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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Di 21. Nov 2023, 21:48
von Maulwurf
The Birthday Party
The friend catcher

12"-EP - 1983

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Eine Compilation älterer Stücke. Die erste Seite ist von 1981, also die Prayers on fire-Zeit, und genauso hau drauf vorwärts mitten in die Fresse hinein klingt das dann auch. Release the bats ist ein Kracher vor dem Herrn mit geradezu berauschenden Lyrics :mrgreen:
Die Stücke der zweiten Seite sind aus den Jahren 1979/80 und noch in Melbourne aufgenommen. Schräge und wilde Rockmusik von jungen hungrigen Männern, die sich einen Scheiß um Harmonien oder gängige Schemata kümmern. Hauptsache es tut weh! Auch heute noch etwas gewöhnungsbedürftig.

Mit dieser EP liegen dann die ersten drei Singles weitgehend komplett vor, Fan Service für Komplettisten also. Oder Vertragserfüllung einer Band, die zu einem anderen Label abgewandert ist und noch eine Platte offen hatte. Der Titel The friend catcher ist übrigens nicht der Originaltitel der Veröffentlichung, hat sich aber durchgesetzt und wird so auch in der offiziellen BIRTHDAY PARTY-Discografie geführt.


The Birthday Party - Release the bats


The Birthday Party - The friend catcher

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Do 23. Nov 2023, 17:59
von Maulwurf
The Birthday Party
Mutiny!

12"-Maxi-Single - 1983

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Wenn man sich für die Entwicklung von Nick Cave interessiert, kommt man an dieser letzten BIRTHDAY PARTY-PLatte nicht vorbei. Mutiny in heaven und Swampland haben noch das alte Chaos der Band in den Knochen, aber durch die Adern fließt bereits der zukünftige Klang. Bei Jennifers veil (Blixa Bargeld spielt die Gitarre!) habe ich das Gefühl bereits die Bad Seeds zu hören, und Nick Cave singt weitgehend bereits so wie man ihn heute kennt, hat aber noch diese Ausflüge ins Extreme. Eine geniale Single, ein Gang zwischen vergangenen wilden und zukünftigen melancholischen Welten.


The Birthday Party - Swampland

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: So 26. Nov 2023, 06:24
von Maulwurf
Peter Bjärgö
The architecture of melancholy

CD - 2011 - Repress 2019

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Peter Bjärgö kennt man als Kopf des schwedischen Ambientprojektes ARCANA. Der Mann hat aber auch Solo-CDs veröffentlicht, und was soll man sagen: Irgendwie klingt das immer noch wie ARCANA, nur ein paar Ecken langsamer. Der Begriff Melancholie aus dem Titel des Albums ist hier Programm, und Traurigkeit und Dunkelheit dringen aus jeder Ritze und jeder Note. Und doch schimmert am Horizont auch immer wieder die Sonne, ist nie Verzweiflung in der Musik zu spüren, sondern eher ein Arrangement mit der Melancholie, ein Wohlfühlen bei Kerzenschein und Alleinsein. Das Tempo der Musik ist niedrig, sinkt im Laufe der CD immer weiter ab, und das letzte Stück ist dann gar ein 10-minütiger Loop über ein Gitarren-Klavier-Thema. So recht zum Träumen und in Gedanken versinken.

Aufregend geht sicher anders, aber das muss ja auch nicht immer. Peter Bjärgö macht im besten Sinne schöne und ruhige Musik für dunkle Stunden.


Peter Bjärgö - The architecture of melancholy

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Di 28. Nov 2023, 21:29
von Maulwurf
The Black Crowes
Shake your money maker

LP - 1990

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1990 war ein durchwachsenes Jahr für die Rockmusik. Kurz zuvor hatten GUNS 'N' ROSES alles abgeräumt was abzuräumen war, METALLICA waren auf dem Weg in den Mainstream, ZZ TOP waren da schon längst angekommen, IRON MAIDEN suchten noch den Weg in die 90er, und AEROSMITH hatten mit ihrem Bombastrock ziemliche Erfolge. Aber wo blieb der ganz normale Rockfan, der weder mit der Entwicklung in Norwegen noch mit Hard Rock oder gar alternativem Zeugs was anfangen konnte?
In diese Lücke knallten wie BLACK CROWES rein wie nichts Gutes. Mit 30 Jahren Abstand stelle ich fest, dass die einfach nur die Stones sowas von kopierten, dass es schon fast peinlich ist. Aber damals, damals war das der absolute Hammer! Das war das Stones-Album, auf das man seit 15 Jahren gewartet hatte. Oder zumindest seit Some girls. Die Band spielte frech und knackig auf, variierte ihre liebsten Stones-Melodien auf geschickte Weise, und brachte einfach genau die Richtung Packung an Rock, Blues und Balladen rüber. Wie die Stones zu Exile-Zeiten, nur irgendwie frischer.

