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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Sa 16. Jun 2012, 12:17
von Blap
Im Ultrakurzformat:


• Das Gesetz bin ich (USA 1974) - Charles Bronson will in Ruhe Melonen züchten, Abschaum sorgt für Ärger. Die Staatsgewalt erweist sich als wenig hilfreich, ergo sieht sich Charlie genötigt in Eigenregie für Ordnung zu sorgen!

Herr Bronson macht den Pöbel platt, sehr angenehm. Köstlich Al Lettieri in der Rolle des durchgeknallten Mafia-Killers. Inszeniert wurde das Treiben von Richard Fleischer, in dessen Filmograhie weitere Perlen zu finden sind: "Der Frauenmörder von Boston" (1968), "Soylent Green" (1973) und "Conan - Der Zerstörer" (1984). Die mir vorliegende DVD aus dem Hause MGM zeigt sich geizig ausgestattet, inzwischen ist auch eine BD von EuroVideo erhältlich.

8/10 (sehr gut)

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Sieben (1995) - Morgan Freeman und Brad Pitt auf der Jagd nach einem Serienkiller, der Inhalt dürfte bekannt sein. Starker Auftritt von Kevin Spacey! Ferner gibt es ein Wiedersehen mit Richard Roundtree und R. Lee Ermey (denen ihre Rollen leider nicht allzu viel abverlangen).

Guter Thriller von David Fincher, konsequent zu Ende geführt (vor allem das Ende wertet den Streifen nochmal deutlich auf). Mir lag bisher nur die unbefriedigende DVD-Erstauflage vor, die BD gibt es für wenig Geld, sie stellt eine massive Verbesserung dar.

7,5/10 (gut bis sehr gut)

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Kickboxer (USA 1989) - Jean-Claude Van Damme will seinen großmäuligen Bruder rächen, dem in Thailand von einem Urvieh das Kreuz gebrochen wurde. Da hilft nur beinhartes Training, vor dem finalen Kampf sind noch andere Herausforderungen zu bestehen.

Van Damme präsentiert sich topfit, Bösewicht Tong Po (Michel Qissi) möchte man tatsächlich nicht in die Quere kommen. Klischeeverbraterei pur, die Sause lässt fast nichts aus. Der Held muss hart an sich arbeiten, der Meister ist ein kleines und unscheinbares Männlein, der Bösewicht eine feiste Hackfresse. Obendrauf gibt es das freundliche Helferlein mit tragischer Vorgeschichte, den weichgeklopften Verwandten, die schöne Nichte des Meisters... Splendid bietet ein Doppel-DVD-Set mit der deutschen 16er-Fassung und der US-R-Rated-Version an. Ich habe gestern die R-Rated geschaut, schöne Spät-Achtziger-Prügelei in solider Aufbereitung.

Knappe 8/10 (sehr gut)

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Sa 16. Jun 2012, 23:56
von Blap
Die Fortsetzung der "Mega-Der-Alte-Sause"

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Der Alte - Collector's Box Vol. 1 (Folge 1-22)


Folge 9 - Verena und Annabelle (Deutschland 1977)

Geschwisterliebe?

Verena Moldau (Krista Keller) bricht nach dem Genuß eines Likörs in ihrer Wohnung zusammen, glücklicherweise kann sie per Telefon den Rettungsdienst rufen. Nach der Laboruntersuchung des Getränks gibt es keine Zweifel mehr, jemand hat dem Fusel Gift beigemischt! Kommissar Köster befragt Verena im Krankenhaus. Diese vermutet ihre seit acht Jahren verschwundene Zwilliingsschwester Annabelle steckt hinter dem Giftanschlag, immerhin trennten sich die Geschwister im Streit. Weiterhin ist in naher Zukunft mit einem üppigen Erbe zu rechnen, Yves Moldau (Paul Hoffmann), ein wohlhabender Onkel der Schwestern, leidet unter einer schweren Krankheit. Lange lässt der nächste Mordversuch nicht auf sich warten, in Verena Moldaus Badezimmer wurde eine Armatur unter Strom gesetzt. Diesmal kommt Verena mit dem Schrecken davon, ihre Putzfrau fängt sich den schmerzhaften Schlag ein. Köster forscht im Umfeld nach Spuren. Welche Rolle spielt der glatte Walter Preus (Heinz Drache), der einst mit Verena verlobt war und offenbar auch Annabelle zugeneigt war...???

Krista Keller durchlebt ein Wechselbad der Gefühle, ihr gelingt überzeugend die Darstellung zahlreicher Stimmungen und Facetten eines tragischen Charakters. Für die übrigen Figuren bleibt nicht viel Raum, lediglich Heinz Drache, Paul Hoffmann und Werner Pochath können sich ansatzweise aus dem Schatten der Hauptfigur befreien (abgesehen von Siegfried Lowitz, zu Kommissar Köster später ein paar Worte). Heinz Drache ist in erster Linie durch seine Auftritte in den legendären Edgar-Wallace-Filmen in Erinnerung geblieben. Er wirkte dort stets ein wenig hüftsteif und limitiert. In dieser TV-Serienepisode zeigt er als wenig sympathischer "Möchtegernlebemann mit Hang zur Arroganz" eine sehr ansprechende Leistung. Mir gefällt Drache in dieser Rolle richtig gut, den strahlenden Wallace-Helden mochte ich ihm sowieso noch nie ganz abnehmen. Paul Hoffmann nutzt den begrenzten Raum solide, Werner Pochath ist als schleimig-widerwärtiger Schurke eine sichere Bank. Spätestens seit dem kleinen Italo-Reisser "Horror-Sex im Nachtpress" (La ragazza del vagone letto, 1979) habe ich Pochath ins Herz geschlossen, geniesst das Wiener Ekel jede Menge Kredit bei mir. Leider verstarb Werner Pochath bereits 1993, er wurde lediglich 53 Jahre jung. Siegfried Lowitz agiert eine Spur zurückhaltender, in den vorherigen Folgen hatte er mehr Biss, für ein paar kleine Spitzen reicht es trotzdem.

