Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Di 21. Apr 2020, 20:32
Thank God, It's Friday
Freitagabend verwandelt sich der angesagte Club „The Zoo“ in Los Angeles als Hoffnungsort für alle Disco-Fans, die unter der Woche mit ihrem eher öden Leben zu kämpfen haben. Am Dancefloor schwingen Männlein, Weiblein und alles dazwischen die Hüften zum Beat um den Alltag zu vergessen, sich ins rechte Licht zu rücken und einen Partner zu angeln oder einfach nur die Birne mit Drogen voll zu dröhnen. Doch an diesem Abend gibt es auch noch einen Tanz-Wettbewerb, zu dem sich niemand Geringeres als „The Commodores“ angesagt haben und die Menge zusätzlich in Aufregung versetzt. Doch bis dahin gibt es große und kleine Tragödien und die Erkenntnis, dass unter der Discokugel alle Menschen gleich sind.
Was als Disco-Film angekündigt wird, entpuppt sich relativ rasch als episodenhafte Ansammlung mit augenzwinkernd dargebrachten und überzogenen Klischees, die hier in Form von unterschiedlichsten Leutchen an einem Freitagabend in einem hippen Club zusammenkommen und mit Disco-Musik unterlegt sind. Dabei spielt Musik und Tanz eher eine untergeordnete Rolle und rückt erst im Finale etwas mehr in den Fokus, wenn Donna Summer zum Micro greift und auch „The Commodores“ ihren Auftritt haben. Bis dahin gibt es hoffnungsfrohe Disco-Besucher und ihre großen und kleinen Tragödien, die unter dem Licht der Discokugel eher oberflächlich beleuchtet werden. Vom spießigen Ehepaar, dass Abwechslung sucht, über junge Teenies und ihren ersten Disco-Besuch, zweifelhaften Dating-Versuchen bis hin zu abgespacten Hippiebraut ist auch alles dabei, was man sich dabei an einem Abend so erwarten kann und nicht zu sehr polarisiert. Lustig aber, dass in dem eher harmlos präsentierten Film im Hintergrund ganz ungeniert ständig Drogen und Poppers konsumiert werden und auch kein Geheimnis daraus gemacht wird, dass hier fast alle neben dem Dancefloor natürlich auch die Matratze im Kopf haben und was zum Knattern suchen. Was in „Gottseidank, es ist Freitag“ präsentiert wird, ist aber nicht unbedingt ein Abbild der Dancefloor-Realität aus den Siebzigern, die sich ja ohnehin mehr an der Ostküste ("Saturday Night Fever") abgespielt hat, sondern eher mehr ein weichgespültes, nicht ganz wertungsfreies und massenkompatibles Panoptikum für Außenstehende, die Ende der Siebziger neugierig waren, was in diesen neuartigen Clubs so alles abgeht. Für Disco-Fans hingegen ist das alles mäßig interessant, auch wenn ich natürlich auf die deutsche Fassung inklusive Dannenberg-Synchro neugierig wäre.
Extra Ordinary
Die etwas schrullige Rose hat das Talent Geister zu sehen und mit ihnen zu kommunizieren, doch nach dem unglücklichen Tod ihres Vaters – einer Kapazität auf diesem Gebiet – arbeitet sie lieber als Fahrlehrerin im hintersten Irland und ignoriert alles Paranormale auf gekonnte weise. Als sie eines Tages von dem Witwer Martin kontaktiert wird, der vom Geist seiner besitzergreifenden Frau terrorisiert wird, findet sie Gefallen an dem Mann und beschließt ihm zu helfen. Als dessen Tochter zusätzlich ins Visier eines abgehalfterten Popstars gerät, der ein jungfräuliches Opfer für einen Pakt mit dem Teufel benötigt, wird das ruhige Leben von Rose endgültig auf den Kopf gestellt. Dennoch bleibt zwischen aufkeimender Liebe und der Rettung der Welt auch noch genug Zeit, sich den eigenen Dämonen zu stellen.
