bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Die tollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett
Die Geschwister Carrie, Paul und Charlie werden bei der merkwürdigen Miss Caroline Price untergebracht. In ihrem Haus gibt es fliegende Betten, tanzende Kleider und viele weitere sonderbare Dinge. Schnell wird den Kindern klar, das sie bei einer Hexe wohnen. Doch Caroline ist eine von den Guten! Nur mit der "weißen Magie" hat sie noch so ihre Probleme, fehlt ihr doch zur Perfektion noch die letzte wichtige Lektion. Auf der Suche danach, erleben sowohl die Kinder als auch Caroline die aufregendsten Abenteuer. Allen voran, das berühmte Fußballspiel der Tiere!
„Ist das London?“ – „Du kannst doch die neblige, schmutzige Luft riechen!“

Der US-amerikanische Regisseur Robert Stevenson, der in den 1930ern mit „Der Mann, der sein Gehirn austauschte“ auffiel und später für Disney u.a. den Fantasy-Musical-Kinderfilm mit Zeichentrickelementen „Mary Poppins“ realisierte, wurde im Jahre 1971 von Disney mit der Umsetzung von Mary Nortons Kinderbuch „Eine tolle Hexe“ betraut, der unter der deutschen Auswertung „Die tollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett“ massive Kürzungen erfuhr und stilistisch in die gleiche Kerbe schlägt.

London, 1940, zur Zeit der deutschen Luftangriffe: Waisenkinder werden aus den Städten in ländliche Gebiete evakuiert. So werden die Geschwister Carrie, Paul und Charlie bei Miss Caroline Price (Angela Landsbury, „Mord ist ihr Hobby“) untergebracht, die davon zunächst wenig begeistert ist: Lieber würde sie sich weiter in Ruhe mit dem Erlernen magischer Fähigkeiten beschäftigen, Miss Price ist nämlich eine Hexe – eine gute, wohlgemerkt. Doch ihr Fernstudium gerät ins Stocken, als ihr Tutor Mr. Emilius Brown (David Tomlinson, „Ein toller Käfer“) ausgerechnet vor der letzten, entscheidenden Lektion sein „Institut“ für geschlossen erklärt. Damit gibt sich die rüstige Dame jedoch nicht zufrieden und sucht ihn zusammen mit den Kindern in London auf. Dieser entpuppt sich als Hochstapler, der sich auf der Straße als Alleinunterhalter mit Taschenspielertricks durchschlägt und reagiert zunächst verdutzt. Er erklärt, die Lektionen aus einem Buch abgeschrieben zu haben, von dem er lediglich die Hälfte besäße. Zusammen macht man sich auf, die zweite Hälfte zu suchen...

Wie „Mary Poppins“ setzt auch „Die tollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett“ auf eine Mischung aus auf Kinder zugeschnittener Fantasy-Komödie mit vielen Musical-Einlagen und Zeichentrickelementen. Man arbeitet zunächst augenzwinkernd mit einigen Hexen-Klischees sowie mit ein paar grafischen Spezialeffekten inkl. Farb- und Lichtspielereien, wenn das „fliegende Bett“ zum Einsatz kommt. Wenn auf dem Markt in der Portobello Road plötzlich alle zu singen anfangen, doch Miss Price ständig dazwischen spricht und auf der zweiten Hälfte des Zauberbuchs besteht, ist das noch witzig und wirkt fast ein wenig selbstironisch, doch werden diese Momente mit Tanzeinlagen arg gestreckt. Weniger schön ist, dass die erst nach einiger Zeit einsetzende spektakuläre Mischung aus Real- und Zeichentrickfilm mit erneuten Gesangnummern einhergeht. Unter Wasser können die menschlichen Protagonisten normal atmen und ihre Kleidung wird nicht nass, was weit mehr verwundert als die vorausgegangenen Bilder Angela Landsburys auf ihrem Besen reitend oder in ihrem fliegenden Bett reisend. Doch die Reise unter Wasser führt schließlich auf die berüchtigte Insel, auf der die Tiere herrschen und es kommt zum absoluten Höhepunkt des Films: Dem prachtvoll animierten Fußballspiel der Tiere gegeneinander, das eine dominante Stellung im Film einnimmt und Pate u.a. für das kultgewordene Match Süderbrarups gegen Holzbein Kiel aus „Werner – Beinhart!“ gestanden haben dürfte. Tolle Zeichnungen und großartiger, Jung und Alt begeisternder Humor bestimmen dieses anarchisch ausgetragene Duell, das von seinem Unterhaltungswert bis heute nichts eingebüßt hat.

