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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Sa 12. Nov 2011, 13:59
von buxtebrawler
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Patrick lebt!
Bei einem Autounfall wird Patrick, ein junger Mann, schwer verletzt. Er liegt seitdem im Koma und steht in einer Privatklinik unter ständiger Beobachtung verschiedener Ärzte. Sie experimentieren und versuchen alles, um ihn ins Leben zurückzuholen - aber alle Versuche schlagen fehl. Während einer Feier in der Klinik geschehen seltsame Dinge: Plötzlich kommt eine betrunkene nackte Frau zur Tür herein und attackiert eine andere Frau. Erotische Spiele des Personals fordern weitere Streitigkeiten heraus und keiner ahnt, daß Patrick durch die Kraft seiner Gedanken die Kontrolle über die Menschen im Sanatorium übernommen hat. Er benutzt sie wie Marionetten und zwingt sie, Dinge zu tun, die jede Vorstellungskraft übersteigen. Es geht Schlag auf Schlag. Einer nach dem Anderen wird zum Opfer von Patricks unheimlichen Kräften. Grausame, unerklärliche Morde und scheinbare Unfälle führen zu einer Eskalation des Grauens...
„Der Psychofick, Gedankensex, die Nahrung fürs Gehirn...“

„Patrick lebt!“ Wer? Na, der Wachkoma-Patient, der 1978 in einem australischen Horrorfilm seine Telekinese-Künste unter Beweis stellen durfte. Aus welchen Gründen auch immer fühlte sich Italo-Amateur-Regisseur Mario Landi dazu berufen, zwei Jahre später eine Art Remake zu drehen. Möglicherweise hatte er telepathische/telekinetische Schwingungen empfangen, die ihn dazu zwangen...

Jedenfalls liegt auch Italo-Patrick im Sanatorium im Wachkoma und beherrscht eine Art Superpsychotelekinesepathie, die ihn so ziemlich alles machen lässt, was er bzw. sein rachsüchtiger Vater, der ebenfalls anwesend ist, möchte. Irgendwie hat man nämlich alle für den Unfall verantwortlich Verdächtigen ins Sanatorium gelockt und bringt sie Kraft Patricks Gedanken einen nach dem anderen grausam um die Ecke.

Der Unfall wird in einem sonst unheimlich langatmigen Film dabei in einem lachhaften Prolog in wahnsinniger Geschwindigkeit abgespult, anschließend geht es ins wenig vertrauenserweckende, weil fast wie ein Gruselschloss anmutende Sanatorium, wo wir die zukünftigen Opfer Patricks kennenlernen: Eine debile Bande Verhaltensauffälliger, die viel Schwachsinn von sich gibt und von der sich diejenigen weiblichen Geschlechts ständig ausziehen und Sex einfordern, woraufhin sie stets eins auf die Fresse (!) bekommen. Glücklicherweise erlöst sie Patrick nach und nach von ihrer armseligen Existenz bzw. glücklicherweise werden die vollkommen sinnbefreiten Füllszenen, in denen, wenn gerade keine nackte Haut oder schwachsinnige Dialoge präsentiert werden, einfach auch mal minutenlang wirklich ÜBERHAUPT NICHTS (!!!) passiert, davon unterbrochen, wie Patrick einen Swimmingpool zum Kochen bringt (Superpsychotelekinesepathie macht’s möglich...) oder seine Opfer anderweitig in den sicheren Tod lockt – wohlgemerkt ohne genau zu wissen, wer nun wirklich für den Unfall verantwortlich ist. Den Vogel schießt er ab, als er einer Frau einen Bratenspieß in die Vagina rammt, bis er zum Hinterkopf wieder herauskommt! In dieser Szene wird alles über den Haufen geworfen, was ich bisher an exploitativ übertriebenen, selbstzweckhaften Gewaltszenen kennengelernt hatte und wer sich ob der tatsächlichen filmischen Umsetzung dieses Vorgangs nicht wenigstens ungläubig die Augen reibt, wurde vermutlich schon längst von Patrick ins Wachkoma getrieben.

Doch Patricks Libido scheint auch noch funktionsfähig und so holt er sich die heiße Sekretärin seines Vaters splitterfasernackt ans Krankenbett, wo sie ihre Pflaume am Bettgestellt reiben darf, um später auf einem Sofa zu masturbieren. Bis zum nicht minder eigenartigen, „großen“ Finale muss man sich aber leider noch gefühlt stundenlanges enervierendes Hundegekläffe ebenso antun wie ausgiebiges Licht-an-Licht-aus-Geflacker, das vermutlich auch die hartgesottensten Zuschauer endgültig in den Wahnsinn treiben soll. Sehr schön natürlich auch das Augenpaar Patricks, das immer wieder auf dem Bildschirm erscheint, um eine neue Aktion Patricks anzukündigen und aussieht, als würde es aus einem C64 stammen. Oder die hochgradig unpassende musikalische Untermalung, die klingt wie aus einem Science-Fiction-Film der 50er- oder 60er-Jahre. Was die Schauspieler betrifft, treffen ein paar B-Sternchen aufeinander, die teils über mehr, teils über weniger Filmerfahrung verfügen und eine, sagen wir mal, zum Film passende Leistung abliefern...

Ja, „Patrick lebt!“ ist sozusagen DIE Definition eines stümperhaften Schmuddelfilms, fast mehr im Softsex-Bereich zu Hause als im Horrorgenre, ohne jede Rücksicht auf Verluste überzeichnet und volles Pfund auf Sex und Gewalt setzend, weil keinerlei Qualitäten oder Talent vorhanden waren. Selbst die hauchdünne Handlung wurde geklaut, und das bereits von einem gar nicht mal so guten Genrefilmchen. Einer dieser Filme, die man wenigstens einmal selbst gesehen haben muss, um glauben zu können, dass sie tatsächlich gedreht wurden. Folgeschäden kann ich aber nicht ausschließen - und ich rede nicht von Harmlosigkeiten wie sozialethischer Desorientierung, die ja quasi schon Grundvoraussetzung ist, um mit diesem Machwerk überhaupt konfrontiert zu werden. Wir sehen uns im Sanatorium...

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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Sa 12. Nov 2011, 16:07
von buxtebrawler
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Der Arzt von St. Pauli
Dr. Jan Diffring, rechtschaffender Armenarzt, steht seinen Patienten in Hamburgs berühmt-berüchtigtem Stadtteil jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Auch als der junge Matrose Hein Jungermann des Mordes an seiner Ex-Geliebten Margot und deren Freund verdächtigt wird, bietet Diffring seine Hilfe an. Bei Nachforschungen stößt er auf kriminelle Machenschaften seines eigenen Bruders. Dr. Klaus Diffring, ein dekadenter Gynäkologe aus der Oberschicht, führt ein ausschweifendes Leben ohne Skrupel. Als die verfeindeten Brüder sich begegnen, kommt es zur Katastrophe. (Quelle: Backcover)
„Der Arzt von St. Pauli“ ist der Auftakt zu Regisseur Rolf Olsens („Blutiger Freitag“) St.-Pauli-Filmreihe mit Curd Jürgens in der Hauptrolle. Veröffentlicht 1968, wird auch hier allem Unterhaltungskino, das Olsens Filme zweifelsohne sind, zum Trotze die Olsen-typische, intelligente gesellschaftskritische Ausrichtung deutlich.