Ich durfte die BLACK CROWES damals live sehen. Der Gitarrist spielte aus der Hüfte wie ein cooler Gunslinger, die Band war extrem gut drauf, und der Sänger rockte die Hütte wie Mick Jagger 20 Jahre zuvor. Mir war an dem Tag ein Weisheitszahn gezogen worden, und ich durfte weder rauchen noch Bier trinken. Eigentlich stand ich nur rum, aber die geile Musik zog mich zwei Stunden lang auf Wolke 7. Und stellt euch das hier mal live vor:


The Black Crowes - Thick n' thin

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Fr 1. Dez 2023, 15:46
von Maulwurf
The Black Crowes
The southern harmony and musical companion

LP - 1992

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So schnell kann es gehen mit der vermeintlichen Hoffnung am Rockhimmel. Das erste Album war ein reiner und beglückender Rückgriff in die seligen 70er, und dieses zweite Album fängt auch ganz genauso an, inklusive der Backgroundsängerinnen, des Pianos und des typischen 70er-Keyboards. Aber ganz schnell rutscht die Chose ab in einen überproduzierten und verwaschenen Hard Rock, wie AEROSMITH ihn in dieser Zeit extrem erfolgreich betrieben haben, und da das Songwriting gleichzeitig recht mager ist (nach dem Durchhören der Platte habe ich nicht eine einzige Melodie im Kopf), stellt sich schnell ein Mittelding aus Langeweile und Enttäuschung ein.
Die zweite Seite beginnt wie die erste, mit gutem Southern Rock der durchaus bereit ist nach vorne zu treiben. Aber auch hier hat es ganz schnell wieder diese Überproduktion - Jedes Instrument scheint den gleichen Anteil an der Wall of Sound zu haben, was dann im Endergebnis verwaschen klingt (was ist eigentlich das Gegenteil von knackig?) und erklärt, warum die ALLMAN BROTHERS oder die STONES heute noch mitreißen, und die BLACK CROWES schnell wieder in der Versenkung verschwanden ...


The Black Crowes - My morning song

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Sa 2. Dez 2023, 11:57
von Maulwurf
The Black Crowes
Amorica

LP - 1994

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Die Entwicklung des zweiten Albums setzt sich hier so mehr oder weniger fort. Auch ohne die Backgroundsängerinnen ist die Produktion zu unübersichtlich, und die leisen Southern-Anklänge fehlen dafür völlig. Starten tut das Album im damals gängigen AEROSMITH-Stil, findet dann aber schnell in ruhigeres Fahrwasser und pendelt sich größteils in Stücken ein, die langsam beginnen und krachig enden. Griffige Melodien fehlen auch hier wieder, aber wenigstens sind ab und an bluesige Elemente zu vernehmen, wo dann auch Chris Robinsons Stimme endlich mal wieder passt - Bei den Hard Rock-Sachen ist der Gesang völlig fehl am Platze und eher nervig, der Mann ist Blueser durch und durch und sollte vom Schweinerock einfach die Finger bzw. die Stimmbänder lassen.

Das Durchhören hat mir bestätigt, warum ich damals das Interesse an der Band verloren habe - Musikalisches Einerlei ohne gutes Songwritertum gibt es eh schon viel zu viel auf der Welt ...


The Black Crowes - She gave good sunflower

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Mi 6. Dez 2023, 20:29
von Maulwurf
Black Music
Verschiedene Interpreten

LP - 1974

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Es müsste 1976 gewesen sein. Weihnachten, das weiß ich noch. Irgendwann im Sommer zuvor hat der kleine Maulwurf die erste Musik-Schallplatte seines jungen Lebens geschenkt bekommen, einen K-Tel-Sampler (zu dem wir unter dem Buchstaben M noch kommen werden). Und zu Weihnachten gab es dann Nachschub. Mein Onkel, Jahrgang 1948 und ein recht cooler Typ, der das Studenten- und Nachtleben unserer Stadt glaube ich recht gut kannte, hat mir diese Platte hier geschenkt. Die Eltern, und ich war immerhin gerade erst 11 Jahre alt, wussten wohl von nichts und haben gute Miene zum bösen Spiel gemacht, aber ich war natürlich interessiert und neugierig. Eine Platte vom Onkel, wow!* Er hat mir dann noch erklärt, wer da so auf dem Cover drauf ist. Der hier, und damit klopfte er auf den Typen rechts unten, ist ein etwas Verrückter, der hat sie nicht alle. Auf dem Bild sah er auch etwa so aus wie ein schwarzer muskulöser Franco Franchi, der James Brown. Und bei Timmy Thomas' Why can't we live together ist leider die Platte kaputt, die quietscht da immer so, das weiß ich auch noch dass er mir das erklärte. Im Jahr darauf gab es dann den ersten eigenen Plattenspieler, und BLACK MUSIC ist oft gelaufen! Verdammt oft.

