Liebe Freundinnen und Freunde,
im Dezember haben wir vier Filme im Kalender, zwei davon im Rahmen unseres traditionellen, mittlerweile zehnten (!) Weihnachtsspecials: Dieses Mal zeigen wir Kultfilme des New-York-DIY-Independent-Underground (wenn man denn so will), die auf den ersten Blick so aber auch überhaupt gar nichts Besinnliches haben.
Obwohl… nachdenklich machen sie uns schon und wenn es außerdem an Weihnachten ja vielleicht doch im Wesentlichen um die mindestens diskurswürdigen Ideen eines Menschen geht, der „an einen Baumstamm genagelt worden war, weil er gesagt hatte, wie fantastisch er sich das vorstelle, wenn die Leute zur Abwechslung mal nett zueinander wären“ (Douglas Adams), dann erkennen wir genau diesen Kerngedanken in der Tat auch in vielen unserer blutrünstigsten Lieblingsfilme. Und so passen Weihnachten und Horror möglicherweise doch nicht nur beim alljährlichen Weihnachtshorror zusammen.
Darüber hinaus und dazu passend haben wir mit zwei Gangsterfilmen weitere Titel, die man ebenfalls in dieser Hinsicht interpretieren könnte. Beide kann man zudem vielleicht vorsichtig als Klassiker mit ausbaufähiger Präsenz in der Öffentlichkeit bezeichnen.
Also: ein Adventskalender voller Kultklassiker! Wir freuen uns!
In diesem Sinne: Seid nett zueinander und passt auf Euch auf!
Love, Euer bizarreCinema-Team!
PS
Aktuelle Infos zum Kinobesuch bekommt Ihr auf der Website des Metropolis, z.B. hier:
https://www.metropoliskino.de/index.php?id=83
12.12.2021 (Sonntag), 14:00 Uhr
Outsider
(Shark!)
USA 1969, Samuel Fuller, 92 min., 35mm, DF
Mit Burt Reynolds, Silvia Pinal, Barry Sullivan
Ein Waffenschmuggler verliert seine Ware an der sudanesischen Küste. Als eine Frau ihn
anheuern will, um dort Goldbarren aus einem gesunkenen Schiff zu bergen, sieht er eine Chance, seinen Verlust doch noch wettzumachen. Haie sind noch die harmlosere Bedrohung dieses Plans.
Fuller fand, sein Film wurde von den Produzenten verhunzt. Dennoch zeigt OUTSIDER erkennbar Elemente von Fullers Stil und wartet mit fähigen Darstellern und einem gewohnt coolen Burt Reynolds auf.
Text und Einführung: Lillian Robinson
18.12.2021 (Samstag), ab 19:30 Uhr
XXX-Mess Special No. 10, 2021:
The Holy Night of the Henenlotter
Umbruchzeiten sind Bizarre-Cinema-Zeiten. TV, Video, DCPs, Streaming, immer wenn etwas technisch angeblich Ausgefeilteres heraufdämmert, blüht die Sehnsucht nach dem Alten und nicht mehr ganz Korrekten, Scharfen und Farbechten. Auch wenn es heute unvorstellbar scheint, werden vielleicht auch Marvel-Blockbuster einer zukünftigen Generation als Relikte einer besseren Zeit erscheinen. Vielleicht in 40 Jahren. So lange ist es her, dass Frank Henenlotter „Basket Case“ drehte, sein erstes Meisterwerk aus dem dreckigen Big Apple der frühen 80er. Henenlotter ist New Yorker durch und durch, hier wurde er geboren, hier verbrachte er seine Jugend in den heruntergekommenen Filmpalästen am Times Square und hier bildete er sich zu einem Spezialisten und Sammler des Horror- und Sexploitationkinos aus. Als er selbst mit dem Filmen begann, waren diese Kinos am Verschwinden. Dafür explodierte der Videomarkt, und dank der Finanzierung neuer Label konnten Low-Budget-Magier wie Henenlotter Filme drehen – mit dem Exploitation-Spirit vergangener Tage. Nach seinem Erstling dauerte es sechs Jahre, bis Henenlotter sein nächstes Werk fertigstellen konnte, natürlich in New York: „Brain Damage“! 1990 folgte dann „Frankenhooker“. Beide Streifen präsentieren wir euch in einem verantwortungslosen Doppeldelirium!