Dr. Jan Diffring (Curd Jürgens) ist Kiezarzt. Er hat das Herz am rechten Fleck, behandelt mittellose Mitmenschen ohne Gage und hat immer ein offenes Ohr für seine Patienten, während um ihn herum die Sünde regiert. Der Prostitution verfallen ist auch Margot, Ex-Freundin des just ahnungslos zurückgekehrten Matrosen Hein (Fritz Wepper, „Derrick“), die eines Tages tot aufgefunden wird. Fortan steht Hein unter Mordverdacht, doch die wahren Täter sitzen in vornehmeren Stadtteilen und gehen einem dekadenten Lebensstil nach. Darin verwickelt ist auch Frauenarzt Dr. Klaus Diffring – Dr. Jan Diffrings ungleicher Bruder...

Olsen versteht es einmal mehr, eine kriminalistische Handlung mit viel nie unpassendem Humor, herrlichem Zeit- und Lokalkolorit und letztendlich dann auch reichlich Spannung und Action zu verbinden. Seine Charaktere, egal ob sympathisch oder unsympathisch, besitzen allesamt Kraft und Ausstrahlung. Mit von der Partie sind der obligatorische Heinz Reincke als alternder Boxer, Horst Naumann als Dr. Klaus Diffring, Friedrich Schütter als erpresserischer Kaffeehändler, Marianne Hoffmann als Heins attraktive neue Liebschaft und Christiane Rücker als abtrünnige Margot. Einige gehörten bereits zuvor bei Olsens großartigem „Wenn es Nacht wird auf Reeperbahn“ zur Darstellerriege.

Die Handlung indes bietet Zündstoff, indem sie die Angehörige der vermögenden Oberschicht zeigt, wie sie für ihr privates Amüsement Menschen ausnutzt und vor illegalen Machenschaften nicht zurückschreckt. Da werden dekadente Partys gefeiert, Mädchen unter Drogen gesetzt und damit willensunfähig gemacht und auch vor Mord nicht Halt gemacht. Das ist der Stoff, aus dem Olsen Anlass für unterhaltsame Krimi- und Actioneinlagen zieht, gepaart mit einem Gesellschaftsbild, das die „Sünder“ – Prostituierte und Kleinkriminelle – als den auf sie herabblickenden, vermeintlichen Saubermännern moralisch überlegen zeichnet.

Inszenatorisch geht es zügig voran, Langeweile kommt auch nach über 40 Jahren keine auf. Der Österreicher Olsen beweist, dass man kein Norddeutscher sein muss, um authentisch wirkende Kiezromantik filmisch umzusetzen und findet die richtige Verteilung der Zutaten zu seiner kurzweiligen, aber erinnerungswürdigen Drama-Krimi-Action-Milieu-Melange mit einem ordentlich Schuss Erotik. Wenn mir auch „Wenn es Nacht wird auf der Reeperbahn“ und „Das Stundenhotel von St. Pauli“ noch besser gefallen haben, hätte auch „Der Arzt von St. Pauli“ mehr Aufmerksamkeit verdient. Irritiert hat mich lediglich eine Dialogzeile Dr. Jan Diffrings, auf die seltsamerweise nicht näher eingegangen wird: Demnach hätte er seiner Meinung nach zu Unrecht zehn Jahre in Haft gesessen, weil er lediglich Befehle ausgeführt hätte – soll das eine Anspielung auf die Verurteilung von NS-Verbrechern in Deutschland gewesen sein? Wenn ja, wundert mich dieser reaktionäre Kommentar, der so gar nicht in diesen Film passen will.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mo 14. Nov 2011, 20:44
von buxtebrawler
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The Disappeared
Ausgerechnet an seinem Geburtstag soll Matt auf seinen kleinen Bruder Tom aufpassen. Klar dass Matt wenig Bock drauf hat und stattdessen lieber Party macht. Tom lässt er in der Zwischenzeit allein auf den Spielplatz ziehen. Als er in schließlich abholen will, ist Tom wie vom Erdboden verschluckt. Selbst eine Suchaktion und Medien-Aufrufe bringen Tom nicht wieder. Matt verliert zusehends den Boden unter den Füßen. Die unausgesprochenen Anschuldigungen seines Vaters machen die Sache auch nicht leichter. Und als ob das noch nicht genug wäre, hört Matt plötzlich auch noch Toms Stimme seinen Namen rufen und hat kurze Zeit später immer wieder Erscheinungen in denen Tom auftaucht. Verliert er nun vollständig den Verstand? (Quelle: www.filmtipps.at)
Es ist mit Sicherheit nicht die nicht sonderlich originelle von vor allem überraschungsarme Geschichte um Geister aus dem Totenreich, die versuchen, auf die Gründe ihres Todes aufmerksam zu machen und dadurch Straftaten aufzudecken, die das Spielfilmdebüt des britischen Regisseurs Johnny Kevorkians aus dem Jahre 2008 zu einem überzeugenden Filmerlebnis macht. Vielmehr ist es die authentisch wirkende Vorstadtghetto-Atmosphäre, die sich grau in grau als lebensfeindliche Tristesse präsentiert, in der sich der junge Matt behaupten muss. Er ist der große Bruder des kleinen Tom, der, als Matt einmal nicht auf ihn aufpasste, spurlos verschwand. Matt lebt allein mit seinem Vater. Die Beziehung ist geprägt von gegenseitigem Misstrauen und Vorwürfen. Doch Matt ist es auch, mit dem das Jenseits Kontakt aufnimmt...

Über weite Strecken hat Kevorkians Mystery-Thriller viel von einem Sozialdrama, einer Milieustudie. Doch Kevorkian versteht es auch, für Grusel zu sorgen, indem er seine guten Geister gern mal auf eine Weise auftauchen lässt, die nicht von vornherein unmissverständlich deutlich macht, dass man es nur gut meint. Andererseits ist das natürlich sehr selbstzweckhaft und hätte der Film nicht unbedingt gebraucht. Gut tut der Handlung die in Ansätzen gezeigte Ghetto-Romanze zwischen Tom und einem etwas zwielichtigen Mädchen. Wohin da der Hase läuft, dürfte aber dem Großteil des Publikums sehr schnell klar sein. Die Spannung dieses ruhigen, aber ungemütlichen Films lebt in erster Linie von der Frage, wer letztendlich für Toms Verschwinden verantwortlich ist. Um für etwas Dramatik zu sorgen, wird eine recht plumpe falsche Fährte gelegt, die Auflösung indes weiß durchaus zu gefallen.

