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Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers

Verfasst: Sa 31. Okt 2015, 07:42
von Il Grande Silenzio
#42 - NIGHTCRAWLER

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Filmdaten:

Originaltitel: Nightcrawler
Herstellungsland/-jahr: USA / 2014
Regie: Dan Gilroy
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Rene Russo, Bill Paxton, u.a.


Handlung:

Lou Bloom (Jake Gyllenhaal) lebt zurückgezogen in Los Angeles und hält sich mehr schlecht als recht mit kleinen Diebstählen über Wasser. Nach erfolglosem Bemühen um einen anständigen Job, beginnt er als freier Kameramann für einen TV-Nachrichtensender zu arbeiten. Sein Spezialgebiet: lokale Verbrechen und Unfälle. Dabei muss er nicht nur möglichst als erster am Tatort sein, sondern auch näher und schonungsloser als alle anderen das Geschehen mit der Kamera dokumentieren, um seine Bilder zum besten Preis zu verkaufen. Der äußerst ehrgeizige Lou lernt schnell und findet zusehends Gefallen an dem skrupellosen Geschäft der Nightcrawler, bei dem jedes gefilmte Verbrechen bares Geld bedeutet und Opfer Mittel zum Zweck werden. Die Nachrichtenchefin Nina (Rene Russo) ist begeistert von dem Einsatz des neuen Freelancers. Doch sie ahnt nicht, wie weit Lou – in seinem Drang nach Anerkennung – bereit ist, zu gehen.

Quelle: amazon.de


Kritik:

NIGHTCRAWLER ist schon allein wegen einer erneut grandiosen darstellerischen Leistung Gyllenhaals sehenswert, der sich zu einem zweiten Christian Bale entwickelt, indem er eher unbequeme/extreme Charaktere übernimmt und völlig in ihnen aufzugehen scheint.

Hinter der überdurchschnittlichen Inszenierung und der Leistung Gyllenhaals als ehrgeizigem Soziopathen bleibt leider die Story zurück, die nicht viel mehr als die nicht ganz neue Verbindung von Sozialsatire und Thriller zu bieten hat.

Dass die oftmals zynische Nachrichtenwelt manipulativ mit den Ängsten ihrer Zuschauer spielt und dabei deren Gier nach dem wenig empathischen Miterleben fremden Leids befriedigt, ist keine ganz neue Erkenntnis. Dieser Erkenntnis fügt NIGHTCRAWLER leider keine neuen Aspekte hinzu, außer dass die Arbeit innerhalb dieses Systems nicht nur viele an ihre moralischen Grenzen bringt, sondern eben auch Menschen ansprechen könnte, die hierin nicht nur keinen Widerspruch sehen, sondern sogar ihre befremdlichen Neigungen ausleben können.

Zwar bleibt NIGHTCRAWLER somit hinter den Erwartungen zurück, bietet aber aufgrund der genannten positiven Aspekte aber durchaus gute Unterhaltung abseits der üblichen Pfade Hollywoods.

7/10

Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers

Verfasst: So 17. Jan 2016, 09:00
von Il Grande Silenzio
#43 THE REVENANT

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Filmdaten:

Originaltitel: The Revenant
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2015
Regie: Alejandro González Iñárritu
Darsteller: Leonardo DiCaprio, Tom Hardy, Will Poulter, Domhnall Gleeson, u.a.


Handlung:

Der Trapper Hugh Glass zieht zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Mitglied einer Expedition durch die Weiten der USA. Nachdem er von einem Grizzly angegriffen und schlimm zugerichtet wird, glauben seine Begleiter – unter ihnen auch sein engster Vertrauter John Fitzgerald – nicht, dass er den Vorfall überleben wird und lassen den Schwerverwundeten kurzerhand ohne Waffen zurück. Glass überlebt allerdings und schleppt sich mit einem gebrochenen Bein durch die Prärie. Er schwört denen, die ihn zurückgelassen haben, Rache.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/The_Reven ... BCckkehrer


Kritik:

Zunächst zur größten Stärke von THE REVENANT: Die Kamera von Emmanuel Lubezki sucht ihresgleichen.

Wie er die Landschaften und das Spiel der Protagonisten einfängt, ist einfach nur beeindruckend, die Kamerafahrten bei der Eröffnungssequenz sind innovativ und werfen den Zuschauer wirklich mitten ins Geschehen. Hinzu kommt, dass ausschließlich das natürliche Licht genutzt wurde, was dem Look zusätzlich eine Authentizität verleiht, die ich bislang auch noch nicht genießen durfte.