18.12.2021 (Samstag), 19:30 Uhr
Brain Damage
USA 1988, Frank Henenlotter, BluRay, 85 Min., OF
Mit Rick Hearst, Gordon MacDonald, Jennifer Lowry
Lasst die Finger von den Drogen! Regisseur Henenlotter macht auf wundersame Weise aus einem vollkommen wahnsinnigen Exzess eine hochmoralische Metapher und pendelt dabei aufs Extremste zwischen Comedy und Widerlichkeiten, Fantasy und Realismus. Die Story in Kürze: Elmer (so auch der deutsche Verleihtitel) fixt Brian an, macht ihn abhängig und bestimmt fortan über sein Leben, das in einen grauenhaften Abwärtsstrudel gerät. Fun Fact: Brain Damage enthält diese eine berühmt-berüchtigte Szene, die auch nach fast 35 Jahren noch immer in die Top Ten der größten Geschmacklosigkeiten der Filmgeschichte gehören dürfte!
18.12.2021 (Samstag), 21:30 Uhr
Frankenhooker
USA 1990, Frank Henenlotter, DCP, 80 Min., OF
Mit James Lorinz, Patty Mullen, Charlotte Helmkamp
Mary Shelleys „Sexpartner zum Selberbauen“-Klassiker verlegte Henenlotter in seine Heimatstadt. Nachdem seine Verlobte durch einen von ihm entworfenen elektrischen Rasenmäher zerlegt worden ist, macht sich ein Erfinder daran, sie wieder zusammenzuflicken – mit Teilen von Prostituierten, die er durch eine selbst designte Droge explodieren lässt. Filmkritiker in aller Welt waren sich einig: „The best exploding crack whore movie ever made!“
Text und Einführung: Volker Hummel und Jan Minck
19.12.2021 (Sonntag), 14:00 Uhr
J.D. Der Killer
(The Rise and Fall of Legs Diamond)
USA, 1960, Budd Boettichers, 35mm, 100 Min., DF
Mit Ray Danton, Simon Oakland, Warren Oates
Budd Boettichers ironischer Abgesang auf den archetypischen Gangster. „Legs Diamond war ein großer Schwindel. Diamond war ein Hurensohn und wahrscheinlich das übelste Individuum, das jemals existierte. Al Capone, Dutch Schultz und die anderen waren ‚gut‘ im Vergleich zu ihm. Er war ein ausgezeichneter Schütze, ein schöner Mann und ein großer Frauenheld. Monatelang stellte ich Nachforschungen über ihn an in Detroit, Los Angeles und New York. Ich hätte ihn gern persönlich kennengelernt, obwohl das nichts an der Vorstellung, die ich vom Film hatte, geändert hätte. Außer dem Namen blieb im Film sehr wenig vom wahren Legs Diamond übrig. Je mehr Nachforschungen ich anstellte, umso stärker wurde mir bewusst, dass ich diesen Film nicht machen konnte, und dass ich auch keine Lust dazu hatte. Ich hatte unzählige Male Filme wie „Scarface“ gesehen, und ich fühlte, dass es das Publikum nicht mehr würde ertragen können, diese Tötereien, diese Maschinengewehrgarben noch einmal zu sehen. So habe ich beschlossen, daraus eine Komödie zu machen, eine wahre Komödie über Legs Diamond und Alice. Ich will sagen, dass ich innerhalb eines ernsten Rahmens einen Komödienstil und -ton anwandte, indem ich tragische Szenen mit Gags, auf komische Art inszenierte. (Budd Boetticher)
Text und Einführung: Eckhard Haschen