Deliria-Italiano

(207)

Destiny is a bitch
Motel Destino Kino. City 46.
Brasilien. Irgendwo im Nirgendwo. Wir lernen den jungen Heraldo kennen. Und seinen Bruder. Heraldo will raus aus der Stadt. Ein letzter Job für die hiesige Bandenchefin Bambina. Heraldo feiert die Nacht durch und der Job geht ohne ihn schief. Sein Bruder stirbt. Er taucht im Stundenhotel Motel Destino unter. Dort lernt er Dayenna und Elias kennen. Eine fatale
Ménage-à-trois beginnt.
Die Anfangstitel erinnern an einen 70er Noirfilm. Der Trailer suggeriert sogar noch etwas CITY OF GOD und die Story erinnert natürlich daran, wenn "Postmänner" mehrmals klingeln und an ähnlich gelagerte Filme. Dazu noch "flirrende" Erotik im Sexhotel inklusive fataler Beziehungen. All dies stimmt schon und findet sich auch irgendwie im Film wieder. Aber so einfach ist das dann alles doch nicht. Auf den ersten Blick ist niemand völlig neben der Spur. Alle wollen nur irgendwie durchkommen. Dazu noch diese ewige Hitze. Das titelgebende Schicksal schlägt hier und da heftigst zu, aber es gibt immer Hoffnung, selbst als die Dinge zum Schluss hin eskalieren. Ungewöhnlicher Neo Noir aus Brasilien.

(208)

Tank Girl Will gar nicht viele Worte verlieren.
Großer bunter 90er Quatsch, der wohl nur damals so entstehen konnte.
Quark hoch 10. Ich mag Quark.

(209)

Einmal Blutwurst bitte
Gesetz der Rache Gerard Butler bestellt die Rache-Blutwurst für Jamie Foxx und serviert ihm dann höchst selbst eisekalt eine verdammt große Portion. Dabei geht es Rache-Gerard nicht nur um die bösen Buben, die seine Familie auslöschten, nein, er will gleich das ganze Rechtssystem zu Fall bringen. Und dies mit dem ausgeklügelsten Plan überhaupt. Er entwickelt sich dabei vom einfachen Bürger zum wahren Rachegenie. Hold my beer and call me Einstein-Paul-Kersey.
Was für eine kalte Rache-Schlachteplatte.
Völliger Quatsch und so haushoch drüber. Nicht ernst zu nehmen, aber thrillermäßig geht das alles völlig ab.

(210)

Alter Affe Angst
King Kong (2005)
Ich weiß noch, dass ich nach dem Kinobesuch damals ein klein wenig enttäuscht war. Ich weiß gar nicht mehr warum. Denn Peter Jacksons KING KONG ist großes Kino. Mit einem großen Affen. Das allein müsste schon reichen. Aber der Film sieht sich aus jeder Pore heraus dem Original verpflichtet. Jackson ist Fan. Das auf jeden Fall. Und dabei nutzt er die Möglichkeiten des 2000er Kinos (fast) voll aus. Inklusive des Motion Capture Verfahrens, damit Andy Serkis Kong Leben einhauchen kann. Überhaupt Kong. Jackson huldigt dem großen Affen wo es nur geht, verleiht ihm Seele und Tiefe. Dadurch ist er durch und durch das Monster der traurigen Gestalt. Er ist der Star des Films. Tiefer angelegte Charaktere sind eigentlich nur noch Ann Darrow (Naomi Watts) und der skrupellose Regisseur Denham (Jack Black).
Was noch? Die Szenen bei Ankunft auf der Insel verwirren immer noch im Stile eines Mondo-Filmes, die Dino Stampede war damals im Kino schon wahnwitzig unfassbar, auch wenn sie technisch hinterher hinkt und ich liebe immer noch den sehr atmosphärischen Anfang des Films im 1930er New York.
"Sitting on the top of the World"

(211)

