Deliria-Italiano

(98)

Spuren auf dem Mond Sind die Sets anfangs noch eher als spärlich zu bezeichnen, schwebt Vittorio Storaros Kamera danach fast schon traumwandlerisch schwelgend durch üppig ausgestattete Räume, Bauten und Landschaften, dass es eine Wonne ist.
Alles unterstreicht dabei Florinda Bolkans Reise durch Wahn, Realität und Paranoia.
Wer ist sie? Was sind das für eigenartige Träume? Warum kann sie sich an bestimmte Gegebenheiten nicht erinnern?
Ein wunderschöner Film!
"Du warst hier, weil Du Liebe gesucht hast und Schutz. Ich kann Dir beides geben."

(99)

Und noch ein koreanischer Blockbuster.

Steel Rain 2018.
Netflix.
Ein nordkoreanischer Agent gerät in ein Putsch-Komplott, bei dem sogar der "große Anführer" angeschossen und lebensgefährlich verletzt wird.
Er versucht ihn zu retten und es verschlägt ihn auf die südkoreanische Seite. Paradoxerweise führt dies aber zu einer Kriegserklärung gegenüber Südkorea, da die Putschisten ebenso nichts gutes im Schilde führen. Südkorea muss sogar den "großen Anführer" retten, um eventuell die Situation in den Griff zu bekommen. Zufälligerweise trifft der besagte Agent auf einen Mitarbeiter des südkoreanischen Ministeriums für irgendwas und sie versuchen gemeinsam, einen Atomkrieg zu verhindern.
Hört sich verwegen an? Ist es auch. Die Story ist natürlich mit Zufällen zusammen geschustert, wie es nur im Film vorkommen kann. Das ist aber alles gut gemacht und wie im koreanischen Kino üblich mit weiteren Unfassbarkeiten gespickt. So nimmt ein verletzter nordkoreanischer Killer an sich selbst einen Luftröhrenschnitt vor. Hat man so glaube ich auch noch nicht gesehen. Der Film wechselt zwischendurch immer mal wieder die Tonart. Actionfilm, Kriegsfilm, ein bisschen "Roter Oktober' bzw. Jack Ryan, wenn es um Annäherung und Verhandlungen geht, natürlich Culture Clash Film, wenn Nord- auf Südkorea trifft und es gibt sogar Elemente des Buddie-Movies.
An den Kinokassen kam dieser Mix gut an. Bei mir auch.

(100)

Zum Hundertsten gönn ich mir mal was feingeistiges.

"Soll doch der Priester die Gangster zurück ins Gefängnis beten!"
Stadt in Panik Gefängnisausbruch, Mord und Totschlag. Der neue Fall von Kommissar Murri (Merli) hat es in sich. Dazu noch sein übliches Tagwerk. (Bankraub, Geiselnahmen und in der Freizeit noch Hools aus dem Bus schmeißen)
Und dabei ist er doch schwerst traumatisiert, da seine Frau und Tochter ermordet wurden. Aber gerade das ist auch sein Antrieb. Seine Vorgesetzten wissen das und werfen ihm dies auch immer wieder vor. Unnötige Gewalt wird nicht toleriert. Im nächsten Satz werden aber auch sogleich die Erfolge gefeiert.
Murri-Merli wirkt wie eine frühe Version der City Cobra und bei der Bus-Szene musste ich spontan an NOBODY mit Odenkirk denken.
Maurizio Merli walzt auf jeden Fall gut gekleidet, mit seinem einen Gesichtsausdruck und toll frisiert durch diesen schönen Film der Übertreibungen. Manchmal wirkt das fast schon wie eine Parodie, aber mit ordentlich Schmackes in der Knarre.
Erst ballern, dann aber auch nicht fragen.
Es gibt übrigens keinen J&B im Film. Dafür wurden wohl Verträge mit Fernet, VAT 69 und Cynar geschlossen, denn das Zeugs wird gesoffen ohne Ende, dazu gibt es überall Werbung inklusive Ascher und Kalender in den Polizeibüros. Prost.
"Viele Wege führen nach Rom, aber auch hinaus." Ja genau.

(101)

The Price we pay Kleiner grimmiger Genrebeitrag von Ryūhei Kitamura (Versus, Midnight Meat Train).
Gangster vs. Sickos.
Gangsterfilm trifft auf Backwood -Torture-Porn.
Das alles ist nichts besonderes, aber gut gemacht.

(102)

Herr Schwarz sieht rot
Street Law
aka
Ein Mann schlägt zurück Eigentlich wie Stadt in Panik, den ich vor kurzem sah. Nur in gut. Und nicht mit dem Nero Lookalike Merli, sondern mit dem richtigen Franco Nero.
Nein im Ernst. Castellari geht natürlich viel ernsthafter zu Werke und bietet auch handwerklich viel mehr. Der Clou dabei ist, dass der Hauptcharakter ein unbescholtener Bürger ist, den Nero doch einigermaßen facettenreich darstellt.
Caro Antonelli (Franco Nero) wird als Geisel in einen Bankraub verwickelt. Danach hat er die Faxen dicke und räumt auf. Die Gesellschaft ist dabei mittlerweile so verroht und die Polizei entweder machtlos oder sie schaut weg, so dass Antonelli einiges zu tun hat.
Franco Nero und Enzo G. Castellari in Höchstform.
Toller Film.

