Karl or Karla goes to Cinema

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Moderator: jogiwan

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karlAbundzu
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

In Oldenburg um die Welt. OK, diesmal war es eine etwas kürzere Reise durch unüberlegte Terminüberschneidungen. Doch immerhin habe ich am zwei Tagen Zeit gefunden zu meinem Herzensfestival zu fahren.

Erster Halt Vancouver, Kanada.
12.9.24, 19:00, Cine K Studio
James (2024)
OV
R: Max Train, D: Dylan Beatch, James R Cowley, Paulina Munoz, Yumi Nagashima; M: Max Train

James ist ein Typ, der ohne Grund immer Ärger sucht und ordentlich auf die Fresse bekommt. Eines Tages landet er so in einem Haufen Müll, droht darin zu versinken. Nur ein alter Fahrradrahmen gibt ihm Halt. Er sucht sich Einzelteile zusammen und baut sich so ein funktionierendes Bike zusammen. Findet Sinn, Freude und Community als Kurier. Was er nicht weiß, ist das der Rahmen legendär ist und ein Sammler darauf scharf ist. Als es dann verschwunden ist, macht er sich auf die Suche...
Independent Freunde Projekt, den man den Spaß am Filmen deutlich ansieht. James ist ein sympathischer Verlierer, die anderen Figuren um in herum interessant, die Story bleibt spannend.
Gedreht in schwarz weiß, im 4:3 Format, so dass das oft von Blessuren bedeckte Gesicht James' in vielen Großaufnahmen gut rüber kommt. Dazu starke extra geschriebene Songs, die auch gerade die Stadtbilder gut untermalen. Dazu eine Hommage an das Rad als Stadtverkehrsmittel erster Wahl, was meiner Lebenserfahrung nahe kommt. Fand ich gut.
Regisseur und Hauptdarsteller waren da und sehr sympathisch.

Nächster Halt Lissabon, Portugal und auch Providence, USA.

21:30 Uhr, cine K Muvi
Telepathic Letters (2024)
EF
R: Edgar Pȇra, D: Keith Esher Davies, Iris Cayatte, Bárbara Lagido, Victoria Guerra, M: Artur Cyanetto

Wie so oft auf Filmfestivals mit zum Teil sechs Filmen gleichzeitig, laufen dann mehrere parallel, die man interessant findet, und zu anderen Zeitschienen eher nix. Hier aber gab die Kürze und der kurze Weg die Entscheidung, ein anderer war auch für den nächsten Tag vorgesehen.
In diesem Experimentalfilm die These, dass es eine telepathische Brieffreundschaft zwischen dem portugiesischen Dichter Fernando Pessoa und seinem amerikanischen Zeitgenossen Howard Phillips Lovecraft gegeben haben muss. Pessoa hat zu seiner Zeit sehr wenig veröffentlicht, hinterließ allerdings tausende von Fragmenten in einer Kiste. Er befasste sich mit Wahrnehmung, Mysterien, der Wahrheit hinter dem Realen und spielte gerne mit Identitäten. Er hatte verschiedene Heteronyme und für jeden eine eigene Biographie und Schreibstil. Lovecraft kennen ja wohl die meisten.
Es wird hier hauptsächlich mit Texten der beiden gearbeitet, die Freundschaft durchmacht verschiedene Phasen der Intimität, die wächst, aber es gibt auch Irritationen zwischen ihnen, merkt man gleich an den verschiedenen Ansprachen. Dazu gibt es Computer animierte Versionen der beiden, Voice Over verschiedener Frauen und Bilder, die direkt aus den Geschichten entsprungen sind, da vor allem aus der Cthulhu Welt Lovecrafts, die aber auch immer wieder gemixt werden mit Pessoas Lissabon. Als Freund der Texten der beiden war das natürlich spannend für mich, es wurde auch oft genannt, in welchem Werksstadium der beiden wir sind, die Themenkomplexe waren auch immer klar, nur den relativ schnellem englisch konnte ich nicht immer folgen. Aber dann konnte man sich den Bilderrausch, der allerdings ein langsamer war, hingeben und genau betrachten.
So waren für mich die 70 Minuten lohnend und auch mal wieder ein Anlass, mich mit den beiden Autoren zu beschäftigen, und über die Themen nach zu denken.