Gladiator II Ich bin ein wenig entsetzt über GLADIATOR II.
Wenn er mich wenigstens einigermaßen unterhalten hätte. Natürlich ist immer was los und die Kampf-Szenen im Colosseum sind schon auch trashig im positiven Sinne geraten. Ist ja nicht so, dass da gar nichts wäre. Aber schon die erste Stunde ist problematisch. Schlacht, Gefangenschaft und Gladiatorenkram. Alles wie in Teil 1 nur nicht so gut. Da können sich die guten Schauspieler noch so den Hintern abspielen. Und es sind schon ein paar gute dabei. Der Score von James Newton Howard dröhnt nur, funktioniert aber nicht wirklich. Und als ob Scott dies auch so sehen würde, wird alsbald immer mal wieder die Originalmusik von Hans Zimmer eingestreut. Die beiden jungen und dekadenten Cäsaren scheinen mit Nero verwandt oder aus Caligula geklaut zu sein, nerven aber trotzdem wie sonst was. So weit so unspektakulär. Dann kommt aber der zunächst vernachlässigte Denzel Washington um die Ecke und es wird dann doch kurzzeitig interessant. Das war es aber auch schon.
Eigentlich eher ein Remake des ersten Teils, streut Scott immer wieder Weiterführungen ein, die einfach ärgerlich sind, wenn man das Original mag. Dazu waren mir die Intentionen des Helden Luzius nicht immer klar. Es ist einfach so. Der Output von Scott ist manchmal höchst fragil. Wie schon bei Alien/Prometheus wollen Original und Fortsetzung nicht so recht zusammen passen.

(212)

That's Life
Joker: Folie à Deux Joker: Folie à Deux wirkt wie die Höllenfahrt von Arthur Fleck. Komischerweise erinnerte mich der Film eher an den anderen großen aber fast unbekannten Film mit Joaquin Phoenix. Beau is afraid. Nur umgekehrt. Dort beginnt alles in einem furiosen Chaos und danach versucht Beau in einem surrealen Setting seine Beziehung zu seiner Mutter zu erforschen und fährt gen Hölle. Ob Arthur auch Angst hat? Hier beginnt alles fast apathisch, um dann in einem furiosen Finale zu enden. Und Arthur hat seine Mutter eh schon umgebracht. Aber was ist nun mit Harley? Kein "Bonnie und Clyde"? Kein "Mickey und Mallory"? Kein "Sailor und Lula" ?
Joker: Folie à Deux sieht aus wie ein Musical- und Gerichtsfilm, beschreibt aber wahrscheinlich den Abgesang auf eine Figur, die nach dem Erfolg des ersten Teils plötzlich auch als zwiespältig gesehen wurde. Todd Phillips und Joaquin Phoenix scheinen endgültig den "Deckel drauf machen" zu wollen. Immer wieder werden ikonische Joker-Bilder kreiert, die aber nicht so recht zum Rest passen wollen. In Teil 1 ging das noch bzw. ging es auch später in eigenartige Richtungen, aber hier wenden sich sowieso schon viele Zuschauer ab und fragen sich in was zum Geier sie hier reingeraten sind. Im ersten Teil war auch nicht immer klar was echt sein kann und was nur der Fantasie des Antihelden entspringt. Hier sind wir wahrscheinlich komplett im Kopf des Joker gefangen bis dieser (die Figur?) stirbt. Arthur Fleck ist tot. Es lebe der Joker. Oder umgekehrt. Ich habe lange schon nicht mehr einen Film gesehen, der mich so gefordert hat. Ich könnte jetzt gar nicht sagen ob positiv oder negativ. Dieser Film entzieht sich wohl normalen Bewertungen.

(213)

