Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR-LOUNGE
Moderator: jogiwan
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Charles M. Schulz – Die Peanuts: Werkausgabe, Bd. 2: 1953 – 1954
„Demut vor dem Leben in all seiner Rätselhaftigkeit“ – Gary Groth über Charles M. Schulz
Wie in meinen Zeilen zum ersten Band bereits erwähnt, begann der Hamburger Carlsen-Verlag im November 2006, eine alle Strips umfassende, streng chronologisch sortierte „Peanuts“-Werkausgabe zu veröffentlichen. Der zweite, erneut rund 350 Seiten starke Hardcover-Band umfasst die täglichen Comic-Strips der Jahre 1953 und 1954 inkl. aller umfangreicheren Sonntagsseiten. Drei Seiten lang führt Andreas Platthaus, Comic-Experte der in ihren Beiträgen zur politischen Meinungsbildung so beschämend reaktionären, für ihren Kulturteil aber vielgelobten F.A.Z., in diese Ausgabe ein, indem er vornehmlich auf die Besonderheiten in Schulz’ Comics dieses Zeitabschnitts hinweist und damit noch neugieriger auf sie macht, als man als Peanuts-Freund und/oder Comic-Archäologe ohnehin schon ist. Zwei Seiten lang darf ferner Gary Groth Charles M. Schulz charakterisieren und ein Index sowie eine Vorschau auf den nächsten Band komplettieren das wie gehabt auf hochwertigem Kartonpapier gedruckte Buch im Schutzumschlag.
„Ich glaube, ich bin ein geborener Außenseiter… Ich scheine einfach nirgends hineinzupassen.“ – „Vielleicht könntest du dich einer Gruppe Außenseiter anschließen…“ – „Selbst da würde ich vermutlich nicht hineinpassen…“ – Charlie Brown und Schröder im Gespräch
Der Hauptteil gehört natürlich den unkolorierten Comic-Strips und der Evolution Schulz’ Figuren, die damals noch nicht abgeschlossen war: Sie alterten noch immer, was hier zu interessanten Entwicklungen wie den zahlreichen Marotten führt, die sie immer stärker ausbilden. Dies trifft insbesondere auf Lucy zu, die – neben Charlie Brown, versteht sich – diesen Band dominiert. So wird sie in Bezug auf Lebensmittel enorm pingelig, hadert bereits mit dem Kindergarten wie Ältere mit Schule oder Arbeit und versucht 1954 ständig, die Sterne am Himmel und später Wolken und Sonnen (!) zu zählen. Außerdem kommentiert sie in schöner Regelmäßigkeit mit Unverständnis die Texte von Kinderliedern – und natürlich ist sie stolz, eine Nörgelliese zu sein, was sie für eine Art sportlicher Disziplin hält. Erfreulich ist für sie, dass sie zu lesen beginnt, wenngleich sie nun gern pseudowissenschaftlichen Nonsens von sich gibt und den die Dinge besser wissenden Charlie als Dummkopf bezeichnet, was diesem auf den Magen schlägt und woran er im weiteren Verlauf regelrecht verzweifelt. Dass er trotzdem wirklich immer im Dame-Brettspiel gegen sie verliert, macht die Sache nicht besser.
Dass Charlie ein Alter Ego seines Schöpfers ist wird im Running Gag deutlich, in dem er Comics zeichnet, deren Pointen partout nicht ankommen. Geradezu selbstreferentiell mutet es an, wenn Schulz im Mai 1953 (S. 58) Comiczeichner Charlie in die Sprechblase legt, sein Humor sei zu subtil für den gemeinen Leser. Dies und vieles andere muss der Melancholiker mit sich selbst ausmachen. Dass man als Leser(in) bei Team-Aktivitäten Charlies wie z.B. Baseballspielen die Interagierenden so gut wie nie sieht, verstärkt den Eindruck von Einsamkeit und Isolation, der zu einem seiner Markenzeichen wurde, wenn er auch längst nicht jedem Strip immanent ist. Das Lächeln seines Hundes stimmt ihn aber schnell wieder fröhlich. Snoopy läuft nach wie vor auf allen Vieren, seine von Platthaus als vermeintlichen Stilbruch gewerteten Sprechblasen im August 1953 (S. 98) interpretiere ich eher als Gedankenblasen bzw. als Lautartikulation, die für Menschen unverständlich sind, aber natürlich auf Snoopys menschliche Eigenschaften verweisen. Wie häufig er Süßigkeiten zu fressen bekommt, irritiert indes noch immer.