So ging Tag 1 erfolgreich zu Ende, zum zweiten Q&A konnte ich leider nicht mehr bleiben, habe aber so gemerkt, dass ich nur drei Minuten vom Kino zum Bahnhof brauche....
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

In Oldenburg um die Welt. Teil 2.
Auf nach Mexiko!
Freitag, der 13.9.24, 16:30, cine K Muvi
A History of Love and War (2024)
OmenglU
R: Santiago Mohar Volkow, D: Andrew Leland Rogers, Lucía Góme Robledo, Aldo Escalante, Dario Yazbek Bernal
Pepe ist ein skrupelloser Bauunternehmer, der seine Projekte mit Korruption und der Selbstgewissheit der Reichen durchzieht. Doch diesmal trifft er auf Widerstand der bewaffneten Bevölkerung. Nun möchte er auch gerne seine geliebte Constanze heiraten, die in ihrer Motivlage zwischen Liebe zu ihm, Lust auf einen Dichter und Fernweh recht unklar ist. Das alles verläuft mehr und mehr im Chaos, und keiner bringt mehr etwas unter Kontrolle.
Eine surreal anmutende Groteske, angelehnt an die Kurze Amtszeit Maximilen I., Kaiser von Mexiko.
Beginnt er noch als recht geradliniger Film mit ein paar Spleens, so haben wir immer wieder Kostüme, die an das Ende des 19 Jhd gemahnen, gleichzeitig haben die Menschen Smartphones in der Hand, und übertriebene Gefühlsausbrüche, wird die Handlung immer absurder und nimmt interessante Abbiegung. Immer, wenn man denkt, ok, auserzählt, wendet sich noch mal etwas, ein anderer Strang, andere Personen geraten in den Mittelpunkt und werden ausgiebig betrachtet. Und das alles mit Hingabe, Liebe und Humor. Und sehr viel graphischer Gewalt.
Die Spieler wissen, wie weit sie ins Groteske und Slapstickhafte gehen dürfen, das es passt. Die Kamera, die Ausstattung und Drehorte sind vom feinsten. Es gibt kommentierende schöne Musik. Einzelne Szenen bleiben im Gedächtnis und der Tod ist noch lange nicht das Ende. Im Pressetext steht etwas von Wes Anderson und Yorgos Lanthimos, ich würde eher von Alex de la Iglesia und Helge Schneider reden. Und doch wieder anders, eigen.
Ein beinahe zweistündiges Ereignis, und nicht zu vergessen, mit Kommentaren zur Geschichte und der aktuellen Lage Mexikos und der Welt.
Ihr seht mich begeistert.

Um nicht im Stress zwischen den Kinos zu geraten, und da die Auswahl der nächsten Zeitschiene nichts zwingendes empfahl, sagte ich kurz Hallo zu Arkschi, der diesmal anders als ich sortiert hatte, ging spazieren und auf der Suche nach etwas zu essen. Und landete im CORE, eigentlich ein working space, mit eigener „Markthalle“, also mehrere gehobene Imbisse und Bars in einem gemeinsamen Raum, viele verschiedene Sitzmöglichkeiten, Kicker und Tischtennis für umme. Ich gönnte mir eine exzellente Pizza, las, und beobachtete das Treiben. Danach noch ein wenig Gebummel, es war allerdings eher kühl, oder ich unterbekleidet, so dass ich frühzeitig zu meinem letzten Film ankam.

Letzter Halt: Dordogne, Frankreich.
21:30, casablanca 1
The second Act (2024)
OenglU
R: Quentin Dupieux, D: Leá Seydoux, Vincent Lindon, Louis Garrel, Raphaël Quenard, Manuel Guillot

