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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Fr 27. Mär 2020, 19:56
von jogiwan
Rudolf - Die Affaire Mayerling
150 Minuten Tralala und Schubidu mit geschichtlichen Hintergrund und viel Schweiß und Pathos. Der schlechteren Hälfte hat es gefallen - immerhin!
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Sa 28. Mär 2020, 19:52
von jogiwan
MirrorMask
Die junge Helena lebt mit ihren Eltern in einem Zirkus, hat das Leben auf Wanderschaft satt und wünscht sich nichts sehnlicher als ein normales Leben. Als sie im Streit ihrer Mutter böse Worte an den Kopf wird, bereut sie dieses wenig später sehr, als diese während der Vorstellung zusammenbricht und ins Spital eingeliefert wird. Wenig später wacht Helena eines Nachts auf und befindet sich in einem fantasievollen Land, in dem die Idylle des Lichts von dunklen Schatten bedroht. Gemeinsam mit ihrem neu gefundenen Freund Valentine macht sich Helena auf den Weg um das seltsame Königreich vor dem Untergang zu bewahren und so auch wieder nach Hause zu finden…
Normalerweise liebe ich ja „Coming-of-Age“-Filme, die ungewöhnlich um die Ecke biegen und die Seelenwelt jugendlicher Protagonisten auf fantasievolle Weise visualisieren. Im Falle von „MirrorMask“ ist das aber ganz großer Mist, der noch dazu mit furchtbar anmutenden und anzusehenden CGI inszeniert wurde, die mehr an ein Videogame als einem herkömmlichen Film erinnern. Anfang der Nuller-Jahre gab es ja eine Handvoll Filme die glaubten, dass man mit Effekten aus dem Computer und artifiziellen Charakter alle Kulissen ersetzen kann und über die zum Glück heute niemand mehr spricht. Auch die Geschichte über unzufriedene Lebenssituation, Streit mit den Eltern bzw. der drohende Verlust eines nahen Angehörigen hat man in dutzend anderen Filmen schon besser gesehen und erscheint hier besonders unoriginell. In „MirrorMask“ wirkt das alles schludrig zusammengewürfelt, prätentiös und überambitioniert, ohne dass mich die Ereignisse um die viel zu alt erscheinende Protagonistin auch nur im Geringsten berührt hätten. Viel mehr ist der Streifen eine langweilige und lahme Mischung aus bekannten Versatzstücken und völlig überambitionierter Herangehensweise, die dann als inhaltliche Luftbeutel-Nummer auch nichts anderes mehr kann als krachend zu scheitern.
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: So 29. Mär 2020, 19:45
von jogiwan
Showgirls
Was könnte die Spielerstadt „Las Vegas“ wohl besser repräsentieren als Paul Verhoevens schillerndes Märchen für Erwachsene über die Träume einer hoffnungsfrohen Tänzerin, die nach einigen Widrigkeiten und jeder Menge Körper- und Ellbogen-Einsatz den Olymp der dortigen Show-Welt erklimmt? „Showgirls“ ist grell, bunt, überzeichnet, oberflächlich und von manipulativen Charakteren getragen, die völlig skrupellos ihre Vorstellung von einem erfolgreichen Leben durchzusetzen versuchen und dabei stets bestrebt sind, nicht unter die sprichwörtlichen Räder zu kommen. Dabei ist der Streifen schwer unterhaltsam, überraschend freizügig und Paul Verhoeven hat mit „Showgirls“ wirklich einen sehr unterhaltsamen „Arsch- und Tittenfilm“ geschaffen, bei dem mir schleierhaft ist, was man daran nicht mögen kann. Wenn man Las Vegas besucht hat, dann kennt man auch diese Gefühl aus Neugier, Interesse, alkoholbedingten Spaß und sexueller Überschwänglichkeit, die immer nur einen Schritt vom Abgrund entfernt ist und mit „Showgirls“ werden diese ambivalenten Gefühlswelten auch perfekt auf die große Leinwand übertragen.