"Verena und Annabelle" kommt mit einem interessanten Ansatz daher (der zwar nicht neu, für eine TV-Serie fraglos nicht alltäglich erscheint). Es erfordert nicht allzu viel Phantasie und/oder Ermittlungskunst seitens des Zuschauers, um dem traurigen Hintergrund auf die Schliche zu kommen (wodurch die Auflösung an Kraft verliert). Die Musik zu dieser Episode gefällt mir sehr gut, schöne Elektronik trifft auf klassische Instrumentierung, vor allem die Auftaktszene punktet in dieser Hinsicht. 1977 war Regisseur Alfred Vohrer bereits deutlich "seriöser" als in den Jahren zuvor unterwegs, die von mir geschätzten Ausritte in diverse Flegeleien wären hier vermutlich Fehl am Platze gewesen (obschon mich Popanz und Krawall mit Sicherheit erfreut hätten). Fazit: Eine kraftvolle Geschichte, die sich im Gewand der TV-Serie nicht vollständig zu entfalten vermag, darüber hinaus wird Siegfried Lowitz an der kurzen Leine gehalten. Bisher die schwächste Folge aus der frühen Phase der Reihe, dessen ungeachtet ordentliche Arbeit und für Fans sehr sehenswert.

6,5/10 (oberste Mittelklasse)

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Di 19. Jun 2012, 00:12
von Blap
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Kleine Hartbox (#40) aus der Trash Collection von CMV



The Stabilizer (Indonesien 1984)

Fiese Fratzen und jede Menge Krawall, herrlich irre C-Action aus Fernost

Egal wo es passiert, egal wann es passiert! Wenn das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse ausser Kontrolle zu geraten droht, aber nur dann, schickt das FBI den Stabilizer vorbei. Peter Goldson (Peter O'Brian) räumt mit den Superschurken dieser Welt auf, keine Gnade, keine Kompromisse! Momentan dient Indoniesen als Tummelplatz für den skupellosen Drogenbaron und Massenmörder Greg Rainmaker (Craig Gavin), der üble Sadist hat den namhaften Wissenschaftler Professor Provost (Kaharudin Syah) entführt, will einer äussert wertvollen Entwicklung zur Aufspürung von Drogen habhaft werden. Flugs eilt Peter Goldson mit seiner Gehilfin Sylvia Nash (Gillie Beanz) herbei, das Team trifft auf Peters alten Kumpel Johnny (Harry Capri), der sich bisher wenig erfolgreich um Rainmakers Überführung bemüht. Derweil schaltet sich Christina Provost (Dana Christina), die Tochter des verschleppten Professors, auf eigene Faust in den Fall ein. Allerdings hat nicht nur Christina gesteigertes Interesse an der endgültigen Ausschaltung Rainmakers, auch der Stabilizer hat noch eine fette Rechnung mit dem Unhold zu begleichen...

Du meine Güte, was für ein Freudenfest für Fans durchgeknallter C-Action aus den achtziger Jahren! Damit ist gewissermaßen alles gesagt, die Zielgruppe klar umrissen. Doch vielleicht lässt sich darüber hinaus ein wenig Neugier wecken, daher seien mir ein paar Zeilen zu diesem Streifen gestattet. "The Stabilizer" atmet in jeder Einstellung die Achtziger, schrille Klamotten, erschreckende Frisuren und selbstverständlich ein schaurig-schöner Score, welcher die Lauschlappen mit aufgeblähtem Pseudo-Rock aus der untersten Schublade drangsaliert. Damit nicht genug, flache Klischeefiguren sondern debile Diagole aus ihren grossen Mäulern ab, angedeutete Erotikszenen und (un)freiwilliger Humor dürfen nicht fehlen. Über all diesem Unfug thront die wichtigste Zutat, zahlreiche Actionsequenzen mit jeder Menge Geballer, Geprügel, Folter und sonstigen herzallerliebsten Fürchterlichkeiten, inklusive Flammenwerfer und zwangsweiser Feuerbestattung. Unbeirrt steuert die Sause auf den langen Showdown hin, beleuchtet nebenbei die Hintergründe für die Feindschaft zwischen dem unbeugsamen Stabilizer und dem unfassbar widerwärtigen Rainmaker, nimmt sich Zeit für kleine Liebeleien innnerhalb der Heldenmannschaft. Leerlauf gibt es hier nicht, ständig steht der Kessel unter Druck, das Finale explodiert in wahrsten Sinne.

