aus dem Totenreich zurückgekehrt ist, terrorisiert er die Bewohner eines Dorfes mit Hilfe blutsaugender Fledermäuse und verbreitet Angst und Schrecken unter der ansässigen Bevölkerung. Ausgerechnet an diesen Schauplatz verschlägt es den Studenten Simon Carlson (Dennis Waterman) und seine Freundin Sarah (Jenny Hanley) auf der Suche nach Simons Bruder Paul, der spurlos verschwunden ist und zuletzt in diesem Dorf gesehen wurde. Die Dorfbewohner begegnen den beiden Fremden mit Ablehnung und Hass, aber Simon und Sarah geben sich nicht geschlagen und verfolgen Pauls Spur bis zum Schloss des Grafen Dracula, auf dem er vor seinem Verschwinden scheinbar übernachtet hat…
Mit „Nächte des Entsetzens“ war die „Dracula“-Reihe endgültig im spekulativen Exploitation-Bereich angekommen, in dem sich die britischen „Hammer Film Productions“ Anfangs der 1970er verstärkt versuchten. Mit der Regie wurde Roy Ward Baker betraut, der die klassische Gothic-Horror-Reihe um „Graf Dracula“ Christopher Lee um eine Fortsetzung bereicherte, die verglichen mit den vorausgegangenen Teilen nahezu eine Splatter- und Gewaltorgie darstellt. Nachdem Dracula von einer kotzenden Fledermaus (Sachen gibt’s…) wiedererweckt wurde, ist mit ihm erwartungsgemäß nicht gut Kirschen essen und als ihm abermals aufgebrachte Dorfbewohner auf den Umhang rücken, rächt er sich in wütender Raserei. Die zahlreichen Fledermäuse sehen dabei zwar alles andere als realistisch aus, aber die blutigen Effekte sind nicht von schlechten Eltern. Auch geht es wesentlich erotischer zu als noch zuvor und einige gut ausgestattete Damen erlauben tiefe Einblicke. Die klassische Wohlfühl-Gothic-Atmosphäre muss da zwar zurückstecken, dafür überzeugt „Nächte des Entsetzens“ aber mit einer gehörigen Portion Kurzweil, zumindest den geneigten Zuschauer. Andere wiederum wenden sich vermutlich nicht mehr nur desinteressiert, sondern geradezu angewidert ab und sind entsetzt ob des Sadismus’ Draculas, der nun auch wieder in seinem Schloss thront und sowohl seine Untergebenen als auch seine Feinde fies malträtiert. Ihm zur Seite steht ein buckliger Gehilfe, der hin- und hergerissen ist zwischen hingebungsvoller Pflichterfüllung und seinen zarten Gefühlen für eines der jungen, weiblichen Opfer seines Herrn. Doch machen wir uns nichts vor: Die Charaktere und somit auch die Darsteller spielen hier neben Lees Dracula-Performance klar die zweite Geige. Ein charismatischer Peter Cushing als Vampirjäger van Helsing fehlt ebenso wie tiefgreifendere Charakterzeichnungen der schon bald mehr wie typisches Slasher-Machetenfutter anmutenden Jünglinge oder eine durchgehende Sorgfalt in Sachen innerer Logik etc. Nichtsdestotrotz gibt es auch Dank des opulenten Schlosses und der Außenaufnahmen von selbigem herab wieder viele schöne Bilder zu bewundern und das Filmteam war erfahren genug, um aus dem Gegebenen ein Maximum herauszuholen, was in einem zum Film passenden Finale gipfelt, innerhalb dessen der Graf unliebsame Bekanntschaft mit den Mächten der Natur machen muss und hart, aber gerecht erneut das Zeitliche segnet. Dracula goes Splatter und ich gehe gerne mit.
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Dracula jagt Mini-Mädchen
Im Jahr 1972 wird Graf Dracula bei einer schwarzen Messe zu neuem unheiligen Leben erweckt. Der Vampirfürst sucht sich nun junge leichtbekleidete Mädchen als seine Opfer aus. Als die Polizei mit ihren Ermittlungen nicht mehr weiter kommt, wendet sie sich an Professor van Helsing, dem Nachkommen des berühmten Vampirjägers, der Dracula im 19. Jahrhundert das Handwerk gelegt hatte. Im Freundeskreis von van Helsings Enkelin mehren sich die rätselhaften Todesfälle und so befürchtet er das Schlimmste. Mit Kruzifix und Weihwasser bewaffnet stellt er sich dem Blutsauger zum entscheidenden Kampf...
„Schließt den Teufelskreis!“