Den aktuellen Dupieux nehme ich immer mit, wenn es geht.
Hier beginnt es mit David, der seine Freundin an seinem guten Kumpel Willy loswerden will, während sie noch richtig verliebt ist, und David ihrem Vater vorstellen möchte.
Aber es ist ein Film über das Filmemachen, über die vierte Wand. Und tatsächlich über die Anforderungen und Schwierigkeiten aktuell einen Film zu drehen. Das alles in der Dupieux – Art, der sich allerdings im Vergleich zu seinen meisten früheren Arbeiten deutlich zurück hält. Eher Überraschendes als Absurdes. Und bleibt ganz nah bei seinen vier Hauptdarstellern, alle klasse. Obwohl für mich der heimliche Star Stephane, der Nebendarsteller war. Und Leá Seydoux könnte ich ewig auf französisch zuhören und zusehen.
Insgesamt ruhig, verträumt, kritisch und wie immer liebevoll zu seinen Charakteren und ernsthaft zu seinen Sujets.
Wieder mal sehr gut.

Danke, Oldenburg, und auch Arkschi für die gemeinsame Rückschau der zwei Tage und das Mitnehmen!
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Beitrag von karlAbundzu »

Deliria Hannöver beim Broyhan Fanatstik

Kino im Künstlerhaus Hannover
26.9.24
15 Uhr
The Complex Forms (2024)
OmenglU
R: Fabio D'Orta, D: David White, Michele Venni, Cesare Bonomelli; M: Riccardo Amorese

Ein Geheimbund wirbt alte, dem Leben überdrüssige Männer an, dass sie ihren Körper für eine andere Lebensform zur Verfügung stellen. Je länger man in einer geheimnisvollen Villa bleibt, umso mehr Geld gibt es. Eines Tages erscheinen die Wesen, und drei Männer sind sich nicht mehr so sicher....
Aktueller italienischer Sci Fi Horror, gedreht in hübschen schwarz weiß. Die Story ist wirklich spannend, gut geschrieben, Die Darsteller sehr glaubwürdig, Kamera toll und die Wesen in ihrer Mischung aus Metall und übergroßen Insekten wirklich beeindruckend. Und es wird auch nicht zu einem Actionspektakel: Die Wesen sind eher langsam, und die Fluchtversuche der Männer ihrem Alter entsprechend. Das hat eine starke Atmosphäre. Dazu noch ein mitnehmendes Soundconcept, Geräusche, Drones, Musik.
Das hat mir sehr gut gefallen und überrascht, aktueller italienischer Arthouse Genre!

21:00
Der Mafia-Boss – Sie töten wie Schakale (1972)
35mm
R: Fernando di Leo, D: Mario Adorf, Henry Silva, Woody Strode, Adolfo Celi, Femi Benussi, Peter Berling, Sylva Koscina, Luciana Paluzzi; M: Armando Trovaioli

Ein Mann dreht durch. Luca weiß nicht, warum die amerikanische mit Hilfe der mailändischen Mafia hinter ihm her ist, er flieht, versteckt sich, doch ein Vorfall lässt ihn selber proaktiv werden. Und wie.
Gute Mafia Action, Adorf brillant als netter Zuhälter und Familienvater, der wirklich böse werden kann. Silva und Strode mit schönen Szenen als ungleiches US-Killerpaar.
Auch wenn ein paar schöne Szenen nicht drin waren, wunderbar den auf 35mm zu sehen.

27.9.24
20:15
Keoma (1976)
R: Enzo G. Castellari, D: Franco Nero, Woody Strode, William Berger, Donald O'Brien, Olga Karlatos; M: De Angelis Brüder

Ein Mann kommt zurück in seine alte Stadt, in der viel schief läuft. Pockenkranke, alte Familienstreitereien und ein selbsternannter Herrscher.
Der Abgesang des Italo-Western. Das Genre war schon auserzählt und dann kommt noch dieser Brocken von Castellari mit vielen Veteranen. Von den Schauspielern über die Kamera bis zu der Musik.
Und es wurde ein Horror-Western, bzw hatte einge Gothic-Anteile, eine alte wissende Frau, ständig Nebel trotz strahlender Sonne, eine allgemeine Stimmung des Zerfalls. Obwohl durchaus soziale und politische Themen aufgenommen werden: Rassismus, Ausgrenzung.
Dazu ein starker Sound, nur die schrägen Songs schienen mir textlich dann allzu ein szu eins zu sein.
Aber hat mich wieder sehr beeindruckt.

