Re: Was vom Tage übrigblieb ...
Verfasst: Fr 20. Okt 2023, 07:25
Der Herr der Ringe: Die Gefährten (Peter Jackson, 2001) 10/10
Der Herr der Ringe: Die zwei Türme (Peter Jackson, 2002) 8/10
Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs (Peter Jackson, 2003) 9/10
Eine persönliche Betrachtung
Ende der 70er-Jahre sah der kleine Maulwurf das Buch Der Herr der Ringe in der Vorweihnachtszeit in einem Buchgeschäft ausliegen. Es war damals das Alter und die Zeit, wo man mit beginnender Pubertät Räucherstäbchen anzündete, Tee trank und George Orwell las. Oder eben J.R.R. Tolkien. Meine Eltern schenkten mir das Buch zu Weihnachten, das müsste 1979 gewesen sein, und irgendwie war dies der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Fünfmal habe ich die Geschichte seitdem gelesen, einmal sogar in der Zeit von sage und schreibe 14 Tagen, und fünfmal haben die Figuren und die Ereignisse dieser epischen Saga vor meinem geistigen Auge Gestalt angenommen.
Irgendwann in den 80ern habe ich dann den Zeichentrickfilm DER HERR DER RINGE von Ralph Bakshi im Kino gesehen und war auch durchaus angetan, aber große Begeisterung sieht irgendwie umwerfender aus. Die Bildgestaltung, vor allem derjenige Teil der via Rotoskopie erstellt wurde, war sehr beeindruckend, aber die Umsetzung der Geschichte an sich blieb weit hinter der Erwartungen zurück. Zu bruchstückhaft schien die Erzählung, und dass sämtliche Handlungsstränge mittendrin abbrachen für einen zweiten Teil, der in Deutschland viele Jahre später nur als das Gerücht einer mittelmäßigen TV-Sendung auftauchte, machte die Sache nicht besser. Trotzdem, einige Bilder blieben sehr nachdrücklich hängen: Die Nazgûl, die in Bree die Betten der Hobbits zerhacken. Gollum auf seinem einsamen Felsen in der Höhle. Aragorn, Gimli und Legolas die durch Rohan rennen, auf der Suche nach den Orks. Ja, und natürlich die Orks, die unglaublich schrecklich und richtig furchteinflößend anzusehen waren.
Sehr viele Jahre später hieß es, dass Peter Jackson die Geschichte verfilmt, und die Skepsis war damals durchaus groß. Hollywood-Format, das bedeutet unnötige Liebesgeschichten, pompöse Schwertkämpfe im Highlander-Format mit grinsenden Gesichtern und poppiger Musik, und vor allem Änderungen an Charakteren und Handlung, die dem Produzenten sonst zu komplex und zu schwierig vorkommen. So meinte man …
Und dann saß der Maulwurf im Dezember 2001 im Kino, im großen Kino, vor der ganz großen Leinwand des Multiplex, 6. oder 7. Reihe, und war gespannt. Das Licht ging aus, der Teaser begann, und ich versank fast augenblicklich bis zur Nasenspitze in diesen überwältigenden Bildern. Irgendwann kam ich mal kurz an die Oberfläche, murmelte dass ich den Soundtrack unbedingt bräuchte, und versank wieder in diesem Strudel aus Bildern, Geräuschen und Stimmungen. Bis zum letzten Ton des Abspanns blieb ich sitzen, um nur ja nichts zu verpassen. Peter Jackson schaffte es, die Bilder, die ich während des Lesens im Kopf hatte, 1:1 auf die Leinwand zu bannen. Und die wenigen Nebenhandlungen oder Ereignisse die nicht im Buch waren, passten so gut zur Geschichte, dass ich mich fragte, warum Tolkien sie vergessen hatte zu erzählen.
Ein Jahr später kam der zweite Teil und wiederum ein Jahr später der dritte. Die Magie war immer noch da, wenngleich auch nicht mehr ganz so groß wie beim ersten Teil. Es kamen die DVDs der Kinofassung, und es kam die DVD der Extended Version. Concerning Hobbits stand auf dem Bildschirm, und wieder war ich bis zur Nasenspitze in Tolkiens Universum gefangen und verfolgte fasziniert, wie dieser Regisseur es schaffte, meine ganz persönlichen(!) Vorstellungen in bewegte Bilder umzuwandeln. DIE GEFÄHRTEN ist bis heute, nach hunderten von europäischen Genrefilmen der 50-er bis 80er-Jahre, immer noch einer meiner Lieblingsfilme geblieben.