Christopher Lee als Graf Dracula jagt hier nicht etwa Liliputanerinnen, sondern, zumindest in der Phantasie des deutschen Verleihs, Backfische in knappen Beinkleidern. Im Original hört Lees vorletzter Auftritt als Standard-Dracula der britischen „Hammer Film Productions“ auf den Titel „Dracula A.D. 1972“ und aus eben jenem Jahr stammt dieser Film, bei dem Alan Gibson die Regie führte. Offensichtlich wollte man weg vom klassischen Gothic-Horror und hat versucht, das Dracula-Thema durch Ansiedelung in der damaligen Gegenwart (bzw. dem, was man bei Hammer dafür hielt) zu modernisieren. Um es gleich vorwegzunehmen: Das ging ziemlich in die Hose, möchte man „Dracula A.D. 1972“ als ernsthaften Horrorfilm betrachten. Doch auch wer glaubt, ordentlich Sleaze in Form nackter Haut gejagter Mädchen geboten zu bekommen, irrt. Was den Erotik- wie leider auch den Blut- und Gewaltfaktor betrifft, präsentiert sich Gibsons Film enttäuschend zahm und angepasst, kein Vergleich zum vorausgegangen „Dracula – Nächte des Entsetzens“, der uns mit Dracula in blutiger Raserei erfreute. Doch – endlich – ist der lange Zeit schmerzlich vermisste Peter Cushing wieder als van Helsing mit von der Partie, allerdings… was hat man bloß aus seiner Rolle gemacht? Sicherlich, Cushing spielt hier lediglich einen Nachfahren des originalen van Helsing, aber dass dieser stellenweise gar etwas trottelig wirkt, wäre bei „Dracula“ anno 1958 noch undenkbar gewesen und ist dem Drehbuch geschuldet, gegen das Cushing tapfer anzuspielen versucht. Nun war ich 1972 zwar noch nicht einmal geplant, erlaube es mir aber trotzdem, den Realismusgehalt der feierwütigen, frechen und sich zu einem satanischen Ritual überreden lassenden Jugendlichen stark anzuzweifeln und vermute ihn auf dem Niveau, was seit „Freitag, der 13.“ gängige Slasherkost an vergnügungssüchtigen Dumpfbacken so anbietet. Nach dem eigentlich stimmigen, Erwartungen weckenden Prolog, der einen Kampf zwischen van Helsing und Dracula in der Vergangenheit suggeriert, der nur leider überhaupt nichts mit den vorausgegangenen x Dracula-Filmen aus dem Hause „Hammer“ zu tun hat, wird der Zuschauer jedenfalls erst einmal verdammt lang mit der Londoner Jugendkultur der Gegenwart (bzw. dem, was man dafür hielt) konfrontiert, bis es endlich nach einer höchst amüsanten schwarzen Messe mit Erscheinen Draculas zum fröhlichen Anachronismus kommt. Doch auch, wenn schon mal ein Küsschen angedeutet und stattdessen in den Hals gebissen wird, ist das alles in erster Linie unfreiwillig komisch, unblutig und bis auf van-Helsing-Nichte Jessicas (Stephanie Beacham) herrlich tiefen Ausschnitt sittsam inkl. fragwürdiger Dialoge, trashiger Szenen und einem unspektakulären Ende, unterlegt von einem fetzigen 70er-Funk-Disco-Soundtrack. Das hat zwar durchaus seinen seltsamen Charme, ist leicht konsumierbar und weiß zu unterhalten, aber eben in erster Linie unter Gesichtspunkten, die bestimmt nicht freiwilliger Natur waren… „Ich sehe gar nichts. Ich bin nur ein einfacher Polizeibeamter!“ heißt es im Film, ich hingegen sehe alles, sogar „Dracula A.D. 1972“ und habe meinen Spaß.
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Intruder
Ein Supermarkt am Rande der Stadt soll für immer geschlossen werden. Deshalb müssen der Filialleiter Abernathy, die Kassiererin Jennifer und andere Kollegen über den üblichen Feierabend hinaus dortbleiben, um die Ware zu zählen. Nachdem Jennifers Ex-Freund Craig auf unliebsame Weise aus dem Laden geschmissen wurde, glauben alle an einen bösen Scherz, als sie unheimliche Geräusche in dem großen Gebäude hören. Doch dem ist nicht so. In den endlosen Gängen des Supermarktes treibt sich ein irrer Schlitzer herum. Wahllos wird ein Angestellter nach dem anderen auf brutalste Weise abgeschlachtet.
Als Angestellter im Einzelhandel, genauer: in einem Supermarkt hat man es nicht leicht. Man ist unwirtlichen Arbeitszeiten ausgesetzt, muss sich mit nervigen Kunden rumplagen und sich irgendwie mit seinen Kollegen und Vorgesetzten arrangieren, darunter Menschen wie Fleischereifachverkäufer und Kassiererinnen. Diesen Umstand griff US-Regisseur Scott Spiegel in seinem 1989er Spielfilm-Regiedebüt „Intruder“ alias „Bloodnight“ auf, in dem er uns einen selbst für jene Branche dann doch etwas extremen Splatter-Slasher auftischt – doch Übertreibung veranschaulicht ja bekanntlich. In grundsätzlich angenehmer 80er-Low-Budget-Direct-to-Video-Atmosphäre wütet ein irrer Killer in einem Supermarkt unter der Belegschaft, die nach Ladenschluss wegen des bevorstehenden Verkaufs des Ladens Überstunden schieben muss (typisches Phänomen der Branche, insofern ist eine gewisse Realitätsnähe nicht von der Hand zu weisen). Die Zahl der Verdächtigen wird durch das Ableben selbiger immer weiter dezimiert und nur simpelste Gemüter dürften sich anfänglich auf die falsche Fährte gelockt haben lassen und überrascht sein, wer sich gegen Ende als Metzelmeister und Alptraum jeder Berufsgenossenschaft entpuppt. Wirklich spannend ist das „Whodunit“ also nicht und generell wurde die Geschichte auf das Wesentliche beschränkt. So geht es zwischen den Morden häufig auch eher dröge zu, doch zieht Spiegel nach gemächlichem Beginn das Tempo unnachgiebig an und präsentiert einen expliziten, blutigen, höchst kreativen Gewaltausbruch nach dem anderen, was unterstreicht, welch ein gefährlicher Ort so ein Supermarkt ist. Dabei ist stets eine große Portion Spaß am Matschen mit menschlichem Material dabei, so dass der rabenschwarze Humor in Verbindung mit den äußerst gelungenen Spezialeffekten hauptverantwortlich für den hohen Unterhaltungsfaktor dieses Films ist. Ebenfalls einen Löwenanteil tragen die verspielte Kameraführung, die dem Zuschauer alle möglichen und unmöglichen Perspektiven bietet, und der punktgenaue Schnitt, der ebenfalls so manches Lächeln auf das verzückte Gesicht des Slasherfreunds zu zaubern vermag. Das Finale ist dann eines, das diesen Namen verdient und bestimmt von Gewalt, Wahnsinn und Hysterie sowie einer fiesen Pointe. Hier hat B-Movie-Ikone Bruce Campbell übrigens einen Kurzauftritt, Scott Spiegel selbst gönnte sich auch einen Cameo und Sam und Ted Raimi zählen ebenfalls zum Cast. Fazit: „Intruder“ ist ein augenzwinkerndes, partytaugliches Fanprodukt, das sich glücklicherweise größtenteils darauf beschränkt, was es kann – und was der Fan solcher Filme sehen will. Unfreiwilliger Trash bleibt außen vor, die Darsteller agieren im grünen Bereich. Und wer möchte, darf „Intruder“ sicherlich auch als satirische Metapher auf den Umgang mit Supermarktangestellten betrachten. Daumen hoch!
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Von Angesicht zu Angesicht
Der todkranke Professor Fletcher (Gian Maria Volonté) begegnet auf einer Reise dem flüchtigen Banditen Bennet (Tomas Milian). Dieser nimmt Fletcher als Geisel. Zwischen den beiden Männern entwickelt sich eine Freundschaft. Mit der Zeit lernt Fletcher die Vorzüge des Banditenlebens kennen...
„Es gibt keine Gerechtigkeit!“