Schauspielerisch hingegen überzeugt „The Disappeared“ auf ganzer Linie. Die Jungschauspieler verkörpern glaubwürdig ihre Rollen und passen optisch gut ins Ambiente. Die Hauptrolle hat Harry Treadaway inne, der der Figur des Matt mit leisen Tönen Leben einhaucht.

Fazit: Unspektakulärer Mystery-Thriller, der von überraschend starken Bildern und einer unbehaglichen Stimmung in matte Farben getaucht lebt und mit ambitionierten jungen Darstellern aufwartet. Seine Drama-Aspekte stehen im gut zu Gesicht und sind vielleicht sogar das eigentlich Interessante an diesem Film.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mi 16. Nov 2011, 20:39
von buxtebrawler
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Der dunkle Kristall
Ein ferner Planet: Vor 1000 Jahren wurde der dunkle Kristall von den Ur-Skeksen beschädigt und ein Splitter brach heraus. So brachen die Ur-Skekse in zwei Gruppen auseinander. Nun naht wieder die Konjunktur der drei Sonnen und wenn der Kristall nicht repariert wird, werden die bösen Skeksen die Macht über den Planeten behalten. Der letzte der Gelflinge, Jen, macht sich, von seinem Meister ausgeschickt, auf die Suche nach dem Splitter des Kristalls, um die Ordnung wiederherzustellen.
Jim Henson und Frank Oz, die Erfinder der Muppets, erschufen mit der US-amerikanisch-britischen Koproduktion „Der dunkle Kristall“, die 1982 veröffentlicht wurde, einen aufwändigen Fantasy-Film, dessen herausragende Besonderheit der Umstand ist, dass komplett mit Puppen bzw. Menschen in Puppenkostümen gearbeitet wurde.

Erzählt wird die Geschichte der verfeindeten Skekse und Mystics. Während die Skekse in ihrer bösen und verschlagenen Art am Erhalt der Macht über den Planeten interessiert sind, schicken die friedliebenden Mystics den letzten noch lebenden Gelfling männlichen Geschlechts, Jen, auf die Mission, die Prophezeiung zu erfüllen, welche besagt, dass ein Gelfling den dunklen Kristall, aus dem die Skekse ihre Macht beziehen, mit einem Kristallsplitter komplettieren wird und dadurch während des Aufeinandertreffens der drei Sonnen die Macht der Skekse gebrochen werden wird. Auf dieser abenteuerlichen Reise begleitet der Zuschauer den kleinen Jen, der schon bald erfährt, dass er doch nicht der Letzte seiner Art ist…

Diese klassische Fantasy-Geschichte, die vom ewigen Kampf Gut gegen Böse handelt und innerhalb derer das Schicksal eines ganzen Planeten auf dem Spiel steht, wurde vermutlich stark von den Tolkien’schen Erzählungen beeinflusst. Seine Originalität bezieht „Der dunkle Kristall“ aus seinen unheimlich detailverliebten Landschaftsaufnahmen, die tatsächlich die Illusion einer geheimnisvollen, fremdartigen Welt erzeugen, sowie den Henson- und Oz-typischen, skurrilen Figuren, in denen sich menschliche Denk- und Handlungsweisen wiederspiegeln. Mit einem unheimlichen Aufwand wurden Kulissen und Kostüme kreiert, die eine ganz eigene Welt erzeugen, die neugierig macht und in ihren Bann zieht. Bei aller Ernsthaftigkeit der sich im ruhigen, der Atmosphäre Zeit zur vollen Entfaltung einräumenden Tempo aufbauenden Handlung, bleibt auch genügend Raum für den sympathischen, immer leicht anarchischen Humor, für den Henson und Oz so beliebt sind.

Doch angenehmerweise wurde „Der dunkle Kristall“ nicht durch den Weichspüler gejagt, so dass es durchaus einige Szenen gibt, vor denen sich manch junger Zuschauer ernsthaft gruseln könnte – vom Erscheinungsbild der Kreaturen einmal ganz zu schweigen. Nie wirklich zur Diskussion steht für ein erfahreneres Publikum natürlich das obligatorische Happy-End, das nach Jens beschwerlicher Reise zu einem befriedigenden Schlusspunkt führt.

Fazit: Höchst liebevoll umgesetzte Fantasy-Mär, an der Kinder wie Erwachsene ihren Spaß haben werden, ohne dass sie krampfhaft auf Familientauglichkeit programmiert worden wäre. Märchenhaft und bezaubernd, ohne allzu sehr die Kitschkelle auszupacken. Und die subtil vermittelte Botschaft, dass „Gut“ und „Böse“ einander bedingen, eigentlich zusammengehören, wirkt im Zusammenhang mit dem prachtvollen Ambiente des Films und seiner Wohlfühl-Atmosphäre noch lange nach. Zeitlos und wunderbar!

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Do 17. Nov 2011, 15:08
von buxtebrawler
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Cube
Sechs Personen erwachen in einer würfelförmigen Kammer: ein Polizist, eine Ärztin, eine Mathematikerin, ein Konstrukteur, ein Autist und ein Ausbrecherkönig. Die Kammer hat an jeder der sechs Wände eine schleusenähnliche Tür, doch wenn man diese öffnet, kommt man nur in einen weiteren, fast identischen Raum. Zusätzlich sind in einigen der Räume auch noch tödliche Fallen eingebaut, die Eindringlinge zerschneiden, mit Säure verätzen, etc. Die sechs Menschen wissen nicht, wo sie sind, warum sie dort sind und wie sie dorthin gekommen sind. Ohne Hinweis auf den Sinn ihres Aufenthalts müssen sie sich auf ihr Überleben konzentrieren und so arbeiten sie zusammen, um aus der Falle zu entkommen. Doch die Spannung zwischen ihnen wächst, auch als ihnen Stück für Stück bewußt wird, daß jeder seinen ganz individuellen Beitrag zur Flucht leisten kann und alle zusammenarbeiten müssen. Als der Konstrukteur erahnt, daß er die Außenhülle dieses mörderischen Komplexes geschaffen hat, beginnt die Situation zu eskalieren...

Das Spielfilmdebüt des kanadischen Regisseurs Vincenzo Natali ist ein ganz wunderbares Beispiel dafür, dass man – eine originelle Idee und vorhandenes Talent vorausgesetzt – auch mit einem sehr kargen Budget ein interessantes und sehenswertes Stück Science-Fiction-Horrors erzeugen kann. „Cube“ erschien im Jahre 1997 und passte gut in jene technokratische Dekade.