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Mo 30. Mär 2020, 20:12
von jogiwan
Basic Instinct
Der Klassiker unter den Erotik-Thrillern mit der berühmtesten aller Verhörszenen ist auch heutzutage noch ein gut zu guckender Streifen, der nicht nur mit seiner Hauptdarstellerin und dem Handlungsort doch ziemliche Anleihen bei Hitchcock nimmt und dieses mit einer Extraportion Sex und Gewalt in die Neunziger transferiert. Was mit einem brutalen Mord beginnt, zieht immer weitere Kreise und den ermittelnden Beamten immer weiter in einen Abgrund aus Laster, Leidenschaft und Intrigen, wobei nie klar ist, wer genau die Fäden in der Hand hält. Spannend ist nicht nur die Geschichte, sondern auch die Figuren, die hier auch nie richtig sympathisch und greifbar erscheinen, sondern eine Lust am gefährlichen Spiel entwickeln und dabei auch sehr offen mit ihren sexuellen Wünschen umgehen. Interessant auch die Art und Weise, wie der das eigentlich als stark bekannte Geschlecht hier auf einmal verletzbar, ersetzbar, anfällig und manipulierbar erscheint, wenn die Gier größer ist als der Verstand oder die Vernunft. Verhoeven schafft den Spagat zwischen Erotik und Thriller auch scheinbar mühelos mit europäischer Direktheit und präsentiert dem Zuschauer ein Werk, dass sich wohlkalkulierter Provokation auch vollkommen zurecht den Nerv seiner Zeit traf und auch heute noch mühelos zur Speerspitze des Genres zählt.
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Di 31. Mär 2020, 19:56
von jogiwan
Jennifer's Body
Ich kann die ganzen schlechten Kritiken ja nicht so ganz nachvollziehen und als Horrorfilm würde ich „Jennifer’s Body“ auch nicht unbedingt sehen. Viel mehr ist er für mich eine Satire auf Coming-of-Age- und Teenie-Filme, Indie-Bands und Kleinstadtbefindlichkeiten, der nur auf den ersten Blick als Horrorfilm daherkommt. Vielleicht liegt es am Director’s Cut, oder auch an mir, aber ich fand die ganze Stimmung des Streifens immer angenehm entrückt, das Verhalten der Figuren seltsam und die Ereignisse herrlich absurd. Hier wirkt ja auch alles trotz der üblichen Stereotype stark überzeichnet und augenzwinkernd, nur um dann wieder hübsch die Zuschauererwartungen zu untergraben und diesen im Unklaren zu lassen. Man(n) weiß ja auch nie, ob sich die Ereignisse tatsächlich so abspielen, oder nur in der wirren Gedankenwelt eines Teenagers entstanden sind. Das Spiel mit Oberflächlichkeiten, Sexualität und Klischees fand ich jedenfalls sehr spannend und mich persönlich hat „Jennifer’s Body“ auch stark an die Filme von Gregg Araki erinnert, der ebenfalls aus ähnlichen Zutaten sein eigenes Süppchen kocht. Ein unterhaltsamer, schräger und origineller Film, der bestimmte Erwartungen weckt, nur um diese dann hübsch zu untergraben.
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Mi 1. Apr 2020, 20:07
von jogiwan
Land of Smiles - Reise ohne Wiederkehr
Anstatt mit ihrer Freundin Penny nach Thailand zu fliegen, bleibt Abby lieber bei ihrem Freund in New York. Doch als sie diesen mit einer anderen im Bett erwischt, steigt sie in den nächsten Flieger, um ihrer Freundin zu folgen. Doch statt dem vereinbarten Treffen am Strand von Thailand erhält Abby eine Videobotschaft, in der es so aussieht, als wäre Penny in die Fänge eines Psychopathen geraten. Andere Rucksack-Touristen raten der jungen Frau die Bilder nicht zu ernst zu nehmen, da es in Südostasien durchaus üblich ist, solche Pranks zu veranstalten um Klicks zu generieren, oder Menschen zu verarschen. Vorerst glaubt Penny auch ihren neuen Freunden und Reisebegleitung, doch schon bald laufen die Ereignisse weiter aus dem Ruder.
Found-Footage bzw. Mockumentary die Drünfzigste, dieses Mal in Form eines Videotagesbuchs von Thailand-Urlauber, die in die Fänge eines Psychopathen geraten. Ganz so klar ist das leider nicht und auch die Erzählweise ist so gewählt, dass man sich ja gleich von Beginn an nicht so wirklich auskennt. Anstatt Spannung zu kreieren, zeigt Regisseur Bradley Stryker lieber Landschaftsaufnahmen von der Inselwelt Thailands und so sieht und wirkt „Land of Smiles“ auch eher so, als wäre es nebenher und improvisiert im Urlaub entstanden. Die Geschichte bleibt unglaubwürdig, die Figuren sind einem ziemlich egal und damit das ganze nicht völlig oberflächlich bleibt, werden ein paar Problemchen aus dem Ärmel geschüttelt, die aber für die Geschichte ebenfalls nicht wichtig sind. Die Idee zu dem Film wäre vielleicht nicht schlecht, aber die Ausführung geht eher in Richtung katastrophal. Über die krude Auflösung breite ich dann auch lieber den Mantel des Schweigens. Insgesamt betrachtet selbst für große Found-Footage-Fans wie meine Wenigkeit, eine sehr entbehrliche Sache. Das Lustigste an dem Werk ist da noch der österreichische Song der Gruppe "Schmetterlinge" aus den Siebzigern bzw. im Abspann und wie auch immer der es in den Streifen geschafft hat.