Sergio Sollimas zweiter Italo-Western aus dem Jahre 1967 überbietet seinen Vorgänger „Der Gehetzte der Sierra Madre“ noch einmal in seiner Intelligenz und Tiefgründigkeit. Die Hauptrollen übernahmen der Sollima-Stammschauspieler Tomás Milián, der in Sollimas anderen beiden Western erstklassig den mexikanischen Strauchdieb Cuchillo mimte, und Gian Maria Volonté, der aus Sergio Leones „Dollar“-Filmen bekannt ist. Eine größere Nebenrolle nimmt der Österreicher William Berger ein, für eine vielversprechende Besetzung ist also gesorgt. Untermalt von den herrlichen Klängen des Filmmusik-Genies Ennio Morricone treffen einmal mehr zwei eigentlich grundverschiedene Charaktere aufeinander: Fletcher (Volonté) ist ein Mann des Geistes, ein moralistischer Intellektueller, geprägt von humanistischen Überzeugungen. Bennet (Milián) hingegen ist ein verruchter Ganove und Outlaw, der scheinbar ohne jedes Ideal und getrieben vom reinen Überlebensdrang sich instinktiv durchs Leben schlägt und schießt und mit seiner ehemaligen Bande, der Wilden Horde, für Angst und Schrecken sorgte. Fletcher ist todkrank, gibt nach dem US-amerikanischen Bürgerkrieg seine Tätigkeit als Lehrer im Norden auf und geht wegen der besseren Luft in die Südstaaten, wo er auf Bennet trifft. Als der ihn als Geisel nimmt, entwickelt sich eine Art Männerfreundschaft, innerhalb derer beide voneinander zu lernen und Verständnis füreinander zu entwickeln scheinen. Fletchers Moralvorstellungen regen Bennet zum Nachdenken an, während Theoretiker Fletcher mit der harten Realität des Alltags Bennets konfrontiert wird, an dem er seine Überzeugungen messen lassen muss. Dabei kommt es natürlich zu Konfliktsituationen…

