Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt
Verfasst: Sa 20. Jul 2013, 00:47

Satan der Rache
„Feinde vermehren sich wie Läuse!“ (doch für Acombar reicht ein einziger...)Zehn Jahre saß Gary Hamilton (Klaus Kinski) in einem Arbeitslager - zu Unrecht! Sein früherer Freund Acombar (Peter Carsten) hatte ihm einen Mord angehängt, um sich Hamiltons wertvolle Berggrube unter den Nagel reißen zu können. Nach seiner Freilassung denkt Hamilton nur an Rache...
Der dritte Western, der unter der Regie des italienischen Regisseurs Antonio Margheriti („Asphaltkannibalen“) entstand, nennt sich „Satan der Rache“, erschien in italienisch-deutscher Koproduktion im Jahre 1970 und wartet mit Klaus Kinski („Leichen pflastern seinen Weg“) in der Hauptrolle auf.
Gary Hamilton (Klaus Kinski) landete zu Unrecht im Steinbruch und musste dort zehn lange Jahre schuften, bis er durch den Gouverneur entlassen wurde. Die Zeit nutzte er, um einen detaillierten Racheplan zu schmieden. Nun ist seine Zeit gekommen: Er kehrt zurück in seine alte Heimat, um Rache an seinem ehemaligen Weggefährten Acombar (Peter Carsten, „Dracula im Schloss des Schreckens“) und dessen Gefolgschaft zu üben, die mittlerweile über die Stadt herrschen. Ein aufziehender Tornado spielt Hamilton dabei in die Hände…
Obwohl Margheriti sicherlich viel „von der Stange“ drehte, schuf er mit „Satan der Rache“ doch eine, besondere, aus der Masse herausstechende Variation des typischen Italo-Rache-Westerns. Zwar wird auch dieser Genre-Beitrag verhältnismäßig geradlinig erzählt, doch setzt man nicht auf staubige, sonnendurchflutete Bilder, sondern verstärkt auf aus dem Horror-Bereich entlehnte Stilelemente. Vor der Kulisse eines aufkommenden Tornados kommt es zu einem spannend und atmosphärisch gefilmten Duell einer gegen alle in den Winkeln und Schlupflöchern der Stadt. Ständiges Glockengeläut, Kirchenorgelmusik, ein aus dem Schutze der Dunkelheit heraus zuschlagender, unbarmherziger Racheengel und von den Wetterverhältnissen symbolträchtig reflektierte und verstärkte, beinahe apokalyptische Stimmung erzeugen eine unheimliche, gruselige Szenerie. „Satan der Rache“ spielt zum größten Teil in nur einer Nacht, die schicksalhaft wird für die Stadt und ihre Oberen.
Interessant ist dabei, dass die Unterteilung in Gut und Böse bewusst über weite Strecken nur uneindeutig geschieht. Lange Zeit kann man als Zuschauer für Acombar durchaus Mitleid empfinden, da man ihn in erster Linie als liebenden Vater und angsterfüllten Gejagten kennenlernt. Dies ändert sich erst, als er nach ca. einer Stunde eine nicht zu rechtfertigende Tat begeht. Sogar erst nach rund 75 Minuten erfährt man die eigentliche Vorgeschichte und damit die Gründe für Hamiltons Rachefeldzug. Den daraus resultierenden offenen Vater-Sohn-Konflikt, der Acombar zu seinem Entsetzen auch noch mit seinem Filius Dick (Antonio Cantafora, „Baron Blood“) entzweit, löst dieser sehr pragmatisch, kurz bevor die Familientragik erbarmungslos zuschlägt und ein junges Leben jäh beendet wird. Acombars Imperium zerfällt in nur einer Nacht in seine Einzelteile und offenbart seine gesamte Instabilität, was durchaus als (moralisch-optimistische) Metapher für unrechtmäßig erworbene Macht und Besitz verstanden werden darf. „Satan der Rache“ endet, nachdem für Hamilton alles getan ist, mit einem dann doch recht aufgesetzt wirkenden Bibelzitat aus dem Märchen von Kain und Abel, das in Exploitation-Alibi-Manier Mord und Totschlag an sich infrage stellt.
Klaus Kinski spielt im knallroten Pullover seine Rolle mit der erwarteten Inbrunst und liefert eine Darstellung von beachtlicher Intensität. Sein sehr menschlich gezeichneter Gegenspieler wird von Peter Carsten nachvollziehbar und glaubwürdig verkörpert; Carsten spielt sich von Selbstgefälligkeit und Hochmut bis zum nervösen Wrack herunter. Ein hörenswerter, gelungener Titelsong rundet diesen auf den meisten Ebenen überzeugenden Western ab, der inszenatorisch überaus gelungen ist und zu den besten Arbeiten Margheritis zählt, die ich bis jetzt gesehen habe.