Sympathische Gespensterkomödie aus irischer Produktion in Anlehnung an „Ghostbusters“ und „Der Exorzist“, der erwachsen daherkommt und auch mit seinen irischen Dorfsetting und schrulligen Charakteren punkten kann. „Extra Ordinary“ ist in seinen besten Momenten eine sehr lustige Komödie mit Wohlfühl-Charakter und dann wieder irgendwie doch nur mittelmäßig. Ich würde den Film ja eigentlich ganz toll finden wollen, aber irgendwie war er dann doch nicht so unterhaltsam, wie er hätte sein können, wenn man die Geschichte etwas entschlackt und sich mehr auf die Figuren und ihren Befindlichkeiten statt seinem CGI-Geisterbahn-Finale konzentriert hätte. Hier ist alles toll gespielt, die Geschichte ist eine originelle Mischung aus bekannten Elementen, die hier augenzwinkernd präsentiert werden und sieht zudem auch noch gut aus. So ist „Extra Ordinary“ für einen spaßigen Filmabend immer noch gut genug und macht schon Laune - gleichzeitig werde ich das Gefühl nicht los, dass hier noch mehr möglich gewesen wäre. Vielleicht wäre auch ein Serienformat hier einfach besser gewesen, als die vielen Ereignisse als Zitate-Kino in ein 90-Minuten-Korsett zu pressen.
Wir
Familie Wilson ist eine durchschnittliche schwarze Familie in Amerika, bestehend aus Mutter und Vater, einer Tochter in der Pubertät und einem introvertierten Jungen. Als diese eines Sommers in ihrem Ferienhaus ein paar Tage Urlaub verbringen, ist das der Beginn von seltsamen Zufällen, die sich im Umfeld der psychisch etwas angeschlagenen Mutter Adelaide ereignen. Alle Bedenken werden jedenfalls von Ehemann Gabe zerstreut, der sich auch rührend um seine Gattin sorgt. Eines Nachts erscheint eine vierköpfige Familie mit roter Bekleidung auf der Auffahrt, die den jeweiligen Familienmitgliedern zum Verwechseln ähnlich scheinen. Im Gegensatz zu den sympathischen Wilsons sind die nächtlichen Besucher jedoch aggressiv und beginnen die Familie zu terrorisieren und schon wenig später sind die Wilsons mitten in einem Überlebenskampf mit einem Gegner, der sie genau zu kennen scheint…
Mit „Get Out“ hat Jordan Peele ja schon ordentlich vorgelegt und mit „Wir“ setzt er meines Erachtens sogar noch einen drauf. Ein düsterer, surrealer Home-Invasion-Alptraum mit gesellschaftskritischer Komponente, der sein Ambiente von unbeschwerten Familienurlaub auf sehr drastische Weise kippen lässt, als eine Familie Besuch von identisch aussehenden Menschen bekommt. Dabei spielt der Film abermals geschickt mit Urängsten und Jordan Peele hat sichtlich Spaß daran, vieles was Erholung, Zerstreuung und Sicherheit verspricht mit einer bedrohlichen Atmosphäre und Doppelgänger-Mythos zu versehen. Sicherlich ist „Wir“ dabei natürlich kein Film für Leutchen, die für alles eine durchgehende Erklärung brauchen und der Film lässt auch offen, wie die Invasoren aus dem ominösen Untergrund tatsächlich zu werten sind. Sind diese unserer dunklen Seite entsprungen, oder ein personifiziertes, schlechtes Gewissen – jedenfalls ist es klar, dass unsere westliche Lebensweise auf Kosten anderer existiert und wir gut daran sind, alles Negative auszublenden und dafür lieber die Geldbörse aufzumachen, als Missstände tatsächlich zu ändern. Hier kommt jedenfalls so vieles zusammen und ergibt einen spannenden und alptraumhaften Film voller Symbolik und unbequemer Thematik, den man ebenfalls nicht so einfach vergessen wird.
Tusk
Wallace und Teddy haben gemeinsam einen Podcast im Internet, der sich mit skurrilen und interessanten Figuren beschäftigt, die von den beiden halblustigen Moderatoren teils auch vorgeführt werden. Als Wallace eines Tages nach Kanada fliegt und eine Internet-Berühmtheit zu interviewen, landet er durch eine Verkettung von eher unglücklichen Umständen im Haus von Howard Howe, der sich wenig später als psychopathischer Serienkiller entpuppt. Betäubt und unter Drogen gesetzt, ist der abgebrühte Wallace dann auch auf einmal selbst der Mittelpunkt einer grotesken Geschichte, die selbst die wildeste und menschliche Vorstellungskraft übersteigt.