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Do 2. Apr 2020, 20:05
von jogiwan
The Astrologer
Alexei arbeitet für eine streng geheim operierende und staatliche Organisation namens Interzod, die aufgrund von Sternenkonstellationen das astrologische Potential von Menschen bestimmen kann. Dieses ist zwar bei den meisten eher gewöhnlich, doch alle paar tausend Jahre gibt es besondere Konstellationen, die auch besondere Menschen hervorbringen. So steht laut Interzod nicht nur die Geburt eines weiteren Messias ins Haus, auch das ultimativ Böse in Form eines charismatischen Sektenführers ist bereits in der Welt um Tod, Leid und Verderben zu verbreiten.
James Glickenhaus‘ Regie-Debüt war ja eigentlich jahrzehntelang so gut wie gar nicht verfügbar und wenn man den Streifen nun so sieht, war das wohl bislang auch leider kein allzu großer Verlust. „The Astrologer“ steht in der Tradition von apokalyptisch anmutenden Filmen mit Esoterik-Touch, die es in den Siebzigern ja auch zuhauf gab und immer denselben Themenkreis behandeln. Ein Sektenführer hier, die Geburt des neues Messias da und zwischendrin ein paar Menschen, die versuchen im ewigen Kampf Gut gegen Böse den Untergang der gesamten Menschheit zu verhindern. Jedoch hatte der Streifen nur ein sehr, sehr geringes Budget, was man „The Astrologer“ auch immer ansieht und die Geschichte ist lahm und verworren erzählt und auch wenn Glickenhaus versucht aus seinem Film das Beste zu machen. „The Astrologer“ wirkt improvisiert, in seinen Bestandteilen unausgewogen und nicht wirklich rund. Außerdem greift er wohl auch auf Archiv-Material von echten Leichen zurück, was ebenfalls so überhaupt nicht sympathisch wirkt und den Film dann auch noch in Richtung Shockumentary drückt. Handlungsfäden werden aufgegriffen, aber nicht zu Ende geführt und die wenigen hübsch anmutenden Momente können nicht darüber hinwegtäuschen, dass „The Astrologer“ einfach kein sonderlich interessanter Streifen geworden ist.
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Fr 3. Apr 2020, 19:12
von jogiwan
Zachariah
Zachariah ist ein Möchtegern-Westernheld, der durch die Prärie streift und eines Tages eine Pistole erhält, die jede Menge Aufmerksamkeit auf sich zieht. Auf der Suche nach entsprechender Munition trifft auf den jungen Schmied Matthew, der so wie er gerne ein großer Revolverheld und Kopfgeldjäger wäre. Aus der zufälligen Begegnung entsteht eine Freundschaft und die Beiden beschließen fortan gemeinsam den Wilden Westen unsicher zu machen. Sie tun sich mit der kleinkriminellen Musikgruppe „The Crackers“ zusammen um Postkutschen und kleine Banken auszurauben und messen sich später auch mit den großen Westernhelden ihrer Zeit. Doch Zachariah bekommt die Sinnkrise und beschließt seinen Freund zurück zu lassen um einen Teil seines gefährlichen Weges fortan alleine zu gehen, ehe das Schicksal die beiden Freunde wieder zusammenführt.