Diese Authentizität ist eine weitere große Stärke dieses Films. Durch Kamera, Ausstattung, das Spiel der Darsteller und die gezeigte direkte und indirekte Gewalt wird nicht nur eine absolut authentisch wirkende Atmosphäre geschaffen, das Gezeigte wird teilweise dermaßen kraftvoll visualisiert, dass man nicht nur von einer psychischen, sondern fast schon von physischer Kraft sprechen könnte, die auf den Zuschauer einwirkt.

Es ist schwer, diese Eindrücke konkret zu definieren, rau, düster, dreckig, brutal und intensiv umschreiben dies nur unzureichend. Hinsichtlich der visuellen Kraft erinnert mich THE REVENANT an Refns VALHALLA RISING, wobei er nicht an dessen Storyline herankommt. Dazu aber später mehr.

Absolut unglaublich ist die Szene mit
► Text zeigen
DiCaprio und Hardy liefern sich nicht nur im Film ein beeindruckendes Duell, die beiden stehen sich bei den darstellerischen Leistungen in nichts nach. Das ist absolut oscarreif und es würde mich nicht wundern, wenn beide hierbei berücksichtigt werden würden.

Apropos Oscar, die 12 Nominierungen überraschen nicht, in den Kategorien "Bester Film", "Beste Regie", "Bester Hauptdarsteller","Bester Nebendarsteller" ist THE REVENANT ein ganz heißer Kandidat. Alles andere als der Oscar für Lubezki wäre m. E. absurd.

Den einzigen kleinen Vorwurf, den man dem Film machen kann, ist, dass die Story wenig Überraschungen birgt und letztendlich recht vorhersehbar ist. Zwar stört das aufgrund der genannten Stärken in keinster Weise den Unterhaltungswert, zum Meisterwerk reicht es infolgedessen aber nicht. Zwar wird auch das Thema Genozid an den Ureinwohnern angerissen (ebenso Missbrauch), dies wird aber nicht weiter vertieft, sodass der Film auch ohne diese Kritik funktioniert hätte.

Fazit: Grandios gefilmter und gespielter "Racheabenteuerfilm", gemacht für die große Leinwand und uneingeschränkt empfehlenswert - anschauen!

8,5/10

Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers

Verfasst: Sa 30. Jan 2016, 18:31
von Il Grande Silenzio
#44 NO COUNTRY FOR OLD MEN

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Originaltitel: No Country for Old Men
Herstellungsland: USA / 2007
Regie: Ethan & Joel Coen
Darsteller: Tommy Lee Jones, Javier Bardem, Josh Brolin, Woody Harrelson, u.a.


Handlung:

Der alternde Sheriff Ed Tom Bell (Tommy Lee Jones) ist auf der Suche nach dem psychopathischen Mörder Anton Chigurh (Javier Bardem), der nach seiner Flucht aus der Zelle im örtlichen Polizeirevier eine blutige Spur hinter sich her zieht. Während der Sheriff immer einen Schritt hinter dem Mörder ist verfolgt der sadistische Anton seinerseits ebenfalls jemanden: Beim wildern in der weiten Prärie fand Llewelyn Moss (Josh Brolin) eine Tasche randvoll mit Geld und wird so zur Zielscheibe für Anton. Das Geld stammt offensichtlich aus einem gescheiterten Drogengeschäft denn überall um die verlassenen Wagen liegen erschossene Männer. Als Llewelyn das Geld an sich nimmt löst er eine verhängnisvolle Verkettung von Ereignissen aus ohne zu ahnen, dass sich in der Tasche ein Peilsender befindet. Anton dagegen wird nicht nur von der Polizei verfolgt, auch ein Auftragsmörder wurde mit dem charismatischen Texaner Carson Wells (Woody Harrelson) auf ihn angesetzt…

Quelle: ofdb.de


Kritik:

Ein unbestreitbarer Coen und in der Tat einer der besten Filme der letzten Dekade. Allein schon die darstellerische Leistung Bardems (zu Recht Oscar-prämiert) als gnadenloser, überaus exzentrischer Killer mit kreativer Tötungsmethode ist ausreichender Grund, sich NO COUNTRY FOR OLD MEN anzusehen.