2021, 20 Jahre nach Erscheinen und 10 Jahre nach der letzten Sichtung, gab es mal wieder den HERR DER RINGE auf DVD: Am ersten Wochenende Teil 1, am darauffolgenden Wochenende Teil 2 und 3 hintereinander weg. Was bereits verdeutlicht, dass die Bilder ihre Wirkung bei mir immer noch nicht verfehlen. Dass ich immer noch in diese Welt gesogen werde, mit den Hobbits durch die Wildnis südlich von Bruchtal streife, mit den Helden durch Rohan renne und vor Gondor in der Schlacht versuche am Leben zu bleiben. 10 Jahre besserer und schlechterer Genrefilme haben nichts daran geändert, dass Liv Tyler the most sexy Elbenfrau in the World ist. Dass die Selbstgespräche von Gollum das gesamte Spektrum menschlicher Gänsehaut ausloten. Und dass Elijah Wood vor allem im zweiten und dritten Teil stellenweise ganz schön nervt mit seiner versteinerten Ich-bin-der-Ringträger-und-keiner-hat-mich-lieb-Miene. Immer noch behaupte ich, dass Gandalf im zweiten Teil in der Kinoversion keine Sprechrolle ergattern konnte, so wenig Text hat er aufzusagen, und immer noch ist das hehre Pathos von König Theodén fast unerträgliches Proud Boys-Geschwätz.
Es sind aber auch neue Aspekte dazugekommen. So finde ich Aragorns Verhalten gegenüber unverschämten Dummköpfen beneidenswert geduldig und nachsichtig, etwas, was ich definitiv noch zu lernen habe, bevor ich König werde (oder zumindest Teamleiter). Und die Kindereien von Pippin gehen mir mittlerweile ein klein wenig auf die Nerven, dafür habe ich angefangen Merry zunehmend ins Herz zu schließen. Ich glaube, ich sollte mir den Film mal im Originalton anschauen – Dominic Monaghans breiter schottischer Dialekt dürfte sehr lustig klingen.
Nach wie vor ist DIE GEFÄHRTEN für mich das ultimative Filmerlebnis, während DIE ZWEI TÜRME in seiner Schlachtenverliebtheit irgendwann zu viel wird, der Kopf dröhnt nach dem Wort Ende, und DIE RÜCKKEHR DES KÖNIGS in seiner Epik und seinem Pathos fast erstickt. Manchmal gehen mir die gedrechselten Satzbauten vor allem der Elben gehörig auf den Zeiger, während links und rechts die Krieger dahinsinken und die Musik zu geradezu gewaltverherrlichendem Bombast anschwillt.
Auf der anderen Seite dann aber auch immer wieder dieser Realismus, den ich seitdem auch in anderen Hollywoodfilmen beobachten kann. Die Haare der Helden sind fettig und strähnig, und nur wenn Kampfpause war, können sie auch mal daran denken, den Kopf zu waschen. Die Fingernägel sind schmutzig, die Hände zerschrammt und die Kleidung hat diesen speziellen 10-Tage-in-der-Wildnis-Look, der ausgesprochen echt rüberkommt. Auch bei den Orks sind manches Mal Details zu entdecken die einem klarmachen, wieviel Liebe und Arbeit in diesem Film wirklich steckt. Verstümmelungen, abgebrochene Fingernägel … Kaum ein Ork sieht aus wie der andere, und wenn man sich die Mühe macht Massenszenen wie diejenigen im Mordor des dritten Teils mal genauer zu betrachten, dann wird einem fast schwindelig ob solcher Detaillierung.
Irgendwie haben die Filme es geschafft, nicht zu altern, ihre Faszination zu behalten, und immer noch zu verzaubern. Die HERR DER RINGE-Verfilmungen haben vor 20 Jahren Maßstäbe gesetzt, und sie wirken immer noch aktuell und zeitgemäß, gerade deswegen, weil Peter Jackson ein verdammter Filmliebhaber ist und jeden Filmmeter so behandelt, als ob er ein eigener Film wäre. Keiner der Filme, bei allen Kritikpunkten die man einwenden kann, wirkt jemals, als ob ein Major-Studio seinen stromlinienförmigen Willen durchgesetzt hat. Der unbedingte Wille Jacksons zur Werktreue (ja ja, ich weiß, Abweichungen hat es mehr als genug, aber die Atmosphäre und der Gesamteindruck, die sind stimmig zum Buch!) und zu einer gründlichen und liebevollen Umsetzung hat sich bewährt. Und selbst Tage oder Wochen nach der Sichtung, wenn einem im Alltag Szenen aus dem Film einfallen, gleich aus welchem Teil, rutscht man ganz unweigerlich wieder nach Mittelerde.
