Viennale-Kino #1:
"Beim sterben ist jeder der erste" - War ein tolles Erlebnis: Vor der Vorstellung hat Jörg Buttgereit eine kleine Vorrede gehalten und erzählte uns eine geniale Anekdote: Angeblich wollten die bösen bösen Zensuristen die berühmte Vergewaltigungs-Szene aus dem Streifen schneiden, obwohl der Regisseur protestierte. Erst als Barbara Streisand (ich glaube zumindest sie war's
) in die Debatte eingriff, gaben die Zensuristen nach und ließen die Szene drinnen. Barbaras Argument: Es gibt sooo viele Filme, in denen Frauen vergewaltigt werden, eine Szene indem ein Mann mal die Hosen runter lassen muss kann da nur gut für das allgemeine Gleichberechtigungsverständnis sein.
Das Kino selbst war nicht das beste, der Zuseherraum war ziemlich waagerecht, sodass ich anfangs, ich hab mich erstmal in die fünfte Reihe gesetzt, die Köpfe der Leute vor mir im Auge hatte. Ich schlatete jedoch schnell und schlug noch vor Beginn der vorstellung in Reihe 3 meine Zelte auf und dann ging, über den einen Typ in Reihe 1 konnte ich gut hinwegsehen. Leider waren die Notausgänge genau neben der Leinwand, sodass mich anfangs die Lampen darüber wahnsinnig störten, aber mit der Zeit habe ich mich dran gewöhnt.
Recht interessant fand ich, dass doch einige Leute gekommen sind, fast das halbe Kino war voll, was ich bei einer 23:30 Veranstaltung eigentlich nicht erwartet hatte. Die Gäste schienen allerdings weniger wie ich sich nur auf diese eine Reihe zu fixieren und eher fleißige Viennale-Gänger zu sein. Dies schloss ich aus einigen Dialogen wie dem eines älteren Mannes, der hinter mir lautstark seiner Begleiterin erklärte: "Ja, heute ist meine Frau mal nicht mitgekommen, weil sie gehört hat, der Film soll brutal sein und sie mag keine Brutalität in Filmen." Und hinter mir saßen zwei Typen, die sich anfangs diverse französische Titel an den Kopf warfen, bevor sie darüber diskuttierten, dass der heutige Film (also "Bein Sterben ist jeder der erste") ach so unbekannt und von einem totalen No-Name-Regisseur ist. (John Boorman ist nicht "no-name", ihm verdanken wir solche Meisterwerke wie "Exorzist 2" und "Zardoz"!)
Naja, jedem Tierchen sein Plaisierchen, aber besonders gefallen hat der Menge der Film so wie ich das mitbekam leider eher nicht, sicher am Schluss haben sie brav ein wenig in die Hände geklatscht, aber die Gesichter nach der Vorstellung waren nicht sonderlich begeistert und mich hat auch gewundert, dass das Kino so ruhig und andächtig blieb als beispielsweise Opa McHinterwäldlerich einen Stepptanz aufführte oder Burt NavajoJoe im Schlummer wie eine Katze schnurrte - ich fand das alles zum Schießen großartig!
Von solchen Szenen mal abgesehen ist der Film gelungen erst und realistisch, sehr verstörend einige Szenen, vor allem natürlich die legendäre Vergewaltigung, die in einer Totalen ganz an den einen Bildrand gerückt ist, sodass ich mich ertappte, wie ich immer wieder den Blick in die andere Bildhälfte flüchtete - sehr gute Einstellungswahl!!! Die Darsteller sind alle Top, besonders großartig fand ich Jon Voight, bei dem ich durch meine negativen Erfahrungen mit "Anaconda" und "Baby Geniuses 2" ganz vergessen habe, wie gut er seriöse Rollen verkörpern kann und natürlich ist es auch immer schön Mr. Dick Jones zu sehen,
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der in diesem Film seinen Tod vortäuscht
, damit er zusammen mit Venoms Vater ungestört aus dem Untergrund gegen RoboCop vorgehen kann.
Einziger Nachteil am Film: Nachdem er aus ist endet er noch nicht und nach dem ersten potentiellem Schluss geht das Teil noch eine halbe Stunde weiter. Prinzipiell ist das nicht immer schlecht, aber wenn es 2 Uhr in der Nacht ist, man totmüde ist und innständig betet, dass man den Nachtbus noch erwischt, da man nicht stundenlang durch arktische Verhältnisse marschieren möchte...ja dann kann das schon ein wenig nerven.