Die Dialoge sind Coen-typisch geschliffen und die verschachtelte Geschichte fordert vom Zuschauer auch eine gewisse Aufmerksamkeit. Beachtenswert ist, dass es eigentlich keinen echten Hauptdarsteller gibt und eher das staubige, verwitterte Land, das im Grunde genommen keinem der Charaktere mehr eine wahrhafte Heimat bietet, im Vordergrund steht. Dieses Land wird in hitze-flirrenden Bildern von einer starken Kamera eingefangen.

Dass der üblichen Narration zuwiderlaufende Ende rundet diesen Filmgenuss passend ab, passt es doch perfekt zum Abgesang der alten, guten Zeit und dem resignierenden, alternden Sheriff (Tommy Lee Jones), der einsehen muss, dass er in dieser Welt keinen Platz mehr hat.

Wer hier einen Showdown erwartete, hat die Intention der Coens nicht verstanden und sollte sich lieber eindimensionales und actionlastiges Mainstream-Geballere zu Gemüte führen (was in der richtigen Stimmung natürlich auch unterhalten kann).

Grandioser Noir-Western und absolutes Must-see - 9/10

Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers

Verfasst: Mi 10. Feb 2016, 20:41
von Il Grande Silenzio
#45 - THE HATEFUL EIGHT

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Filmdaten:

OT: The Hateful Eight
Land/Jahr: USA/2015
Regie: Quentin Tarantino
Darsteller: Samuel L. Jackson, Kurt Russell, Jennifer Jason Leigh, Walton Goggins, Demian Bichir, Michael Madsen, Tim Roth, Bruce Dern, Channing Tatum, James Remar und Zoe Bell.


Handlung:

Irgendwo im verschneiten Wyoming, einige Jahre nach dem Bürgerkrieg. Eine Postkutsche auf dem Weg nach Red Rock kämpft sich durch die Landschaft. An Bord sind der Kopfgeldjäger John Ruth (Kurt Russell), seine Gefangene Daisy Domergue (Jennifer Jason Leigh) und zwei erst auf dem Weg zugestiegene Passagiere: Major Marquis Warren (Samuel L. Jackson), ein ehemaliger Soldat, der sich nun ebenfalls als Kopfgeldjäger verdingt, und Chris Mannix (Walton Goggins), der angibt, der neue Sheriff von Red Rock zu sein. Ein Schneesturm zwingt sie alle, in einer Station Zuflucht zu suchen. Dort verstecken sich bereits Bob (Demian Bichir), der den Laden in Abwesenheit der eigentlichen Chefin schmeißt, Oswaldo Mobray (Tim Roth), der Henker von Red Rock, der Cowboy Joe Gage (Michael Madsen) und der ehemalige Konföderierten-General Sanford Smithers (Bruce Dern) vor dem Wetter.
Schnell nehmen die Spannungen in der Gruppe von misstrauischen Raubeinen zu, nachdem man sich anfangs noch bestens unterhalten hat. Doch bald ist klar, dass einer der Anwesenden alle anderen umbringen will…


Kritik:

Das ist er also, der von vielen Tarantino-Fans ersehnte 8. Film des noch immer nicht wirklich im Mainstream-Kino angekommenen Filmemachers.

- Reservoir Dogs meets Cocktail für eine Leiche -

So oder so ähnlich kann man THE HATEFUL EIGHT am besten auf den Punkt bringen.

Ein Western, der kein richtiger Western ist, also sich weniger dessen Mechanismen bedient, nichtsdestotrotz passt das gewählte Western-Szenario bestens, da die kalte, lebensfeindliche Bergwelt sich in den Charakteren der "Hasserfüllten" widerspiegelt. So findet der geneigte Zuschauer keine Identifikationsfigur, da hier wirklich jeder perfide ist und nur an seinen Vorteil denkt, wobei die Motive von Rache über Geldgier bis hin zu ... nein, es soll an dieser Stelle nicht zu viel verraten werden.

Nach der stimmungsvollen Einführung, bei dem die Totale des verschneiten Kreuzes, unterlegt vom Score des Meisters Morricone, bereits andeutet, was die Protagonisten erwartet, stellt die Kutschfahrt den ersten Höhepunkt des Filmes dar. Die typischen, pointierten Dialoge führen nicht nur gekonnt die Charaktere ein, sondern sprühen auch von Wort- und vor allem Situationswitz.