Lucys kleiner Bruder Linus darf im Juni 1953 (S. 74) erstmals eigene Gedanken formulieren, seine Schmusedecke debütiert am 1. Juni 1954 (S. 222). Als sie später wieder aufgegriffen wird, avanciert sie gar kurzzeitig zum Trend: Alle Jungs haben plötzlich eine! Mit Schmuddelkind Pig-Pen feiert im Juli 1954 (S. 240) eine meiner Lieblingsfiguren ihren Einstand und hat eine ganze Reihe starker Auftritte, wenngleich sie noch nicht permanent eine Schmutzwolke um sich herum erzeugt. Als auf traurige Weise visionär erweist sich ein Strip aus dem Mai 1954, in dem Kriegscomicsammler Charlie nicht weiß, ob er sich nach den Ausgaben „Der Unabhängigkeitskrieg“, „Der Krieg von 1812“, „Bürgerkriegs-Comics“, „Der Erste Weltkrieg“, „Der Zweite Weltkrieg“ und „Der Koreakrieg“ auf das nächste Heft freuen soll. Im Oktober 1953 (S. 122) verfügt eine Sonntagsseite erstmals über einen eigenen Titel („Das Kricket-Spiel“) und das Motiv Charlies erfolgloser Drachensteigversuche wird auf einer Sonntagsseite im Juni 1954 (S. 227) eingeführt. So, wie die Figuren noch altern, tun dies auch die äußeren Umstände, sprich: Es gibt Jahreszeiten. Eigenartigerweise zeichnete Schulz am 31.10.1954 keinen Halloween-Strip, obwohl das Thema in den Strips zuvor aufgegriffen wurde. Dass Schulz neben seinem reduzierten Strich auch wesentlich aufwändiger, detaillierter und realistischer zeichnen konnte, beweisen in den Strips auftauchende Objekte wie Schröders Beethoven-Büste oder auch Vögel, die mit Snoopys späterem Freund (und hier noch lange nicht herbeiflatterndem) Woodstock nicht das Geringste gemein haben.
Welchen Aufwand es bedeutet, dem eigenen Komplettismusanspruch gerecht zu werden, lässt der abschließende Kommentar der Herausgeber erahnen, die einen Einblick in die schwierige Ausgangslage gewähren und denen gar nicht genug dafür gedankt werden kann, sich dennoch auch der verschollensten Strips angekommen und sie aufwändig restauriert zu haben, sodass auch diese Ausgabe vollständig ist und sich die Rezipientinnen und Rezipienten ins comichistorische Vergnügen stürzen können.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
@ Sid
Klingt spannend. Kenne selbst nur Stefan Austs Buch über die RAF.
Ich habe mir folgendes Buch gekauft:
Mal schauen, evtl. schaffe ich es, dieses DAS KAPITAL FÜR DUMMIES Comicbuch bis zum nächsten Treffen zu verstehen. Dann kann ich mit karlabundzu sachkundig über Kapitalismus diskutieren.
Klingt spannend. Kenne selbst nur Stefan Austs Buch über die RAF.
Ich habe mir folgendes Buch gekauft:
Mal schauen, evtl. schaffe ich es, dieses DAS KAPITAL FÜR DUMMIES Comicbuch bis zum nächsten Treffen zu verstehen. Dann kann ich mit karlabundzu sachkundig über Kapitalismus diskutieren.
„Ist es denn schade um diesen Strohhalm, Du Hampelmann?“
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Stichwort RAF: Dank dr. freudstein, der zu Hause ausgemistet hat, lese ich gerade die "Stern"-Sonderausgabe zum Attentat auf Alfred Herrhausen. Ein interessantes Zeitdokument.
Ist ja witzig - genau dieses Buch hatte ich mir auch gerade auf die Einkaufsliste gesetztCanisius hat geschrieben:Ich habe mir folgendes Buch gekauft:
[...]
Mal schauen, evtl. schaffe ich es, dieses DAS KAPITAL FÜR DUMMIES Comicbuch bis zum nächsten Treffen zu verstehen. Dann kann ich mit karlabundzu sachkundig über Kapitalismus diskutieren.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
dann beschweren sich wieder Sitznachbarn...Canisius hat geschrieben:@ Sid
Klingt spannend. Kenne selbst nur Stefan Austs Buch über die RAF.
Ich habe mir folgendes Buch gekauft:
Mal schauen, evtl. schaffe ich es, dieses DAS KAPITAL FÜR DUMMIES Comicbuch bis zum nächsten Treffen zu verstehen. Dann kann ich mit karlabundzu sachkundig über Kapitalismus diskutieren.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Das Forum mit dem BildungsauftragCanisius hat geschrieben: Mal schauen, evtl. schaffe ich es, dieses DAS KAPITAL FÜR DUMMIES Comicbuch bis zum nächsten Treffen zu verstehen. Dann kann ich mit karlabundzu sachkundig über Kapitalismus diskutieren.
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Den Aust habe ich vor zig Jahren auch mal gelesen, der Peters sagt mir irgendwie mehr zu.Canisius hat geschrieben:@ Sid
Klingt spannend. Kenne selbst nur Stefan Austs Buch über die RAF.
Definitiv eine interessante Thematik.buxtebrawler hat geschrieben:Stichwort RAF: Dank dr. freudstein, der zu Hause ausgemistet hat, lese ich gerade die "Stern"-Sonderausgabe zum Attentat auf Alfred Herrhausen. Ein interessantes Zeitdokument.
Bezüglich Zweite und Ditte Generation ist es äußerst spannend das Buch über Odfried Hepp, einst Rechtsterrorist, dann Frontenwechsler, zu lesen. Ungeachtet der ideologischen gibt es auch so manche Gemeinsamkeiten in Richtung Stasi und natürlich Amerikahass.
