bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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buxtebrawler
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Anthony (The Kindred)
Als die Wissenschaftlerin Amanda Hollins (Kim Hunter) aus einem Herzinfarkt-Koma erwacht, bittet sie ihren Sohn John (David Allen Brooks), ihr komplettes letztes Experiment zu vernichten, daß sie in ihrem Heimlabor gezüchtet hat. Ferner klärt sie ihn noch auf, daß er einen Bruder hat. Kurz darauf wird sie von ihrem Kollegen Dr.Lloyd (Rod Steiger), der an ihre Ergebnisse heran will, im Krankenbett ermordet. In ihrer Arbeit ging es um Klone und Hybriden, doch John und seine Kollegin Melissa (Amanda Pays) sowie einige weitere Begleiter sind nicht auf das Kommende vorbereitet, als sie Amandas abgelegenes Haus betreten. Es erwartet sie eine monströse Überraschung...
Eine Würdigung meinerseits dieses 1987er-US-Mad-Scientist-Monster-Horror-Flicks der Regisseure Stephen Carpenter und Jeffrey Obrow, die zuvor bereits Filme wie „Todestrauma“ und „The Power – Die Macht des Bösen“ gemeinsam realisierten, war längst überfällig – begleitet mich der gute Anthony doch bereits seit meiner Kindheit und ist ein immer wieder gern gesehener Gast meines bescheidenen Heimkinos.

Amanda Hollins (Kim Hunter, „Planet der Affen“, „Two Evil Eyes“) war eine ehrgeizige Forscherin und Wissenschaftlerin. Nach einem Herzinfarkt ans Krankenbett gefesselt, bittet sie ihren Sohn John (David Allen Brooks, „Blutmond“) jedoch, alle Aufzeichnungen über ihre Versuche mit Hämocyanin zu vernichten. Ferner fällt ihr siedend heiß ein, dass er dringend die „Anthony-Protokolle“ verbrennen und auf keinen Fall auf die Idee kommen solle, das Experiment fortzuführen, hält sich hinsichtlich Details aber mehr als bedeckt. Dafür gibt sie dem überraschten John aber mit auf den Weg, dass Anthony sein Bruder wäre. Der kaltblütige, skrupellose Wissenschaftskollege Dr. Lloyd (Rod Steiger, „Doktor Schiwago“) will hingegen um jeden Preis verhindern, dass Amandas Arbeit zerstört wird. Er tötet sie im Krankenhaus und macht sich auf den Weg zu ihrem abgelegenen Anwesen, wo John, dessen Freundin und Freunde sowie die auf Amandas Beerdigung aufgetauchte, attraktive und etwas undurchsichtige Melissa (Amanda Pays, „Max Headroom“) versuchen, dem geheimnisvollen Experiment auf die Spur zu kommen – und auf ein lebensbedrohliches Ergebnis stoßen...

Wenn Kim Hunter mit manischem Gesichtsausdruck ihrem Sohnemann einbläut, alles zu zerstören, Rod Steiger als Dr. Lloyd in finsteren Katakomben düstere Mutanten züchtet und ein „Anthony“ genanntes, schleimiges, tentakeliges Oktopus-Mensch-Hybridwesen sein Unwesen treibt und dabei markerschütternde Schreie ausstößt, dann weiß ich: Hier bin ich richtig. „Anthony“ ist liebgewonnenes 80er-Jahre-Videothekenfutter, ein Monsterfilm voll fieser Kreaturen und handgemachter Effekte unter verschärftem Latexeinsatz, garniert mit etwas pseudowissenschaftlichen Thesen – also genau das, was man als präpubertierender Horrorfreund damals so sehen wollte (und eigentlich auch heute noch will).

Dramaturgisch fackelt man nicht allzu lange und führt den Zuschauer bald in Dr. Lloyds Gruselkeller. Das Publikum derartig angefixt, gönnt man sich einen spannenden Aufbau der Handlung, in der Dramatik und selbst etwas Melancholie nicht zu kurz kommen. Ein von Amanda gesummtes Kinderlied bekommt in Kombination mit Anthonys Gebrüll seinen ganz eigenen morbiden Charme und sorgt für Gänsehaut. Unser Anthönchen darf sich nach einer guten halben Stunde in eine überdimensionale Melone einnisten und einer Autofahrerin, ähm, unter die Haut gehen, womit der letztlich aufgrund der Widerstandsfähigkeit der Nicht-Hybriden gar nicht einmal so hohe Bodycount-Reigen eröffnet wird. Die Charaktere verblassen natürlich etwas, wie es sich für einen ordentlichen Monsterfilm gehört, neben der Kreatur, obschon man einige große Namen an Bord hat. Die jüngeren Darsteller legen sich sodann auch gut ins Zeug, „overacten“, wenn es zielführend wird und geben sich ansonsten Mühe, die sichtlich von James Camerons „Aliens“-Kreaturenspektakel inspirierte Sause (sogar eine Art „Facehugger“ bekommt seinen Auftritt) nicht zu einer albernen Farce verkommen zu lassen – wenngleich man ihnen den wissenschaftlichen Hintergrund nie so ganz abnimmt. Komödiantisches beschränkt sich auf die sich das Rauchen abgewöhnen wollende Nebenrolle, regt angenehmerweise tatsächlich zum Schmunzeln an und dominiert nicht das Geschehen; stattdessen wird diesem kleinen Subplot noch eine überraschende Bedeutung im Finale zuteil. Es gibt Raum für Emotionen, der ausgefüllt wird und das Geschehen trotz seiner grundsätzlich natürlich verdammt weit hergeholten Ausgangssituation nachvollzieh- und mitempfindbar macht – gerade so weit, dass der große Spaß, den diese Monstershow bereitet, einem nicht vergeht.

Denn die Gestaltung der Kreaturen ist für einen solchen Film überaus gelungen, die Spezialeffekte brauchen sich nicht hinter anderen Genreproduktionen zu verstecken, im Gegenteil. Anthony und Co. wirken plastisch, ihre Animationen sind flüssig, ständig schleimt und glibbert es, hier und da gibt’s etwas wohldosierten Splatter und im Finale wird dann noch mal ganz kräftig auf die Ekel- und Actiontube gedrückt, inkl. Melt-Tricks und der obligatorischen Feuersbrunst. Die Kameraarbeit ist stets zweckmäßig und auf der Höhe des Geschehens, das von einer Streicherkulisse der alten Schule untermalt wird, die sich positiv auf die Atmosphäre des abwechslungsreichen Films auswirkt.

Fazit: „Anthony“ ist ein Paradebeispiel dafür, welche Freude ein Film bereiten konnte, den man aufgrund des Covers, von dem einen ein grünes Monstrum entgegenglotzte, aus der Videothek mitnahm und einen vergnüglichen, kurzweiligen Abend mit ihm verbrachte. Routinierte, souveräne Genrekost, kaum originell oder sein Genre um neue Aspekte erweiternd, aber mit genügend Ernst und Respekt produziert, um seine Zuschauer nicht für dumm zu verkaufen, gleichzeitig die etwas trashige Partytauglichkeit in einem Ausmaße im Auge behaltend, dass jeder, der vornehmlich an Schauwerten interessiert ist, auf seine Kosten kommt – also keinesfalls ein liebloser Cash-In-Versuch von der Stange. Wer wie ich gerade in Zeiten von CGI und Bombast ein Herz für die gute alte Latex- und Pampe-Manufaktur hat und diebische Freude beim Anblick daraus entstandener Tentakelmonster empfindet, wird mit Anthony eine gute Zeit haben. Meine 7/10 sind der verzweifelte Versuch von Objektivität, mein Herz hängt jedoch stärker an diesem Streifen als an manch höher bewertetem, anspruchsvollerem Spielfilm.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Überfall im Wandschrank
Ein Monster zieht umher und holt sich unerbittlich seine Opfer. In den Wandschränken der Nation stapeln sich bereits die Leichen Unschuldiger. Niemand vermag das unheimliche Wesen zu fassen, das auf wundersame Weise auftaucht und genau so spurlos wieder verschwindet. Selbst die Nationalgarde vermag es nicht mit Hilfe von Panzern das Monster aufzuhalten. Ein Reporter, ein Sheriff, eine Lehrerin und ein exzentrischer Wissenschaftler sind die letzte Hoffung der Menschheit, um endlich wieder in Frieden leben zu können. Werden sie es schaffen das Monster zu besiegen?
Mit „Überfall im Wandschrank“ versuchte sich die US-amerikanische „Troma“-Filmschmiede an einer Persiflage klassischen 50er-Horror-Trashs. Regie beim 1986 veröffentlichten Film führte Bob Dahlin, der damit anscheinend seinen bis dato einzigen Spielfilm inszenierte.