Leider gerät die nächste Stunde in "Mimis Miederwarenladen" etwas zu lang, sind die Dialoge für Tarantino-Verhältnisse teils ein klein bisschen zäh. Tarantino übertreibt es ein wenig mit dem Kammerspiel, da die Dialoge nur zum Teil originell sind und die Story einfach zu linear und etwas überraschungsarm ist.

Dann zieht aber das Tempo wieder an, die Atmosphäre ist zum Zerreißen gespannt, bevor sie sich in der für Tarantino typischen Gewalteruption entlädt. In einer Rückblende erfährt man mehr über das Geschehen vor dem Eintreffen der Kutsche, mit viel Blut wird in leichter Hitchcock-Manier (ohne dessen Genialität zu erreichen) die Auflösung präsentiert und die wenig komplexe Story zu ihrem zynisch-blutigen Ende geführt.

Die darstellerischen Leistungen reichen von blass, über solide bis grandios. Kurt Russell spielt souverän, Tim Roth überzeugt als "Christoph Waltz-Ersatz", stark, wie eigentlich immer, Samuel L. Jackson, dem aber von Walton Goggins (leider geht in der dt. Synchro der Südstaaten-Akzent unter) und vor allem Jennifer Jason Leigh die Show gestohlen wird. Blass bleiben Michael Madsen und Bruce Dern, der in seiner Rolle als ehemaliger Südstaatengeneral wenig Akzente setzen kann.

Die Kamera spielt ihre Stärken vor allem bei den Außenszenen aus, fängt aber auch geschickt das Spiel der Protagonisten in Mimis Laden ein.

Eine Demontage der Vorbilder Tarantinos konnte ich nicht ausmachen, da er weder versucht, ein Italo-Remake zu drehen, noch sich über deren "Schwächen" lustig macht. In einigen Einstellungen kann man Andeutungen bestimmter Szenen (Kreuz, "Engel") hineininterpretieren, die aber eher als Hommage erscheinen.

Fazit: Bei fast drei Stunden Laufzeit und einer sehr dialog-lastigen, nicht zu jeder Zeit überzeugenden ersten Hälfte, darf man sich auf eine furiose zweite Hälfte freuen, die geschickt klassischen Krimi mit blutiger Action zu verbinden weiß. Filmfreunde, die mit den Werken Tarantinos etwas anfangen können, werden nicht enttäuscht sein, sofern sie keinen weiteren Pulp Fiction oder gar einen Italo-Western erwarten.

8/10

(Wertung nach der Erstsichtung und mit leichter Tendenz nach oben)

Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers

Verfasst: Fr 12. Feb 2016, 20:43
von Il Grande Silenzio
#46 - Cutie Honey

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Filmdaten:

Originaltitel: Kyûtî Hanî
Land & Jahr: Japan 2004
Regie: Hideaki Anno
Darsteller: Eriko Sato :sabber: , Mikako Ichikawa, Hairi Katagiri, u. a.
Laufzeit: 93 Minuten
FSK: 16
Genre: Si-Fi-Action-Trash


Handlung:

Die junge Bürofee Honey führt ein geheimnisvolles Doppelleben: Durch das "I-System" verwandelt sie sich in ihrer Freizeit in die Superheldin Cutie Honey und bekämpft das Böse, welches in Gestalt des Panther-Claw-Clans die Weltherrschaft an sich reißen will. Als Honey's Onkel von den Superschurken entführt wird, beginnt ihre wohl gefährlichste Mission und gemeinsam mit der Polizistin Aki und dem Reporter Hayami will sie den Panthern ein für alle mal zeigen, dass nur das Gute Platz in dieser Welt hat. Doch ihre Gegner haben einen ausgeklügelten Plan ausgeheckt, der nicht zuletzt auch Cutey Honeys "I-System" mit einschließt... (Covertext)


Kritik:

WARNUNG! Das Folgende könnte leicht sexistische Tendenzen aufweisen!!!

Handlung? Na ja, zu dem oben Gesagten ist nichts Wesentliches hinzuzufügen, ´ne Mangaverfilmung halt.

Hier zählen Optik, Style und SFX! Der aufgeschlossene Zuschauer, der meint, aus Versehen zuviel LSD eingeworfen zu haben, wird mit einer Mischung aus Power-Rangers, Miike-Einlagen, Anime und Soft-Erotik-Dingsda im hyperbunten Drogenrausch konfrontiert. Ein Film, wie ihn nur die Japaner drehen können! Grell, bunt, laut, abgedreht, sexy und - brutal!