Kevin Smith hat in den Neunzigern ja eine Handvoll Filme gedreht und Figuren kreiert, die es mit Slacker-Atmosphäre und Kiffer-Humor popkulturelle Spuren hinterlassen haben. Mittlerweisel macht er ja eher mit Gewichtsverlust, Werbung für Cannabis und anderen Dingen von sich reden und auch „Tusk“ entpuppt sich leider als überlanger Kiffer-Witz, der seine Pointe arg überstrapaziert und den man wohl auch nur im THC-Rauch so wirklich lustig finden wird. Im Grunde ist „Tusk“ eine Verarsche des Genre-Publikums und bedient sich an Werken wie „The Human Centipede“ oder auch „Die Haut in der ich wohne“ und überzeichnet den Body-Horror-Anteil auf groteske Weise. Soweit so gut, bietet „Tusk“ aber auch noch Momente in denen die Handlung bewusst sabotiert wird und statt Spannung gibt es auf einmal Laberlaber oder improvisierte Szenen mit einem bekannten Schauspielstar, der hier genau das bietet, was man von ihm gar nicht mehr sehen möchte und den Film und seine Story so gar nicht weiterbringen. Herausgekommen ist ein Film, der weder Fisch noch Fleisch ist und stets etwas zu bemüht auf skurril macht um auf einer Genre-Ebene krachend zu scheitern. Wer von uns hat nicht schon einmal im benebelten oder berauschten Zustand eine scheinbar grandiose Idee gehabt, die sich im nüchternen Zustand dann als völlig praxisuntauglich herausgestellt hat – „Tusk“ ist jedenfalls der Film dazu.
Der Schrei der Eule
Der erfolgreiche Konstrukteur Robert lebt mitten in einer Scheidung und hat in seiner Einsamkeit ein zweifelhaftes Hobby entwickelt. Er besucht nachts das Haus von Jenny, die er bei Alltagsarbeiten aus der Ferne beobachtet. Eines Tages wird er von Jenny entdeckt, doch anstatt die Polizei zu rufen bittet die junge Frau den Mann auf ein Gespräch zu sich ins Haus. Anfangs noch geschmeichelt drängt sich Jenny jedoch immer mehr in das Leben von Robert, der auch den Kopf für die Annäherungsversuche nicht frei hat. Später verlässt sie ihren Freund, der Robert zur Rede stellt und später spurlos verschwindet. Der Konstrukteur gerät unter Verdacht, wird offen angefeindet, doch der Alptraum ist da noch lange nicht zu Ende…
Ruhig erzählter Psychothriller über kaputte Menschen, Obsessionen und Mord, der sich um einen ambivalenten Charakter dreht, der es dem Zuschauer nicht wirklich leicht macht. Sympathieträger gibt es in „Der Schrei der Eule“ nicht und dennoch kann man gut nachvollziehen, warum der von allen Seiten bedrängte Mann, nachts Zerstreuung am scheinbar ruhigen Leben anderer Menschen sucht. Doch bald zerschlägt sich auch diese Illusion und das Stalking-Opfer wird selbst zur Täterin und setzt so eine Reihe von Ereignissen in Gang, die bald zu alptraumhaften Ereignissen führen. Regisseur Jamie Thraves inszeniert die Geschichte nach Patricia Highsmith jedoch immer betont ruhig und unaufgeregt, was zur Folge hat, dass „Der Schrei der Eule“ eher erwachsen wirkt und trotz seines Twists glaubhaft bleibt. Zudem spielt Paddy Considine seine Rolle als kaputter und ausgebrannter Konstrukteur auf der Suche nach Halt im Leben sehr gut und auch Julia Stiles passt in ihrer Rolle als ruhiges Landei mit Abgründen sehr gut. Mir ist auch keine der anderen beiden Verfilmungen bekannt, aber diese hier hat mir doch gut gefallen. Ein durchwegs spannender und schön gemachter Thriller voller interessanter Charaktere mit allerlei Problemen, der langsam aber effektiv bis zum bitteren Ende an der Eskalationsschraube dreht.