Lonht ein Blick auf die Darsteller? Durchaus, denn Peter O'Brian ist auf besondere Art knuffig. Der werte Herr schaut aus der Wäsche wie eine Kreuzung aus Brian May (Gitarrist der grössten Rockband aller Zeiten) und Martin Shaw (schlechtere Hälfte aus der TV-Serie "Die Profis"), aufgepowert mit ein paar Muckis von Sly und/oder Dudikoff, ein strahlendes Heldenabziehbildchen, wundervoll und liebreizend. Den Drecksack zu geben mag oft weitaus aufregender sein, fraglos liefert Craig Gavin als Greg Rainmaker eine prächtige Show ab. Rainmaker trägt ganz besondere Schuhe mit durchtretender Sohle, beschränkt sich beim Einsatz der Latschen keinesfalls auf die Verteilung von deftigen Arschtritten. Überhaupt ist auch das eigene Gestrüpp nicht vor dem schäumenden Zorn des Oberschurken sicher, Versager gewinnen eine schmerzhafte Freifahrt in Richtung Hölle. Für die Damen bleibt ab und zu mehr als die Aufgabe des hübschen Füllmaterial übrig, Gillie Beanz und Dana Christina greifen beherzt in das allgegenwärtige Metzeln ein. Die anderen Herrschaften sind freilich austauschbar (obschon sich Co-Held Harry Capri redlich bemüht), Rainmakers zahllose Schergen halten als anonyme Metzelmasse her (mit Ausnahme eines "Mr. T-Möchtegern", der Typ führt ausdauernd wilde Verrenkungen aus und überlebt erstaunlich lange, Zappelphilip des Grauens auf Crack).

Von Fans und Skeptikern liebevoll als "Actiongülle" bezeichnet, hatte das Genre in den achtziger Jahren seine grosse Zeit. Nicht nur in den Videotheken klingelten die Kassen, das Mainstreamkino hatte Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger am Start, der (von mir glühend verehrte) B-Sektor erfreute mit Chuck Norris, Michael Dudikoff und einem Charles Bronson im dritten Frühling. Doch da war noch mehr, wie z. B. "The Stabilizer", Stoff aus der dritten Liga, Schund für unerschrockene Allesglotzer. An dieser Stelle tiefer in die Thematik einzusteigen ist nicht möglich, es würde den Rahmen eines Kurzkommentares sprengen. Entsprechende Seiten gibt das Netz her.

Fazit: Vollbedienung für Fans, neugierige und tolerante Einsteiger sollten einen Blick riskieren! Die DVD aus der Trash Collection von CMV präsentiert den Film in brauchbarer Verfassung, wie gewohnt kommt die Scheibe in einer kleinen Hartbox ins Haus.

Durch die Fanbrille betrachtet setzt es dicke 8/10

Lieblingszitat:

"Scheisse! Das ist Babypuder! Das ist eine Falle!"

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Mi 20. Jun 2012, 11:32
von Blap
Mir eben ein Fehler aufgefallen, bei den Anmerkungen zu "Emanuelle in Bangkok" (auf der vorherigen Seite) habe ich das Cover dieser Box gepostet:

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Black Emanuelle's Box Volume 2


Tatsächlich ist der Film allerdings in dieser Box enthalten:

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Black Emanuelle's Box Volume 1

Ausrede: Als Gemser-Jünger sollte man sowieso beide Boxen besitzen, meine Begeisterung hat zur Verwirrung der Sinne geführt. ...und ich schreibe sogar noch die richtige Nummer der Box drunter, darüber hinaus hängt das Regal in dem diese Sets untergebracht sind... ...genau neben meinem PC-Tisch. Oh weia... :lol:

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Mi 20. Jun 2012, 11:36
von buxtebrawler
Blap hat geschrieben:Mir eben ein Fehler aufgefallen, bei den Anmerkungen zu "Emanuelle in Bangkok" (auf der vorherigen Seite) (...)
Auch hier: Ausgebessert.

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Mi 20. Jun 2012, 11:37
von Blap
Schneller als der Höllenexpress. Vielen Dank! :thup:

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Mi 20. Jun 2012, 23:26
von Blap
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DVD von Network (Großbritannien)



Assault (Großbritannien 1971, Originaltitel: Assault)