Eine Gruppe völlig unterschiedlicher, wild „zusammengewürfelter“ (haha…) Charaktere, übrigens allesamt benannt nach Gefängnissen (Quentin, Holloway, Kazan etc.), erwacht in einem, wie sich für sie bald herausstellen wird, gigantischen elektronischen Würfelsystem, in dem alle sechs Seiten eines Raumes in jeweils einen weiteren führen, man sich also sozusagen in einem unübersichtlichen Labyrinth befindet. Erschwerend kommt hinzu, dass viele der Räume mit tödlichen Fallen gespickt wurden und die Räume sich auch noch bewegen, das Würfelkonstrukt also seine Innereien regelmäßig verschiebt, um die Orientierung quasi vollkommen unmöglich zu machen. Ohne jegliche Nahrungsmittel, geschweige denn einer Ahnung davon, wo man sich befindet und warum, versucht unsere wackere Gruppe nach einem frühen Todesopfer, aus dem Kubus zu entkommen.

In technisch-kalt in verschiedenen Farben ausgeleuchteten Parzellen des Kubus entfaltet sich schnell die gewünschte klaustrophobische Atmosphäre, die sich mehr und mehr auf die Charaktere überträgt, die der Zuschauer im Laufe der Zeit immer besser kennenlernt. Jeder verfügt über individuelle Eigenschaften und Fähigkeiten und zunächst sieht es so aus, als würde man erfolgreich an einem Strang ziehen können, bis sich aber irgendwann der der Extremsituation geschuldete Lagerkoller breitmacht und Konflikte immer offener zum Vorschein kommen. Unmittelbare Identifikationsfiguren für den Zuschauer gibt es alle oder keinen; der Reiz besteht darin, dass das Publikum stets den gleichen Informationsstand wie die in den Würfel Entführten hat.

Die Handlung indes wurde aber mit einigen eher weniger logisch herbeikonstruierten Momenten gespickt, um die Dramaturgie voranzutreiben. Ab dem Moment, in dem die Mathematikstudentin den Zahlencode der kryptisch nummerierten Kammern knackt und fortan auf zahlreiche offene Fragen plötzlich wie aus der Pistole geschossen eine Antwort parat hat, nimmt der Reiz von „Cube“ leider ab; die Machart erinnert mich an einen Actionfilm, der einen gegen jede Naturgesetze offensichtlich mit Superkräften ausgestatteten Helden präsentiert, der einfach so viel besser ist alle anderen und deshalb das eigene Überleben sichert. Will sagen: Die Glaubwürdigkeit leidet.

Die ebenso fiesen wie innovativen Fallen hingegen sorgen für Kurzweil und ein paar Splattereinlagen und der Umstand, dass ein geistig behinderter, autistischer Mann intellektuell einspringen kann, als auch die Mathematikstudentin nicht mehr weiter weiß, verbreitet wenig subtil seine humanistische Aussage.

Leider ging dem Drehbuch gegen Ende dann doch Puste aus, vielleicht fehlte es den Autoren auch an Mut. Jedenfalls wirkt das Finale übertrieben, was nicht so sehr ins Gewicht fallen würde, doch wird die gekonnt aufgebaute Neugier des Zuschauers nach den Hintergründen des Konstrukts und der Auswahl der in ihm Gefangenen nicht befriedigt. Was evtl. mystisch und nachdenklich stimmend wirken sollte, verpufft als ärgerliche Ideenlosig- und Beliebigkeit. Schade, denn eine intelligente Geschichte hätte „Cube“ spürbar aufgewertet.

Nichtsdestotrotz ein absolut respektables Regiedebüt, das man als Genrefan einmal gesehen haben sollte. Für mich als Mathematikmuffel aber einfach zu, äh… mathematisch.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Fr 18. Nov 2011, 14:45
von buxtebrawler
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Cube 2: Hypercube
Acht Menschen wachen in einem würfelförmigen Raum auf. Sie wissen weder, wie sie dorthin gekommen sind, noch, wo sie sich befinden. Ihre Umgebung entpuppt sich als ein gigantischer, vierdimensionaler "Hypercube", der aus unzähligen Räumen besteht, in denen tückische Fallen lauern. Doch nicht nur das, auch Zeit und Gravitation sind in den Räumen nicht einheitlich und schon bald kämpfen alle ums nackte Überleben…
„Cube 2: Hypercube“ entstand wohl unter der altbekannten Prämisse „Mal schauen, ob man mit einer hinterhergeschobenen Fortsetzung eines Überraschungserfolgs noch ein paar Kröten abgreifen kann“. Es sollte die zweite Regiearbeit des ansonsten in erster Linie als Kameramann für Filme wie „Reservoir Dogs“ oder „American Psycho“ tätigen Polen Andrzej Sekula werden. Wie auch „Cube“ handelt es sich um eine kanadische Produktion, veröffentlicht wurde sie im Jahre 2002.

Leider sieht der Film eher aus wie eine TV-Produktion statt großem Kino und hat auch inhaltlich nicht viel zu bieten. Aus dem ersten Teil Bekanntes wie die Ausgangssituation, dass eine sich nicht untereinander kennende Menschengruppe unterschiedlichster Charaktere in einem gewaltigen Würfelkomplex erwacht, ohne Kenntnis darüber zu haben, wie sie dorthin gelangt ist, sowie sich anbahnende und später ausbrechende Konflikte zwischen den Charakteren wurden übernommen und viel Unsinn dazugesponnen. So handelt es sich beim Würfelkomplex nun um einen „vierdimensionalen Hypercube“, der Anlass für viel pseudophysikalisches Gequatsche gibt, anlässlich dessen vielleicht manch pickliger Sci-Fi-Nerd ein feuchtes Höschen bekommt, der Genrefilmliebhaber aber dankend abwinkt.

Das führt dann auch dazu, dass es keine ebenso kreativ-gewitzten Fallen mehr wie im Original gibt, sondern man mit Dimensionsverschiebungen und multiplen Erscheinungen der Charaktere Vorlieb nehmen muss. Das hat dann und wann durchaus seine Momente und sorgt sogar für einen wirklich netten Schockmoment, verspielt aber viel Sympathie durch seine uncharmanten Computereffekte.