Freitagabend verwandelt sich der angesagte Club „The Zoo“ in Los Angeles als Hoffnungsort für alle Disco-Fans, die unter der Woche mit ihrem eher öden Leben zu kämpfen haben. Am Dancefloor schwingen Männlein, Weiblein und alles dazwischen die Hüften zum Beat um den Alltag zu vergessen, sich ins rechte Licht zu rücken und einen Partner zu angeln oder einfach nur die Birne mit Drogen voll zu dröhnen. Doch an diesem Abend gibt es auch noch einen Tanz-Wettbewerb, zu dem sich niemand Geringeres als „The Commodores“ angesagt haben und die Menge zusätzlich in Aufregung versetzt. Doch bis dahin gibt es große und kleine Tragödien und die Erkenntnis, dass unter der Discokugel alle Menschen gleich sind.
Was als Disco-Film angekündigt wird, entpuppt sich relativ rasch als episodenhafte Ansammlung mit augenzwinkernd dargebrachten und überzogenen Klischees, die hier in Form von unterschiedlichsten Leutchen an einem Freitagabend in einem hippen Club zusammenkommen und mit Disco-Musik unterlegt sind. Dabei spielt Musik und Tanz eher eine untergeordnete Rolle und rückt erst im Finale etwas mehr in den Fokus, wenn Donna Summer zum Micro greift und auch „The Commodores“ ihren Auftritt haben. Bis dahin gibt es hoffnungsfrohe Disco-Besucher und ihre großen und kleinen Tragödien, die unter dem Licht der Discokugel eher oberflächlich beleuchtet werden. Vom spießigen Ehepaar, dass Abwechslung sucht, über junge Teenies und ihren ersten Disco-Besuch, zweifelhaften Dating-Versuchen bis hin zu abgespacten Hippiebraut ist auch alles dabei, was man sich dabei an einem Abend so erwarten kann und nicht zu sehr polarisiert. Lustig aber, dass in dem eher harmlos präsentierten Film im Hintergrund ganz ungeniert ständig Drogen und Poppers konsumiert werden und auch kein Geheimnis daraus gemacht wird, dass hier fast alle neben dem Dancefloor natürlich auch die Matratze im Kopf haben und was zum Knattern suchen. Was in „Gottseidank, es ist Freitag“ präsentiert wird, ist aber nicht unbedingt ein Abbild der Dancefloor-Realität aus den Siebzigern, die sich ja ohnehin mehr an der Ostküste ("Saturday Night Fever") abgespielt hat, sondern eher mehr ein weichgespültes, nicht ganz wertungsfreies und massenkompatibles Panoptikum für Außenstehende, die Ende der Siebziger neugierig waren, was in diesen neuartigen Clubs so alles abgeht. Für Disco-Fans hingegen ist das alles mäßig interessant, auch wenn ich natürlich auf die deutsche Fassung inklusive Dannenberg-Synchro neugierig wäre.
Extra Ordinary
Die etwas schrullige Rose hat das Talent Geister zu sehen und mit ihnen zu kommunizieren, doch nach dem unglücklichen Tod ihres Vaters – einer Kapazität auf diesem Gebiet – arbeitet sie lieber als Fahrlehrerin im hintersten Irland und ignoriert alles Paranormale auf gekonnte weise. Als sie eines Tages von dem Witwer Martin kontaktiert wird, der vom Geist seiner besitzergreifenden Frau terrorisiert wird, findet sie Gefallen an dem Mann und beschließt ihm zu helfen. Als dessen Tochter zusätzlich ins Visier eines abgehalfterten Popstars gerät, der ein jungfräuliches Opfer für einen Pakt mit dem Teufel benötigt, wird das ruhige Leben von Rose endgültig auf den Kopf gestellt. Dennoch bleibt zwischen aufkeimender Liebe und der Rettung der Welt auch noch genug Zeit, sich den eigenen Dämonen zu stellen.