In Chestnut Hills werden arglose Menschen Opfer eines bevorzugt in Wandschränken auf seine Opfer lauernden Monsters. Journalist und Verlierertyp Richard Clark wittert seine große Chance, als er ins das kalifornische Nest entsandt wird, um über den Fall zu berichten. Was er nicht weiß: Das war eigentlich ein böser Scherz seines selbstverliebten Kollegen. Was dieser wiederum nicht weiß: Das Monster ist real und noch immer hungrig…

„Überfall im Wandschrank“ nimmt reichlich Genreklischees sowie die typischer Herangehensweise der 1950er-Jahre an die Thematik auf die Schippe, beispielsweise den Militär- und Atombombeneinsatz, persifliert einige Klassiker wie „Psycho“ und wartet mit einer der albernsten, aber zumindest im Kindesalter gefürchtetsten Prämissen, eben der eines Monsters im Wandschrank, auf. Donald Grant sieht in seiner Rolle als Journalist nicht nur aus wie Clark Kent, er heißt auch noch Clark mit Nachnamen und wenn immer ihm die Brille verrutscht, versetzt er die Damenwelt in eine Art Trancezustand. Ein wie Einstein aussehender Wissenschaftler namens Pennyworth (Henry Gibson, „Meine teuflischen Nachbarn“) gibt den wissbegierigen, naiv-pazifistischen Typus Mensch, der an das Gute im Monstrum glaubt, College-Dozentin Diane Bennett (Denise DuBarry) geht die obligatorische Romanze mit Kent ein und ihr „Professor“ genannter Sohn (Paul Walker, „Pleasantville“, „The Fast and the Furious“) ist ein kleiner neunmalkluger Schlaumeier. Das Wichtigste ist aber natürlich die Kreatur, die man während der herrlich billigen Prologs noch nicht zu sehen bekommt, später aber in ihrer ganzen Latexpracht zu bewundern ist. Was für ein putziges Monstrum! Tatsächlich könnte ich mir vorstellen, dass man es auch in erstgemeinten Horrorfilmen einsetzen könnte, wenn man es nicht plump in seiner ganzen Gestalt bei Tageslicht filmen würde wie hier geschehen, wo es für das trashige Vergnügen hauptverantwortlich ist.

Blutbäder und Metzelorgien bekommt man indes nicht geboten, das hätte „Überfall im Wandschrank“ auch nicht gestanden und zudem das 50er-Ambiente empfindlich gestört. Dennoch hätten das Finale gern etwas spektakulärer ausfallen, die Dichte gelungener Gags noch etwas höher und die 50s-B-Movie-Karikaturen noch mehr Raum einnehmen dürfen, denn was hier in seinen Ansätzen bereits viel Spaß bereitet, ist durchaus noch ausbaufähig. So bekommt man eine kurzweilige, augenzwinkernde Trash-Komödie geboten, die sicherlich nicht der große, bemerkenswerte Wurf oder das respektlose Persiflagen-Feuerwerk geworden ist wie es Troma mit einem „Toxic Avenger“ gelang, ein geeichtes Publikum aber angenehm und anspruchslos durch den Abend rettet. Sympathisch, charmant und auf seine Weise fast schon wieder gut.

6,5/10
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Der Flug zur Hölle
Vier Wissenschaftler (3 Männer, 1 Frau) müssen mit ihrem Forschungshubschrauber mitten in der Antarktis notlanden. Dabei landen sie in einem verborgenen Tal, in dem tropisches Klima herrscht. Bei ihrer Erkundung des Tales stoßen sie auf Dinosaurier und andere längst ausgestorbene Lebewesen. Aber nicht nur diese ungewöhnliche Situation, auch ein anderer Forscher, 10 Jahre vorher im selben Tal abgestürzt, macht den Gestrandeten zu schaffen....
„Ich hoffe, Sie wissen, dass die Sache nicht ungefährlich ist.“ – „Natürlich, Käpt’n. Ich habe viel über die Antarktis gelesen.“ – „Ich habe nicht so sehr an die Gefahr in der Antarktis gedacht, aber Sie sind die einzige Frau unter 800 Männern auf dieser Fahrt!“

Im Jahre 1957 versuchten sich die altehrwürdige „Universal“-Studios an einem Science-Fiction-/Abenteuer-/Fantasy-Mix, inspiriert von „The Lost World“ und dessen Verfilmungen sowie seinerzeit aktuellen Forschungsergebnissen der Byrd-Expedition in die noch nicht in einem Maße wie heute ausgekundschaftete Antarktis, die besagten, dass im ewigen Eis Warmwasserquellen gefunden worden wären.

So spann man eine Handlung um drei Wissenschaftler und eine Reporterin, die mit ihrem Hubschrauber in der Antarktis, genauer: in einem prähistorischen Tal eintausend Meter unter dem Meeresspiegel, in dem tropische Temperaturen herrschen, notlanden müssen. Fortan trifft man auf vor Urzeiten ausgestorben geglaubte Fauna und Flora, was sich als lebensgefährlich entpuppt, sowie auf einen bereits vor zehn Jahren dort gestrandeten Menschen (Henry Brandon, „Starr vor Angst“). Nun gilt es, zu überleben und einen Weg zurück in die Zivilisation zu finden…

„Die Frau besteht zu 90% aus Wasser, einer Prise Salz und metallischen Zusätzen. Aber ich habe noch nie einen salzigen oder metallischen Geschmack feststellen können.“

Ein gigantischer Farbfilm im Cinemascope-Superbreitwandformat und mit aufwändig hergestellten Kreaturen sollte es werden. Nachdem die ersten Dinosaurier fertiggestellt waren, ging allerdings bereits das Geld aus, so dass das Budget drastisch zusammengestrichen wurde. Farbe und teure Ausstattung fielen dem Rotstift zum Opfer, das Cinemascope-Format blieb, doch der ursprünglich für die Regie vorgesehene Jack Arnold („Tarantula“) winkte ab. So war es an Cutter Virgil W. Vogel, der zuvor bereits mit „The Mole People“ sein Regietalent unter Beweis gestellt hatte, „Der Flug zur Hölle“ unter diesen Umständen zu inszenieren.

In beengt wirkenden Studiokulissen und vor Matte-Paintings kämpfen sich unsere wackeren Helden mehr oder weniger nach Schema F durch den bedrohlichen Dschungel, der vom fehlenden Horizont einmal abgesehen eigentlich recht gelungen aussieht, was man vom trotz teurer technischer Entwicklung eher statisch wirkenden Tyrannosaurus Rex, in dessen Kostüm unschwer erkennbar ein Mensch steckte, nicht unbedingt behaupten kann. Besser gelungen sind da die Flugsaurier und der Kampf zweier Riesenechsen. Für letzteren indes griff man schlicht auf echte lebende Warane zurück, hetzte sie zu einem tödlichen Kampf aufeinander und schnitt sie in Überlebensgröße in den Film. In Zeiten hervorragender Stop-Motion-Künstler wie Ray Harryhausen hinterlässt diese Herangehensweise einen faden Nachgeschmack, wenngleich die Bilder durchaus eine gewisse Faszination erzeugen. Für einige Szenen griff man auf Archivmaterial zurück, das sich recht gut in den Film einfügt.

Man muss Vogel wohl zugestehen, aus den zur Verfügung stehenden Mitteln das Maximum herausgeholt zu haben. So ist die Geschichte zwar relativ vorhersehbar, jedoch grundsätzlich recht ansehnlich und sorgfältig inszeniert worden. Einige spitzzüngige Dialoge (siehe Zitate), die u.a. auf damalige Geschlechterrollen anspielen, machen zusätzlich Laune und mit der Rolle der mitgereisten Margaret Hathaway (Shirley Patterson, „It! The Terror from Beyond Space“) gibt man sich vorsichtig emanzipiert, wenngleich diese vorrangig natürlich ins Drehbuch fand, damit unser Held für die obligatorische Romanze nicht auf die gleichgeschlechtliche Variante zurückgreifen würde müssen. Außerdem ist die Patterson optisch durchaus ein kleiner Leckerbissen, wenn sie ihre makellosen Beine zeigend durch den Urzeitdschungel klettert. Ansonsten ist es aber eher Henry Brandon, der schauspielerisch mit theatralischer Mimik heraussticht und einen Kontrast zu den übrigen Saubermännern setzt. Die Hauptrolle des leicht chauvinistischen, heldenhaften Commander Roberts wurde Joch Mahoney zuteil, einem gelernten Stuntman.

