Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Verfasst: Fr 22. Mai 2020, 10:22
Vor einigen Jahren hatte man mir anlässlich eines Besuchs im Frankfurter Fischer-Verlag einen damals kurz vorm Erscheinen stehenden Roman geschenkt, das Debut einer belgischen Newcomerin namens Lize Spit, unscheinbares Cover, unscheinbarer Titel - "Und es schmilzt..." -, 500 Seiten dick, dankend angenommen und dann in irgendeiner Schublade verstaut, und in Vergessenheit geraten, und anlässlich der Pandemie, in der mir allmählich die ungelesenen Bücher ausgingen, zufällig wiederentdeckt und begonnen zu lesen: Eine Coming-of-Age-Geschichte aus der belgischen Provinz Anfang der 2000er, klingt zwar nicht besonders aufregend, aber versuchen kann man's ja, oder?
Ich habe nahezu alle lebensverneinenden, nihilistischen Aphorismen E. M. Ciorans gelesen; ich habe ein Großteil des noch die perversten Sexualphantasien spielerisch sprengenden Oeuvres vom "göttlichen" Marquis de Sade gelesen; ich habe Mandiargues' "Engländer" genauso im Regal stehen wie Batailles "obszönes Werk" oder Strunks "goldenen Handschuh". Aber nichts hat mich auf das Trauma dieses Romans vorbereiten können, den ich dann tatsächlich innerhalb von vier Tagen immer widerwilliger und in immer größeren Schlucken mir einverleibte.
Ich glaube, was "Und es schmilzt..." so heftig macht ist die vollkommene Beiläufigkeit, Lapidarität, Selbstverständlichkeit, mit der die Ich-Erzählerin die unfassbarsten Dinge schildert. Noch die verstörendste Begebenheit wird im Tonfall einer abgeklärt auf ihre Vergangenheit zurückschauenden Chronistin geschildert. Die letzten 50 bis 100 Seiten dürften zum Unerträglichsten zählen, was ich jemals lesen durfte. Über den reinen Inhalt werde ich deshalb kein Sterbenswörtchen verlieren, sondern lediglich die zeitgleiche Warnung und Empfehlung in den Äther schicken: Wenn irgendwer einmal richtig Lust darauf hat, in den Abgrund zu starren, dann sollte zu diesem Buch gegriffen werden!
Ich habe nahezu alle lebensverneinenden, nihilistischen Aphorismen E. M. Ciorans gelesen; ich habe ein Großteil des noch die perversten Sexualphantasien spielerisch sprengenden Oeuvres vom "göttlichen" Marquis de Sade gelesen; ich habe Mandiargues' "Engländer" genauso im Regal stehen wie Batailles "obszönes Werk" oder Strunks "goldenen Handschuh". Aber nichts hat mich auf das Trauma dieses Romans vorbereiten können, den ich dann tatsächlich innerhalb von vier Tagen immer widerwilliger und in immer größeren Schlucken mir einverleibte.
Ich glaube, was "Und es schmilzt..." so heftig macht ist die vollkommene Beiläufigkeit, Lapidarität, Selbstverständlichkeit, mit der die Ich-Erzählerin die unfassbarsten Dinge schildert. Noch die verstörendste Begebenheit wird im Tonfall einer abgeklärt auf ihre Vergangenheit zurückschauenden Chronistin geschildert. Die letzten 50 bis 100 Seiten dürften zum Unerträglichsten zählen, was ich jemals lesen durfte. Über den reinen Inhalt werde ich deshalb kein Sterbenswörtchen verlieren, sondern lediglich die zeitgleiche Warnung und Empfehlung in den Äther schicken: Wenn irgendwer einmal richtig Lust darauf hat, in den Abgrund zu starren, dann sollte zu diesem Buch gegriffen werden!