Auf den Unterricht folgt die Notzucht

Irgendwo in England, eine Schule am Waldrand, wieder ein Schultag überstanden. Die hübsche Tessa Hurst (Lesley-Anne Down) zieht es zu einer Verabredung, sie nimmt die Abkürzung durch den Wald. Ein schrecklicher Fehler, Tessa wird angefallen und brutal vergewaltigt. Detective Chief Superintendent Velyan (Frank Finlay) leitet die Ermittlungen, er hofft auf den Rat des Psychologen Greg Lomax (James Laurenson), der Mediziner behandelt das Opfer des Verbrechens. Tessa ist nicht in der Lage eine Aussage zu tätigen, schwer traumatisiert spricht sie nicht mehr, zeigt kaum Reaktionen auf ihre Umwelt. Als der Täter erneut ein Mädchen (Anabel Littledale) im Wald anfällt, tötet er die Jugendliche nach der Schändung. Kunstlehrerin Julie West (Suzy Kendall) ist mit einigen ihrer Schülerinnen in den Forst gefahren, das Verschwinden des zweiten Opfers, Susan Miller, war ihr sofort aufgefallen. Nachdem Julies Fahrzeug auf einem Waldweg im Schlamm stecken geblieben ist, fällt ein Blick durch die Rückscheibe des PKW erschreckend aus! Die Lehrerin sieht den mutmaßlichen Täter, findet nach dem Aussteigen die Leiche des gesuchten Teenagers! Trotzdem lässt eine Identifizierung des Killers auf sich warten. Julie kann keine nachvollziehbare Beschreibung liefern, sah den Täter in seltsames Licht gehüllt, während einer öffentlichen Vernehmung wird sie vom Vorsitzenden lächerlich gemacht. Mut und Verzweiflung sind die Triebfeder für einen gewagten Plan, von Julie erdacht und umsetzbar. Sie will dem Mörder eine Falle stellen, benötigt dazu das Geschmiere eines schäbigen Reporters (Freddie Jones). Detective Velyan zeigt sich skeptisch, kann gewisse Erfolgsaussichten jedoch nicht leugnen...

"Assault" stellt zunächst die Morde in den Mittelpunkt, Jagdszenen im englischen Wald. Nach dem flotten Auftakt marschiert der Film in eine andere Richtung, konzentriert sich auf die zentralen Figuren und streut diverse Verdachtsmomente. Eventuell mag die erste Viertelstunde zu einer "ungünstigen" Erwaltungshaltung führen! "Assault" ist keine britische Variante des italienischen Giallo, gleichwohl eine gewisse Verwandtschaft frelich nicht zu leugnen ist. Inszeniert von Sidney Hayers (der Episoden zu vielen bekannten TV-Serien beisteuerte: "Die Profis", "Magnum" und "Airwolf" sollten als geeignete Beispiele ausreichen), bewegt sich "Assault" irgendwo zwischen Edgar Wallace, Hitchcock und Giallo. Im Gegensatz zu vielen Gialli, verzichtet diese britische Produktion weitgehend auf offensive Erotikszenen und harsche Gewaltmomente, zeichnet andererseits Charaktere, die sich ebenso in der Welt des italienischen Thrillers sehr wohlfühlen würden. Da haben wir die verklemmte und gestrenge Schuldirektorin im Angebot, deren Ehemann sich wie ein Dienstbote fühlt, seiner Frustration durch Annährungsversuche in Richtung Schülerinnen Ausdruck verleiht, im versteckten Karton pornographische Bilder hortet. Dazu die attraktive Heldin unter Druck, den hilfreichen und gleichzeitig verdächtigen Mediziner, den Polizisten ohne Fahndungserfolg und selbstverständlich den psychisch gestörten Killer usw..

An dieser Stelle drängt sich der Blick auf die Damen und Herren vor der Kamera geradezu auf, also ran an das Ensemble. Suzy Kendall verbinden Fans vor allem mit dem Giallo-Klassiker "Torso" (I corpi presentano tracce di violenza carnale, 1973) von Sergio Martino, einem der ganz grossen Filme dieses wundervollen Genres. Erneut: Erwartet bitte keinen "Brit-Giallo" oder gar einen "Torso-Klon"! Davon losgelöst macht Suzy ihren Job sehr gut, schaltet souverän zwischen clever, zielstrebig und hilfebedürftig um, sehr sympathisch, sehr anziehend! Verdammt, hätten wir früher eine Kunstlehrerin dieses Kalibers geniessen dürfen, das Geklapper unten den Tischen wäre vermutlich durch das gesamte Gebäude gehallt, in der Toilettenabteilung hätte der Saft die mit Parolen beschmierten Wände übertüncht! So viel Glück war mir nicht vergönnt, statt Suzy schlurfte ein glatzköpfiges Überbleibsel der 68er durchs Klassenzimmer, schüttelte sich Mohn und schlimmere Dinge aus dem Rauschebart! Wie können sich unter solch widrigen und anprangerungswürdigen Bedingungen, die geforderte Kreativität und angemahnte Ästhetik ihren Weg in Welt bahnen? Genug davon, betrachten wir die Herrenriege. Frank Finlay wird für mich immer der launige Porthos aus den Musketier-Verfilmungen von Richard Lester bleiben, Satan, wie ich diese Filme liebe! Hier gefällt er als bemühter Polizist, fernab von trotteligen Anwandlungen, dennoch nicht ohne fremde Hilfe zur Ergreifung des Täters in der Lage. James Laurenson darf sich um Suzy Kendall kümmern, wird vom Drehbuch ins Zwielicht gesetzt, es knistert folglich auf unterschiedlichen Ebenen zwischen Suzy und dem freundlichen Arzt. Dilys Hamlett und Tony Beckley spielen als ungleiches und unglückliches Ehepaar großartig auf, Hamlett als stocksteife Schulleiterin, Beckley macht uns den verschwitzten Geiferling, gewissermaßen den idealen Verdächtigen. Emotionale Kälte zwischen den Eheleuten, geprägt durch gegenseitiges Unverständis. Ekel und Hass hinter der konservativen Fassade. An unangehmenen Gestalten mangelt es keinesfalls, nicht minder stark Freddie Jones als hinterlistiger Reporter, der mit seriösem Journalismus überhaupt nichts am Hut hat. Die damals noch blutjunge Lesley-Anne Down hat einen der frühen Auftritte ihrer Karriere (sie ist übrigens auch in der Hammer-Produktion "Comtesse des Grauens" (Countess Dracula, 1971) zu sehen, überstrahlt von der damals unwerfenden Ingrid Pitt).