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Mad-Taschenbuch Nr. 25: Angelo Torres / Tom Koch – Das Mad-Buch der Weltgeschichte
Im Jahre 1980, drei Jahre nach seinem Erscheinen in den USA, brachte es dieses Mad-Taschenbuch auch zu einer deutschen Veröffentlichung. Unterteilt in sieben jeweils eine Epoche abbildende Kapitel und eingeleitet von einem dreiseitigen Vorwort wird sich rund 160-Schwarzweißseiten lang von 3050 v. Chr. bis 1969 n. Chr. in alternativer Geschichtsschreibung geübt. Ein kurzer Text leitet in den jeweiligen Abschnitt ein, der sich pro Ereignisjahr in ein großformatiges Bild im Karikaturstil und ein paar Zeilen dazu passenden Text aufteilt, der auf Mad-typische satirische Weise bestimmte Weltereignisse aufs Korn nimmt und gern Parallelen zur Gegenwart zieht oder generell anachronistisch in Erscheinung tritt. So heißt es zum Jahr 31 v. Chr.: „Das Drama zwischen Antonius und Kleopatra findet in der Originalbesetzung statt und ist damit um viele Millionen billiger als die spätere Neuverfilmung mit Richard Burton und Elizabeth Taylor.“ Und 1001: „Leif Eriksson entdeckt Amerika, hält es aber nicht für wert, darüber zu reden.“ Oder 1626: „Die Indianer sind überzeugt, ein glänzendes Geschäft zu machen, indem sie New York den Holländern für 24 Dollar überlassen.“ Auch schön: „1894: Thomas Edison führt den ersten Film vor. Alle sind davon hell begeistert – mit Ausnahme der Filmkritiker.“ Für all die Kriege und sonstigen blutigen Wahnsinn, der sich durch die Menschheitsgeschichte zieht, haben Zeichner Torres und Autor Koch nur Spott übrig, ansonsten mischen sich unter den Humor manch Absurdität, Seitenhiebe und Sprachwitz. Spaßiger Gesichtsunterricht nicht nur für Mad-Jünger und ein stilistisch neuer Ansatz innerhalb der Taschenbuchreihe, die hiermit eine Jubiläumsausgabe feierte, ohne dies mit auch nur einer Silbe zu erwähnen.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
klingt gut. Da muss ich mich als Geschichtslehrer natürlich mal fragen, wo ich das Ding erwerben könntebuxtebrawler hat geschrieben:
Mad-Taschenbuch Nr. 25: Angelo Torres / Tom Koch – Das Mad-Buch der Weltgeschichte
Im Jahre 1980, drei Jahre nach seinem Erscheinen in den USA, brachte es dieses Mad-Taschenbuch auch zu einer deutschen Veröffentlichung. Unterteilt in sieben jeweils eine Epoche abbildende Kapitel und eingeleitet von einem dreiseitigen Vorwort wird sich rund 160-Schwarzweißseiten lang von 3050 v. Chr. bis 1969 n. Chr. in alternativer Geschichtsschreibung geübt. Ein kurzer Text leitet in den jeweiligen Abschnitt ein, der sich pro Ereignisjahr in ein großformatiges Bild im Karikaturstil und ein paar Zeilen dazu passenden Text aufteilt, der auf Mad-typische satirische Weise bestimmte Weltereignisse aufs Korn nimmt und gern Parallelen zur Gegenwart zieht oder generell anachronistisch in Erscheinung tritt. So heißt es zum Jahr 31 v. Chr.: „Das Drama zwischen Antonius und Kleopatra findet in der Originalbesetzung statt und ist damit um viele Millionen billiger als die spätere Neuverfilmung mit Richard Burton und Elizabeth Taylor.“ Und 1001: „Leif Eriksson entdeckt Amerika, hält es aber nicht für wert, darüber zu reden.“ Oder 1626: „Die Indianer sind überzeugt, ein glänzendes Geschäft zu machen, indem sie New York den Holländern für 24 Dollar überlassen.“ Auch schön: „1894: Thomas Edison führt den ersten Film vor. Alle sind davon hell begeistert – mit Ausnahme der Filmkritiker.“ Für all die Kriege und sonstigen blutigen Wahnsinn, der sich durch die Menschheitsgeschichte zieht, haben Zeichner Torres und Autor Koch nur Spott übrig, ansonsten mischen sich unter den Humor manch Absurdität, Seitenhiebe und Sprachwitz. Spaßiger Gesichtsunterricht nicht nur für Mad-Jünger und ein stilistisch neuer Ansatz innerhalb der Taschenbuchreihe, die hiermit eine Jubiläumsausgabe feierte, ohne dies mit auch nur einer Silbe zu erwähnen.
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Auf Flohmärkten und Comicbörsen, im Buchantiquariat, per eBay oder im Comic-Marktplatz: http://www.dersammler.eu/index.php?a=5&b=1purgatorio hat geschrieben:klingt gut. Da muss ich mich als Geschichtslehrer natürlich mal fragen, wo ich das Ding erwerben könnte
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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