(103)

Harte Kost
Monsieur Claude 2 Wo war ich denn da reingeraten?
Neulich mal reingezappt und zu faul gewesen wegzuschalten.
Da war ich auch selbst schuld.
Ein Film, der vorgibt Vorurteile und Ressentiments aufzulösen, diese aber eigentlich nur wieder verstärkt. Dazu kommt noch, dass im eigentlichen Plot, alle von Herrn Claude und seiner Frau nicht nur durch harmlose Tricks manipuliert werden, sondern das ganze hochgradig grenzwertig ist, was sie da so treiben.
Außerdem ist das alles (bis auf ein oder zwei Lacher) total unlustig.

(104) (105)

Der Mann, der alles kann und trotzdem einer von uns ist.
Gerald Butler Double Feature.


Es ist schon erstaunlich. Genau wie Liam Neeson ist Gerald Butler mittlerweile sein eigenes Filmgenre. Und immer wieder kommen diese Filme auch ins Kino.
Dabei kann er einfach alles, scheint aber trotzdem geerdet zu sein. Er ist Ingenieur, Agent, Astronaut oder Pilot. Das alles ist fast immer vom Reißbrett aus konzipiert, was aber nicht heißt, dass das Ergebnis schlecht sein muss. Bei PLANE und GEOSTORM sieht das Konzept vor, dass mehrere Genres miteinander verknüpft wurden. Die Ergebnisse sind dabei höchst unterschiedlich.

Der Kapitän hat einen Plan
Plane Notlandung auf einer Pazifikinsel.
Hier regieren Seperatisten, die nur darauf aus sind, die Passagiere zu entführen.
Kapitän Torrance (Butler) greift dabei selbst zur Knarre und bekommt unerwartete Hilfe von einem vermeintlichen Mörder, der als Gefangener an Bord war und überführt werden sollte.
Katastrophen- und Actionfilm. Passt.
Das alles ist fast wie in den seeligen Action 80ern. Mit wenig Überraschungen, aber toll dargeboten. Butler in Höchstform.

Klima-Killer
Geostorm Die ISS-Raumstation schützt durch diverse Satelliten mittlerweile das Klima der Erde.
Der unbequeme Astronaut Jake Lawson (Butler) war früher Chef des Projekts. Als die Station Fehlfunktionen hat, kommt er zurück, da einige heftige Wetterkatastrophen die Menschheit bedrohen. Dabei decken er und sein Bruder Verschwörungen bis in die höchsten politischen Kreise auf.
Katastrophen- und Spionagefilm.
Der Katastrophenteil funktioniert sehr gut. Dabei sind alle offensichtlich in die Roland-Emmerich-Disaster-School gegangen, was bei Regisseur Dean Devlin natürlich kein Wunder ist.
Aber der Verschwörungsteil wirkt trotz großer Besetzung (Ed Harris, Andy Garcia) dahingeschludert. Da war GREENLAND mit Tausendsassa Butler besser.

fritzcarraldo hat geschrieben: ↑Sa 10. Jun 2023, 08:51 Genau wie Liam Neeson ist Gerald Butler mittlerweile sein eigenes Filmgenre.

Sehr schön und treffend ausgedrückt

Maulwurf hat geschrieben: ↑Sa 10. Jun 2023, 09:31

fritzcarraldo hat geschrieben: ↑Sa 10. Jun 2023, 08:51 Genau wie Liam Neeson ist Gerald Butler mittlerweile sein eigenes Filmgenre.

Sehr schön und treffend ausgedrückt

Danke

(106)

Pearl Kino. Schauburg Bremen. OmU.
Draußen 30 Grad. Drinnen im 200 Personen Kino klimatisiert mit insgesamt 4 Personen mittags um 12 PEARL, die Vorgeschichte zu X von Ti West.
Wir sehen die junge Pearl im Jahre 1918 auf der Familien-Farm irgendwo in den USA. Ihr Mann ist noch im Krieg. Die spanische Grippe tobt und Pearl wird von ihrer Mutter drangsaliert während sie von einer Karriere als Tänzerin träumt.
Beide liegen im Dauerclinch und Pearl scheint auch ein Geheimnis in sich zu tragen.
Eins führt zum anderen und wir wohnen Pearls Wandlung bei, die (sagen wir es vorsichtig) nicht unbedingt positiv ist.
X mochte ich nicht so wirklich. In PEARL wird eine Art Vorgeschichte erzählt und es fügt sich schon einiges mehr zusammen. PEARL an sich fand ich um Klassen besser als X. Nicht ganz so blutig, aber der Look des Films und das unfassbare Schauspiel von Mia Goth gipfeln in eine tolle One-Woman-Show. So gibt es zum Showdown hin einen Monolog, den man gesehen und gehört haben muss. Und sogar der Abspann passt da hervorragend hinein.
Jetzt bin ich tatsächlich auf MAXXXINE gespannt.