Mord in malerischer Umgebung. Freundlicher Wald im englischen Hinterland wandelt sich in Bruchteilen von Sekunden zum Schlachthaus eines Psychopathen, ein imposanter Strommast ragt wie ein Fanal des Schreckens aus dem Grün hervor! "Assault" hätte ein temporeicher und stylischer Thriller werden können, die Verantwortlichen schlugen nach dem Auftakt eine andere Richtung ein. Mir gefällt der Streifen in der vorhandenen Form gut, es muss nicht immer ein Giallo sein, es muss nicht immer Wallace sein, es muss nicht immer Hitchcock sein. Zugegeben, dieser kleine Brit-Krimi ist kein Höhepunkt seiner Zunft, aber er versteht mich ansprechend und kurzweilig zu unterhalten, setzt immer wieder kleine Höhepunkte und Ausrufezeichen. Gerade denke ich an den köstlichen Humor während einer Zeugenbefragung, in deren Verlauf sich Suzy mit einem ignoranten Fatzke plagt. Ihr wisst schon worauf ich anspiele... Ja, da ist sie wieder, meine geliebte und oft beschworene "Wohlfühlatmosphäre". Von einem kleinen Schätzchen wie "Assault" lasse ich mich gern verführen, 87 Minuten frühe siebziger Jahre, eine wahre Wonne! Keine Spur Gemecker? Der dynamische Score tönt sehr angenehm, wirkt aber teils ein wenig unpassend, wäre in einem frühen Rialto-Wallace besser aufgehoben (Beschwerde auf hohem Niveau, fast schon kleinkariert).

Bisher gibt der deutsche Markt keine DVD/BD zu "Assault" her, die britische Scheibe von Network geht als brauchbar durch (lässt aber Raum für deutliche Verbesserungen). Als Bonus gibt es eine Folge aus der britischen TV-Serie "Tales of the Unexpected" zu sehen (There's One Born Every Minute, 1981). Frank Finlay spielt die Hauptrolle, eine sehr schöne Beigabe (inklusive einer Anspielung seitens Finlay auf "Assault"). Vielleicht erbarmt sich ein Label aus dem deutschsprachigen Raum, immerhin sind in letzter Zeit auch unverhoffte und hochwertige DVDs zu britischen Perlen "Teufelkreis Y" (Twisted Nerve, 1968) und "Die Fratze" (Fright, 1971) erschienen!

7/10 Wonnepunkte auf der wohligen Knuffelskala

Lieblingszitat:

"Did he have horns?"
"Horns?"

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Sa 23. Jun 2012, 15:37
von Blap
In Ultrakurzform:


• Le Mans (USA 1971) - Steve McQueen, Siegfried Rauch und andere Gestalten rasen über den Asphalt, Mensch und Material werden gnadenlos gefordert. So langweilig Motorsport auch sein mag, filmisch ansprechend aufbereitet kann das sinnfreie Geballer sehr unterhaltsam sein. "Le Mans" beschränkt sich weitgehend auf die Darstellung des 24-Stunden Rennens. Die beteiligten Hauptcharaktere sind dennoch erstaunlich greifbar gezeichnet, obendrauf gibt es kurze Rückblenden.

Anders als erwartet, fraglos gut und sehenswert. Die BD zeigt den Film in sehr ansprechender Qualität.

7/10


• Tobruk (USA 1967) - Die Wüste bebt. Alliierte Helden sollen den bösen Achsenmächten in den Hintern treten. Rock Hudson, George Peppard und Nigel Green bekleiden die Hauptrollen überzeugend, geben sich kantig, jeder auf spezielle Art sympathisch. "Tobruk" kann sich nicht mit den ganz grossen WWII-Abenteuern wie z. B. "Die Kanonen von Navarone" (1961), "Agenten sterben einsam" (1968) oder "Stosstrupp Gold" (1970) messen, sollte den Fan derartiger Streifen aber recht kurzweilig unterhalten.

Die DVD aus dem Hause e-m-s lässt deutliches Potentential für Verbesserungen, geht aber insgesamt als brauchbar durch.

6,5/10 (mehr ist wegen der übermächtigen Verwandtschaft nicht drin)

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Mi 27. Jun 2012, 00:01
von Blap
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Ninja - Die Killer-Maschine (USA 1981, Originaltitel: Enter the Ninja)

Zwischen Wasserballett und Kokospalmen, Mord und Totschlag mit Franco, Shô und Christopher

