Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers
Verfasst: Mi 5. Feb 2014, 11:01
#22 - La Vampire nue
Filmdaten:
OT: La Vampire nue
Dt. Titel: "Die nackten Vampire" aka "Das Lustschloss der grausamen Frauen"
Land & Jahr: Frankreich 1969
Regie: Jean Rollin
Inhalt (SPOILER!):
Eines Nachts ereilt den jungen Pierre Radamante ein gleichermaßen unheimliches wie bizarres Erlebnis: eine junge Frau wird vor seinen Augen von ihren Häschern, finsteren Gestalten in bizarrer Maskierung, füsiliert. Bald schon muss er erkennen, dass sein Vater, der überaus vermögende Georges Radamantes, Vorsteher eines bedeutenden Wirtschaftsimperiums, in gar seltsame Machenschaften verstrickt ist. Heimlich verschafft sich Pierre Zugang zu einer der kryptischen abendlichen Gesellschaften, die auf dem Ansitz des Monsieur Papa stattfinden, und wird hier erneut zum Beobachter absurder Geschehnisse: Offenbar sind die Gäste der erlesenen Veranstaltung allesamt Mitglieder eines obskuren Selbstmordkultes und jagen sich frisch, fromm, fröhlich und frei(willig) einem absurden Losverfahren folgend mit Freuden eine Kugel ins Großhirn. Als das Los auf Pierre fällt, sucht dieser nachvollziehbarererweise sein Heil lieber in der Flucht. Es dauert nicht lange und Radamantes jr, wird die gesamte Wahrheit zuteil: Das Blut der Selbstmörder wird eben jener jungen Frau zugeführt, die Pierre eingangs erschossen sah, die aber den Löffel nicht reichte weil sie eine Untote ist – ein Vampir! Madame wird von einem Geheimbund mit Weltherrschaftsplänen, dessen Meister vom Stuhl niemand anderer als Pierres alter Herr ist, im Gewahrsam gehalten, verspricht man sich doch, mit Hilfe der bleichen Dame das Geheimnis der ewigen Jugend wie der Unsterblichkeit zu ergründen. Ah ja!
Pierre zieht seinen Freund Robert ins Vertrauen, einen aufgeschlossenen Künstler, um mit dessen Mithilfe das Vampirfräulein zu befreien, doch Robert kommt dabei ums Leben und Pierre gerät selber in die Gefangenschaft der Verschwörer. Schließlich erhält Pierre unerwartete Hilfe von einem reichlich abseitigen Typen, der sich seinerseits selber als Anführer einer weiteren Gruppe entschleiert – den Unsterblichen, der auch die Gefangene Badanates angehört.
Nun kommt es zu einem finalen Showdown zwischen den Verschwörern und den Vampiren, welcher an einem Strand stattfindet, der zumindest den Leuten bekannt vorkommen dürfte, die sich im Werk Rollins ein wenig auskennen…
Quelle:
Kritik:
An Jean Rollin scheiden sich die Geister. Die einen sehen in ihm einen Regisseur, der durchaus das Potenzial dazu gehabt hätte, bedeutende (surrealistische) Filme zu drehen, die anderen sehen in ihm eher einen Trash-Filmer, dessen Werke man alle vernachlässigen kann.
Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen, wobei Rollin aufgrund der oft trashigen Inszenierung seiner Werke sich die Kategorisierung in Richtung Trash selbst zuzuschreiben hat.
Wenn man Werke wie "Les Raisins de la Mort", dt. Titel "Foltermühle der gefangenen Frauen" (bei uns beschlagnahmt) oder gar "Emmanuelle 6" betrachtet, trifft das Urteil "Trash" auf jeden Fall zu.
Gerade seine Frühwerke sind aber wohl anders. Auch der vorliegende Film ist ein interessanter Mix, der wohl am besten als surrealistischer Gruseltrash bezeichnet werden kann, eine Art psychedelischer Softsex-Gothic-Horror mit Sleaze-Elementen.
Man kann es kaum definieren, man muss es sich anschauen.
Seine "Vampirfilme" sind einfach keinem Genre zuzuordnen. Der geneigte Horrorfilm-Fan wird sich vermutlich aufgrund der langsamen, wenig gruseligen oder gar blutigen Inszenierung mit (echtem) Grauen abwenden. Einen wirklichen Unterhaltungswert hat der Film nicht wirklich.
Aufgeschlossene Zeitgenossen, die Interesse am abseitigen Film haben und keinen linearen Storyaufbau oder gar logische Erklärungen brauchen, die wenig Dialoge erfrischend finden und dem Trash nicht abgeneigt sind, können ein Blick riskieren. Zuviel darf man aber nicht erwarten, die Story ist doch recht pseudo-philosophisch verquastet.
Im Vordergrund steht ganz klar die psychedelische Bildersprache, die oftmals recht interpretationswürdig ist. Der Score ist imho ausgezeichnet, zum Teil so eine Art Free-Jazz, und trägt zur etwas durchgeknallten Atmo bestens bei.
Ach ja, der Plot (Geheimbund, reiche Leute, suche nach Unsterblichkeit) erinnerte mich zum Teil arg an "Martyrs", es könnte sein, dass Pascal Laugier bei seinem Landsmann a bisserl geklaut hat.