22:30
Der Antichrist (1974)
R: Alberto De Martino, D: Carla Gravina, Mel Ferrer, Arthur Kennedy, Alida Valli, Anita Strindberg, George Coulouris, Mario Scaccia, Umberto Orsini; M: Morricone/Nicolai

Vielleicht der beste Film der 70er mit Exorzisten und wirklich Besessenen.Nach fünf Jahren wieder gesehen. Und wieder beeindruckend, wirklich kaum etwas auszusetzen. Diesmal bewusst geworden, dass da ganze Subplots in der alten deutschen Kinoauswertung fehlen, also muss nochmal was ungekürztes ran.
Herrlich!

28.9.24
Es war einmal in Amerika (1984)
R: Sergio Leone, D: Robert De Niro, James Woods, Elizabeth McGovern, Treat Williams, Joe Pesci; M: Ennio Morricone

Der von mir am meisten erwartete Film des Treffens. Weil ewig nicht gesehen, weil häufiger in letzter Zeit drüber gesprochen, weil ich nicht wußte, was meine Erinnerungen richtig hergeben, weil ich nicht wußte, ob ich fast vier Stunden am Stück einfach so durchhalte.
Und er übertraf die Erwartungen, wahrscheinlich wirklich Leones Opus Magnum.
Die Story um die kleine jüdische Bande Brooklyns, die in der Prohibiton groß wird, und letztendlich zerbricht. Das Psychogramm des wirklich unangenehmen Noodles und seiner Träume.
De Niro und Woods liefern absolut ab. Burt Young beherrscht seine Szene, selbst wenn er nichts sagt.
Richtig stark erzählt, eigentlich ja eindeutig in seinen Rückblicken, aber dann auch wieder ab einen gewissen Punkt nur in Andeutungen und da eben auch verschieden deutbar.
Und ein Soundtrack wie eine große Sinfonie.
Danke, dass der da war auf 35mm, danke für die Einführung.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

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4.10.24, 19:45, Cinemaxx Bremen
Beetlejuice Beetlejuice (2024)
2D
R: Tim Burton, D: Jenna Ortega, Michael Keaton, Monica Bellucci, Winona Ryder, Willem Dafoe, Justin Theroux, Danny de Vito; M: Danny Elfman
Ja, klar, ein Nostalgietrip. Burton habe ich im Kino schon lange nicht mehr gesehen, einiges liegt hier noch ungesehen herum. Zu einer Zeit war er der Regisseur, auf dessen neuen Film ich wartete.
Hier nun zurück mit der seit 2011 geplanten Fortsetzung seines Bio-Exorzisten Klassikers von 1988. Und statt eines Remakes gibt es eine ganz neue Geschichte. Und die ist mit ihren Subplots ganz wunderbar konstruiert.
Lidia sieht Geister, ihre Tochter ist genervt, ihr TV Manager will sie aus montären Gründen heiraten, Vater stirbt, zurück zum Haus. Beetlejuice will Lidia auch immer noch heiraten und ist der einzige, der die Tochter retten kann, hat aber gleichzeitig mit seiner Ex, eine Seelensaugerin Probleme.
Das klingt nach ganz schön viel und verwirrend, ist im Film aber leicht nachvollziehbar und spannend elegant erzählt.
Dazu halt die Spieler, s. o.. Alle strahlen eine Leichtigkeit aus, und man merkt die Freude an diesem Grusel Melodram mit Humor. Und dazu viele kleine verschmutzte Gags, die dann auch mal an uns gerichtet sind. Und Betelgeuse darf natürlich auch wieder derbe sein.
Der Soundtrack ist auch groß, Danny Elfman dreht frei, um mal Keaton zu zitieren. Passend zum Film setzt er das Spielerische in den Vordergrund, mit Sounds vom Zirkus im ungewöhnlichen Score. Dazu baut er MacArthur Park wunderbar ein, und auch Tragedy und Soul Train sind schön an ihren Stellen.
Der Look ist wieder unglaublich bis ins kleinste Detail, schon der Flug auf das Haus durch die Modellstadt, alles bis ins kleinste stimmig.
Klar, kein Klassiker wie seine Werke von eben Beetlejuice bis Sleepy hollow, die es alle schafften, sowohl zeitgeistig als auch zeitlos zu sein.
Aber ein Film für einen märchenhaften Abend.
Empfehlung.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