Fazit: Improvisierter, charmanter, wenig Science-Fiction-, eher Fantasy-lastiger Beitrag zum Thema „Mensch trifft Dinosaurier“ aus der zweiten Reihe, der passabel funktioniert, kurzweilig unterhält, über exotisches Flair verfügt und filmhistorisch sowie für Genre-Fans durchaus von Interesse sein dürfte.
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Der Herr der Ringe: Die zwei Türme
Die Gemeinschaft des Ringes ist nach Boromirs Tod und dem Ork-Angriff zerfallen. Während Frodo und Sam ihren Weg nach Mordor fortsetzen, um den Ring im Feuer des Schicksalsbergs zu zerstören, folgen Aragorn, Gimli und Legolas den Spuren der Uruk-Hai-Orkhorde, die Merry und Pippin entführt haben, um sie zu Saruman nach Isengart zu bringen. Dazu fliehen die Orks über die Ebene von Rohan, wo sie allerdings von den Rittern Eomers, des Feldmarschalls der Mark Rohan aufgerieben werden. Merry und Pippin können in den Wald Fangorn fliehen, wo sie den Baumhirten und Ent Baumbart kennenlernen, während ihre drei Retter dem wieder zum Leben erwachten Gandalf begegnen, der sie in die goldene Halle von Rohan mitnimmt, wo König Theoden unter dem Einfluß seines Beraters Schlangenzunge dahinsiecht. Doch Gefahr droht, denn Saruman will mit einem Handstreich über Rohan hinwegfegen. Notgedrungen ziehen sich die Menschen in die Hornburg von Helms Klamm zurück, um einen scheinbar aussichtslosen Kampf zu führen. Währenddessen machen Frodo und Sam die Bekanntschaft ihres Verfolgers: es ist Gollum, der ehemalige Besitzer des Rings, der von ihnen "gezähmt" wird, sie zum schwarzen Tor von Mordor zu bringen. Doch hilft Gollum ihnen wirklich oder lockt er sie in eine tödliche Falle?
„Der Krieg macht Leichen aus uns allen!“

2002, also ein Jahr, nachdem der neuseeländische Regisseur Peter Jackson („Bad Taste“, „Braindead“) die erste Realverfilmung des „Der Herr der Ringe“-Fantasy-Zyklus des britischen Autors John Ronald Reuel Tolkien veröffentlichte, erschien der zweite Teil der Trilogie, „Der Herr der Ringe: Die zwei Türme“. Gedreht wurden alle drei Teile im Zeitraum 1999 bis 2001; ein Mammutprojekt, das als solches in die Filmgeschichte einging.

Nun zähle ich zu derjenigen Klientel, die man zum Ansehen dieser Filme erst überreden muss. Als bekennender Nicht-Fantasy-Fan habe ich nie eines der Bücher Tolkiens gelesen und bin dementsprechend wenig mit der Geschichte vertraut, habe aber den Vorteil, unvoreingenommen an die Filme herangehen zu können. Die Sichtung des ersten Teils liegt bereits ein paar Jahre zurück, die Erinnerung an ihn ist verschwommen. Trotz einer kurzen Rückblende zu Beginn dieser Fortsetzung lässt man die Vorgänge aus dem ersten Teil, „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“, nicht Revue passieren, so dass es schwerfällt, wieder in die Thematik einzusteigen. Es geht also um diesen Ring, hinter dem alle her sind, die verschiedensten Charaktere unterschiedlicher Rassen von Bewohnern der „Mittelerde“ balgen sich um das machtversprechende gute Stück, bekriegen sich, helfen sich gegenseitig, bilden Zweckgemeinschaften usw. Er befindet sich zurzeit in Besitz des Hobbits Frodo (Elijah Wood, „Hooligans“). An ein paar Charaktere konnte ich mich noch halbwegs erinnern, Frodo, Gandalf (Ian McKellen, „Macbeth“) und Gollum waren mir ein Begriff. Ich beschloss, mir kein weiteres Vorwissen anzueignen und mich einfach ins kalte Wasser zu stürzen, den Film auf mich wirken zu lassen.

Das ist grundsätzlich möglich, denn jede Szene, jede einzelne Einstellung schreit förmlich „Ich bin episch! Ich bin monumental!“ und wurde auf bedeutungsschwanger getrimmt, wie es in „normalen“ Filmen üblicherweise nur speziellen Höhepunkten zuteil wird. „Der Herr der Ringe: Die zwei Türme“ aber ist pompöser Bombast pur. Unmittelbar sieht man ihm an, welch ein gigantischer Aufwand Vorbereitungen und Dreh gewesen sein müssen, was unweigerlich Respekt abringt. Während schwelgerische Aufnahmen der neuseeländischen Landschaft wunderschön, atmosphärisch und einen weiten Horizont versprechend wirken, erscheint jedoch auch vieles artifiziell und sehr offensichtlich unecht, eben am Computer entstanden. Dabei ist die Gollum-Kreatur sicherlich ein Paradebeispiel für den detailverliebten Umgang mit computergenerierten Animationen, denn er wirkt tatsächlich lebendig, emotional und authentisch, hat eine glaubwürdige Mimik, einen ambivalenten Charakter mit Tiefgang und wirkt aufgrund seiner multiplen Persönlichkeit auch auf den Zuschauer mal niedlich und sympathisch, mal furchterregend und gefährlich. Damit ist dieser Gollum mein persönlicher Höhepunkt des Films; wann immer er auf der Bildfläche erscheint, ist beste Unterhaltung garantiert.

Häufig jedoch fällt es mir schwer, diese künstlich erschaffene Welt zu akzeptieren, zumal, wenn ich der Handlung ehrlich gesagt so gut wie gar nicht folgen kann und bereits zu einem frühen Zeitpunkt schlichtweg aufgebe, es zu versuchen und mich zurücklehne, um die phantastischen Bilder zu genießen. Ausschlaggebend dafür ist zu einem hohen Maße, dass ich höchstens in Ansätzen einen Zugang zur Geschichte finde, meist jedoch kaum einen Bezug zum echten Leben, zur Realität abstrahieren kann. Dabei wird eklatant deutlich, dass es sich eben um einen – „Blockbuster“ hin oder her – zwar gigantischen, aber dennoch eben einen Genrefilm handelt, der sich innerhalb seiner Gesetzmäßigkeiten bewegt, statt Genrestilmittel zu verwenden, um etwas darüber Hinausgehendes zu erschaffen. Und ich bin nun einmal kein Genrefan. Während die Handlung also mehr oder weniger vorüberplätschert und ich mehrmals in leichte Zweifel gerate, ob die fast vierstündige (!) „Extended Version“ die richtige Wahl war, lerne ich zahlreiche Mittelerde-Bewohner in zum Teil sehr gelungenen und gruseligen Masken kennen und stelle wohlwollend fest, dass dieser Teil, was seinen Gewalt- und Horroranteil betrifft, weniger auf „Familientauglichkeit“ getrimmt wurde, als ich den Vorgänger in Erinnerung habe. Die scharfen Schwerter führt man jedenfalls nicht nur zur Zierde mit sich. Ja, hier reihen sich doch einige starke Einzelszenen aneinander – wenn nur nicht diese Schwierigkeiten wären, sie in einen sinnstiftenden Bezug zueinander zu setzen...

Nun will ich mich aber gewiss nicht über eine komplexe, verschachtelte Erzählweise, der mit ziemlicher Sicherheit eine ebensolche Geschichte zugrunde liegt, echauffieren, nur weil es dem Stoff nicht gelingt, aufgrund meines mangelnden persönlichen Interesses nachhaltig selbiges für ihn zu wecken. Das wäre vermessen. Dennoch scheint mir derjenige Aspekt der Handlung, der noch im Vorgänger auf die charakterlichen Veränderungen, die mit dem Besitz des mächtigen Rings einhergehen, recht deutlich beleuchtete, diesmal stark in den Hintergrund gerückt worden zu sein. Davon, was in „Die Gefährten“ noch als Botschaft, als Aussage erachtet werden konnte, bleibt nicht viel übrig. Stattdessen geht es diesmal vornehmlich um den bevorstehenden Krieg, um die Unvermeidbarkeit desselben und um Kräftebündelung und das Finden Alliierter sowie die Ausarbeitung von Taktiken, um das David gegen Goliath nicht unähnliche Kräfteverhältnis auszugleichen. All das mündet in einer groß angelegten Schlacht, die grafisch wieder für einen solchen Film relativ explizit ausfiel, wenngleich angesichts des Gemetzels schon verdammt wenig roter Lebenssaft fließt. Nach verlustreicher Schlacht wird sogar gescherzt, als wäre lediglich jemand auf einer Bananenschale ausgerutscht – wie ich es hasse...