Für Fans von überdrehten Real-Anime-Verfilmungen, die auf süße Japanerinnen stehen, die böse Buben verkloppen! Etwas Vergleichbares habe ich noch nicht gesehen!

Hier ist natürlich nichts ernst gemeint, der Spaß steht im Vordergrund, Tiefgründiges ist nicht ansatzweise zu finden, aber wen interessiert das schon, wenn eine sexy, wohlgeformte, bildhübsche Maid im knappen Outfit ihre beiden Attribute präsentiert? Eben, niemanden! Männerherz, was willst du mehr?!

Tombraider ist tot, es lebe Cutie Honey!!!

7/10 auf der nach oben offenen Trash-Skala!

...und immer schön die Hände über der Decke lassen! :wix: :nixda:

...ich glaube, ich bin verliebt, hach.... :knutsch:

Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers

Verfasst: So 14. Feb 2016, 20:29
von Il Grande Silenzio
#47 - SICARIO

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Filmdaten:

Originaltitel: Sicario
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2015
Regie: Denis Villeneuve
Darsteller: Emily Blunt, Josh Brolin, Jon Bernthal, Benicio Del Toro, u.a.


Handlung:

FBI-Agentin Kate Macer (Emily Blunt) leitet eigentlich ein Team der Geiselrettungsabteilung, wird nach einem Einsatz gegen Mitglieder eines Drogenkartells jedoch gefragt, ob sie Teil einer behördenübergreifenden Task Force werden möchte, welche von Matt Graver (Josh Brolin) geleitet wird und die mexikanischen Hintermänner ins Visier nimmt. Zusammen mit Matt, dem geheimnisvollen Spezialisten Alejandro (Benicio Del Toro) und dem Rest der Einheit geht Kate auf ebenso unkonventionelle wie rabiate Weise gegen das Kartell vor, doch bald kommen ihr Zweifel an der Richtigkeit des Vorgehens...

Quelle: http://www.ofdb.de/plot/276793,664158,Sicario


Kritik:

Die gute Nachricht: Denis Villeneuve ist endgültig im Mainstream angekommen. Die schlechte Nachricht: Denis Villeneuve ist endgültig im Mainstream angekommen.

Nachdem Villeneuve mit dem starken PRISONERS bereits zeigte, dass er (anspruchsvolles) Unterhaltungskino abliefern kann, führt er dies nun mit SICARIO konsequent fort.

Fraglich ist aber, ob er nochmals zu sperrigen Werken wie POLYTECHNIQUE, INCENDIES oder ENEMY zurückkehren wird. Vor allem mit ENEMY zeigte er, dass er innovatives Kino jenseits der üblichen Erzählstrukturen kreieren kann, ohne den Zuschauer allzu sehr zu überfordern. Es wäre daher schade, wenn er sich nur noch konventionelleren Werken widmen würde.

Aber nun zu SICARIO.

Die Story gestaltet sich konventionell, bietet aber aufgrund des einen oder anderen Plot-Twists, des teils hohen Tempos und der wohl dosierten und authentischen, aber eigentlich redundanten Action spannende Unterhaltung.

Der Plot entwickelt sich von der scheinbar eher oberflächlichen Thriller-Thematik zu einem Drama, das nicht nur die Zerrissenheit der FBI-Ermittlerin Kate Macer in den Mittelpunkt stellt, sondern auch aufzeigt, dass die Grenzen eines nach rechtsstaatlichen Prinzipien agierenden Staatsapparates angesichts der völlig ausufernden und keinerlei Regeln folgenden "Politik" der mexikanischen Drogenkartelle endgültig erreicht sind.

Ob der Zweck die Mittel heiligt, das beantwortet auch SICARIO nicht. Zum Glück macht es Villeneuve dem Zuschauer diesbezüglich nicht zu einfach. Einfache Schwarz-Weiß-Malerei darf der Zuschauer nicht erwarten.

Die stärken Villeneuves sind hierbei erneut, eine gute, aber konventionelle Geschichte durch die Kombination der guten Kameraführung, die perfekte Variation des Tempos und des unaufdringlichen, aber überaus passend eingesetzten Scores nahezu perfekt und überaus atmosphärisch zu erzählen.