13.10.24, 20 Uhr, Cinema Ostertor
Weird Xperience präsentiert:
New Life (2023)
OmU
R: John Rosman, D: Sonya Walger, Hayley Erin, Tony Amendola, Jeb Berrier, Ayanna Berkshire, Betty Moyer, Blaine Palmer, Kevin-Michael Moore, Lisa Cross, Nick George; M: Mondo Boys
Eine Frau auf der Flucht, sie denkt, dass sie des Mordes wegen gesucht wird. Verfolgt von einer Frau, die an der degenerativen Krankheit ALS leidet. Beauftragt von einer Regierungsorganisation, die verhindern will, dass erstere ins Ausland entkommt. Da sie eine Überträgerin einer Krankheit ist, die bei ihr anscheinend nicht ausbricht.
Sci Fi Thriller mit Horror Elementen.
Meist bleiben wir dicht bei den Frauen, wunderbar gespielt, und bekommen ihre Geschichten mit. Von der Jägerin ruhig nach und nach erzählt, von der Gejagten immer wieder in Rückblenden, nachdem wir ihr schon eine Weile auf der Flucht begleiteten. Das passt auch sehr gut zu ihren beiden Geschichten.
Doch auch einige Nebenrollen werden ernst genommen und bekommen individuelle Geschichten. So wie das alte Paar, die einem ans Herz wachsen.
Wenig, aber effektiv dezent eingesetzter Score der Mondo Boys.
Man spürt auch, das neben der Spannung und auch dem ekligen Horror dem Autor und Regisseur ein paar Themen wichtig waren, Umgang mit Kranken, Aufklärung über ALS, Vereinsamung älterer Menschen, ohne das das belehrend oder anstrengend eingebaut wurde.
Wirklich spannend und sehr gut gedreht.
Empfehlung.
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karlAbundzu
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

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14.10.24, 20 Uhr, Cinema Ostertor
The Substance (2024)
R: Coralie Fargeat, D: Demi Moore, Margaret Qualley, Dennis Quaid, Hugo Diego Garcia, Gore Abrams, Matthew Géczy, Daniel Knight, Philip Schurer, Olivier Raynal, Robin Greer, Tom Morton, Joseph Balderrama; M: Raffertie

Eine TV-Aerobic-Vortänzerin wird 50 und verliert daher ihre Show. Sie kommt an ein Serum, dass eine jüngere, schönere Version von ihr schafft. Aber es gibt Regeln.