Für eine solche Thematik ist der Film einfach nicht düster genug, der Krieg verkommt zu einem Spektakel optischer Schauwerte zu Unterhaltungszwecken, ohne das mit ihm verbundene Leid zu verdeutlichen – wie in einem Actionfilm. Echte Nachdenklichkeit, Verzweiflung oder Kritik am kriegerischen Treiben (s. Eingangszitat) blitzen nur kurz auf und werden sofort niedergemäht. Die Darsteller indes fügen sich allesamt gut in das Konzept aus Computerkunst und mittelalterlicher Fantasy ein. Die häufig geäußerte Kritik an Elijah Wood als Frodo kann ich nicht ganz nachvollziehen. Mit seiner Mimik unterstreicht er die Auslegung seines Charakters als kleinem Hobbit, der mit einer übermenschlichen bzw. überhobbitschen Aufgabe betraut wurde. Anstrengung, Angst und drohende Überforderung zeichnen sich in seinem Antlitz ab; er wirkt mehrdimensionaler als manch andere Figur, wenngleich auch ihm Gollum die Schau stiehlt.

Unterm Strich ist für mich als nicht in den Kult um die Trilogie Eingeweihten der zweite Teil aber vor allem eines: Bombast um seiner selbst willen. Ein gigantischer Bilderrausch, durchaus vereinnahmend und faszinierend, der jedoch an mir vorbeirauscht (um bei diesem Terminus zu bleiben), die komplizierte Handlung zu etwas Sekundärem degradiert und mir kaum Gelegenheit bietet, mich einzuhaken und mit ihr mitzugehen. Technik-Freaks werden vermutlich mit der Zunge schnalzen und wer Fantasy-Themen ohnehin in erster Linie mit monumentalen Epen, Pomp und Kitsch (um dieses böse Wort auch einmal unterzubringen) in Verbindung bringt, findet mit Jacksons Werk vielleicht seine Erfüllung. Zugegeben, die knapp vier Stunden fühlten sich letztlich kürzer an, was natürlich für den Film spricht. Ich bevorzuge aber in der Regel anders konzipierte Spielfilme und „Der Herr der Ringe: Die zwei Türme“ hat daran nichts geändert.
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Lottergeist Beetlejuice
In ihrem schmucken Landhaus sind die Maitlands (Alec Baldwin, Geena Davis) sehr glücklich, doch nach einem Autounfall wechseln sie ins Reich der Toten. Dort müssen sie jedoch von ihrer Sachbearbeiterin (Silvia Sydney) erfahren, daß sie noch 120 Jahre in ihrem Haus spuken müssen. Das wird bald zur harten Belastungsprobe, denn die Familie Dietz übernimmt das Haus. Mutter Delia ist eine überkandidelte Großstadtzicke, die sich für eine Künstlerin hält und monströse Skulpturen erschafft. Vater Charles (Jeffrey Jones) will endlich seine verdiente Landruhe haben und das neurotisch-todessehnsüchtige Töchterlein Lydia (Winona Ryder) läuft meistens verschleiert herum. Die drei sind nicht nur nervig, sie lassen sich auch nicht durch groben Spuk vertreiben. Da bietet sich der Bio-Exorzist und Ekelgeist Beetlejuice (Michael Keaton) an, den Job zu übernehmen, doch die Maitlands sind sich nicht sicher, denn allmählich wächst ihnen Lydia ans Herz. Als die Dietz mitbekommen, daß es im Haus spukt, tauchen plötzlich Möchtegernesoteriker aus der Big City auf und bald überschlagen sich die Ereignisse...
„Dankt lieber Gott, dass ihr nicht in Italien gestorben seid!“

„(Lottergeist) Beetlejuice“ ist einer von US-Regisseur Tim Burtons („Batman“, „Edward mit den Scherenhänden“, „Ed Wood“) ersten Spielfilmen. Die Horrorkomödie heimste nach ihrem Erscheinen 1988 einige Preise ein und zählt zurückblickend zusammen mit Filmen wie „Ghostbusters“ oder „The Addams Family“ zu den großen, kultverdächtigen Filmen ihres Genres aus den 1980er und 1990er Jahren.

Ehepaar Maitland (Geena Davis, „Die Fliege“ und Alec Baldwin, „Die Royal Tenenbaums“) befindet sich nach einem Autounfall im Übergangsreich der Toten, die nächsten 125 dazu verdammt, sie als Geister in ihrem Haus zu verbringen. Dieses wird von Familie Dietz erworben, bestehend aus den reichen, geschmacksverirrten Schnöseln Delia (Catherine O'Hara, „Kevin – Allein zu Haus“) und Charles (Jeffrey Jones, „Ed Wood“) sowie Gruftie-Töchterchen Lydia (Winona Ryder, „Edward mit den Scherenhänden“). Familie Dietz beginnt schnell zu nerven, weshalb die Maitlands sie mittels Spuk vertreiben wollen. Diese sind jedoch absolute Neulinge auf diesem Gebiet und deshalb total unerfahren. Und das Handbuch für das „Nachleben“ hilft leider ebenso wenig weiter wie die Geisterbehörden. „Bio-Exorzist“ Betelgeuse (Michael Keaton, „Batman“) wirbt jedoch für seine Dienste…

„Beetlejuice“, dessen Charakter sich im Film eingenartigerweise „Betelgeuse“ schreibt, ist eine kunterbunte, quietschvergnügte Horrorkomödie voll bizarrer Ideen. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt seines Schaffens lässt Burton „zwischen den Zeilen“ erkennen, dass er das Totenreich keinesfalls als leeren, düsteren Ort oder gar als Stätte voll Pein und Seelenqual erachtet, sondern als skurrile Parallelwelt mit ihren eigenen Gesetzen, die vor allem eines kann: jede Menge Spaß bereiten. Seine visuell wie inhaltlich comichafte Inszenierung, die er später mit „Edward mit den Scherenhänden“ perfektionieren sollte, erscheint unwirklich und eröffnet die Möglichkeiten, die der weitestgehende Verzicht auf Realismus mit sich bringt: So braucht sich Burton nicht sonderlich um Logik scheren, wenn er seine komödiantisch überzeichneten Charaktere ihre Abenteuer bestehen lässt, sie mit aberwitzigen Fratzen und Kreaturen konfrontiert und mal eben die Rollen vertauscht, wenn Familie Dietz die Geister weit weniger loswerden will als umgekehrt die Maitlands die Dietzens.

Zu Burtons Begeisterung für die dunkle Seite, die er in quietschbunten Farben malt, gehört auch das Etablieren der ihr ebenfalls zugeneigten Nachwuchs-Gothic-Göre Lydia als Sympathiefigur, die als einzige die Maitlands sehen kann und sich mit ihnen anfreundet. Und wie heißt es so schön? „Die Geister, die ich rief…“ Letztlich gilt es nämlich nicht mehr, die Dietzens zu vergraulen, sondern den harlekinesken, leider nicht ganz ungefährlichen Sprücheklopfer Betelgeuse loszuwerden, der zu allem Überfluss Heiratspläne hinsichtlich Lydias hegt. Neben viel Situationskomik und einer sympathisch-grotesken Sichtweise auf das Leben nach dem Tod würzt Burton seinen Film mit satirischen Anspielungen auf andere phantastische Filme und die mit dem Genre einhergehenden Klischees. Dies schlägt sich auch in den wahnsinnigen Effekten wieder, die sich seinerzeit längst überholter Techniken wie Stop-Motion bedienen und mit ihren augenzwinkernden Charme begeistern.