Nach einer langen und harten Ausbildung hat Cole (Franco Nero) es endlich geschafft, der Meister erhebt ihn in den Status eines vollwertigen Ninja. Kollege Hasegawa (Shô Kosugi) äussert seinen Unmut, er sieht die japanischen Traditionen bedroht, hält den Amerikaner für unwürdig. Cole macht sich auf den Weg nach Manila, sein alter Kumpel Frank (Alex Courtney) betreibt in der Nähe eine Kokosnussplantage, Gattin Mary Ann (Susan George) unterstützt ihren Mann nach Kräften. Längst hat sich ein Unwetter über den Köpfen der Eheleute zusammengebraut, der skrupellose Gangster Venarius (Christopher George) will sich deren Land unter den Nagel reissen! Ständig drangsalieren fiese Gestalten die Plantagenarbeiter, angeführt vom einem der schäbigsten Schergen (Zachi Noy) des Herrn Venarius, Angst und Schrecken machen sich unter den hilflosen Arbeitern breit. Freilich lässt Cole seinen Freund nicht im Regen stehen, folglich beziehen die Handlager des gierigen Bosses mächtig Prügel. Venarius denkt nicht daran aufzugeben, kurzerhand stockt er sein freundliches Personal deutlich auf. Als sich auch diese Maßnahme als erfolglos entpuppt, unterbreitet Mr. Parker (Constantine Gregory) seinem Chef Venarius einen interessanten Vorschlag...

1979 übernahmen Menahem Golan und Yoram Globus die Filmschmiede Cannon. Die achtziger Jahre war das grosse Jahrzehnt des Actionfilms, Cannon steuerte zahlreiche Produktionen bei, wurde zum Markenzeichen für B-Action der unterhaltsamsten Sorte! Chuck Norris und Michael Dudikoff erlebten ihre erfolgreichste Zeit, Jean-Claude Van Damme feierte seinen Durchbruch, sogar ein damaliger Topstar wie Sylvester Stallone arbeitete für Golan & Globus, Charles Bronson sonnte sich im dritten Frühling. Titel wie "Delta Force", "Missing in Action", "Death Wish" (2-4), "Die City Cobra" und "American Fighter" sprechen eine klare Sprache, lassen die Herzen (nahezu) aller Actionfanatiker vor Begeisterung Purzelbäume schlagen, erlebten teilweise diverse Fortsetzungen. Schon damals konnte ich nicht genug von diesem Stoff bekommen, in all den Jahren hat sich nichts daran geändert. Inzwischen geniesse ich die Filme sogar noch intensiver, längst zwingt mich nicht mehr der Wille zur "jungendlichen Coolness" dazu, in der heutigen Zeit kann ich mich ganz bewusst und aus Überzeugung meinem schlechten Geschmack hingeben, voller Wonne in den Klischees und Entgleisungen der kleinen Klopper suhlen. Cannon-Produktionen schütten den prall gefüllten Trog Klischeebrühe über dem Zuschauer aus, so (oder ähnlich) ist es meist zu lesen. Mag sein, aber aus meiner Sicht setzte Cannon viele Standards, nutze das Action-Urgestein der siebziger Jahre als soliden Grundstein. Golan und Globus drehten an den richtigen Schrauben, mehr Geballler, mehr Prügel, mehr befremdliche Dialoge, gekrönt durch ein geschickt zusammengestelltes Sortiment aus älteren und jüngeren Actionhelden. Cannon war damals nicht die einzige B-Action-Schmiede, doch die Sichtung unvergessener Bronson, Dudikoff oder Norris-Klassiker belegt eindeutig, Golan & Globus wussten was das Volk dringend benötigte. Harte Kerle und fiese Schurken, Fratzengeballer mit Gebrüll, Soße und Bleidekoration. Genug wirre Anwandlungen, wenden wir uns endlich der Killer-Maschine zu!

Hier werden keine Gefangenen gemacht, hier sind die Fronten sofort klar. Nach dem schönen und stilsicheren Vorspann drückt Menahem Golan auf die Tube, Franco Nero in weisser Kleidung, Shô Kosugi in schwarzer Kampfmontur. Herr Nero pflügt sich durch eine stattliche Horde anonymer Metzelmesse (zwecks eindeutiger Zuordnung in roten Klamotten durchs Gebüsch hüpfend), kniet nach erledigter Arbeit in Erfurcht vor dem Meister. Ein flotter Prolog, ich bin bereits auf Kurs, rutsche vor Freude auf dem Sofa umher. Auf den Philippinen geht es munter weiter, unser Held zieht dem Pöbel die Ohren lang, egal in welcher Menge das Gesindel auftaucht. Franco Nero mag nicht der grosse Kampfsportkünstler sein, zahllose Actionsequenzen kaschieren dies (mehr oder weniger) geschickt, die grobe Kelle geht sowieso immer. Mutet das Gehampel tatsächlich hier und da unrund an, drängt Nero mit seiner selbstironisch angehauchten Art jegliche Bedenken in den Hintergrund. Überhaupt mangelt es der Sause keineswegs an Humor! Mein "Verdacht" fiel zunächst auf die deutsche Synchronisation, aber Fehlanzeige, der englische Originalton poltert nicht minder krude aus den Lautsprechern. Wenn schon Ninja-Meuchelei, dann dürfen die üblichen Tötungswerkzeuge nicht fehlen. Schwerter, Wurfsternzeug, Pfeile und Blasrohre (wie belieben?), Knarren und der Heldenkörper als ultimative Waffe zum Einsatz kommend. All diese feinen Zutaten bescheren einen üppigen Body Count, wenn es blutet, können wir es töten. Übrigens, woher kennen sich der Held und sein schutzbedürftiger Freund? Na klar, sie waren gemeinsam in irgendeinem Krieg unterwegs!