Eine groteske Farce um den Körperkult in unserer Gesellschaft. Mit lustigen, ekligen, kritischen und horriblen Bildern und Tönen.
Insgesamt hat mich das gut unterhalten, obwohl ich als Spritzenphobiker relativ häufig die Decke des Kinosaals bewunderte. Die Ausstattung, Drehorte, Kostüme sind sehr genau und ein starkes Farbkonzept mit der Kamera. Die auch sehr variabel ist, es gibt verzerrte Nahaufnahmen der Gesichter, gerade bei Quaids Darstellung des Produzenten wirklich sehr drüber spielt. Was sich fast schon mit den Worten beißt: Denn das sind die üblichen sexistischen Klischees, wie eklig diese sind, wird hier durch das Spiel und Kamera klar gemacht. Der Sound, sehr elektrolastig, passend zum Setting, gefiel mir auch.
Und doch habe ich ein paar Kritikpunkte:
Insgesamt deutlich zu lang, der Film ist ein wenig in seine grotesken Ideen verliebt, und so wird einiges wiederholt. Klar, die sprunghafte Alterung Elisabeths passt da noch, aber die Regeln und die einzelnen Schritte werden zu häufig und immer gleich gezeigt.
Demi Moore ist klar eine sehr passende Besetzung, ist sie doch selbst eine Schauspielerin, die eher wegen ihres Aussehens denn ihres Talentes wegen besetzt wurde. Und die mit Substanzen kämpfen musste. Doch entweder verlangt die Rolle ihr hier wenig ab und/oder sie macht auch nicht viel daraus: Eine Entwicklung gibt es kaum, im Prinzip stellt sie das System, dass sie kalt stellt, nicht in Frage, nd obwohl sie deutlich Zeit und Muße hat, reflektiert sie ihr handeln nicht. So ist ihre stärkste Szene die, in der sie sich für ein Date mit einem alten Schulfreund bereit macht und sich nicht entscheiden kann, sehr sexy (im herkömmlichen amerikanischen Werbefernseh-Sinn: Ausschnitt zeigen, stark geschminkt) oder natürlich dezent gestylt zu sein und darauf beinahe durchdreht. Das ist natürlich auch ein Problem der Rolle, und ich schliesse mal die Rolle der neuen Elisabeth, Sue, mit ein. Sie ist straight eine junge Frau, die auf alle Fälle Erfolg haben will. Und das geht in ihrer Logik nur, in dem sie ihren Körper zur Schau stellt und eben das macht, was Elisabeth zuletzt machte.
Und da wir sonst sehr wenig über Elisabeths vorheriges Leben erfahren (irgendwie typisch amerikanischer Mainstream, da wird auf verschachtelte Erzählungen mit Rückblenden und vielschichtige Charaktere verzichtet, um nur keinen zu überfordern), gibt es da auch sehr wenig Sympathie, außer dem Mitleid, das man mit einem Umständeopfer halt so hat. So wird hier die Chance vertan, wirklich Kritik am System zu üben, es wird nirgendwo eine Alternative gezeigt. Aber das muss es ja auch nicht: Durch die Wahl der Groteske mit durchaus komischen Szenen reicht es ja erst Mal zu zeigen wie pervers das ist.
Doch dann kommt der Male Gaze, und anders als Bux finde ich den eher Standard, bzw. ist der in Werbung und modernen Musikvideos noch sexistischer der Blick. Was ja aber passt: Denn die sexitischen Aussagen der meisten Männer sind hier eigentlich auch nicht übertrieben, sondern wahrscheinlich das, was leider viel zu viele Frauen täglich erleben, grotesk und komisch wird es durch die Darstellungsweise. Das man beim Male Gaze nun den Weg nicht wählte, lädt mich zum drüber nachdenken ein,neben den, dass ich mich dabei fast so unwohl wie bei den Spritzen fand. Das Setting des sexistischen Blickes war ja meist in einer Art 80er Design, Farben, Aerobic etc, vielleicht teilt die Autorin/Regisseurin meine Ansicht, das wir in einer Phase des Rückwärtsgewanden sind, heißt: Das der Sexismus und der Körperkult trotz Bewußtsein und Gesetzgebung insgesamt wieder schlimmer wird.

Aber zurück: Trotz der Mäkelei insgesamt ein guter Film und interessanter Beitrag zum Thema. Und das der Film sich ästhetisch bei Yuzna, Gordon, Cronenberg, Jackson bedient, freut einen natürlich auch.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

17.10.24, 19:16, Cinemaxx Bremen
Joker: Folie á deux (2024)
R: Todd Sanders, D: Joaquin Phoenix, Zazie Beetz, Catherine Keener, Lady Gaga, Brendan Gleeson, Steve Coogan; M: Hildur Guðnadóttir