Die Dialoge der Abziehbilder von Charakteren hingegen sind größtenteils zu vernachlässigen und bringen den Film mühsam auf Länge. Dafür versucht sich Teil 2 aber an einer Art Erklärung für die würfligen Umtriebe, die leider verdammt plump daherkommt und ebenfalls unbefriedigend ausfiel. Und da im gesamten Film kaum die Atmosphäre des Vorgängers erreicht wird, ja selbst die kargen Kulissen viel liebloser wirken, fällt das Fazit dieses lediglich leidlich unterhaltsamen „Cash-Ins“ wenn nicht gleich vernichtend, so doch eindeutig negativ aus. Einmal gucken und vergessen.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: So 20. Nov 2011, 15:24
von buxtebrawler
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Die Mächte des Wahnsinns
Der Versicherungsdetektiv John Trent (Sam Neill) wird in eine Irrenanstalt eingewiesen und erzählt dem behandelnden Arzt (David Warner) seine Geschichte: Von einem Verleger (Charlton Heston) wird Trent beauftragt, nach dem verschwundenen Kult-Horror-Autor Sutter Cane (Jürgen Prochnow) zu suchen. Cane ist ein weltweites Phänomen und sein neuestes Buch mit ihm verschollen. Nachdem er auf den Buchumschlägen von Canes Werken eine Karte entdeckt hat, macht sich Trent mit der Verlagsangestellten Styles auf den Weg und gerät schließlich nach Hobbs End. Doch diese Stadt gibt es ausschließlich auf dem Papier, sie entsprang Canes Imagination. Doch Trent und Styles machen notgedrungen weiter, denn sie können die Stadt nicht mehr verlassen, in der es von Monstern und anderen unheimlichen Geschöpfen nur so wimmelt...
Mit „Die Mächte des Wahnsinns“ erschuf US-Regisseur John Carpenter nach „Das Ding aus einer anderen Welt“ und „Die Fürsten der Dunkelheit“ im Jahre 1994 den dritten Teil seiner „Apokalyptischen Trilogie“ und damit einen der besten Horrorfilme der 1990er.

Versicherungsdetektiv John Trent (Sam Neill, „Possession“) landet in einer psychiatrischen Anstalt, wo er eine wahnsinnig anmutende Geschichte erzählt: Sein Auftrag, den populären Horrorschriftsteller Sutter Cane (Jürgen Prochnow, „Das Boot“) zu finden, hätte ihn in eine auf keiner Karte verzeichnete Kleinstadt namens Hobbs End verschlagen, die er bisher lediglich Canes Fiktion in Form seiner Horrorromane zugeschrieben hatte. Dort scheint die Apokalypse ihren Anfang zu finden, die Cane mit seinem letzten Werk herbeischreibt...

Carpenter gelang eine höchst gelungene Kombination aus Lovecraft’schen Motiven und Medien-/Gesellschaftssatire. Uralte Mächte, die nach der Weltherrschaft bzw. -zerstörung streben und sich gern mal in schleimigen Tentakelkreaturen physisch manifestieren, sind natürlich unverkennbar Lovecraft. Der satirische Tonfall des Films äußert sich angenehmer- und geschickterweise trotz weniger komödiantisch angelegter, überzeichneter Charaktere nicht in Albernheiten und Klamauk, sondern vollbringt das Kunststück, einen unheimlich starken Subtext zu etablieren, ohne die Entfaltung der surrealen, düsteren, gruseligen Horror-Atmosphäre zu gefährden. Denn auf beiden Ebenen funktioniert „Die Mächte des Wahnsinns“ grandios: Als augenzwinkernde Vision einer von Horrorliteratur- und -film-Fans durch ihre Begeisterung für selbige geschaffenen Apokalypse inkl. Seitenhieben auf Religions- und Glaubensgemeinschaften und ihre eigene Wirklichkeit, die von der Kraft des Glaubens zahlreicher Anhänger zehrt. Die Medienlandschaft wird ebenso aufs Korn genommen, lebt doch auch Medienhysterie vom Glauben ihrer Konsumenten. Die in fragwürdigen Pädagogen- und Sittenwächterkreisen gern kolportierte Warnung, Horror in seiner populärkulturellen Unterhaltungsform wäre schädlich und verwerflich, wird vom Drehbuch aufgegriffen und bis ins vollkommen Absurde auf die Spitze getrieben.

Doch gleichsam ist „Die Mächte des Wahnsinns“ auch ein reinrassiger, hochspannender Horrorfilm, der die Realität, wie wir sie kennen, als höchst beunruhigendes, wackliges Konstrukt beschreibt, das jederzeit durch die Kraft der Suggestion ins Wanken geraten kann. Eine Realität, die von dunklen Mächten bedroht wird, die Ausdruck finden in Gewaltentladungen, in der Negierung von Zeit und Raum, im kollektiven Wahn und die das Tor zur Apokalypse, zur Hölle auf Erden öffnen. Im Verborgenen scharren sie mit den Hufen, um ihre Dämonen einfallen zu lassen und die Menschheit dazu zu bringen, sich zu vernichten.

John Trent als ewig zweifelnder, sich bis zum bitteren Ende an das Weltliche klammernder, abgeklärter Versicherungsdetektiv, der nicht geneigt ist, sich der Massenhysterie anzuschließen, ist die Antithese zum okkulten Terror, mit dem Carpenter sein Publikum konfrontiert und verstört. Er ist die Identifikationsfigur des Zuschauers, aus dessen Augen wir die Handlung miterleben, und wird zur mitleidserregenden Gestalt, dessen vernunftbetonte Realitätsverbundenheit sich als großer Trugschluss erweist. Über weite Strecken ihm zur Seite steht die Verlagsangestellte Linda Styles (Julie Carmen, „Manhunt“), die eine Art Vermittlerposition zwischen beiden Welten einnimmt und eine Art verhindertes „Love Interest“ darstellt, bis auch sie sich der dunklen Seite anschließt und gar für einen an die Mutationen aus Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“ erinnernden Spezialeffekt herhalten muss. Darüber hinaus verwendet Carpenter jeweils sparsam, dafür umso wirkungsvoller eingesetzte Genrecharakteristika verschiedener Natur, vom axtschwingenden Wahnsinnigen über gruselige Make-up-Effekte und Monsterkreaturen bis hin zu subtileren Mitteln wie sich bewegende, verändernde Gemälde, Traumvisionen, unheimliche Bauten und letztlich die gesamte surreale Parallelwelt Hobbs End mit ihren eigenen Naturgesetzen.

So entstehen viele unvergessliche Szenen, die in einem von den titelgebenden Mächten des Wahnsinns geprägten Finale münden, das die ausgedehnte Rückblende beendet und wieder in der filmischen Gegenwart anknüpft. Das Spiel mit verschiedenen Zeit- und Realitätsebenen, das dem Zuschauer einige Konzentration und Abstraktionsfähigkeit abfordert, findet hier seinen erschreckenden, pessimistischen Schlusspunkt und entlässt das Publikum mit hysterischem Gelächter zurück in seine durch den Konsum dieses Films möglicherweise ebenfalls ein Stück weit aus de Fugen geratene, plötzlich viel weniger vertrauenserweckend erscheinende Welt.