Witches
Ich hatte eine Dokumentation über Hexen, Hexenzirkel und die Geschichte der Hexenverfolgung erwartet. Und ja das gab es auch. Sogar mit tiefergehenden Einblicken und Thesen, warum dies alles geschah. Aber in erster Linie geht es um die Verarbeitung von Depressionen, psychischen Erkrankungen und speziell auch Psychosen nach der Schwangerschaft. Regisseurin Elisabeth Sankey ist selbst betroffen und stellt sich zu großen Teilen auch in den Mittelpunkt des Films. Sie schlägt einen Bogen zu uralten Geschichten, in denen Frauen, die als Hexen bezeichnet wurden, offensichtlich dieselben Probleme hatten. Untermalt Witd dies alles noch von Filmausschnitten, die mehr oder minder das Thema "Hexen" beinhalteten. Zuerst dachte ich ehrlichweise, dass dies nicht funktionieren wird. Aber es ist ein durchaus gelungenes und interessantes Unterfangen.
Die Filme, die ich auf die Schnelle erkannt habe:
Nightmare 3, New Nightmare, Rosemarys Baby, Possession, Hexen von Eastwick, Horror Infernal, Wizard of Oz, Girl Interrupted, Der Hexenclub, Macbeth, The Witch, The Witches, Sleepy Hollow, Gothika, Legende, Häxan, Hocus Pocus, Witchfinder General, Black Sunday (Bava), Hagazussa, Exalibur, Conjuring, Babadook, Engel an meiner Tafel, SUSPIRIA (2018), Zeit der Wölfe, Der fremde Sohn, Blair Witch, Hereditary, Mark of the Devil.
Wahrscheinlich waren es doppelt soviele.

(214)

Reality+
Coralie Fargeats Kurzfilm von 2014, der in der Grundstory schon THE SUBSTANCE ankündigt.
Wobei der Film im Gegensatz zu THE SUBSTANCE eher zurückgekommen daher kommt. Es gibt noch keinen Gore, keinen Splatter. Die Grundstory um den Chip, der einen "schöner" aussehen lässt, ist interessant, aber eben noch etwas unausgegoren, aber die Kritik am Schönheitswahn ist natürlich schon zu sehen. Der Twist am Ende war zu erwarten, stimmt aber versöhnlich. Noch. Danach kamen dann die Langfilme von Coralie Fargeat.

(215)

"Fuckshit"
Mid90s
Die erste Szene ist bereits ein Schock. Häusliche Gewalt.
Der 13jahrige Stevie wird von seinem 18jährigen Bruder übelst verprügelt. Und dies nicht zum ersten und zum letzten Mal.
Aber Stevie wird sich davon lösen. Beide wohnen zusammen in L.A. bei ihrer alleinerziehenden Mutter.
Stevie fängt an, sich für Musik und skaten zu interessieren. Wirkliche Freunde hat er nicht. Der introvertierte Junge schafft es aber, bei einer Skater Clique Anschluss zu finden.
MID90S ist ein fast typischer Coming of Age Film im Stile von KIDS. Allerdings ist MID90S nicht ganz so rauh und heftig. Eine wirkliche Story gibt es nicht. Der Film setzt fast komplett auf seine Atmosphäre. Und dies zurecht. Auf 16mm und im 4:3 Format gedreht, werden die besagten 90er Vibes voll eingefangen.
Und das ist das größte Pfund, mit dem der Film wuchert.

(216) (217)

Kurzfilmabend mit
David und Yorgos.

FOUR UNLOVED WOMEN, ADRIFT ON A PURPOSELESS SEA, EXPERIENCE THE ECSTASY OF DISSECTION Kanada 2023
Regie: David Cronenberg
Der Meister präsentiert in 3 Minuten eigentlich genau das was wir von ihm erwarten. Body Horror. Auch wenn es "nur" Skulpturen/Puppen sind. Nahaufnahmen. Körper. Das innerste nach außen gekehrt.
Offene Bäuche. Eingeweide. Dazu das Rauschen des Meeres, Möwengekreische und lustvolles Stöhnen. Vom "neuen Fleisch" in VIDEODROME bis hin zu den Operationen in CRIMES OF THE FUTURE. Hier als Cronenbergsche Kunstinstallation.

Nimic USA / Deutschland 2019
Regie: Yorgos Lanthimos
Mit Matt Dillon.
Auch Lanthimos präsentiert hier in 11 Minuten einen Querschnitt seines Outputs.
Ein Cellist bringt die "Bedrohung" mit nach Hause. Eine Frau in der U-Bahn folgt ihm und versucht in sein (Familien-)Leben einzudringen. Wie später in POOR THINGS greift Lanthimos zum Stilmittel der Fisheye Optik. Und das Eindringen in die Familie und Einreißen der bürgerlichen Fassade gab es auch schon in KILLING OF A SACRED DEER.