Franco Nero wurde durch den Italowestern zum Star, der von Sergio Corbucci inszenierte "Django" gehört zu DEN Klassikern des Genres, der Name des Titelhelden tauchte später in unzähligen Western erneut auf. Angenehmerweise blieb Franco Nero nicht auf ein Genre beschränkt, konnte die Fesseln abstreifen. Wie bereits erwähnt ist Nero kein Kampfsportmonster, mit seiner gekonnten Interpretation der Rolle überspielt er dieses Manko locker. Alex Courtney bleibt eher blass, die kernig ins Geschirr gehende Susan George taugt deutlich besser zum Co-Star. Für Alex Courtney/gegen Frank spricht die unspektakuläre Anlage seiner Figur, ein alternder Bursche mit Alkoholproblemen, ein Cannon-Knüller lebt von Helden und Schurken, nicht von tragischen, gebrochenen und verzweifelten Charakteren. Susan George wurde durch Sam Peckinpahs grandiosen "Straw Dogs" (1971) einem breiten Publikum bekannt. Die ganz grosse Karriere blieb ihr verwehrt, in ihrer Filmographie sind Perlen wie "Fright" (Die Fratze, 1971) und "Schrei nach Leben" (Die Screaming, Marianne, 1971) zu finden. Obwohl ihre Ehe vom Alkoholmißbrauch des fertigen Gatten überschattet wird, lässt sich die selbstbewusste Mary Ann nicht von ihrem Land verdrängen, Susan George steht diese Rolle gut, richtig gut. Neben Franco Nero setzen die Bösewichter Glanzlichter, Christopher George und Zachi Noy sorgen für den nötigen Irrsinn, Shô Kosugi für die Prügelhöhepunkte. Christopher George verstarb leider bereits 1983, die Spätphase seiner Laufbahn kann mit stattlichen Pfunden wuchern. Unter Regie von Lucio Fulci ist er in "Paura nella città dei morti viventi" (Ein Zombie hing am Glockenseil, 1980) zu bewundern, in "The Exterminator" (1980) muss er sich als knurriger Gesetzeshüter mit einem ausser Kontrolle geratenen Selbstjustizler beschäftigen. Obergangster Mr. Venarius gehört vermutlich zu den allerstärksten Auftritten des US-Amerikaners, stellt für mich einen wahnwitzigen Gipfel im Schaffen des Herrn George dar! Herrliche Grimassen, nahezu entrückt dirigiert er junge Damen im hauseigenen Pool, kann man nicht beschreiben, muss man auf jeden Fall sehen und geniessen! Zachi Noy (genau, der Depp aus der "Eis am Stiel" Reihe) trägt einen Haken statt einer zweiten Hand, spielt sich gern als grosser Boss auf, schleimt bei Venarius um Gunst und Leben. Constantine Gregory soll nicht unerwähnt bleiben, als rechte Hand des allmächtigen Venarius sorgt er ebenso für einige Schmunzler. Zum Abschluss darf Shô Kosugi keinesfalls fehlen, der für Cannon in zwei weiteren Ninja-Streifen am Start war, dort die Rolle des Helden bekleidete. Kosugi zappelt kurzweilig umher, den Rahm schöpfen eindeutig Franco Nero, Susan George, Christopher George und Zachi Noy ab.

Lange mussten wir auf eine offizielle DVD für den deutschen Markt warten. Umso grosser war die Freude im Mai und Juni dieses Jahres, die drei Ninja-Flicks aus dem Hause Cannon sind endlich ohne Umwege verfügbar, der Kunde hat die Wahl zwischen den Formaten DVD und BD. Der Film liegt in ansprechender Qualität vor (gesichtet wurde die BD), die Scheiben bieten lediglich zwei Trailer als Boni an, Flatschen-Neurotiker dürfen sich über ein Wendecover freuen.

Cannon-Action und Das Blap™ = Alte Liebe rostet nicht = 8/10 = Seeeehr gut

Lieblingszitat:

"Er ist kein gewöhnlicher Mann, Sir! Er ist ein Ninja!"

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Do 28. Jun 2012, 01:05
von Blap
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#11 der Koch Media Western Collection



Eine Flut von Dollars (Italien 1966, Originaltitel: Un fiume di dollari)

Rache und eine kleine Dosis Irrsinn

Jerry Brewster (Thomas Hunter) und Ken Seagull (Nando Gazzolo) haben die Armee um eine stattliche Summe erleichtet, doch ein Trupp Soldaten ist den Gaunern auf den Fersen. Per Spielkarte entscheidet das Duo über sein weiteres Vorgehen, Ken erwischt die höhere Karte, kann unerkannt mit dem Zaster flüchten. Auf Jerry kommt eine schwere Zeit zu, fünf Jahre Gefängnis und harte Zwangsarbeit ziehen nicht spurlos vorüber. Nach der Entlassung wartet ein verlassenes Familienanwesen auf Jerry, seine Frau ist verstorben, der gemeinsame Sohn verschwunden. Ein von Jerrys Frau hinterlassener Brief kündet von Seagulls Kälte. Trotz eines gegebenen Versprechens und reicher Beute, war der Schurke nicht zur Unterstützung der Familie seines Komplizen bereit. Es kommt noch dicker, Seagull nennt sich inzwischen Milton und hat längst Killer auf seinen ehemaligen Kumpel angesetzt. Dank unerwarteter Hilfe eines gewissen Getz (Dan Duryea) kann Jerry das Mordkommando beseitigen, nun will er um jeden Preis blutige Rache üben! Kein leichtes Unterfangen, denn der reiche Milton umgibt sich mit einer Truppe schiesswütiger Gestalten, die ihrerseits von dem überspannten Garcia Mendez (Henry Silva) angeführt werden...