Wie bei Carpenter-Filmen üblich, wurde auch „Die Mächte des Wahnsinns“ mit einem dominanten Soundtrack versehen, in diesem Falle treffen rockige Klänge auf atmosphärische Synthesizer-Sounds, die häufig von einer unheimlichen Geräuschkulisse begleitet werden und entschieden zur Stimmung des Films beitragen. Trotz seines allgegenwärtigen Namens tritt Sutter Cane erst zu einem relativ späten Zeitpunkt in seiner schauspielerischen Interpretation durch einen ebenso erhabenen wie zwielichtigen Jürgen Prochnow in Erscheinung; die Hauptrolle verkörpert Sam Neill, der glaubwürdig die verschiedenen Stadien seiner Figur mimt und den Zuschauer verführt, mit seinem von vornherein nicht als übermäßig sympathisch gezeichneten Charakter mitzufiebern. Die dynamische Kameraführung präsentiert eindrucksvolle Bilder einer entrückten Realität, die leicht verfremdet als optische Umsetzung surrealer Visionen akzeptiert werden und durch ihre nur sparsame Manipulation, ihre stets starke Ähnlichkeit mit dem Bekannten wahrende Optik im Endeffekt umso erschreckender wirken.

Ein Unsympath wie Charlton Heston hat glücklicherweise nur eine kleinere Nebenrolle inne, eingangs erwähnte Überzeichnungen enden, kurz bevor sie nervig werden könnten, und auch von den möglicherweise nicht gänzlich zum Film passenden, grobschlächtigen Kreaturen wird rechtzeitig abgeblendet, um nicht Gefahr zu laufen, in ein trashiges Spektaktel abzugleiten. Insofern gibt es tatsächlich nur wenig Anlass zur Kritik.

„Die Mächte des Wahnsinns“ ist einer dieser Filme, die, einmal gesehen, sich im Unterbewusstsein fest verankern und in unregelmäßigen Abständen eine stets genüsslich zelebrierte Neusichtung mit Gänsehautgarantie einfordern. Lesen Sie Sutter Cane?

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: So 20. Nov 2011, 16:55
von buxtebrawler
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Das Geheimnis des steinernen Monsters
Ein seltsamer schwarzer Meteor schlägt in der Nähe der Wüstenstadt San Angelo ein und übersät die Gegend mit Splittern. Beim Kontakt mit Wasser entwickeln diese Meteorsplitter jedoch ein außergewöhnliches Wachstum, bis auch diese Riesenkristalle wieder in viele kleine Stücke zerbersten. Außerdem haben sie noch den unangenehmen Nebeneffekt, Menschen erstarren zu lassen. Die Suche nach einem Gegenmittel wird zu einem Wettlauf mit der Zeit, ehe der ganze Planet in Gefahr ist...
Der Jack-Arnold-Film, der dann doch keiner wurde: Ursprünglich war der Garant für qualitativ hochwertige B-Movies, der auch das Drehbuch schrieb, für die Regie angedacht, letztendlich wurde diese Aufgabe aber John Sherwood zuteil, der auch für die Regie des dritten Teils von Arnolds „Create from the Black Lagoon“-Reihe verantwortlich zeichnet.

Die Idee dieses 1957 entstandenen Science-Fiction-Films nenne ich mal originell: Statt monsterhaft mutierten Riesengetiers oder außerirdischer Intelligenzen ließ man diesmal Meteoritensplitter aus dem All, die bei Berührung mit Wasser zu Monolithen wachsen, bis sie einstürzen und in weitere, ebenfalls wachsende Splitter zerspringen und sich auf diese bizarre Weise langsam, aber sicher fortbewegen und dadurch kleine US-Städtchen bedrohen, in den staubigen Wüsten auf das Publikum los. Außerdem lassen sie durch Berührung mit Menschen selbige versteinern.

Die Hauptrolle übernahm Grant Williams, der im selben Jahr im Jack-Arnold-Klassiker „Die unglaubliche Geschichte des Mr. C“ glänzte, für die Rolle des jungen, dynamischen Helden aber etwas zu uncharakteristisch erscheint. Die (mehr oder wenige) große weibliche Rolle wird besetzt von Lola Albright, die eine selbstbewusste Frau mimt, die diesmal entgegen Genreklischees nicht herumzukreischen und gerettet zu werden hat. Les Tremayne steht Williams zur Seite.

Natürlich ist „Das Geheimnis des steinernen Monsters“ kein großer Klassiker des Genres, aber er ist ein sorgfältig inszenierter Low-Budget-B-Film, der Freunde der alten Schwarzweiß-Schinken mit seinem Charme gut unterhält. Das Tempo geht in Ordnung, die Trickeffekte der wachsenden Steinsäulen sind noch immer einen Hingucker wert und die Kulissen mit riesenhaften, heranrückenden Monolithen, die unter lautem Getose zusammenbrechen, sind auf angenehme Weise bizarr, ohne ihre Wirkung zu verfehlen. Aus der für eine Verfilmung, die ein an Kreaturen gewöhntes Publikum überzeugen muss, recht sperrig anmutenden Idee hat man viel herausgeholt und sich hier und da natürlich an Erfolgen wie „Formicula“ und Konsorten orientiert.

Leider hat man es aber versäumt, die tolle Idee mit den nach Berührung versteinerten Menschen weiter auszubauen. Diese rückt irgendwann zu sehr in den Hintergrund, obwohl sie eigentlich der interessanteste Aspekt der Handlung ist und zu Beginn des Films in einer eindrucksvollen Szene entsprechende Erwartungen beim Zuschauer weckt. Weshalb manche Menschen mit den Gesteinsbrocken herumhantieren können, ohne dass ihnen etwas derartiges zustößt, während andere erstarren wie nach der Konfrontation mit der Medusa oder in die eiserne Lunge müssen, bleibt unklar. Stattdessen bekommt „Das Geheimnis des steinernen Monsters“ viel von einem Katastrophenfilm, bis er in einem zweifelhaften Happy-End mündet, das die glücklich grinsenden Protagonisten anscheinend vergessen lässt, dass die Gefahr lediglich für den Augenblick gebannt ist.