Oder anderes ausgedrückt: Verdammt geiles Kino!! Ich bin gespannt, was die nächste Sichtung in 10 Jahren bringen wird …
Der Herr der Ringe: Die zwei Türme (Peter Jackson, 2002) 8/10
Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs (Peter Jackson, 2003) 9/10
Eine persönliche Betrachtung
Ende der 70er-Jahre sah der kleine Maulwurf das Buch Der Herr der Ringe in der Vorweihnachtszeit in einem Buchgeschäft ausliegen. Es war damals das Alter und die Zeit, wo man mit beginnender Pubertät Räucherstäbchen anzündete, Tee trank und George Orwell las. Oder eben J.R.R. Tolkien. Meine Eltern schenkten mir das Buch zu Weihnachten, das müsste 1979 gewesen sein, und irgendwie war dies der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Fünfmal habe ich die Geschichte seitdem gelesen, einmal sogar in der Zeit von sage und schreibe 14 Tagen, und fünfmal haben die Figuren und die Ereignisse dieser epischen Saga vor meinem geistigen Auge Gestalt angenommen.
Irgendwann in den 80ern habe ich dann den Zeichentrickfilm DER HERR DER RINGE von Ralph Bakshi im Kino gesehen und war auch durchaus angetan, aber große Begeisterung sieht irgendwie umwerfender aus. Die Bildgestaltung, vor allem derjenige Teil der via Rotoskopie erstellt wurde, war sehr beeindruckend, aber die Umsetzung der Geschichte an sich blieb weit hinter der Erwartungen zurück. Zu bruchstückhaft schien die Erzählung, und dass sämtliche Handlungsstränge mittendrin abbrachen für einen zweiten Teil, der in Deutschland viele Jahre später nur als das Gerücht einer mittelmäßigen TV-Sendung auftauchte, machte die Sache nicht besser. Trotzdem, einige Bilder blieben sehr nachdrücklich hängen: Die Nazgûl, die in Bree die Betten der Hobbits zerhacken. Gollum auf seinem einsamen Felsen in der Höhle. Aragorn, Gimli und Legolas die durch Rohan rennen, auf der Suche nach den Orks. Ja, und natürlich die Orks, die unglaublich schrecklich und richtig furchteinflößend anzusehen waren.
Sehr viele Jahre später hieß es, dass Peter Jackson die Geschichte verfilmt, und die Skepsis war damals durchaus groß. Hollywood-Format, das bedeutet unnötige Liebesgeschichten, pompöse Schwertkämpfe im Highlander-Format mit grinsenden Gesichtern und poppiger Musik, und vor allem Änderungen an Charakteren und Handlung, die dem Produzenten sonst zu komplex und zu schwierig vorkommen. So meinte man …
Und dann saß der Maulwurf im Dezember 2001 im Kino, im großen Kino, vor der ganz großen Leinwand des Multiplex, 6. oder 7. Reihe, und war gespannt. Das Licht ging aus, der Teaser begann, und ich versank fast augenblicklich bis zur Nasenspitze in diesen überwältigenden Bildern. Irgendwann kam ich mal kurz an die Oberfläche, murmelte dass ich den Soundtrack unbedingt bräuchte, und versank wieder in diesem Strudel aus Bildern, Geräuschen und Stimmungen. Bis zum letzten Ton des Abspanns blieb ich sitzen, um nur ja nichts zu verpassen. Peter Jackson schaffte es, die Bilder, die ich während des Lesens im Kopf hatte, 1:1 auf die Leinwand zu bannen. Und die wenigen Nebenhandlungen oder Ereignisse die nicht im Buch waren, passten so gut zur Geschichte, dass ich mich fragte, warum Tolkien sie vergessen hatte zu erzählen.
Ein Jahr später kam der zweite Teil und wiederum ein Jahr später der dritte. Die Magie war immer noch da, wenngleich auch nicht mehr ganz so groß wie beim ersten Teil. Es kamen die DVDs der Kinofassung, und es kam die DVD der Extended Version. Concerning Hobbits stand auf dem Bildschirm, und wieder war ich bis zur Nasenspitze in Tolkiens Universum gefangen und verfolgte fasziniert, wie dieser Regisseur es schaffte, meine ganz persönlichen(!) Vorstellungen in bewegte Bilder umzuwandeln. DIE GEFÄHRTEN ist bis heute, nach hunderten von europäischen Genrefilmen der 50-er bis 80er-Jahre, immer noch einer meiner Lieblingsfilme geblieben.