Arthur Fleck sitzt in Arkham. Kleiner Held der Mitinsassen, Spielball der Wärter. Er lernt Harley kennen, ein Fan des Jokers und verliebt sich. Muss vor Gericht: gespaltene Persönlichkeit oder voll straffähig und Todesstrafe. Staatsanwalt Harvey Dent.
Im Grunde ein Joaquin Phoenix Solo-Film. Wir sehen ihm zu, wie er im Knast leidet, wie er sich verliebt, wie er in bestimmten Situationen Hoffnung hat, Selbstkontrolle und Anerkennung wieder zu bekommen. Wie er sich immer wieder durch Musik in Fantasiewelten flüchtet. Die Musik ist der zweite Hauptdarsteller und eigentlich immer da, wenn wir nahe bei Arthur sind oder er und Harley gemeinsame Szenen haben. Und das ist sehr schön gemacht: sie (die Musik) schleicht sich mit leisen Tönen und Melodiefetzen an, wird auf der Realitätsebene gesummt oder leise angesungen und steigert sich zu großen Musicalnummern. Und das sind einige. Insofern klar ein Musical, und was in den Szenen verhandelt wird, ist nicht nur die Flucht in eine bessere Joker -Fantasie-Welt, sondern die Reflektion und der Erkenntnisgewinn Arthurs. Und die Nummern besser eingebaut als in einigen anderen Musicals.
Was oft vergessen wird, nebenbei noch ein toller Score von Hildur Guðnadóttir, mit deren Nicht-Soundtracks ich mich auch mal beschäftigen sollte.
Alle anderen Personen sind nur in Bezug auf den Joker oder Arthur wichtig, Harley der Megafan, der ihn zu manipulieren versucht, die Mitgefangenen, die Anwältin, Harvey Dent. Einzig der Wärter, wunderbar gespielt von Brendon Gleeson, bekommt noch andere nicht eindeutige Charakterzüge bei.
Das ist in Bezug auf Harley natürlich schade, da wäre mehr drin gewesen.
Viel passiert in den 138 Minuten nicht, aber da das Phoenix toll spielt, und gut inszeniert und gefilmt ist, sah ich gerne zu.
Und noch weniger DC-Joker als im ersten. Das wirklich nur noch auf der ästhetischen Ebene.
Die Geschichte eines geschlagenen getriebenen Mannes, der Anerkennung und Aufmerksamkeit will, aber weder die sozialen Fähigkeiten noch die Intelligenz besitzt, um aus eigenen Antrieb sich zu finden. So reagiert er nur und versucht sich selbst gerecht zu werden, macht vieles falsch, auch wenn es richtig aussieht.
Und so auch ein Film über das Abfeiern von öffentlichen Bildern von Menschen. Von der Sucht der Suche des Skandals und deren Rekonstruktion. Vielleicht auch ein Kommentar an die Zuschauer des ersten Filmes, die dort den Charakter Joker abfeierten. Und hier letztendlich wie einige der Personen im Film enttäuscht werden.
Ich fand das alles sehr gut. Mit der kleinen Einschränkung.
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

.11.2024, 11 Uhr, City 46, großer Saal

Leichen pflastern seinen Weg (1968)
16mm
R: Sergio Corbucci, D: Jean Louis Trintignant, Klaus Kinski, Frank Wolff, Luigi Pistilli, Mario Brega, Marisa Merlini, Vonetta McGee; M: Ennio Morricone

Die Geschichte um den Stummen, den guten Rächer. Den Endgegner der Kopfgeldäger.
Corbuccis Zusammenfassung, Kommentar und Neukomposition des Westerns Stand 68. Wir haben den letztendlich allzu naiven Sheriff, unkorrumpierbar mit gutem Herz und harter Schale, den Helden mit Schattenseite und einer „Spiel mir das Lied“- Geschichte, der schweigsame Fremde auf die Spitze getrieben, und die absolut Bösen, zwar angeführt durch einen Verrückten („Loco“), aber im Prinzip die gesamte männliche Gesellschaft durchdringend. Und eben nicht die Frauen, neben den Schnee-Setting (der erste Alpenwestern?) eine Modernisierung. Denn diese bilden trotz ihrer klassischen Rollen (Heilige und Huren, allerdings alle in eben beiden Rollen) eine Solidargemeinschaft, wollen den hungrigen Outlaws helfen, wissen genau, wer dahintersteckt. Eben der Kapitalist. Auffällig auch das hier der Vergewaltiger vor Vollzug seiner Untat erschossen wird, ansonsten gibt es ja meist die exploitative Darstellung: erst wird die Frau sexuell erniedrigt und dann der Täter bestraft, wenn überhaupt.
Dazu die brillanten filmischen Sachen. Großer Soundtrack vom Maestro. Tolle Kamera von Ippoliti, oft angelehnt an Leones Werken. Mit Trintignant, Kinski, Wolf, Pistilli, McGee in den Hauptrollen klasse besetzt.
Für mich immer noch mein Lieblingswestern.
Gesehen in einer hübschen Reihe: Eine Sonntagsmatinee des Kommunalkinos für Mitglieder, vorher gab es Frühstück, passend mit Bohnen (Obwohl in der obligatorischen Fressszene ein ganzes Huhn verspeist wird), eine gute Einführung, auch zu der Kopie. Die war alters- und lagerbedingt rotstichig und der Ton immer wieder brummig, aber durchaus gut guckbar. Wohl aus den Lagerbeständen eines alten 16mm-Verleihs, das das Kino bei Konkurs aufkaufte. Im Prinzip die einzige Reihe, die sich im 46 um Filmhistorie kümmert, leider für die Öffentlichkeit versteckt.
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Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von fritzcarraldo »