Doch trotz dieser inhaltlichen Mängel lohnt sich ein Blick auf die „steinernen Monster“, denn die Dramaturgie stimmt und sorgt auch nach über 50 Jahren noch für angenehme Unterhaltung, die nicht auf unfreiwilliger Komik basiert.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Di 22. Nov 2011, 20:41
von buxtebrawler
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Avere Vent'anni (Oben ohne, unten Jeans)
Lia (Gloria Guida) und Tina (Lilli Carati), zwei junge, überaus selbstbewusste Frauen fahren zusammen nach Rom, um sich dort einer Kommune unter Leitung des "Gurus" Nazariota anschließen zu können, wo sie sich freie Liebe und Entspannung erhoffen. Leider sieht die Realität anders aus und sie sehen sich schnell mit Drogen, Prostitution und der Polizei konfrontiert, nicht wissend, dass ihnen der schlimmste Abschnitt ihrer Reise noch bevorsteht...
„We’re young, hot and pissed off!“

Mit „Avere Vent’anni“ serviert uns Italo-Kultregisseur Fernando Di Leo („Milano Kaliber 9“, „Der Mafiaboss – Sie töten wie Schakale“) eine eigenwillige Mixtur aus lockerer Erotikkomödie bzw. -satire und bitterbösem Drama. 1978 veröffentlicht, nimmt er zunächst komödiantisch das Leben in Hippiekommunen aufs Korn:

Die attraktiven Mädchen vom Lande Lia (Gloria Guida, „Flotte Teens und heiße Jeans“) und Tina (Lilli Carati, „Im Knast der perversen Mädchen“) sind zwei eher gegensätzliche Charaktere. Tina ist laut, aufbrausend und brünett, Lia hingegen zurückhaltender und blond. Beide jedoch sind sich darin einig, nach Rom trampen zu wollen, um unter Gleichgesinnten dem Mief der Provinz entkommen und der freien Liebe frönen und ohne gesellschaftliche Zwänge ihre Jugend genießen zu können. Lebenslustig und rotzfrech treten sie ihre Reise an. In Rom angekommen müssen sie aber bald feststellen, es in erster Linie mit einer Bande Schlaffis zu tun zu haben, die sich ihre Libido größtenteils weggekifft hat. Andere verkleiden sich als Pantomimen und haben auf ihrem Selbstfindungstrip allem Weltlichen abgeschworen, während der Kommunenguru die Hand aufhält. Herrlich in diesen Szenen ist die temperamentvolle Tina, die vor frechen Sprüchen und Schimpfkanonaden nicht zurückschreckt. Selbstredend finden sich irgendwann doch willige Sexpartner und die beiden kommen zumindest kurzzeitig auf ihre Kosten. Dennoch müssen sie feststellen, dass sie mit ihrem fordernden Auftreten bzw. ihrem offensiven Eintreten für sexuelle Selbstbestimmung auf wenig Gegenliebe beim männlichen Geschlecht stoßen. Da auch das Leben in der Kommune Geld kostet, ist Tina gar gezwungen, einen Vertreterinnenjob für eine Enzyklopädie anzunehmen, wobei sie „mit Körpereinsatz“ erfolgreiche Abschlüsse forciert. Doch nur allzu bald stößt ein Filmteam in der Kommune hinzu und die Bewohner ergehen sich in ach so bedeutungsschwangerem, pseudofeministischem Geschwafel, bis irgendwann die brutale Polizei die Bude stürmt und alle mit aufs Revier nimmt.

War bereits die vorausgegangene Handlung zwar komödiantisch, aber mitnichten auf billigem Teenieklamottenniveau und präsentierte der Film seine desillusionierende Ausrichtung mit einem satirischen Augenzwinkern, so bekommt er ab diesem Zeitpunkt einen immer dominanter werdenden, ernsteren Tonfall. Letztendlich sind Lia und Tina gezwungen, Rom wieder zu verlassen und tanzen auf der Rückreise in einem ländlichen Lokal aufreizend zur Musik, begegnen der anwesenden Männergemeinschaft selbstbewusst und schnippisch. Das bittere Ende möchte ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten, nur soviel: In seiner pessimistischen Desillusion schwindet sämtlicher zuvor noch vorhanden gewesener Humor ebenso wie die Erotik und mit seinem Abgesang auf das Ausleben eines gesellschaftlich geächteten Lebensentwurfs erinnert es mich stark an „Easy Rider“, der eine einerseits ähnlich, andererseits doch ganz anders schockierende Pointe besaß. Das ist ein ziemlich fieser Magenschwinger und macht aus einer sleazigen Sommerkomödie – wenn auch nicht ohne entsprechende Vorzeichen – ein intelligentes, gesellschaftskritisches Drama, von dem ich vorher meine Zweifel hatte, ob es funktionieren würde. Aber das tut es. Die Träume naiver weiblicher Twens von Selbstbestimmung sterben unwiederbringlich durch die Hand das Patriarchats und der Zuschauer ist Zeuge jener schwer verdaulichen Tortur.

Die beiden Schauspielerinnen entstammen dem Erotikbereich, beweisen aber, dass sie ihr Fach auch über das natürlich auch hier ausgiebig stattfindende Blankziehen hinaus verstehen. Beide sind wahre Augenweiden und versprühen unter Di Leos Regie reichlich Erotik. An die filmischen Großtaten Di Leos wie seine berüchtigte Mafiatrilogie reicht „Avere Vent’anni“ zwar nicht heran, aber er unterhält dauerhaft ähnlich prächtig und nimmt den Zuschauer mit seinem Charme und seiner (trügerischen) Wohlfühlatmosphäre gefangen. Die bizarren und skurrilen Charaktere der Kommune sorgen für viel Kurzweil, darüber hinaus verfügt der Film über mit die schlimmsten Tanzszenen, derer ich Augenzeuge werden „durfte“. Die unheimlich fiese Mimik des patenhaften Oberhaupts der Hinterwäldlersippe am Filmende hingegen verheißt bereits nichts Gutes und ist der Auftakt zum grausamen Ende. Das immer wiederkehrende Titelthema ist wie so oft im italienischen Kino grandios und in seiner unbedarften Schönheit das akustische Pendant zu den Hauptrollen – gesungen von Gloria Guida persönlich!

Anscheinend wurde der Film gegen den Willen des Regisseurs umgeschnitten und in Deutschland zudem unter dem völlig danebenliegenden Titel „Oben ohne, unten Jeans“ schwer auf Sexklamotte getrimmt. Glücklicherweise gibt es eine italienische Doppel-DVD, die die ursprünglich beabsichtigte Schnittfassung enthält und über sehr gut verständliche englische Untertitel verfügt, so dass sich diese Sleaze-Perle mit Anspruch niemand entgehen lassen sollte, der etwas für den besonderen Erotikfilm übrig hat. Die Diskussion, inwieweit sich dieser inhaltlich antichauvinistische Film chauvinistischer Stilmittel bedient, um (s)ein Publikum zu erreichen und zu unterhalten und ob das gerechtfertigt ist, um es zunächst in Sicherheit zu wiegen, um es dann zu verstören oder ob es sich gar einfach um kalkulierte, geschmacklose Exploitation handelt, überlasse ich gern anderen.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mi 23. Nov 2011, 00:19
von buxtebrawler
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Halloween: Resurrection
Auch nach den Ereignissen im letzten Teil ist Michael Myers nicht tot und Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) kann sich ebenfalls nicht ewig vor ihm verstecken. Nachdem sie ihm schließlich doch zum Opfer gefallen ist, kehrt Michael nach Haddonfield zurück. Dort führen sechs ausgewählte Studenten gerade ein via Internet live übertragenes Experiment aus: sie wollen eine Nacht in dem verrufenen Haus verbringen. Sie werden in den Gebäude eingeschlossen und ständig von mehreren Kameras überwacht. Was sie nicht wissen: Michael ist unter ihnen...
US-Regisseur Rock Rosenthal, der seinerzeit bereits die erste, sehr gelungene “Halloween”-Fortsetzung drehte, wurde 2002 mit der Regie von „Halloween: Resurrection“ betraut, der an den vorausgegangenen, mainstreamigen „Halloween H20“ anknüpft – zumindest, was die Handlung betrifft, qualitativ leider nicht.

