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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Sa 14. Jun 2025, 20:11
von jogiwan
Scarecrow in a Garden of Cucumbers

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Eines Tages beschließt Eve ihr Elternhaus in Kansas zu verlassen um in New York als Schauspielerin groß rauszukommen. Sie steigt aus dem Bus aus und im Chelsea Hotel ab um sich mit ihrer Freundin zu treffen, die ihr bei der Umsetzung ihres Plans mit entsprechenden Kontakten behilflich sein soll. Als Erstes muss jedoch eine leistbare Bude gefunden werden und dazu wird die Agentur der exzentrischen Mary Poppins zu Rate gezogen, die bei der Vermittlung helfen soll. Während sich Eve langsam an ein glamouröses Leben aus Mode, Party und Drogen gewöhnt, tingelt sie aufgebrezelt durch New York um eine Wohngemeinschaft und den Mann ihres Lebens zu finden. Beides jedoch mit mäßigem Erfolg, ehe ein neuerlichen Wohnortswechsel der Karriere entsprechende Impulse verleihen soll.

Lustige Mischung aus Komödie, Drama und Musical mit Holly Woodlawn und anderen Personen aus dem Umfeld von Andy Warhols Factory-Bewegung in den Hauptrollen, dass natürlich auch entsprechend exzentrisch um die Ecke biegt. Holly als etwas naive Eve stolpert durch obskure Begegnungen und einem New York der frühen Siebzigerjahre, dass sich als Hoffnungsort vieler aufstrebender Künstler bereits fest etabliert hatte. Herausgekommen ist ein spannendes Zeitdokument, dass zwar weniger als Komödie funktioniert, aber trotzdem Spaß macht. „Scarecrow in a Garden of Cucumbers“ ist einer der ersten Filme mit einer Tans-Darstellerin und Aktivistin, Darstellerin und Sängerin Holly Woodlawn ja vor allem deswegen bekannt, weil Lou Reed ihr einst „Take a walk on the wild side“ gewidmet und auf den Leib geschrieben hat. Dazu kommen noch viele andere spannende Figuren, schmissige Songs, zweideutige Gags und viel Lokal- und Zeitkolorit, dem man auch gerne verzeiht, dass der Streifen doch recht episodenhaft daherkommt und nicht jeder Gag und Musiknummer so hundertprozentig im Kontext der Handlung sitzt.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Mo 16. Jun 2025, 19:58
von jogiwan
Tochter des Teufels

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In den letzten zehn Jahren hat Osgood Perkins auch schon fünf interessante und ungewöhnliche Filme zu verantworten, die seinen Ruf als etwas exzentrischer Genre-Regisseur festigen, der bei seinem Filmen mehr auf Atmosphäre, als auf Logik setzt. Und so ist auch „Die Tochter des Teufels“ mit seinen winterlichen Settings und reduzierter Geschichte über die seltsamen Vorkommnisse in einem elitären Mädcheninternat in den Winterferien ausgefallen, der von Beginn an auf eine unheilvolle Stimmung setzt. Die Geschichte wird ja recht subtil erzählt und wie man die Handlung interpretieren möchte, bleibt wohl größtenteils dem Zuschauer überlassen. „Die Tochter des Teufels“ ist auch eher wie ein Puzzle, dass man erst zusammensetzen muss, damit die unterschiedlichen Handlungsstränge zueinanderfinden, oder eben auch nicht. Dabei ist durchaus die Konzentration des Publikums gefordert und allzu leicht übersieht man zu Beginn Details, die sich am Ende als durchaus relevant entpuppen. Einfach macht des Herr Perkins Junior bei seinem Debüt eigentlich niemanden und dennoch hat der Film dank seinen starken Damen-Trios in den Hauptrollen durchaus meinen bescheidenen Geschmack getroffen.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Di 17. Jun 2025, 19:46
von jogiwan
I Am the Pretty Thing That Lives in the House

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Lily ist Hospiz-Schwester und soll eine demente Schriftstellerin in ihrem abgelegenen Haus und letzten Lebensabschnitt begleiten. Was als Routine-Job für die etwas ängstliche Krankenschwester beginnt, wandelt sich aber zunehmend zu einem subtilen Albtraum, als Lily die Geschichte des Hauses und von einer verschwundenen Frau erfährt, deren Schicksal nie vollends geklärt wurde. In dem Schaffen ihres bettlägrigen Schützlings findet sich ein Roman, der von den Gegebenheiten vor Ort inspiriert scheint und auch Lily fühlt sich zunehmend von einem Geist beobachtet und verfolgt…