Zugleich ist „Beetlejuice“ eine Ehrerbietung an den US-amerikanischen, jamaicanische Wurzeln aufweisenden Calypso-Interpreten Harry Belafonte, dessen karibische Rhythmen ebenso gut oder wenig in diesen Film passen wie alles andere, was im krassen Kontrast zur eigentlichen Thematik steht und ihn damit zu etwas Besonderem macht. Sein „Day-O (The Banana Boat Song)“ taucht immer wieder im Film auf; unvergessen die Szene, als eine piekfeine Tafelrunde wie von Geisterhand zu diesem Lied zu tanzen beginnt. Die übrige Filmmusik stammt von Danny Elfman, der hier sein Talent für das Erzeugen überdrehter, einen Film wie „Beetlejuice“ gut untermalender Orchesterklänge Beweisen konnte, die ihm besser stehen als die pathetischen Klänge mit Hang zum Kitsch, die man auch von ihm kennt.

Darstellerisch überrascht Michael Keaton mit ausgeprägtem humoristischem Talent, aufgrund dessen der ursprünglich angeblich als ernsthafter Grusler geplante Film sogar zur Komödie umgeschrieben worden sein soll. Auch alle anderen beherrschen ihre Theatralik, mein persönlicher Höhepunkt ist jedoch die blutjunge Winona Ryder in einer ihrer ersten Rollen. Ohnehin eine meiner Lieblingsschauspielerinnen, wirkt sie bereits hier unheimlich süß, dabei keck und intelligent, einfach von Grund auf sympathisch. Ihre von Burton positiv konnotierte Außenseiterrolle geht voll auf und wenn sie nach dem furiosen, rasanten, tatsächlich richtig spannenden Finale zu einem weiteren Belafonte-Klassiker schmettert, schmelze ich dahin wie Charlie in der Schokoladenfabrik.

„Beetlejuice“ ist ein Klassiker des humoristischen phantastischen Films, Pflichtprogramm nicht nur für Burton-Freunde und bei aller Verrücktheit bereits ein Burton-typisches Plädoyer für verschrobene Außenseiter und die Faszination des Morbiden, das sich hier in Form einer makabren Groteske präsentiert.
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Geschichten aus der Gruft
Während einer Besichtigungstour durch uralte Katakomben werden fünf Personen von ihrer Gruppe getrennt. Auf der Suche nach einem Ausgang treffen sie auf den Cryptkeeper, welcher ihnen ihr grausames Schicksal vorhersagt: Joanne tötet an Weihnachten ihren Ehemann, um an dessen Lebensversicherung zu kommen. Sie ahnt jedoch nicht, dass bereits ein psychopathischer Serienmörder ihr Haus umschleicht... Carl verlässt wegen seiner jungen Geliebten Susan seine Familie. Die Beiden geraten in einen Verkehrsunfall. Carl kann sich aus dem Wrack befreien, doch von Susan fehlt jede Spur. Er geht zu ihrem Apartment und macht dort eine schreckliche Entdeckung... Der rücksichtslose Baulöwe Elliot will seinen verwitweten Nachbarn Arthur loswerden, da dessen Grundstück recht wertvoll ist. Mittels einer Schmutzkampagne, in deren Zuge der freundliche Arthur mit bösartigen Valentinskarten bombardiert wird, soll dieser das Feld räumen. Doch stattdessen begeht Arthur gebrochenen Herzens Selbstmord - nur um ein Jahr später von den Toten zurückzukehren, um Rache zu üben... Der Geschäftsmann Ralph wird bei einem Autounfall getötet. Seine Frau Enid kommt in den Besitz einer Statue, die ihrem Besitzer drei Wünsche erfüllt. Allerdings nicht immer ganz im Sinne des Wünschenden... Der selbstsüchtige Major Rogers leitet ein Heim für Blinde. Allerdings investiert er die für die Blinden zugedachten Finanzmittel lieber in sein eigenes, komfortables Leben. Als es aufgrund der Sparmaßnahmen zu einem Toten kommt, rächen sich die anderen Blinden an ihren Peiniger...
„Geschichten aus der Gruft“ ist der vierte aus einer Reihe von acht Episodenhorrorfilmen der britischen Filmschmiede „Amicus“ und erschien im Jahre 1972 unter der Regie von Routinier Freddie Francis („Die Todeskarten des Dr. Schreck“, „Der Foltergarten des Dr. Diabolo“, „Draculas Rückkehr“). Grundlage dieses Films waren, wie auch der Ende der 1980er gestarteten TV-Serie gleichen Namens, die Horrorcomics aus dem E.C.-Verlag.

Mit gleich fünf Episoden plus Rahmenhandlung reichlich vollgepackt, ist allen der moritatische Ton gemein, der wie in vielen Episodenhorrorfilmen üblich bitterbösen, schwarzen Sarkasmus aufweist, der sich aus den comichaft-moralischen Pointen als Konsequenz aus der über Leichen gehenden kriminellen Energie der jeweiligen Missetäter ergibt. Die Rahmenhandlung lässt fünf Personen während der Besichtigung von alten, großen Gruftkatakomben vom Weg abkommen und auf den „Cryptkeeper“ (Ralph Richardson, „Doktor Schiwago“) treffen, der über die finsteren Pläne der Herrschaften Bescheid weiß und ihnen in Form der fünf Episoden jeweils ein grausames Ende prophezeit

In der ersten Episode bringt Joanne Clayton (Joan Collins, „Nacht kommt die Angst“, „Geschichten, die zum Wahnsinn führen“) ihren Mann um die Ecke, hat jedoch die Rechnung ohne einen aus dem Irrenhaus entflohenen Serienmörder und die kindliche, von der Vorweihnachtsstimmung geprägte Naivität ihrer Tochter gemacht. Hingucker dieser Episode ist nicht etwa die Collins, sondern die unheimlich geschmacklos, quietschbunt eingerichtete Wohnung, die in ihren schreienden Farben ein Paradebeispiel dafür ist, wie ästhetisch grausam die 1970er gewesen sein können. Selbst das neonfarbene, fast pinke Kunstblut fügt sich darin perfekt ein. Die Handlung indes ist sehr vorhersehbar, angenehm makaber dabei die Umkehrung des Weihnachtskitsches in eine todbringende Gefahr. In Episode Nr. 2 will Familienvater Carl Maitland (Ian Hendry, „Kronos“) mit seiner Affäre (Angela Grant) durchbrennen, wird jedoch in einen Autounfall verwickelt. Schwerverletzt schleppt er sich zur Wohnung seiner Geliebten. Weit weniger vorhersehbar, punktet dieser Teil mit einer düstereren Stimmung und subjektiver Kameraführung.

Beide Episoden waren jedoch lediglich Appetithappen für den dritten Streich: Der skrupellose Spekulant Elliot (Robin Phillips, „David Copperfield“) will den armen Witwer Arthur Grimsdyke (Peter Cushing, „Frankensteins Fluch“, „Dracula“, „Horror-Express“) von dessen Haus und Grund vertreiben und treibt ihn durch Mobbing und Verleumdung in den Selbstmord. Doch Arthur ruht nicht in Frieden… Der einzigartige, unnachahmliche Peter Cushing mimt hier den kinder- und tierlieben, doch bemitleidenswerten Mr. Grimsdyke mit emotionalem Tiefgang und erobert einmal mehr die Herzen seines Publikums im Sturm. Gelungene Maskenarbeit lässt Grimsdyke gebrechlich und harmlos erscheinen, während Robin Phillips als Elliot als schmieriger, herzloser, eiskalter Makler den Hass auf sich zieht. Das menschliche Herz bzw. Herzlosigkeit spielen sodann auch in der überraschend blutigen Pointe eine entscheidende Rolle. Meines Erachtens stellt diese Episode den Höhepunkt des Films dar.