2021, 20 Jahre nach Erscheinen und 10 Jahre nach der letzten Sichtung, gab es mal wieder den HERR DER RINGE auf DVD: Am ersten Wochenende Teil 1, am darauffolgenden Wochenende Teil 2 und 3 hintereinander weg. Was bereits verdeutlicht, dass die Bilder ihre Wirkung bei mir immer noch nicht verfehlen. Dass ich immer noch in diese Welt gesogen werde, mit den Hobbits durch die Wildnis südlich von Bruchtal streife, mit den Helden durch Rohan renne und vor Gondor in der Schlacht versuche am Leben zu bleiben. 10 Jahre besserer und schlechterer Genrefilme haben nichts daran geändert, dass Liv Tyler the most sexy Elbenfrau in the World ist. Dass die Selbstgespräche von Gollum das gesamte Spektrum menschlicher Gänsehaut ausloten. Und dass Elijah Wood vor allem im zweiten und dritten Teil stellenweise ganz schön nervt mit seiner versteinerten Ich-bin-der-Ringträger-und-keiner-hat-mich-lieb-Miene. Immer noch behaupte ich, dass Gandalf im zweiten Teil in der Kinoversion keine Sprechrolle ergattern konnte, so wenig Text hat er aufzusagen, und immer noch ist das hehre Pathos von König Theodén fast unerträgliches Proud Boys-Geschwätz.
Es sind aber auch neue Aspekte dazugekommen. So finde ich Aragorns Verhalten gegenüber unverschämten Dummköpfen beneidenswert geduldig und nachsichtig, etwas, was ich definitiv noch zu lernen habe, bevor ich König werde (oder zumindest Teamleiter). Und die Kindereien von Pippin gehen mir mittlerweile ein klein wenig auf die Nerven, dafür habe ich angefangen Merry zunehmend ins Herz zu schließen. Ich glaube, ich sollte mir den Film mal im Originalton anschauen – Dominic Monaghans breiter schottischer Dialekt dürfte sehr lustig klingen.
Nach wie vor ist DIE GEFÄHRTEN für mich das ultimative Filmerlebnis, während DIE ZWEI TÜRME in seiner Schlachtenverliebtheit irgendwann zu viel wird, der Kopf dröhnt nach dem Wort Ende, und DIE RÜCKKEHR DES KÖNIGS in seiner Epik und seinem Pathos fast erstickt. Manchmal gehen mir die gedrechselten Satzbauten vor allem der Elben gehörig auf den Zeiger, während links und rechts die Krieger dahinsinken und die Musik zu geradezu gewaltverherrlichendem Bombast anschwillt.
Auf der anderen Seite dann aber auch immer wieder dieser Realismus, den ich seitdem auch in anderen Hollywoodfilmen beobachten kann. Die Haare der Helden sind fettig und strähnig, und nur wenn Kampfpause war, können sie auch mal daran denken, den Kopf zu waschen. Die Fingernägel sind schmutzig, die Hände zerschrammt und die Kleidung hat diesen speziellen 10-Tage-in-der-Wildnis-Look, der ausgesprochen echt rüberkommt. Auch bei den Orks sind manches Mal Details zu entdecken die einem klarmachen, wieviel Liebe und Arbeit in diesem Film wirklich steckt. Verstümmelungen, abgebrochene Fingernägel … Kaum ein Ork sieht aus wie der andere, und wenn man sich die Mühe macht Massenszenen wie diejenigen im Mordor des dritten Teils mal genauer zu betrachten, dann wird einem fast schwindelig ob solcher Detaillierung.
Irgendwie haben die Filme es geschafft, nicht zu altern, ihre Faszination zu behalten, und immer noch zu verzaubern. Die HERR DER RINGE-Verfilmungen haben vor 20 Jahren Maßstäbe gesetzt, und sie wirken immer noch aktuell und zeitgemäß, gerade deswegen, weil Peter Jackson ein verdammter Filmliebhaber ist und jeden Filmmeter so behandelt, als ob er ein eigener Film wäre. Keiner der Filme, bei allen Kritikpunkten die man einwenden kann, wirkt jemals, als ob ein Major-Studio seinen stromlinienförmigen Willen durchgesetzt hat. Der unbedingte Wille Jacksons zur Werktreue (ja ja, ich weiß, Abweichungen hat es mehr als genug, aber die Atmosphäre und der Gesamteindruck, die sind stimmig zum Buch!) und zu einer gründlichen und liebevollen Umsetzung hat sich bewährt. Und selbst Tage oder Wochen nach der Sichtung, wenn einem im Alltag Szenen aus dem Film einfallen, gleich aus welchem Teil, rutscht man ganz unweigerlich wieder nach Mittelerde.
Oder anderes ausgedrückt: Verdammt geiles Kino!! Ich bin gespannt, was die nächste Sichtung in 10 Jahren bringen wird …