Wie entsteht eigentlich ein Spukhaus bzw. war veranlasst Geister dazu, in unserer Welt zu verharren, anstatt sich einen anderen Ort zu suchen? Diese oder ähnliche Frage scheint sich Osgood Perkins in seinem Regie-Zweitling „I am the Pretty Thing that lives in the House“ für Netflix gestellt zu haben und präsentiert uns einen abermals etwas sperrigen und subtilen Grusler mit Haunted-House-Thematik, dass sich den üblichen Konventionen des Genres widersetzt. Das Haus ist weder finster, noch sonderlich gruselig, die Spannung wird eher ab- als aufgebaut und auch sonst entwickelt sich der Streifen leider immer etwas zäh und langatmig. Schon zu Beginn erfährt der Zuschauer durch ein Voice-Over mehr oder minder, was sich in den darauffolgenden neunzig Minuten ereignet und viel passiert eigentlich sowieo nie. Die Ansätze mögen zwar interessant erscheinen, aber irgendwie funzt das alles nicht – zumindest nicht für einen Film, der einen den wohligen Schauer auf den Rücken zaubern sollte. Auch die Figuren bleiben oberflächlich gezeichnet und vor allem die zentrale Figur nicht sonderlich interessant oder vielschichtig. Im Grunde ist der Film ziemlich fad und der Versuch der „Haunted House“-Thematik einen neuen Impuls zu verleihen, würde ich hier bei aller Liebe doch als ziemlich gescheitert erachten.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Mi 18. Jun 2025, 19:54
von jogiwan
Gretel und Hänsel

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jogiwan hat geschrieben: Mo 3. Mai 2021, 06:53 Schön in Szene gesetzter Streifen für Erwachsene, die Motive von Grimms-Märchen aufgreift, die Geschichte auseinandernimmt und auch die Figuren in neuer Relation zueinander setzt. Dabei ist auch der Ansatz ein völlig anderer und der Streifen entwickelt in wunderschönen Bildern und ruhiger Erzählweise eine völlig eigene Atmosphäre, die ich auch sehr ansprechend fand. Natürlich wird es auch Leute geben, die „Gretel & Hänsel“ eher langweilig finden werden und auch die Geschichte etwas dem Zeitgeist angebiedert, aber ich fand die Mischung aus Arthouse, Horror und bedeutungsschwangerer Szenerie doch recht spannend. Die Bilder sehen grandios aus und auch die Settings und das Sounddesign, an denen sich die Handlungszeit nur schwer festmachen lässt, haben mir außerordentlich gut gefallen. Darstellerisch gibt es ebenfalls nichts zu meckern und sowohl Sophia Lillis als Gretel und das Wiedersehen mit Alice Krige („Schlafwandler“) hat mir große Freude bereitet. Am besten unvorbereitet und unbefangen in das Geschehen eintauchen, die Verweise an das italienische Genre-Kino entdecken und 85 Minuten herrlich entrückte Stimmung mit abgründigen Folklore-Horror am eigenen Leib und mit allen Sinnen genießen.
Gestern nochmals geguckt, ist der Film gleich nochmals in meiner Gunst gestiegen. Sehr schön in Szene gesetzt, sehr interessant und vielschichtig von der Thematik her. Ein "Märchenfilm" für Erwachsene mit bekannten Motiven und vielen Verweisen auf Genre-Klassiker, der dennoch völlig eigeständig bleibt.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Do 19. Jun 2025, 19:47
von jogiwan
The Evil Within - Töte alles, was du liebst

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Gemeinsam mit seinem älteren Bruder John lebt der geistig zurückgebliebene Dennis in einem Haus in den Hollywood Hills und wird seit jungen Jahren von Alpträumen verfolgt, die es dem jungen Mann schwer machen, zwischen Traum und Realität zu unterscheiden. Während sich John rührend um seinen jüngeren Bruder kümmert, leidet auch dessen Beziehung und eine Sozialarbeiterin ist ebenfalls überzeugt, dass Dennis in einem staatlichen Heim besser aufgehoben wäre. Wenig später werden die Träume von Dennis immer schlimmer und sein Spiegelbild beginnt, ihm seltsame Dinge aufzutragen, die den jungen Mann und sein Umfeld immer weiter an den Rand des Abgrunds drängt.