In der vierten Episode wird eine fernöstliche, drei Wünsche erfüllende Statue dem vor dem finanziellen Kollaps stehenden Paar Ralph (Richard Greene, „Das schwarze Schloss“) und Enid (Barbara Murray, „Der Fluch des Tut-Ench-Amun“) zum Verhängnis. Nachdem Ralph bei einem Autounfall stirbt, wünscht sich Enid ihren Mann zurück – mit ungeahnten Folgen. Gut, auch diese Episode ist recht vorhersehbar, jeder Genrefreund dürfte schon einmal mit „bösen“, jedoch Glück verheißenden Wunscherfüllungsgehilfen konfrontiert worden sein. Dank des rasanten Tempos jedoch überschlagen sich die Ereignisse dieser äußerst makabren Episode und werden grafisch zudem voll in Szene gesetzt, getragen von guten, an Hysterie grenzenden schauspielerischen Leistungen. Ein kleiner, fieser Spaß für Zwischendurch, bis es an die letzte und zugleich längste Episode geht: Ex-Major William Rogers (Nigel Patrick, „Der Mackintosh Mann“) wird neuer Leiter eines Blindenheims, das er fortan mit eiserner, militärischer Hand führt, die Budgets gnadenlos zusammenstreicht, Wasser predigt und Wein trinkt – und nach einem Todesfall infolge der von ihm verursachten menschenunwürdigen Lebensbedingungen den Hass der Blinden auf sich zieht. Warum man auch vermeintlich schwächere Mitmenschen besser gut behandeln sollte, zeigt der ausgeklügelte Racheplan, den die Blinden unter Anführung George Carters (Patrick Magee, „Asylum“) entwickeln und durchführen. Während die Rolle des Majors fast bis ins Groteske überzeichnet wird, bemüht man sich im Falle der Blinden um eine möglichst realitätsnahe Darbietung. Was zunächst nur schwer miteinander vereinbar erscheint, entpuppt sich als Rechtfertigungsversuch für den bei den Bewohnern zutage tretenden Sadismus, die mit kaltem Kalkül in einer Weise vorgehen, die sich anderenfalls kaum hätte begründen lassen. So wird man als Zuschauer von der Wehrhaftigkeit der Gehandicapten überrascht und ist fast geneigt, Mitgefühl für den Major zu entwickeln – aber eben nur fast.

Auch wenn der Cryptkeeper in diesen „Geschichten aus der Gruft“ noch menschlich aussieht und keine Psychopathenlache aufsetzt, ist der grundsätzliche Stil dieser Art von Comicverfilmungen bereits in dieser unter Zuhilfenahme viel britischen Charmes umgesetzten Produktion eindeutig zu erkennen, die wunderbare kurzweilige Unterhaltung sowie einen für das Entstehungsjahr nicht unbedingt üblichen Härtegrad bietet. Zumindest in meiner subjektiven Erinnerung variiert die Spieldauer der einzelnen Episoden nach Relevanz und Anspruch; die etwas schwächeren versuchte man nicht künstlich aufzublasen, sondern spendete den interessanteren dafür mehr Aufmerksamkeit. Dass bei fünf Episoden innerhalb normaler Spielfilmdauer keinerlei nennenswerten Längen auftreten, dürfte sich von selbst verstehen. Freddie Francis‘ Comicverfilmungen fügen sich nahtlos in das Amicus-Episodengesamtwerk ein und lohnen sich allein schon aufgrund des Auftritts des ehrwürdigen Peter Cushings.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Night Life
Archie Melville, ist ein bedauernswerter junger Mann, welcher in einem Provinzkaff lebt. Er ist für jeden seiner Klassenkameraden die größte Witzfigur, da er in dem Begräbnisinstitut seines Onkels arbeitet. Das ist der Grund warum er keine Freunde hat. Doch plötzlich kommen diejenigen die Archie am meisten "genervt" haben, bei einem Autounfall ums Leben. Und wie es der Zufall so will, werden die Leichen in das Begräbnisinstitut seinen Onkels eingeliefert. Archie muss nun die Leichen einbalsamieren. Als er damit fertig ist, schlägt ein Blitz in die Kühlkammer der Leichen ein. Archie war davon überzeugt, dass er nun endlich in Frieden leben kann, doch er hätte nicht einmal im Traum daran gedacht, was ihm noch bevorsteht...
„Ja, deine Frisur ist geil, Alter!“

Archie Melville (Scott Grimes) arbeitet für seinen Onkel, den örtlichen Leichenbestatter – der Hauptgrund, weshalb ihn seine Mitschüler schneiden und verspotten und er keine Chance hat, zu den coolen Football-Cracks zu gehören oder an deren Freundinnen heranzukommen. Doch als diese bei einem Autounfall das Zeitliche segnen, dabei mit einer eigenartigen Chemikalie in Berührung kommen und, nachdem sie ausgerechnet Archie einbalsamieren half, auch noch ein Blitz in die Kühlkammer einschlägt, erwachen sie zu neuem Leben – und mit ihnen ist noch weniger gut Kirschen essen als zuvor...

„Night Life“ ist eine etwas weniger bekannte US-Zombiekomödie aus dem Jahre 1989, die Regie führte David Acomba und es sollte offensichtlich sein einziger Spielfilm bleiben. Sofort springt dem genrekundigen Zuschauer Scott Grimes ins Auge, der in den ersten beiden „Critters“-Filmen den rothaarigen Bengel mimte, dessen diesmalige Hauptrolle allerdings weit weniger lässig angelegt wurde. Er muss sich hänseln und verarschen lassen von Sportlerprolls, die zum Teil die gleiche Vokuhila-Lockenfrisur tragen, im Gegensatz zum ihm aber auch noch die (vermeintlich) schärfsten Mädels rumbekommen. Grimes’ Mimik ist unverkennbar, er macht seine Sache recht ordentlich. Sein verunsicherter Gesichtsausdruck passt gut in diesen Film, der zunächst einmal vornehmlich makaber und mit etwas Ekelfaktor auf Archies Aushilfsjob eingeht und sich zudem an Slapstick-Humor versucht. Was besonders für Liebhaber des 80er-US-Horrors recht sympathisch beginnt, verflacht aber zusehends und offenbart unheimliche Längen: Locker 60 Minuten lang ist „Night Life“ weder spannend noch sonderlich witzig und das Zuschauen eigentlich nur im Falle einer ausgeprägten 80er-Affinität erträglich. Es mangelt sogar an flotter musikalischer Untermalung, die manch Szene aufgelockert hätte. Sind die Unsympathen aber erst einmal zombiefiziert, geht’s endlich rund: Die Untoten sind sehr agil, intelligent und überaus aggressiv, der Film wählt endlich ein höheres, ja, sogar hohes Tempo und fährt auf, was man Ende des Jahrzehnts so an Tricktechniken für einen kostengünstigen Videothekenreißer anzubieten hatte, ohne in eine splatterige Schlachtplatte zu verfallen. Die Gags zünden, der Bodycount schnellt in die Höhe und unterhält wunderbar geschmacklos. Die Kamera gibt sich dynamisch, dem Tempo angepasst, und die durchaus atmosphärische Stimmung der Nachtaufnahmen erinnert an Klassiker der derberen 80er-Horrorkomödien.

Da man im Vorfeld aber so unwahrscheinlich viel Zeit verstreichen ließ, ist die Sause viel zu schnell schon wieder vorbei. Doch, siehe bzw. höre da: Im Abspann bekomme ich endlich mein volles Brett kitschigen 80er-US-Kommerz-Hardrocks, wie er zu einem solchen Film dazugehört. Nett übrigens auch die Nebenrolle der Charly Dorn (Cheryl Pollak, „Hart auf Sendung - Pump Up the Volume“), die auf Archie steht, der aber erst einmal ordentlich durchgeschüttelt werden muss, bis er merkt, was er an ihr hat („Fass mich an – ich bin warm!“).

In dieser Form letztlich leider reichlich durchwachsener Zombiespaß mit einigen eklatanten Schwächen. 4/10 für die ersten 60 Minuten, 8/10 für den Rest, ergibt 6/10 fürs Gesamtwerk – mit etwas Wohlwollen...
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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American Psycho
Patrick Bateman ist ein Mann der Achtziger: ein erfolgreicher dynamischer Yuppie. Wichtig sind in seinem Leben nur ausgesuchte Dinge: immer der neueste Anzug, die exklusivste Visitenkarte, die Reservierung im Restaurant seiner Wahl. Seine Kollegen sind ihm ähnlich, genauso oberflächlich, genauso leer, doch es gibt einen wichtigen Unterschied: Patrick Bateman hat sich zur Bewältigung seiner inneren Leere zum stilvollen Serienkiller entwickelt, der reihenweise Prostituierte in seinem Appartment zerstückelt und auch vor Kollegen nicht haltmacht. Die Polizei ist ihm schon auf der Fährte, doch in der gestylten Yuppiewelt verschwimmen Schein und Wirklichkeit zu einer undurchdringlichen Melange...
„Ich denke, ich bin ein ziemlich kranker Kerl.“

Im Jahre 2000 erschien in US-Produktion die Verfilmung des allgemein als unverfilmbar gegolten habenden Romans „American Psycho“ von Bret Easton Ellis durch die kanadische Regisseurin Mary Harron („I Shot Andy Warhol“). „American Psycho“ ist eine bissige, schwarzhumorige Satire auf das Yuppietum der 1980er.