karlAbundzu hat geschrieben: Mo 4. Nov 2024, 10:27 Im Prinzip die einzige Reihe, die sich im 46 um Filmhistorie kümmert, leider für die Öffentlichkeit versteckt.
Eigentlich ja im Prinzip Privatkino.
Und dies zeigt nur das Dilemma dieses Kinos. Die Möglichkeiten (35mm, Archiv, interessante Filme) werden nicht wirklich genutzt.
Ich hatte neulich noch gedacht, was läuft denn im 46?! Das Programm gab nichts aber auch nichts her. Man geht 1 bis 2x im Jahr zu besonderen Anlässen dort hin, wenn überhaupt. (Und dann ist es brechend voll!) Wie kann man diese Möglichkeiten nur so verschenken. Unfassbar. Wenn ich mir da z.B. das Metropolis in Hamburg oder das Kommunale Kino in Hannover ansehe, dann wird man echt neidisch.
"Das ist nicht möglich!"
"Aber notwendig!"

(Interstellar)

"J&B straight and a Corona!"
(Patrick Bateman, American Psycho)

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Re: Karl or Karla goes to Cinema

Beitrag von karlAbundzu »

10.11.24, 20 Uhr, Cinema Osterto
Weird Xperience präsentiert:

Gandahar (1987)
OmU
R: René Laloux, D/S: Pierre-Marie Escourrou, Catherine Chevallier, Georges Wilson, Anny Duperey, Jean-Pierre Ducos, Christine Paris, Zaïra Benbadis, Claude Degliame, Olivier Cruveiller, Jean-Pierre Jorris, Dominique Maurin, Jean-Jacques Scheffer, Jean Saudray, Frédéric Witta, Philippe Noël; M: Gabriel Yared

Gandahar, eine liebliche Welt, die Menschen leben im Einklang mit der Natur, freundlich geführt von einem Matriarchat. Eines Tages erscheinen Metallmenschen, verwandeln nach und nach immer mehr Bewohner in Stein und schleppen sie in Eiern davon.
Laloux' dritter und letzter Animationsfilm. Und einer der wenigen animierten Verfilmungen, die sich auf die Métal Hurlant Kunst bezog. Also hier keine klassische oder Hard Science Fiction, sondern die drogenbeinflusste Version für Erwachsene. Hier allerdings ohne viel Sex und Gewalt, aber natürlich voller sexueller Symbole.
Die Story ist geradlinig, der Held wird auf eine Reise geschickt, in der er sich ein wenig blauäugig verhält, und die Wunder seiner Welt vorfindet, damit auch die Vergangenheit und negativen Seiten aufdeckt. So schlägt ja die Vergangenheit zu, und zwar aus der Zukunft.
Animiert ist das wunderbar, wie wir es schon aus Der wilde Planet oder Herrscher der Zeit kennen, der Stil ist ein wenig anders, schöne ineinanderlaufende Bilder, detailreich gezeichnet, angereichert mit vielen fantasievollen Wesen, insgesamt eher von Fantasy als von Sci Fi inspiriert. Die Symbolik, nicht nur die phallische, ist dann auch deutlich, die Sünden der Vergangenheit stellen eine Art SS auf um das friedliche Hippie-Utopia zu zerstören.
An manchen Stellen war er mir tatsächlich zu talkie, gerade wenn Gesehenes von einer Protagonistin wiederholt wird, oder der Held dann allzu offensichtliches nochmal abfragt.
Aber Kleinigkeit, wenn man sich auf die Langsamkeit und den Style älterer frankobelgischer Fantasy-SciFi einlassen kann, wird man sehr gute 85 Minuten haben.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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