Sperriger Horrorfilm mit turbulenter Entstehungsgeschichte von über 15 Jahren, dessen Premiere der Regisseur auch nicht mehr erlebte. Irgendwie merkt man das dem Streifen auch an, der aber trotz kleinerer Holprigkeiten, doch eine recht ungewöhnliche Wirkung erzielt. Die Geschichte wird ja aus einem ungewöhnlichen Blickwinkel erzählt und Andrew Getty hatte wohl das Ziel, dass man sich als Zuschauer nie sicher sein kann, was Alptraum, Realität oder der Fantasie eines geistig zurückgebliebenen Mannes und dessen Wunsch nach Normalität entsprungen ist. Dazu vermischen sich auch noch weitere Dinge, bis einem das Finale dann endgültig die Kinnlade runterklappen lässt. Regisseur Andrew Getty war ja ein Millionenerbe, der selbst durch seinen jahrelangen Drogenkonsum und andere Dinge Schlagzeilen machte und dessen filmisches Schaffen nach seinem Tod von einem Wegbegleiter zu Ende geführt wurde. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Streifen nicht den Geschmack der breiten Masse findet, aber für eine aktuelle Produktion ist „The Evil Within“ auf mehreren Ebenen eher ungewöhnlich, sodass man dem Streifen durchaus eine Chance geben sollte, selbst wenn einem das Ergebnis etwas zwiespältig zurücklässt.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Fr 20. Jun 2025, 18:54
von jogiwan
Spirit Trap - Die Geisterfalle

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Durch eine studentische Zimmervermittlung landen fünf Studenten in einem etwas heruntergekommenen Haus, das eigentlich viel groß für die ausgerufenen Mietpreis ist. Schon das Kennenlernen ist jedoch nicht ganz konfliktfrei und die unterschiedlichen Persönlichkeiten und Lebensentwürfe sorgen schon am ersten Tag für etwas Reibung. Als der bodenständige Nick eine uralte Standuhr repariert, setzt jenes unheimliche Vorgänge in Gang und die Anwesenden werden nicht nur sprichwörtlich von den Geistern ihrer Vergangenheit eingeholt. Das alte Haus hat ebenfalls eine unrühmliche Geschichte und stellt seine Forderungen an seine Gäste, die dafür auch einen hohen Preis bezahlen werden…

Seltsam lieblos anmutende Mischung aus Haunted-House, Geister-Drama und überambitionierten Horrorfilm mit unterschiedlichen Zeitebenen, der etwas daran kränkelt, dass er sich für nichts so richtig entscheiden kann. Das Reparieren einer Uhr setzt dramatische Dinge in Gang, wobei man eigentlich nie so richtig erfährt, warum sich die jungen Leute überhaupt in dem Haus eingefunden haben und was die ominöse Uhr für eine Funktion haben soll. Irgendwann kommen Nachrichten aus dem Jenseits ins Spiel, unrühmliche Dinge aus der Vergangenheit und eine Love-Story aus einer anderen Zeit, die hier munter miteinander vermengt werden. Spannung oder dergleichen kommt ja nicht wirklich aus und irgendwie hat man das Gefühl, die jungen Leute gehen den lieben langen Tag von einem Zimmer ins Nächste und sich gegenseitig auf die Nerven, bis die ganze Sache eskaliert. Die Figuren sind einfach gestrickt und entweder sympathisch oder nicht, die Kulissen sehen sehr nach Studio aus und Spannung und Grusel sucht man ebenfalls vergeblich. „Spirit Trap“ bietet dem geeichten Horrofan jedenfalls nicht viel Neues und punktet – wenn überhaupt - eher humorvoll mit seinen Mängeln, als durch seine Atmosphäre.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Sa 21. Jun 2025, 19:49
von jogiwan
Gums

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In dem beschaulichen Küstenort Great Head ist von einem Tag auf den anderen die Hölle los: eine Oralsex-fixierte Meerjungfrau bläst männliche Schwimmer unter Wasser zu Tode und Sherriff Cockswell, Bürgermeister Ike und Dr. Smegma haben alle Hände von zu tun um der Situation Herr zu werden. Flugs wird eine Belohnung ausgeschrieben, die auch allerlei hoffnungsfrohe Meerjungfrauen-Jäger und -innen in die Stadt treibt. Doch diese ist nicht so einfach zu fangen und sorgt dafür, dass noch viele weitere Männer ihrer Lust zum Opfer fallen und selbst der weiße Hai zum harmlosen Goldfisch verkommt.