Villeneuve verleugnet hierbei seine Wurzeln aber nicht, da er nicht den Fehler begeht, trotz des ihm inzwischen zur Verfügung stehende Budgets den Fokus auf den Style zu legen oder gar einen Actionfilm abzuliefern. Das Szenario liefert letztendlich nur den Rahmen für existenzielle Fragen, denen sich die Protagonisten letztendlich stellen müssen.

Die Kamera bleibt bei der gezeigten Gewalt daher auch fast immer auf Distanz oder diese passiert gleich zur Gänze im Off.

Am Ende bleibt nicht nur Kate Macer desillusioniert zurück, auch der Zuschauer begreift, dass dieser Kampf die Grenze zwischen Gut und Böse immer mehr verwischt.

Starkes Thriller-Drama, absolut empfehlenswert - 8,5/10

PS: Wem SICARIO zusagt, dem sei TROPA DE ELITE empfohlen, der vergleichbare Fragen aufwirft, auch wenn dieser deutlich kompromissloser inszeniert ist.

Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers

Verfasst: Sa 20. Feb 2016, 18:52
von Il Grande Silenzio
#48 - THE PERKS OF BEING A WALLFLOWER

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Filmdaten:

Originaltitel: The Perks of Being a Wallflower
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2012
Regie: Stephen Chbosky
Darsteller: Emma Watson, Logan Lerman, Nina Dobrev, Paul Rudd, Mae Whitman, Ezra Miller, u.a.


Handlung:

Anfang der 90er Jahre - Charlie (Logan Lerman) beginnt sein erstes Jahr auf der Highschool, für den introvertierten 15jährigen eine Horrorvorstellung. Als "Freshman" ohne Freunde versucht er im Hintergrund zu bleiben und meldet sich auch nicht im Englischunterricht, obwohl er die Fragen seines Lehrers (Paul Rudd) sofort beantworten könnte. Beim obligatorischen Football-Spiel mischt er sich unters begeisterte Publikum und versucht sich halbwegs daran zu beteiligen.

Bis er Patrick (Ezra Miller) sieht, der ihm im Unterricht schon positiv aufgefallen. Kurz nachdem er sich neben ihn gesetzt hatte, kommt noch Sam (Emma Watson) dazu, "Senior" im letzten Highschool-Jahr. Sie sind Geschwister, kein Paar, wie sie Charlie bald aufklären. Vor allem sind sie wenig angepasst und selbstbewusst und nehmen den Jüngeren mit zu ihren Freunden...

Quelle: http://www.ofdb.de/plot/223685,516578,V ... ber-morgen


Kritik:

"Wir akzeptieren das, was wir zu verdienen glauben."

Ich gehöre ja wahrlich nicht zur Zielgruppe von Coming-of-Age-Dramen, aber THE PERKS OF BEING A WALLFLOWER überzeugt durch interessante und liebenswerte Charaktere und eine facettenreiche Story, der es gelingt, gleich mehrere schwierige Themen empathisch und niemals rührselig unterzubringen. Trotz der teils skurrilen Charaktere begeht der Film nicht den Fehler, ins komödienhafte abzudriften, sodass humoristische Momente nie den Respekt gegenüber ihnen vermissen lassen.

Die Leidensgeschichte des leidgeprüften Charlie entfaltet sich dabei nur langsam, spannend hierbei ist, dass der Protagonist selbst nicht weiß, was ihn psychisch so labil hat werden lassen, das erfahren er und der geneigte Zuschauer erst ganz zum Schluss des Films.

Die Darsteller spielen ganz hervorragend, allen voran Logan Lerman und Ezra Miller, der als androgyner Typ vortrefflich in seiner Rolle aufgeht.

Das absolute Sahnehäubchen ist der Soundtrack, der viele tolle Songs der 80er und 90er beinhaltet und jederzeit passend einsetzt (zB The Smiths, David Bowie).

Absolut empfehlenswert - 8,5/10

Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers

Verfasst: So 21. Feb 2016, 19:05
von Il Grande Silenzio
#49 - OBLIVION

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Filmdaten:

Originaltitel: Oblivion
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2013
Regie: Joseph Kosinski
Darsteller: Tom Cruise, Morgan Freeman, Olga Kurylenko, Andrea Riseborough, u.a.