New York, 1987: Der 27-jährige Patrick Bateman (Christian Bale, „The Dark Knight“) ist Vizepräsident eines Finanzimperiums und ein neureicher Yuppie. In seinem manischen Perfektionismus scheint er ganz in der Welt der Oberflächlichkeit, der Etikette, von Prestige und Status, aufzugehen. Doch hinter dem stets akkuraten Äußeren seines durchtrainierten und übertrieben gepflegten Körpers verbirgt sich ein Abgrund aus Drogen- und Sexualexzessen und Mordsucht, der aus tiefen Selbstzweifeln resultiert.

„American Psycho“ beschreibt den versnobten Lebensentwurf der 80er-Yuppies und wie er, erst einmal „oben“ angelangt, in einer verzweifelten Suche nach einer Identität unter austauschbaren Anzugträgern resultiert. Wirklich arbeiten sieht man Bateman nie, seine Tage bestehen aus Treffen mit Kollegen in angesagten Nobelrestaurants, die bei oberflächlichem Smalltalk in einer Nabelschau der Eitelkeiten münden, bei denen man sich über ach so edle Visitenkarten definiert, auf denen bei allen dasselbe steht. Eine vermeintlich hochwertigere Visitenkarte als die eigene kann Bateman dann schon aus der Ruhe bringen und neidisch werden lassen. In einem von derartigen Nichtigkeiten bestimmten Leben mangelt es an eigener Identität, Verwechslungen mit anderen Yuppies sind permanent an der Tagesordnung. Hinter Batemans Fassade ist es leer, einem Roboter gleich macht er mit bei diesem Spiel; über sein wahres Ich, seine Biographie, erfährt man quasi nichts. Menschliche Emotionen sind ihm fremd und in seinem Dasein fehl am Platze, sie sind verkümmert, er empfindet nichts – eben bis auf Missgunst, Häme und Aggression, die sich auf der Suche nach sich selbst unaufhaltsam ihren Weg bahnen und Bateman zu einem unberechenbaren, gemeingefährlichen Irren machen, der zunächst auf Obdachlose und Prostituierte losgeht, eines Tages jedoch auch auf einen Arbeitskollegen – dessen Verschwinden Detective Donald Kimball auf seine Spur bringt.

Doch in einer ihn und die anderen Zombies herangezüchtet habenden, materialistischen Gesellschaft, in der der Blick hinter die Fassade schlicht unerwünscht ist, hat er kaum etwas zu befürchten – was ihn letztlich in den Wahnsinn treibt. So vertreibt er sich neben den genannten Exzessen und seinem Körperkult die Zeit mit Videofilmen und populärer Rock- und Popmusik. Letztere interpretiert er eloquent und beinahe leidenschaftlich, referiert vor seinen Opfern über sie – unfähig jedoch, das Gehörte auf sich selbst zu projizieren, Schlüsse daraus zu ziehen und als positive Inspiration aufzufassen.

Christian Bale spielt seine Rolle mit einer beinahe beängstigenden Hingabe. „American Psycho“ wird aus seiner Sicht erzählt, während sein Doppelleben eine vereinnahmende Faszination auf den Zuschauer auswirkt. Zwar wird nie die Grenze überschritten, die sich sein Publikum mit ihm identifizieren lassen würde, jedoch fehlt auch jedwede abgrenzende Distanz – wozu auch, denn selbst in seinen intimsten Momenten, die er teilt, wirkt er abgeschottet und in sich selbst, seiner gesellschaftlich als erstrebenswert erachteten Parallelwelt, gefangen. Diese ist das bizarre Spiegelbild des dekadenten, um wahre Werte beraubten US-amerikanischen Großstadtwohlstands des Jahrzehnts, das mit größtmöglicher individueller Freiheit warb, aber entmenschlichte, austauschbare Hüllen hervorbrachte. Harron und ihrem Team gelang es, den High-Society-Schick der 80er in keimfreiem Büro- und Appartement-Ambiente zu reproduzieren, in dem ironischerweise Blut und Leichenteile wie die einzigen Anzeichen menschlichen Lebens wirken. Die Sex- und Gewaltszenen fielen, zumindest in der von mir gesehenen, vermutlich auf der R-Rated-Version basierenden Fassung, zwar nicht explizit, jedoch eindeutig und direkt genug aus, um ihre Schockwirkung voll zur Geltung zu bringen, stets in Kombination mit irrem, mutigem Humor. Bateman rennt mit einer Kettensäge als Phallusersatz herum und pfeffert diese anschließend durchs Treppenhaus, bewahrt abgetrennte Köpfe im Kühlschrank auf und posiert beim Sex vor riesigen Spiegeln, wobei er selbstverliebt seine Muskeln spielen lässt und Phil-Collins-Lieder mitsingt. Bei Gott, sollte mal wieder im Radio „Sussudio“ ertönen, werde ich den Song mit anderen Ohren hören und ganz bestimmte Bilder damit assoziieren...

Willem Dafoe („Der blutige Pfad Gottes“, „Antichrist“) gibt einen unglaublich schmierig grinsenden Detective und neben den sich ihrer gespielten Austauschbarkeit unterordnenden männlichen Nebendarstellern bekommt man mit z.B. Reese Witherspoon („Walk The Line“), Chloë Sevigny („Kids“) oder Cara Seymour („e-m@il für Dich“) eine Reihe recht attraktiver Damen zu Gesicht, von denen man bis auf die hier dauersedierte Samantha Mathis („Super Mario Bros.“) keine einzige Bateman gönnt. Bei aller Überdrehtheit des Stoffs gelingt es allen voran natürlich Bale, im Prinzip aber ausnahmslosen allen, in den richtigen Momenten nüchtern bis gleichgültig zu agieren; angenehmerweise konnte ich kein unpassendes Overacting ausmachen. Genau hinzugucken lohnt sich indes immer, denn der Film bietet viele Details und subtilen Humor. Als besonderen Kniff hält „American Psycho“ gleich mehrere Interpretationsmöglichkeiten parat. So wird zumindest angedeutet, dass Bateman sich seine Gräueltaten lediglich einbilden könnte, was ein interessanter Aspekt des Films wäre. Derlei Gedankenspiele überlasse ich aber lieber anderen, denn mich quält momentan ein ganz anderes:

Der Soundtrack besteht aus zur filmischen Gegenwart populärer Musik u.a. von New Order, Genesis und Huey Lewis & The News, Bateman schaut gern Filme wie „The Texas Chainsaw Massacre“ und zählt Lewis, Genesis und Phil Collins zu seiner privaten CD-Sammlung, mit der er sich eingehend beschäftigt. Soll es als Zeichen von Dekadenz und/oder Langeweile ausgelegt werden, wenn sich jemand ausgiebig Spielfilmen und der Musik der genannten Künstler widmet? Möchte man diese gleichsetzen mit der Substanzlosigkeit von Yuppies wie Bateman? Oder soll ihre Betonung darauf hinweisen, wie sie vereinnahmt wurden, sich scheinbar widerspruchslos von jener Klientel konsumieren ließen? Ich sehe schon: Ich sollte womöglich einmal das Buch lesen.
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Thriller – A Cruel Picture
Madeleine wird als kleines Kind Opfer eines sexuellen Übergriffes. Seit diesem Vorfall spricht das Mädchen kein Wort mehr und tritt auch sonst eher passiv in Erscheinung. Eines Tages muss sie, um zu ihrer Therapiestunde zu gelangen, mit dem Bus in die Stadt fahren, welchen sie auch prompt verpasst. Ein vorbeifahrender Mann nimmt sich des Mädchens an, fährt sie aber statt zu ihrer Sitzung in ein Restaurant und anschließend zu sich nach Hause. Dort bringt er sie an die Nadel und macht sie gefügig, denn fortan soll sie als Prostituierte für ihn arbeiten. Währenddessen schickt er den Eltern des Mädchens zutiefst verletzende Briefe im Namen ihrer Tochter, was schließlich zu deren Doppelselbstmord führt. Madeleine erfährt erst vom Tod ihrer Eltern, als sie sich eines Tages auf nach Hause macht. Ab dann gibt es nur noch ein Ziel: Rache! Fortan trainiert Madeleine Kampfsport, den Umgang mit Waffen und das Auto fahren - alles mit dem Ziel der Vergeltung.
Laut eigener Aussage wollte der schwedische Filmmacher Bo Arne Vibenius 1974 mit seinem Rape-and-Revenge-Exploiter „Thriller – A Cruel Picture“ einen kommerziellen Film drehen, um ein paar Kronen zu verdienen. Das gelang nicht wirklich, dafür ist dieser Film aber ein Paradebeispiel für einen Exploitationfilm mit den Hauptzutaten Sex und Gewalt in moralisch fragwürdiger Inszenierung.