Carlo Lizzani baut ungewöhnliche Zwischentöne in den Streifen ein. Der Western gehört nicht zu den bevorzugten Tatigkeitsfeldern des Regisseurs, was in diesem Fall nicht unbedingt zu einem vorteilhaften Resultat führt. So driftet der Held ab und an in hysterische Gefilde ab, lässt sich eine gewisse Nähe zum klassischen US-Western nicht leugnen, ferner dämpft ein äusserst schleimiges Ende die Freude deutlich. "Eine Flut von Dollars" vergibt die Chance frischen Wind in das Genre zu bringen, die untypischen Ausritte sorgen eher für unfreiwillig alberne -bis nahezu ärgerliche- Momente. Guter Standard wird in den Disziplinen Ausstattung, Kamera und Musik geboten (obschon der Score von Ennio Morricone keinesfalls zu den besten Arbeiten des Meisters gehört), ein gesunder Härtegrad ist ebenso vorhanden. Der Plot bewegt sich auf ausgetretenen (positiver formuliert: bewährten) Pfaden, Rache ist Blutwurst.

Vielleicht wollte Carlo Lizzani dem Hauptcharakter Tiefe verleihen, trieb Thomas Hunter daher zu Geschrei und Fratzen an. Leider mangelt es dem amerikanischen Schauspieler an Talent, um diese Augenblicke auch nur annährend berührend zu gestalten. Versagen auf ganzer Linie kann man Hunter nicht vorwerfen, abseits dieser Ausbrüche macht er seinen Job ordentlich. "Ordentlich" reicht oft nicht aus, von einem Helden (oder Antihelden) erwarte ich mehr greifbare Präsenz, mehr Charakter, mehr Gesicht. Ähnlich ist es um dem väterlichen Buddy der Hauptfigur bestellt, zwar kommt Dan Duryea sympathisch rüber, bleibt aber ähnlich blass und konturarm. Freilich ist Henry Silva ein ganz anderes Kaliber, Herr Eckschädel stiefelt in schwarzen Klamotten durch das Szenario, haut uns seine herrlich durchgeknallte Lache mehrfach um die Ohren, spielt die "Guten" mühelos an die Wand. Nando Gazzolo übt sich in Verschlagenheit, wird von Silva an den Rand gedrängt, kann in seiner Nische dennoch punkten. Zwei attraktive Damen dürfen nicht fehlen, Nicoletta Machiavelli erinnert den Helden an seine verstorbene Gattin, Gianna Serra macht uns das hinterliste Klischee-Flittchen im Bardamendress.

Noch ein paar Worte zu den weiter oben angerissenen Schwachpunkten. Charaktertiefe vorzugaukeln scheitert an den Fähigkeiten des Hauptdarstellers Thomas Hunter, immerhin wetzt Henry Silva diese Scharte teils aus, weniger mit Tiefgang, vielmehr mit überschäumender Spielfreude und aufblühendem Wahn. 1966 war der Italowestern noch jung, dazu ein im Genre unerfahrener Regisseur, daher will ich die Nähe zum US-Western nicht überbewerten (bereits eine andere Besetzung der Hauptrolle hätte in dieser Hinscht ansatzweise Abhilfe schaffen können). Richtig sauer aufgestossen ist mir das unfassbar kitschige Ende (laut Expertenangaben im Bonusbereich gibt es zwei Fassungen, die DVD zeigt die weichgespülte Variante). Einsteiger sind mit anderen Werken weitaus besser beraten, immerhin kam Sergio Corbucci 1966 mit "Django" aus der Kiste, den Namen Sergio Leone lasse ich an dieser Stelle unkommentiert. Auch abseits der ganz grossen Namen gibt es viele Perlen zu entdecken, ergo wird "Eine Flut von Dollars" hauptsächlich für Genrefans, Sammler und Italo-Allesglotzer interessant sein. Ich möchte den Film nicht missen, auch wenn er nie den Weg in meine persönlichen "Western-Top-100" finden wird.

Alles andere als mittelmäßig ist die DVD aus dem Hause Koch Media geraten! "Eine Flut von Dollars" liegt in sehr schöner Qualität vor, der Ton wird in deutscher, englischer und italienischer Sprache angeboten. Großartige Boni runden das Paket ab! Der inzwischen leider verstorbene Antonio Bruschini teilt sich uns mit, Hauptdarsteller Thomas Hunter plaudert sehr kurzweilig aus dem Nähkästchen, Nicoletta Machiavelli kommt zu Wort, dazu gibt es einen Trailer und eine Bildergalerie. Wie üblich kommt die Scheibe aus der Koch Media Western Collection in einem schicken Digipak daher.

Fazit: Erstklassige Veröffentlichung eines mittelprächtigen Streifens!

5/10 (Mittelklasse)

Lieblingszitat:

"Schafft die Leichen raus!"