Handlung:

Nach einem Angriff von Außerirdischen wurde die Erde fast komplett zerstört. Die überlebenden Menschen wurden evakuiert und leben nun über den Wolken. Der Techniker Jack Harper (Tom Cruise) hat den Auftrag in den Ruinen der Erde nach verbliebenen Ressourcen zu suchen um die Menschheit neu aufbauen. Eines Tages entdeckt Jack auf einem Kontrollflug ein abgestürztes Raumschiff und findet eine Überlebende vor. Als er der Vorfall seinen Vorgesetzten meldet erhält er jedoch den Befehl sich zurückzuziehen und den Vorfall zu ignorieren. Jedoch kann Jack den Vorfall nicht einfach vergessen und verweigert seinen Vorgesetzten den Gehorsam. Er beginnt auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen um das Geheimnis des abgestürzten Raumschiffs zu lüften.

Quelle: http://www.ofdb.de/plot/242974,546149,Oblivion


Kritik:

Style over Substance in Reinkultur.

Klingt erst einmal negativ, ist aber dermaßen perfekt inszeniert und gefilmt, dass man durchaus gut unterhalten wird. Obwohl der Film im Wesentlichen im Rechner entstanden sein dürfte, fällt dies zu keiner Zeit auf und wirkt nie "künstlich", wobei ein gewisser künstlicher, oder besser gesagt steriler Look als Sinnbild für die emotionale Distanz zur Herkunft beabsichtigt sein dürfte.

Langweile kam bei mir jedenfalls nicht auf, denn obwohl die Story zusammengeklaut ist, überrascht der Plot dann doch.

Unterhaltsamer Blockbuster für Sci-Fi-Fans

7/10

Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers

Verfasst: Sa 12. Mär 2016, 11:11
von Il Grande Silenzio
#50 - HÖHERE GEWALT

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Filmdaten:

Originaltitel: Turist
Herstellungsland: Schweden/Frankreich/Norwegen
Erscheinungsjahr: 2014
Regie: Ruben Östlund
Darsteller: Lisa Loven Kongsli, Johannes Kuhnke, Clara Wettergren, Vincent Wettergren, u.a.


Handlung:

Tomas und Ebba, ein junges, erfolgreiches schwedisches Ehepaar, sind mit ihren Kindern Vera und Harry zum Skifahren in einem luxuriösen Ferienhotel in Frankreich. Die wunderschöne Idylle wird nur getrübt durch gelegentliche laute Knallgeräusche von den umliegenden Hängen, mit denen instabile Schneemassen zum kontrollierten Lawinenabgang gebracht werden sollen. Beim Essen auf einer Terrasse des Hotels mit Aussicht auf die nahen, schneebedeckten Berghänge kann die Familie staunend eine solche Staublawine mitverfolgen. Jedoch kommen die Schneemassen schnell näher und aus Staunen wird Panik, als die Lawine schließlich über die Terrasse hereinbricht. Alle springen auf und fliehen, wobei Ebba bei den Kindern bleibt und sie zum Ausgang der Terrasse drängt, während Tomas alleine wegrennt und seine Frau und Kinder zurücklässt...

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6here_Gewalt_(Film)


Kritik:

HÖHERE GEWALT ist ein ungemein starker Streifen über die Demontage des Rollenklischees des "starken" Geschlechts.

HÖHERE GEWALT zeigt geschickt auf, dass es weder eine echte Kontrolle des eigenen Lebens oder gar des von anderen gibt noch sich unsere Instinkte durch gesellschaftliche und moralisch-ethische Prägung völlig unterdrücken lassen.

Nach dem Versagen als Beschützer der Familie begeht Tomas den nächsten schwerwiegenden Fehler, denn anstatt sich mit seinem Versagen auseinander zu setzen, verleugnet er dieses nicht nur gegenüber sich selbst, sondern auch gegenüber seiner Frau. Da Tomas das auf der rationalen Ebene vielleicht noch entschuldbare Versagen, allein seinem Überlebensinstinkt zu gehorchen, die Feigheit folgen lässt, sich diesem zu stellen, manövriert sich Tomas immer mehr in eine Sackgasse bzw. Ebba, die dieses Verdrehen der Wahrheit kaum glauben mag, drängt ihn immer weiter in diese argumentative und emotionale Sackgasse hinein.