Seit Madeleine als Kind von einem Pädophilen missbraucht wurde, spricht sie kein Wort mehr. Abgeschieden lebt sie zusammen mit ihren Eltern auf einem entlegenen Hof. Als junge Frau verpasst sie ihren Bus in die Stadt und steigt zu einem Fremden ins Auto, der sie betäubt, gefangenhält, in die Heroinabhängigkeit treibt und zur Prostitution zwingt. Als Strafe für ihr Aufbegehren wird ihr ein Auge ausgestochen. Nachdem Tony (Heinz Hopf, „Heiße Spiele“), so der Name des Fremden, auch noch den Selbstmord ihrer Eltern zu verantworten hat, kanalisiert Madeleine ihre Wut in einen brutalen Racheplan…

„Thriller – A Cruel Picture“ präsentiert sich als distanzloser Exploiter, der bei Sex- und Gewaltszenen voll draufhält. In seiner Komplettfassung schnitt man gar echte Pornoszenen in die Vergewaltigungen, für die Augenausstechszene griff man angeblich auf eine Leiche zurück. Mit Christina Lindberg („Das Schwedenmädchen Anita“) verfügt man über eine Hauptdarstellerin, die zunächst einmal aussieht, als könne sie kein Wässerchen trüben und mit ihrer verschüchterten Art und ihrem kindlichen Äußeren das Mitgefühl des Zuschauers weckt, im wahren Leben aber bereits als Erotikmodell tätig und in diversen Softsexfilmchen mit von der Partie war. Dass ein solcher R’n’R-Movie nun einmal kein seriöses Drama ist, wird hier deutlicher denn je, denn Lindbergs attraktiver Körper wird aufreizend in Szene gesetzt und jegliche Sensibilität für den Umgang mit der Thematik über den Haufen geworfen, wenn besagte Hardcore-Szenen, die herkömmliches Gerödel abbilden, einen angeblich erzwungenen Sex dokumentieren sollen. Das befindet sich jenseits jeglicher Geschmacksgrenzen und ist bestenfalls gnadenlos naiv, eigentlich aber widerwärtig und dumm. Alibihandlung olé heißt es hier also, denn allzu offensichtlich und direkt sucht man sich seine Zielgruppe.

Ein atmosphärisch interessanter Kniff ist hingegen die Ruhe des Films. Madeleine ist ohnehin stumm und besonders gegen Ende wird tatsächlich kaum noch ein Wort gesprochen. Filmmusik gibt es quasi keine, stattdessen werden Geräusche verstärkt und verfremdet, z.B. ebenso verlangsamt wiedergegeben wie man viele Szenen in Zeitlupe ablaufen ließ. Leider nutzen sich diese Stilelemente durch ihren inflationären Gebrauch recht bald ab und sind mitverantwortlich für einige Längen der Handlung, die sich zeitweise schlicht zu wiederholen scheint. Vibenius‘ Film erscheint dramaturgisch holprig und künstlerisch ambitioniert, aber nicht unbedingt versiert. Stärker ist „Thriller – A Cruel Picture“ immer dann, wenn er etwas ins Surreale zu gleiten scheint, beispielsweise in Details wie dem laut hörbaren Hecheln Madeleines, die vor einem verfolgenden Auto flieht, während die Kameraperspektive sich jedoch aus dem Inneren des Fahrzeugs ergibt. Erinnerungswürdig auch das an Western-Flair angelehnte Finale, das sich zu großen Teilen vom vorausgegangenen Film absetzt.

Spätestens mit Madeleines Rache geht jedweder Realismus flöten, logischen Hinterfragungen hält der Stoff nicht stand. Wer jedoch glaubt, durch Madeleines Vergeltungszug innere Befriedigung zu erlangen, muss auch hier Abstriche machen: Ihrem kalkulierten Gewaltausbruch fallen auch Unschuldige und Unbeteiligte zum Opfer. An dieser Stelle darf spekuliert werden, inwieweit Vibenius diese „Kollateralschäden“ bewusst als Konsequenz einer Gewaltspirale und/oder einer psychischen Verrohung Madeleines durch das ihr angetane Leid, das sie vom Opfer zur Täterin macht, aufzeigen oder schlicht zu Unterhaltungszwecken ein paar Opfer mehr integrieren wollte.

Zugeben muss ich aber, dass „Thriller – A Cruel Picture“ durchaus über seine ganz eigene, schmutzige Ästhetik verfügt, die seinen Konsum zu einem interessanten Film“vernügen“ macht. Das Bild eines sexy und zierlichen Mädels mit Augenklappe und abgesägter Schrotflinte, die Jagd auf ihre Peiniger macht, hat nicht nur etwas, sondern schon etwas mehr und mit seinem bisweilen experimentellen Charakter und dem gleichzeitigen Zurückgreifen auf Porno und Snuff bekommt man ein markantes Kontrastprogramm geboten, das zu beurteilen mir schwer fällt.
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Macabre

Der im Jahre 1958 veröffentliche Spielfilm „Macabre“ war nach vielen Auftragsarbeiten das erste wirklich eigene Projekt von US-Regisseur, -Produzent und Marktschreier William Castle („House on Haunted Hill“, „Schrei, wenn der Tingler kommt“). Noch viel mehr ein Kriminalfilm mit Grusel-Stilelementen denn Horrorfilm, entwickelte Castle für „Macabre“ bereits seine ausgetüftelte Vermarktungsstrategien, die als „Gimmicks“ in die Filmgeschichte eingingen und Castle zu ungeheurer Popularität verholfen. In diesem Falle schloss Castle eine Versicherung ab, die jeden, der beim Kinobesuch an einem Herzschlag stirbt, mit 1.000 Dollar absichert.

Erzählt wird eine verschachtelte Geschichte um Kleinstadtarzt Dr. Rodney Barrett (William Prince), der sowohl seine Ehefrau als auch seine Schwägerin verloren hat. Die Dorfgemeinschaft gibt ihm die Mitschuld an deren Ableben. Eines Tages erhält er zu allem Überfluss einen anonymen Anruf, der ihn darüber in Kenntnis setzt, dass seine 5-jährige Tochter entführt und lebendig begraben wurde und nur noch Luft für fünf Stunden hat. Zusammen mit seiner Sprechstundenhilfe begibt sich Barrett auf die verzweifelte Suche nach seiner Tochter…

„Macabre“ sieht man sein karges Budget, für das Castle dennoch sein Haus verpfänden musste, sofort an. In recht deutlich als solche erkennbaren Studiokulissen spielt sich die Handlung ab, oftmals behaftet mit dem Charme einer Theaterinszenierung. Eine Wonne jedoch ist die Einbettung von typischen Gruselfilm-Elementen, an Kunstnebel wird nicht gespart, der Friedhof ist zentraler Ort des Geschehens, Skelette und Knochen sind obligatorisch, die Stimmung bemüht düster und einige Schrecksekunden und Ideen tatsächlich makabrer Natur. Etikettenschwindel kann man dem guten William also nicht vorwerfen.

„Macabre“ besitzt noch nicht ganz die Klasse folgender Castle-Werke. Mit seinen Rückblenden und der Vielzahl in den Raum geworfener Namen von Charakteren, die man erst später kennenlernt, gerät der Erzählfluss, der letztlich in einer bösen Pointe mündet, bisweilen ins Stocken. Die Darsteller drohen spätestens während der Friedhofsaufnahmen vom Interieur erstickt zu werden und spielen mit für die Zeit und diese Art von Filmen typischer Theatralik dagegen an. Ein bekannterer Name dürfte der des Hauptdarstellers William Prince sein, der in zahlreichen TV-Serien sowie Filmen wie „Die Frauen von Stepford“, „Network“ und „Achterbahn“ mitwirkte. Der düstere „Comic noir“-Touch indes behält stets die Oberhand und weiß zu gefallen: Castle verbindet den Noir-Fatalismus mit dem Stil comicartiger Moritaten.

Nun wird sich aufgrund dieses Films ganz sicher niemand zu Tode erschrecken, ein an der Geschichte des Event-Kino-B-Movies im Allgemeinen und insbesondere natürlich an Castles Œuvre im Speziellen interessiertes Publikum wird aber seine Freude an diesem Grundstein für die hiermit losgetretene Erfolgsgeschichte des kurzweiligen, augenzwinkernden, unschuldig-naiven Genrefilms des sympathischen Filmmachers haben.
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