Zunächst beginnt der Film mit einer sehr absonderlichen Erklärung dafür, dass Michael Myers noch immer unter den Lebenden weilt – bekam er doch eigentlich im vorherigen Film von Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) den Kopf abgeschlagen. Nun, damals steckte gar nicht er im Kostüm, sondern ein Polizist, dem er zuvor den Kehlkopf zerquetscht hatte. Äh, aha?! Nun gut, wir haben es mit einem Slasher zu tun, in dem ein motivloser Serienkiller anscheinend warum und wie auch immer mit übernatürlichen Kräften ausgestattet wurde und bisher alles überlebt hat – da will ich gar nicht so laut nach Logik schreien.

Lee Curtis alias Strode scheint zunächst ein ähnliches Schicksal zu erleiden, wie in der „Halloween“-Reihe für Überlebende – bisher abgesehen eben von Laurie Strode – üblich: Sie ist mental derangiert, apathisch und/oder zum Sterben verurteilt. Doch wie sie so in der Nervenheilanstalt regungslos dasitzt und vor sich hinstarrt, ist nur eine Finte, denn sie weiß ganz genau, was sie auch zum diesjährigen Halloween erwartet: Ein erneutes Wiedersehen mit ihrem mordsüchtigen Bruder. Prompt erscheint er auch und will sie dahinmetzeln, es kommt zum Kampf. Doch dann geschieht das eigentlich Unfassbare: Sie wurde tatsächlich von den Drehbuchautoren zum Abschuss freigegeben, Michael killt sie wirklich! Gerade noch freut man sich über das erneute Wiedersehen mit ihr und bewundert, wie blitzgescheit sie das Anstaltspersonal an der Nase herumführte, nur um dann wirklich und wahrhaftig über den Jordan geschickt zu werden. Ok, zumindest geschah das in wirklich respektabler, typischer „Halloween“-Atmosphäre und -Manier und weiß wirklich zu schockieren. Völlig unklar ist jedoch, warum zur Hölle sie das Seil, an dem Michael nur wenige Meter über dem Boden baumelte, durchtrennen wollte? Schließlich müsste sie am besten wissen, dass so ein Sturz ihrem unsäglichen Bruder nichts wirklich anhaben könnte. Wie auch immer, soweit also der Prolog.

Nachdem sich Laurie also etwas unrühmlich verabschiedet hat, bekommen wir es von nun an mit dem vollen Brett nerviger, überzeichneter Klischeecharaktere zu tun: Eine TV-Anstalt plant ein Reality-Show-Special, für das eine Bande Teenager ins vorher präparierte, seit Jahren leerstehende Myers-Haus gesetzt wird. Das Ganze soll im Internet übertragen werden, wo das Publikum zwischen allen möglichen Webcam-Perspektiven wählen kann. Busta Rhymes (warum nach LL Cool J in „Halloween H20“ schon wieder so ein Rapper in einem „Halloween“-Streifen?!) ist der Leiter des Projekts und instruiert seine Teenies, unter denen sich ein Mädel befindet, das nicht ganz so debil erscheint wie die anderen und einen Internet-Chat-Verehrer hat, der von einer Party aus zusieht. Diese steht natürlich von vornherein als „Final Girl“ fest, so dass klar wird, dass „Halloween: Resurrection“ nicht sonderlich auf Spannung, sondern auf reinen „Michael dezimiert die ganze dämliche Bande“-Unterhaltungswert setzen wird.

Es folgen die spätestens seit „Blair Witch Project“ bekannten Amateurkameraspielereien, hier mithilfe von Webcams, die in dem stellenweise gar nicht übel hergerichteten Myers-Haus-Ambiente mal recht effektiv und gruselig wirken, in den schnellen Wechselschnitten mit der normalen Kamera aber ziemlich nerven. Hier punktet der Film ganz sicher nicht mit den hirnverbrannten Debilendialogen, sondern beispielsweise mit noch zuckenden, angeknabberten Ratten, die den strunznaiven Protagonisten langsam aber sicher klarmachen, dass nicht alles reine Deko sein kann. In erster Linie sind es aber natürlich die Morde, die in der ungeschnittenen Fassung dann doch verhältnismäßig brutal und explizit vonstatten gehen. Die typische, unheimliche Halloween-Atmosphäre hingegen wurde fast komplett verschenkt, von ihr ist nicht mehr viel übrig. Vereinzelte Momente bringen diese noch zum Vorschein und wecken wehmütige Erinnerungen, ansonsten regiert der künstlich auf modern getrimmte Teenage-Horror-Overkill, der für eine Generation umgesetzt, die von Suspense und derlei Ingredienzien nichts mehr wissen will. Geblieben ist der Terror, der dem Film gerade noch zu einer Durchschnittsnote verhilft.

Die vordergründige Kritik an sog. Reality-TV kommt mit der Brechstange und ist lachhaft. Ein Kerl im Myers-Kostüm, der gar nicht Myers ist, bekommt diesmal nur eine geknallt, statt wie in Rosenthals Teil 2 angezündet zu werden. Busta Rhymes stört mit Martial-Arts-Attacken gegen Michael und dümmlichen Gelabere, als wäre er selbst einer der Teenies; seine Rolle nimmt man ihm nicht ab. Die Schlusspointe letztlich ist einerseits ein zu erwartender Cliffhanger, andererseits aber dann doch irgendwie wirksam und aus meiner Sicht mit „Halloween“-Fan-Brille auf der Nase gelungen.

Alles, was ich unerwähnt ließ, ist entweder unerheblich für diese Kritik oder würde spoilern. Deshalb sollten beinharte „Halloween“-Fans, die ich nicht komplett abgeschreckt habe, am besten einfach selbst ohne irgendeine Erwartungshaltung diesem Teil eine Chance geben, der für kurzweilige Slasher-Unterhaltung von der Stange noch halbwegs taugt, aufgrund seiner Anpassung an die Fastfood-Kino-Zielgruppe aber bereits heute für seine angepeilte Klientel schon wieder überholt ist und bei den wahren Filmfreunden größtenteils gnadenlos durchlief – im Gegensatz zu den Klassikern, die diese Filmreihe zu bieten hat.