Und spätestens hier bezieht Östlund Stellung, indem er Tomas als quasi gebrochenen Mann darstellt, der sogar zu feige dazu ist, seine Angst zuzugeben und als hysterisches Etwas sein wahres Gesicht zeigt. So kommt es zu einem Rollentausch und Ebba übernimmt die Rolle der Beschützerin der Familie. Zwar überlässt sie ihm die Führung in beherrschbaren Situationen (Skiausflug im Nebel), wenn es aber um echte Gefahrensituationen geht (Busfahrt), übernimmt sie das Zepter.

So wird am Ende des Filmes klar, dass nach dieser Prüfung die Rollen getauscht wurden. Letztendlich entscheidet das Bedürfnis und die Notwendigkeit nach Schutz und nicht die von der Gesellschaft vorgegebene Rolle.

Die Szenerie des mondänen Skiresorts ist dabei offensichtlich sehr bewusst gewählt. Hier flanieren tagsüber die Reichen und Wohlhabenden und geben vor, ihr Leben nicht nur zu jeder Zeit komplett im Griff zu haben, sondern auch über allem zu stehen, letztendlich auch über der eigenen Verletzlichkeit. Den Kampf gegen die Natur müssen sie aber schon lange nicht mehr selbst führen, der wird für sie in dieser eigentlich völlig lebensfeindlichen Welt von nächtlichen Lawinensprengungen und Pistenraupen übernommen.

Umso mehr wird deutlich, dass heutzutage kaum noch ein Mann dazu in der Lage oder auch Willens ist, seine von der Natur vorgesehene Rolle wahrzunehmen, wenn er urplötzlich mit der höchsten Anforderung überhaupt konfrontiert wird. Welcher Mann wächst in unserer (westlichen) Welt noch in eine solche Rolle hinein? Da sich das kaum jemand eingestehen will, wird dies mit übertriebenen Balzritualen kompensiert.

Mir als Mann hat "Höhere Gewalt" sehr gut gefallen, was nicht daran liegt, dass ich dessen Aussage als Befreiung von der mir übertragenen Rolle ansehe, sondern weil er geschickt aufzeigt, dass wir letztendlich nur Sklaven unserer eigenen Instinkte sind, mal mehr, mal weniger.

8,5/10

Re: Das praktische Filmtagebuch des Theoretikers

Verfasst: So 13. Mär 2016, 08:05
von Il Grande Silenzio
#51 - MAZE RUNNER

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Filmdaten:

Originaltitel: Maze Runner, The
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2014
Regie: Wes Ball
Darsteller: Dylan O'Brien, Aml Ameen, Ki Hong Lee, u.a.


Handlung:

Ohne sich an etwas erinnern zu können, erwacht Thomas (Dylan O'Brian) in einem Fahrstuhlschacht auf und wird von Gally (Will Poulter) auf dem idyllischen Landfleck "Glade" begrüßt. Schnell stellt Thomas fest, dass hier nur männliche Teenager leben und die Idylle aus Wald, einem See und Wiesen nur ein Trugschluss ist. Denn in Wahrheit ist dieser Ort ein Gefängnis - denn sie alle sind in einem Labyrinth eingesperrt, dass in der Dämmerung seine Pforten schließt und worin noch keiner eine Nacht überlebt hat. Deshalb gibt es die "Läufer", die morgens einen Ausweg suchen und probieren, vor der Dämmerung wieder im "Glade" anzukommen. Doch neben den nächtlichen Monstern, den "Grievers", stellt sich das Labyrinth jede Nacht um. Thomas will sich nicht an die Regeln halten und begibt sich auf eigene Faust in dieses Labyrinth, um einen Ausweg zu finden, was ihm einige Feinde beschert...

Quelle: http://www.ofdb.de/plot/264358,628927,M ... -Labyrinth


Kritik:

Die teils positiven Kritiken kann ich nicht ansatzweise verstehen. Wer DIE TRIBUTE VON PANEM substanzlos fand, der wird bei MAZE RUNNER nach 30 Minuten abschalten.

THE CUBE meets Herr der Fliegen extra-light.

Die Rollen auf der Lichtung sind von Anfang an klar vergeben, Charakterentwicklung findet gar nicht statt, die Dialoge schmerzen. Spätestens mit dem
► Text zeigen
Das Potenzial des Labyrinths wird kaum genutzt, im Vergleich dazu war THE CUBE Hochspannungskino, Überraschungen bleiben komplett aus, die Spannung geht rapide in den Keller.

"Die Auflösung" ist unlogisch und ein Frechheit, da im Grunde genommen nur auf den nächsten Teil verwiesen wird.

Knappe 4/10