Mit zwei Anläufen hat es dann doch noch geklappt – nur besser wird der Film damit leider auch nicht. Die Erwachsenen-Parodie auf „Jaws“ mit einer Meerjungfrau, die auf orale Weise arglose Schwimmer und -innen ermordet, bietet leider nur idiotische Figuren und dämliche Gags. Auch der HC-Anteil ist minimal, da Grafiken über die interessanten Teile montiert wurden, sodass man die sexuellen Dinge nur erahnen kann. Dazu gibt es neben einem Dr. Smegma und dem trotteligen Sherriff auch noch einen deutschen Nazi, der mit seiner S.S. Cunnilingus und Geheimwaffe Jagd auf die Meerjungfrau macht und dabei Nazi-Sprech zum Besten gibt. Wer gerne Hunden beim Vögeln zuschaut, oder es witzig findet, wenn sich Schwarze im Pferdestall einen runterholen, weil eine nackte weiße Frau auf einem Pony vorbeireitet, ist hier vermutlich an der richtigen Stelle, aber alle anderen werden hier eher berechtigt die Nase rümpfen. Am Ende gibt es zwar noch einen netten Kniff, wenn die Hauptdarsteller kurzerhand gegen Puppen ausgetauscht werden, die dann auch noch ein Lied zum Besten geben, aber insgesamt gesehen ist „Gums“ doch eine sehr schwache Nummer.

Suroh: Alien Hitchhiker

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Paul ist Journalist für eine zweitklassige Zeitung und soll einen Kongress von Alien-Experten besuchen, wo es um Außerirdische und deren Kontakt zur menschlichen Zivilisation gehen soll. Zwischen obskuren Sichtungen und bizarren Meldungen bleibt aber auch noch Zeit einen alten Freund zu besuchen, der im Gegensatz zu Paul fest davon überzeugt ist, dass Aliens existieren und ein Teil der uns bekannten Religion sogar im außerirdischen Leben seinen Ursprung findet. Paul hingegen glaubt nicht an die Existenz von Aliens und ist auch wenig erfreut, einen Artikel darüber schreiben zu müssen, als eines Nachts gar seltsames passiert. Auf dem Weg nach Hause findet Paul einen gestrandeten und verletzten Alien und nimmt diesem mit auf sein Hotelzimmer, wo in weiterer Folge sein Empfinden über Aliens und auch sein Sexualleben kurzerhand auf den Kopf gestellt werden…

Experimentieller SoV-Film von Regisseur Patrick McGuinn, der neben Comedy und Malerei vor allem durch seine queeren Kurzfilme bekannt ist. „Suroh: Alien Hitchhiker“ ist aber eher eine Fingerübung mit wenig Budget und vermischt Spielfilm mit Videokunst und sehr viel Schwurbelei aus der Alien-Szene, dass zur Zeit der Entstehung durch „Akte X“ wohl gerade seinen Höhepunkt erlebte. Die Geschichte über einen Journalisten, der nüchtern Fakten analysiert und dann auf ein Alien trifft, entwickelt sich ja hübsch unberechenbar und nimmt dann auch einen netten Twist, den ich natürlich nicht verraten möchte. Als herkömmlichen Spielfilm würde ich „Suroh: Alien Hitchhiker“ aber nicht verorten, da er insgesamt doch zu speziell und sonderbar daherkommt und wohl auch mit einem Mini-Budget realisiert wurde. Das Ganze geht auch eher in Richtung Midnight-Movie und richtet sich an ein aufgeschlossenes Publikum, das auch die ein oder andere langweilige Minute zu überstehen hat, wenn ausführlich über Aliens und mögliche Kontakte zu den Menschen referiert ist. Auf der Scheibe von „Bleeding Skull“ sind aber auch noch allerlei Kurzfilme, die passenderweise auch kurzweiliger daherkommen. Insgesamt interessant, aber doch nur für ein eingeschränktes Publikum.