Sympathische Gespensterkomödie aus irischer Produktion in Anlehnung an „Ghostbusters“ und „Der Exorzist“, der erwachsen daherkommt und auch mit seinen irischen Dorfsetting und schrulligen Charakteren punkten kann. „Extra Ordinary“ ist in seinen besten Momenten eine sehr lustige Komödie mit Wohlfühl-Charakter und dann wieder irgendwie doch nur mittelmäßig. Ich würde den Film ja eigentlich ganz toll finden wollen, aber irgendwie war er dann doch nicht so unterhaltsam, wie er hätte sein können, wenn man die Geschichte etwas entschlackt und sich mehr auf die Figuren und ihren Befindlichkeiten statt seinem CGI-Geisterbahn-Finale konzentriert hätte. Hier ist alles toll gespielt, die Geschichte ist eine originelle Mischung aus bekannten Elementen, die hier augenzwinkernd präsentiert werden und sieht zudem auch noch gut aus. So ist „Extra Ordinary“ für einen spaßigen Filmabend immer noch gut genug und macht schon Laune - gleichzeitig werde ich das Gefühl nicht los, dass hier noch mehr möglich gewesen wäre. Vielleicht wäre auch ein Serienformat hier einfach besser gewesen, als die vielen Ereignisse als Zitate-Kino in ein 90-Minuten-Korsett zu pressen.
Wir
Familie Wilson ist eine durchschnittliche schwarze Familie in Amerika, bestehend aus Mutter und Vater, einer Tochter in der Pubertät und einem introvertierten Jungen. Als diese eines Sommers in ihrem Ferienhaus ein paar Tage Urlaub verbringen, ist das der Beginn von seltsamen Zufällen, die sich im Umfeld der psychisch etwas angeschlagenen Mutter Adelaide ereignen. Alle Bedenken werden jedenfalls von Ehemann Gabe zerstreut, der sich auch rührend um seine Gattin sorgt. Eines Nachts erscheint eine vierköpfige Familie mit roter Bekleidung auf der Auffahrt, die den jeweiligen Familienmitgliedern zum Verwechseln ähnlich scheinen. Im Gegensatz zu den sympathischen Wilsons sind die nächtlichen Besucher jedoch aggressiv und beginnen die Familie zu terrorisieren und schon wenig später sind die Wilsons mitten in einem Überlebenskampf mit einem Gegner, der sie genau zu kennen scheint…
Mit „Get Out“ hat Jordan Peele ja schon ordentlich vorgelegt und mit „Wir“ setzt er meines Erachtens sogar noch einen drauf. Ein düsterer, surrealer Home-Invasion-Alptraum mit gesellschaftskritischer Komponente, der sein Ambiente von unbeschwerten Familienurlaub auf sehr drastische Weise kippen lässt, als eine Familie Besuch von identisch aussehenden Menschen bekommt. Dabei spielt der Film abermals geschickt mit Urängsten und Jordan Peele hat sichtlich Spaß daran, vieles was Erholung, Zerstreuung und Sicherheit verspricht mit einer bedrohlichen Atmosphäre und Doppelgänger-Mythos zu versehen. Sicherlich ist „Wir“ dabei natürlich kein Film für Leutchen, die für alles eine durchgehende Erklärung brauchen und der Film lässt auch offen, wie die Invasoren aus dem ominösen Untergrund tatsächlich zu werten sind. Sind diese unserer dunklen Seite entsprungen, oder ein personifiziertes, schlechtes Gewissen – jedenfalls ist es klar, dass unsere westliche Lebensweise auf Kosten anderer existiert und wir gut daran sind, alles Negative auszublenden und dafür lieber die Geldbörse aufzumachen, als Missstände tatsächlich zu ändern. Hier kommt jedenfalls so vieles zusammen und ergibt einen spannenden und alptraumhaften Film voller Symbolik und unbequemer Thematik, den man ebenfalls nicht so einfach vergessen wird.
Tusk
Wallace und Teddy haben gemeinsam einen Podcast im Internet, der sich mit skurrilen und interessanten Figuren beschäftigt, die von den beiden halblustigen Moderatoren teils auch vorgeführt werden. Als Wallace eines Tages nach Kanada fliegt und eine Internet-Berühmtheit zu interviewen, landet er durch eine Verkettung von eher unglücklichen Umständen im Haus von Howard Howe, der sich wenig später als psychopathischer Serienkiller entpuppt. Betäubt und unter Drogen gesetzt, ist der abgebrühte Wallace dann auch auf einmal selbst der Mittelpunkt einer grotesken Geschichte, die selbst die wildeste und menschliche Vorstellungskraft übersteigt.