Zwar bekommt man auch in „Von Angesicht zu Angesicht“ die typischen Genre-Zutaten serviert, doch das eigentlich Interessante ist Sollimas subtile Charakterstudie: Je mehr sich Fletcher für Bennets Outlaw-Dasein begeistert und seine theoretischen Erkenntnisse infrage stellt bzw. relativiert oder gar widerlegt sieht, desto mehr gesundet er auch körperlich. Seine körperliche Genesung geht allerdings mit weit tiefgreifenderen charakterlichen Veränderungen als im Falle Bennets einher: Während Bennet sich irgendwann zunehmend versucht, dem aussichtslosen, destruktiven Strudel der Gewalt zu entziehen, streift Fletcher seine alte, unbefriedigende Existenz weitestgehend ab und wird zu einem zynischen Machtmenschen, der seine Gefolgsleute, die Wilde Horde, deren eigentlicher Anführer Bennet von der Justiz aus dem Verkehr gezogen wurde, malträtiert und in seine Entscheidungen nicht aus dem Bauch heraus trifft, sondern eiskaltes Kalkül walten lässt. Als die Strafverfolgung sich ebenfalls in Menschenverachtung übt und ein Massaker an den eigentlich recht harmlosen Banditen plant, spitzt sich die Situation zu, in der auch Siringo (Berger), „Pinkerton“-Detektiv und eine Art V-Mann, der sich in die Bande einschleusen wollte, eine wichtige Rolle einnimmt und es letztendlich zu einem finalen Showdown zwischen dieser Dreierkonstellation voller Gänsehautmomenten und Symbolkraft kommt. Sollima prangert mit „Von Angesicht zu Angesicht“ nicht nur eine Verbrechensbekämpfung an, die letztlich verbrecherischer handelt als die gejagten Spitzbuben, sondern liefert auch ein Bild intellektuell und moralisch vermeintlich über den Dingen stehender „Gutmenschen“, das nichts an Aktualität eingebüßt hat und buhlt um Verständnis für die Ausgestoßenen und Gesetzlosen, die im Prinzip ums Überleben kämpfen und keine von Grund auf schlechten Menschen sein müssen – wobei er Klischees vermeidet und sich angenehmerweise nicht eindeutig und plakativ auf eine Seite schlägt, also nicht den Fehler begeht, selbst zum Moralisten zu werden. Gängige Gut/Böse-Schemata verwischen (wie in anderen intelligenten Italo-Western auch), Schwarzweiß-Malerei findet man woanders. Damit es Sollima wesentlich näher an der Realität als andere Regisseure mit ihren Filmen, seine Geschichte lässt sich problemlos auf andere geschichtliche Epochen bzw. Ereignisse und die Gegenwart übertragen und verrät viel über menschliche Abgründe. Vermutlich ließe sich „Von Angesicht zu Angesicht“ auch einfach als „normaler“ Genrebeitrag genießen, denn die typischen Ingredienzien finden sich auch hier und wissen gut zu unterhalten. Unter dem western-atmosphärischen Gesichtpunkt gefiel mir zwar Sollimas „Der Gehetzte der Sierra Madre“ etwas besser, doch die Handlung hinterlässt einen bleibenden Eindruck und dürfte zum Besten gehören, was das Genre zu bieten hat(te).
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von jogiwan »

Western? Pfui!

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it´s fun to stay at the YMCA!!!



» Es gibt 1 weitere(n) Treffer aus dem Hardcore-Bereich (Weitere Informationen)
dr. freudstein
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von dr. freudstein »

Toi Toi, Oi! Fuckin' Oi!
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

jogiwan, Greenhorn, ich vermute, wir sollten uns ebenfalls mal "Von Angesicht zu Angesicht" treffen :basi:

Wir brauchen einen Revolver-Smiley.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von dr. freudstein »

:jogi: Bild
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