Aufgrund der relativen "Einzigartigkeit" knappe 7/10
Filmdaten:
OT: La Vampire nue
Dt. Titel: "Die nackten Vampire" aka "Das Lustschloss der grausamen Frauen"
Land & Jahr: Frankreich 1969
Regie: Jean Rollin
Inhalt (SPOILER!):
Eines Nachts ereilt den jungen Pierre Radamante ein gleichermaßen unheimliches wie bizarres Erlebnis: eine junge Frau wird vor seinen Augen von ihren Häschern, finsteren Gestalten in bizarrer Maskierung, füsiliert. Bald schon muss er erkennen, dass sein Vater, der überaus vermögende Georges Radamantes, Vorsteher eines bedeutenden Wirtschaftsimperiums, in gar seltsame Machenschaften verstrickt ist. Heimlich verschafft sich Pierre Zugang zu einer der kryptischen abendlichen Gesellschaften, die auf dem Ansitz des Monsieur Papa stattfinden, und wird hier erneut zum Beobachter absurder Geschehnisse: Offenbar sind die Gäste der erlesenen Veranstaltung allesamt Mitglieder eines obskuren Selbstmordkultes und jagen sich frisch, fromm, fröhlich und frei(willig) einem absurden Losverfahren folgend mit Freuden eine Kugel ins Großhirn. Als das Los auf Pierre fällt, sucht dieser nachvollziehbarererweise sein Heil lieber in der Flucht. Es dauert nicht lange und Radamantes jr, wird die gesamte Wahrheit zuteil: Das Blut der Selbstmörder wird eben jener jungen Frau zugeführt, die Pierre eingangs erschossen sah, die aber den Löffel nicht reichte weil sie eine Untote ist – ein Vampir! Madame wird von einem Geheimbund mit Weltherrschaftsplänen, dessen Meister vom Stuhl niemand anderer als Pierres alter Herr ist, im Gewahrsam gehalten, verspricht man sich doch, mit Hilfe der bleichen Dame das Geheimnis der ewigen Jugend wie der Unsterblichkeit zu ergründen. Ah ja!
Pierre zieht seinen Freund Robert ins Vertrauen, einen aufgeschlossenen Künstler, um mit dessen Mithilfe das Vampirfräulein zu befreien, doch Robert kommt dabei ums Leben und Pierre gerät selber in die Gefangenschaft der Verschwörer. Schließlich erhält Pierre unerwartete Hilfe von einem reichlich abseitigen Typen, der sich seinerseits selber als Anführer einer weiteren Gruppe entschleiert – den Unsterblichen, der auch die Gefangene Badanates angehört.
Nun kommt es zu einem finalen Showdown zwischen den Verschwörern und den Vampiren, welcher an einem Strand stattfindet, der zumindest den Leuten bekannt vorkommen dürfte, die sich im Werk Rollins ein wenig auskennen…
Quelle:
Kritik:
An Jean Rollin scheiden sich die Geister. Die einen sehen in ihm einen Regisseur, der durchaus das Potenzial dazu gehabt hätte, bedeutende (surrealistische) Filme zu drehen, die anderen sehen in ihm eher einen Trash-Filmer, dessen Werke man alle vernachlässigen kann.
Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen, wobei Rollin aufgrund der oft trashigen Inszenierung seiner Werke sich die Kategorisierung in Richtung Trash selbst zuzuschreiben hat.
Wenn man Werke wie "Les Raisins de la Mort", dt. Titel "Foltermühle der gefangenen Frauen" (bei uns beschlagnahmt) oder gar "Emmanuelle 6" betrachtet, trifft das Urteil "Trash" auf jeden Fall zu.
Gerade seine Frühwerke sind aber wohl anders. Auch der vorliegende Film ist ein interessanter Mix, der wohl am besten als surrealistischer Gruseltrash bezeichnet werden kann, eine Art psychedelischer Softsex-Gothic-Horror mit Sleaze-Elementen.
Man kann es kaum definieren, man muss es sich anschauen.
Seine "Vampirfilme" sind einfach keinem Genre zuzuordnen. Der geneigte Horrorfilm-Fan wird sich vermutlich aufgrund der langsamen, wenig gruseligen oder gar blutigen Inszenierung mit (echtem) Grauen abwenden. Einen wirklichen Unterhaltungswert hat der Film nicht wirklich.
Aufgeschlossene Zeitgenossen, die Interesse am abseitigen Film haben und keinen linearen Storyaufbau oder gar logische Erklärungen brauchen, die wenig Dialoge erfrischend finden und dem Trash nicht abgeneigt sind, können ein Blick riskieren. Zuviel darf man aber nicht erwarten, die Story ist doch recht pseudo-philosophisch verquastet.
Im Vordergrund steht ganz klar die psychedelische Bildersprache, die oftmals recht interpretationswürdig ist. Der Score ist imho ausgezeichnet, zum Teil so eine Art Free-Jazz, und trägt zur etwas durchgeknallten Atmo bestens bei.
Ach ja, der Plot (Geheimbund, reiche Leute, suche nach Unsterblichkeit) erinnerte mich zum Teil arg an "Martyrs", es könnte sein, dass Pascal Laugier bei seinem Landsmann a bisserl geklaut hat.
Aufgrund der relativen "Einzigartigkeit" knappe 7/10