Kevin Smith hat in den Neunzigern ja eine Handvoll Filme gedreht und Figuren kreiert, die es mit Slacker-Atmosphäre und Kiffer-Humor popkulturelle Spuren hinterlassen haben. Mittlerweisel macht er ja eher mit Gewichtsverlust, Werbung für Cannabis und anderen Dingen von sich reden und auch „Tusk“ entpuppt sich leider als überlanger Kiffer-Witz, der seine Pointe arg überstrapaziert und den man wohl auch nur im THC-Rauch so wirklich lustig finden wird. Im Grunde ist „Tusk“ eine Verarsche des Genre-Publikums und bedient sich an Werken wie „The Human Centipede“ oder auch „Die Haut in der ich wohne“ und überzeichnet den Body-Horror-Anteil auf groteske Weise. Soweit so gut, bietet „Tusk“ aber auch noch Momente in denen die Handlung bewusst sabotiert wird und statt Spannung gibt es auf einmal Laberlaber oder improvisierte Szenen mit einem bekannten Schauspielstar, der hier genau das bietet, was man von ihm gar nicht mehr sehen möchte und den Film und seine Story so gar nicht weiterbringen. Herausgekommen ist ein Film, der weder Fisch noch Fleisch ist und stets etwas zu bemüht auf skurril macht um auf einer Genre-Ebene krachend zu scheitern. Wer von uns hat nicht schon einmal im benebelten oder berauschten Zustand eine scheinbar grandiose Idee gehabt, die sich im nüchternen Zustand dann als völlig praxisuntauglich herausgestellt hat – „Tusk“ ist jedenfalls der Film dazu.
Der Schrei der Eule
Der erfolgreiche Konstrukteur Robert lebt mitten in einer Scheidung und hat in seiner Einsamkeit ein zweifelhaftes Hobby entwickelt. Er besucht nachts das Haus von Jenny, die er bei Alltagsarbeiten aus der Ferne beobachtet. Eines Tages wird er von Jenny entdeckt, doch anstatt die Polizei zu rufen bittet die junge Frau den Mann auf ein Gespräch zu sich ins Haus. Anfangs noch geschmeichelt drängt sich Jenny jedoch immer mehr in das Leben von Robert, der auch den Kopf für die Annäherungsversuche nicht frei hat. Später verlässt sie ihren Freund, der Robert zur Rede stellt und später spurlos verschwindet. Der Konstrukteur gerät unter Verdacht, wird offen angefeindet, doch der Alptraum ist da noch lange nicht zu Ende…
Ruhig erzählter Psychothriller über kaputte Menschen, Obsessionen und Mord, der sich um einen ambivalenten Charakter dreht, der es dem Zuschauer nicht wirklich leicht macht. Sympathieträger gibt es in „Der Schrei der Eule“ nicht und dennoch kann man gut nachvollziehen, warum der von allen Seiten bedrängte Mann, nachts Zerstreuung am scheinbar ruhigen Leben anderer Menschen sucht. Doch bald zerschlägt sich auch diese Illusion und das Stalking-Opfer wird selbst zur Täterin und setzt so eine Reihe von Ereignissen in Gang, die bald zu alptraumhaften Ereignissen führen. Regisseur Jamie Thraves inszeniert die Geschichte nach Patricia Highsmith jedoch immer betont ruhig und unaufgeregt, was zur Folge hat, dass „Der Schrei der Eule“ eher erwachsen wirkt und trotz seines Twists glaubhaft bleibt. Zudem spielt Paddy Considine seine Rolle als kaputter und ausgebrannter Konstrukteur auf der Suche nach Halt im Leben sehr gut und auch Julia Stiles passt in ihrer Rolle als ruhiges Landei mit Abgründen sehr gut. Mir ist auch keine der anderen beiden Verfilmungen bekannt, aber diese hier hat mir doch gut gefallen. Ein durchwegs spannender und schön gemachter Thriller voller interessanter Charaktere mit allerlei Problemen, der langsam aber effektiv bis zum bitteren Ende an der Eskalationsschraube dreht.