Blu Ray
Bavas Last Man Standing Mordsfilm .
Im Grunde genommen ein Krimi im Reiche Tanten Millieu, doch eine psychologische Ausarbeitung der Story wird hier nicht voran getrieben und die Spannung entsteht nicht aus dem Warten darauf, wann etwas passiert, sondern wir hetzen von Kill zu Kill und beschäftigen uns mit der Frage, wer wen als nächstes umbringt. Denn sowohl Mörder als auch Opfer können alle sein bzw. sind alle. Außer den vier jungen Leute auf der Suche nach internationalem Sex an schönen Orten. Dafür werden sie auch bestraft und liefern die Blaupause für 100e konservative amerikanische Slasher. Und vielleicht die Wahrsagerin, Bavas kleine Hommage ans Gothic Cinema, die als schwarze Frau durch die Nacht wandert, in einer alten Villa mit quietschenden Türen lebt und Fledermäusen begegnet.
Gleich der Anfang macht klar, daß hier nicht die Giallo Standards gelten. Wir sehen den ersten Killer, der dann demonstrativ seine schwarzen Handschuhe auszieht. Und man denkt noch, man ist raus aus der Whodunit Nummer, geht schon der Mörder hops.
Die Kamera ist natürlich brilliant, meist aus einer Täter oder Voyeur Perspektive schauen wir irgendwo um die Ecke, durch etwas durch und auch Spiegel und Fenster spielen eine große Rolle. Dann wieder Wechsel effektiv eingesetzt: Totale von oben, Betrachtungen von weiter entfernt. Nur die Bavasche Farbmanipulation spielt hier kaum eine Rolle.
Aber eben die Abwechslung bei den Morden: von hinten, im Kampf, geplant, aus dem Effekt, mit der Hand, dem Messer, der Axt, dem Gewehr. Alles blutig und unangenehm inszeniert.
Apropos unangenehm, alle Protagonisten sind solche Zeitgenossen, die eingesetzten Rückblicke dienen zur Unterstreichung ihrer verkommenen Moral ebenso wie ihrer Selbstversicherung, alle scheinen sich ihrer Verkommenheit bewusst zu sein, reflektieren sie zT sogar, können aber nicht raus aus der Nummer. So ist alles was passiert folgerichtig. Wie der original Titel auch andeutet: Kettenreaktion.
Der Cast hervorragend: Claudine Auger und Luigi Pistilli als Coppia Macabre, Claudio Camaso als fischender Sohn. Leopoldo Trieste als fanatischer Insektenfreund. An den Vieren werden auch die falschen Fährten klar, die der Film zu Beginn legt: Simone und Paolo machen neckenden Smalltalk in der Natur, das Paar gibt erst die besorgten Verwandten.
Nicht vergessen darf man Stelvio Cipriani mit tollem Soundtrack, auch wenn der Film sehr oft auf Stille und Naturtöne setzt. Umso effektiver wirkt die Musik. Und die Melodien geistern noch lange nach.
Vorliegend die Arrow Blu Ray, diesmal im englischen Cut.
Bild perfekt, Ton sehr gut.
Bei den Extras sind die Interviews mit Dardano Sacchetti, Drehbuchautor und Gianlorenzo Battaglia, Kameramann.
Meisterwerk.
Kritiken aus Hamburg und Graz bitte nicht beachten.