Der Sampler ist ein Mix aus den damals gängigen Stilen schwarzer Musik. Einiges an Disco und Pop (Philly-Sound, jawoll!!), aber auch Ausflüge in Funk, Soul, Rock oder angegospeltes. Manche Stücke sind Klassiker (Jimis Hey Joe), manche Komplettausfälle (O.C. Smiths Little green apples). Den Sinn von Why can't we live together habe ich erst Jahrzehnte später verstanden, die Stücke die mich vor 45 Jahren begeistert haben grooven heute immer noch wie Hölle (Isaac Hayes' Shaft), und was ich damals doof fand gefällt mir interessanterweise heute immer noch nicht (The Staple Singers - Touch a hand make a friend). Kurz: Ich liebe diese Platte, und bin beim Durchhören gerade abgegangen wie Schmidts Katze. Shaft musste dann sogar unter dem Kopfhörer gelauscht werden, damit schön laut . :sabber:

Weil aber jeder Isaac Hayes kennt, gibts lieber was von Curtis Mayfield, einer Soul-Legende, die in dem Film SUPERFLY musikalisch bewundert werden kann.


Curtis Mayfield - Move on up

Und so klang damals der Sound der großen weiten Welt. Philly-Sound nannte man das, die Vorstufe zum kurz darauf aufkommenden Disco:

MFSB - T.S.O.P.

Viele Grüße an den Lobbykiller, für den hier ja sonst weniger dabei ist :winke:

* Ein paar Jahre später konnte ich mich revanchieren und schenkte ihm PINK FLOYDS Whish you were here, über die er sich sehr freute ...

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Mi 6. Dez 2023, 23:53
von CamperVan.Helsing
Maulwurf hat geschrieben: Mi 6. Dez 2023, 20:29
Und so klang damals der Sound der großen weiten Welt. Philly-Sound nannte man das, die Vorstufe zum kurz darauf aufkommenden Disco:

MFSB - T.S.O.P.
Aus früher Kindheit kann ich mich erinnern, dass das Teil beim NDR offenbar zum Standardrepertoire damals gehörte, wie auch dies hier:




Und in Deutschland kam der Sound aus Munich statt Philadelphia


Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Do 7. Dez 2023, 16:05
von Maulwurf
CamperVan.Helsing hat geschrieben: Mi 6. Dez 2023, 23:53 Aus früher Kindheit kann ich mich erinnern, dass das Teil beim NDR offenbar zum Standardrepertoire damals gehörte, wie auch dies hier:



Und in Deutschland kam der Sound aus Munich statt Philadelphia

Der Barry White ist so unfassbar 70er dass es fast wehtut. Die Musik wiederum tut gar nicht weh, und könnte auch der Score zu einer beliebigen US-Krimiserie sein genauso wie zu einem James Bond-Film. Nichts was ich mir kaufen würde, aber zum Hören und nostalgisch werden ist es genial.

Und bei der Silver Convention hört man halt deutlich den Unterschied zwischen dem druckvoll-symphonischen Philly-Sound und dem gleich darauf folgenden Disco-Sound. Allerdings hatte ich nicht mehr auf dem Schirm, dass die Damen so dermaßen sexy sind. Die im Draufblick linke Sängerin ist die Münzer Gertrude, die dann kurz darauf als Penny MacLean mit Lady Bump einen Riesenhit landete.

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Do 7. Dez 2023, 17:58
von CamperVan.Helsing
Maulwurf hat geschrieben: Do 7. Dez 2023, 16:05
Und bei der Silver Convention hört man halt deutlich den Unterschied zwischen dem druckvoll-symphonischen Philly-Sound und dem gleich darauf folgenden Disco-Sound. Allerdings hatte ich nicht mehr auf dem Schirm, dass die Damen so dermaßen sexy sind. Die im Draufblick linke Sängerin ist die Münzer Gertrude, die dann kurz darauf als Penny MacLean mit Lady Bump einen Riesenhit landete.
Und wenn sich jemand den Begriff "Scream Queen" verdient hat, dann ist es die Gertrude :D