mmer wenn man glaubt, dass man schon alles gesehen hat, kommt wieder ein Titel daher, der den übersättigten Filmkonsumenten mühelos eines Besseren belehrt und hinter dem eher unscheinbaren Titel „Zachariah“ versteckt sich doch tatsächlich ein psychedelischer Western mit Rockmusik, der auch in keine Kiste packt. Als geistiges Kind der 68er Bewegung vermischt „Zachariah“ die Themenkreise Western, Musikfilm, Drogentrip und Selbstfindung zu einem bunten und kurzweiligen Trip durch die staubige Wüste, die mit Drum-Solos (u.a. von Elvin Jones) und Rockeinlagen aufgepeppt wird. Das passt zwar auf den ersten Blick nur bedingt zueinander, aber Regisseur George Englund kümmert sich ohnehin nicht um Genre-Konventionen, Realismus und herkömmliches Storytelling, sondern kocht hier sein eigenwilliges und episodenhaftes Süppchen, dass man dann auch nur lieben oder hassen kann. Nach gewöhnlichen Gesichtspunkten ist „Zachariah“ wohl ein mehr als merkwürdiger Film, aber ist man von der entrückten Atmosphäre, dem spirituellen Geist und den rockigen Klängen erst einmal gefangen, gibt es für den Titelhelden inklusive Zuschauer auch kein Zurück mehr. Ein wunderbar seltsamer Streifen mit tollem Soundtrack, fernab von üblichen Konventionen und Genre-Regeln, den ich aufgeschlossenen Film- und Musikfreunden gerne ans Herz legen möchte.
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Sa 4. Apr 2020, 19:23
von jogiwan
Der Schacht
Wohl kein Streifen wird derzeit so gehypt, wie „Der Schacht“ auf Netflix, der mit seiner düsteren und klaustrophobischen Stimmung für viele wohl der Film zur aktuellen Covid-19-Krise ist. Der Low-Budget-Streifen ist auch überraschend ruppig und funktional und präsentiert dem Zuschauer ein Szenario, dass so abwegig nicht erscheint und dabei die schlechten Eigenschaften der Menschheit portraitiert. Ein fiktives Gefängnis oder ähnliches mit dem Titel „vertikales Zentrum der Selbstverwaltung“, dessen Nahrungsversorgung nach einem ganz einfachen Prinzip besteht: während die oberen Plattformen aus dem vollen Schöpfen können, bleibt für die unteren Plattformen nur noch das, was die anderen davon übrig lassen und der monatliche Wechsel in die unterschiedlichsten Plattformen ist dabei völlig willkürlicher Natur. Dabei bringt dieses perfide System natürlich rasch die schlechtesten Eigenschaften der Menschen zum Vorschein und Vernunft oder Solidarität sind die ersten Faktoren, die bei Hunger auf der Strecke bleiben. Natürlich ist auch unser Titelheld rasch in der allgemeinen Ausnahmesituation der Ent-Solidarisierung gefangen, wirft seine Prinzipien über Bord und muss erkennen, wie machtlos man als Einzelner in einem derartigen System ist. Dabei entwirft „Der Schacht“ als kleiner Bruder von „Snowpiercer“ ein sehr pessimistisches Bild, schreckt auch vor drastischer Thematik nicht zurück und lässt in seinem Verlauf auch nahezu keine Aussicht auf Hoffnung aufkeimen. Auch wenn der Streifen dabei sicher nicht perfekt ist, so lässt sich auf viele Bereiche der aktuellen Welt – wenn auch eher nicht auf die temporäre Einschränkung der Bewegungs- und Kontaktfreiheit im Interesse aller - umlegen, provoziert und ist so auch sicherlich eine positive und eindringliche Überraschung, mit der ich so nicht gerechnet habe.
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: So 5. Apr 2020, 19:54
von jogiwan
The Host
Nachdem ich „The Host“ als nicht sonderlich prickelnd bei mir abgespeichert hatte, habe ich dem Streifen nun nochmals eine neue Chance gegeben. Klar, der Mix aus Monsterfilm, Komödie, Familiendrama und zeitpolitischen Anleihen wirkt auf den ersten Blick und ist auch zweifelsfrei originell, aber das Endergebnis konnte mich auch beim zweiten Mal nicht so wirklich überzeugen. Dazu fehlt mir einerseits das Wissen über südkoreanische Befindlichkeiten und gesellschaftspolitische Ereignisse, als auch der Wille sich in diesem Kontext auf diese ganzen schrägen Charaktere einzulassen. Ich persönlich finde ja, dass Bong Joon-ho seine überzeichneten Figuren eher der Lächerlichkeit preisgibt, als dass er diese ernstnimmt und die Art und Weise wie hier miteinander umgegangen wird und sich die Ereignisse entwickeln, hat mich ebenfalls eher abgeschreckt. Die Monster-Momente sind zwar okay, aber die gesellschaftspolitischen Betrachtungen in Form eines Monsterfilms wollten mich nicht so wirklich ansprechen und daran wird wohl auch eine weitere Sichtung nichts mehr ändern.