Zurück in England spielt der Rest des Films dagegen die zweite Geige, gelang es aber dennoch, die Nazi-Angriffe und das Eindringen der Soldaten ins Haus kindgerecht zu verpacken und zu verballhornen, wenn Miss Price mit ihrer „weißen Magie“ dagegenhält. Eine Art Actionspektakel liefern sich die zum Leben erweckten Ritterrüstungen, die gegen die Nazis kämpfen, durchaus und bringen den Film ordentlich zu seinem Ende. Angela Landsbury erscheint allein schon durch ihr Äußeres prädestiniert für ihre Rolle und führt souverän durch den recht sorgfältig getricksten und gut ausgestatteten Film, der glücklicherweise von Sentimentalität und Rührseligkeit weitestgehend Abstand nimmt. Unterm Strich ist „Die tollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett“ damit ein filmhistorisch allein schon aufgrund seiner Weltkriegs-Thematik nicht uninteressanter Kinderfilm, der irgendwo zwischen Kitsch und Kult (das tierische Fußballspiel) anzusiedeln ist und sich auch heute noch als Erwachsener zusammen mit dem Nachwuchs recht gut gucken lässt – wobei man als Musical-Muffel jedoch deutliche Abstriche machen muss. Nostalgisch etwas verklärte 6,5 von 10 unvermittelten Gesangseinlagen ist mir das auf der ambivalenten Disney-Familienunterhaltungs-Skala schon noch wert.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Piranhas
Ein Schwimmbecken von genetisch veränderten Piranhas wird versehentlich in einen Fluß entlassen, wo sich diverse Sommerfrischler ausgezeichnet als nächste Mahlzeit empfehlen. Leider sind die Tierchen schneller als die Rettungsaktion erlaubt.
„Genetische Veränderung durch Bestrahlung: Sie nannten es ‚Operation Rasierzähne‘!“

Nachdem Kitsch-Meister Steven Spielberg im Jahre 1975 mit seinem äußerst ambivalenten „Der weiße Hai“ im Tierhorrorbereich das Subsubgenre der Fishploitation losgetreten hatte, dauerte es nicht lange, bis auch andere auf den Zug aufsprangen. Einer der populäreren Vertreter ist „Piranhas“ aus dem Jahre 1978. Und wenn Low-Budget-Ikone Roger Corman als Produzent den damals noch jungen Joe Dante („Gremlins – Kleine Monster“) für dessen erste eigenständige Regiearbeit verpflichtet, kann es eigentlich nur besser werden als in Spielbergs familientauglicher Urlaubsidylle.

Zwei lebenslustige, etwas unvorsichtige junge Menschen springen zur Abkühlung in ein Schwimmbecken, nichtsahnend, dass es dort vor durch genetische Veränderungen extrem aggressiven und widerstandsfähigen Piranhas nur so wimmelt. Nachdem die beiden unfreiwillig zu Fischfutter verarbeitet wurden, suchen Detektivin Maggie McKeown (Heather Menzies, „Sssssnake Kobra“) und der sich ihr widerwillig anschließende Einsiedler und Alkoholiker Paul Grogan (Bradford Dillman, „Guayana – Kult der Verdammten“) nach den Vermissten – und entdecken ein geheimes Militärlabor, in dem Dr. Robert Hoak (Kevin McCarthy, „Matinee“) die Tiere züchtete, um sie im Vietnamkrieg zur Verseuchung der Flüsse zu verwenden. Das Militär ist bemüht, die Angelegenheit zu vertuschen, doch als die Tiere entkommen und in die umliegenden Gewässer gelangen, kommt es zur Katastrophe…

Fishploitation erfreut sich bis heute großer Beliebtheit, wofür Dantes jüngst von Alexandra Aja neuverfilmter Film mitverantwortlich sein dürfte. Schon im Prolog lässt Dante nackte weibliche Tatsachen sprechen (kurz bevor sie weggeknabbert werden) und unmittelbar nach dem Vorspann lässt man augenzwinkernd die den gesamten Film durchziehende Selbstironie durchblicken, wenn eine Frau sich am „Jaws“-Spielautomaten vergnügt. Die allesamt der Realität etwas entrückt wirkenden Charaktere finden im ungleichen Paar aus Maggie und Paul ihren frühen Höhepunkt, beispielsweise wenn Einsiedler Paul seinen Fisch mitsamt Kopf und Schwanz nur kurz anbrät und ihn ohne jegliche Beilagen verzehrt. Viel schwerer wiegt aber, dass unser „heldenhaftes“ Duo Infernale vorrangig dafür verantwortlich ist, dass die Fischlis überhaupt in die freie Wildbahn gelangten. Das hindert die beiden dennoch nicht daran, sich wie Bullen respektive die Axt im Walde (oder auch der Elefant im Porzellanladen) aufzuspielen und sogar den just verstorbenen Jack auf eigene Faust beerdigen zu wollen – klarer Fall von Kompetenzüberschreitung. Der Militär-Colonel schaut sich derweil gerne schwarzweißen Monster-Trash (vermutlich Corman-Produktionen) im Fernsehen an, während die Piranhas zu manch Attacke blubbern – filmisch zunächst recht simpel als unkenntliches Gewusel in rotem Wasser umgesetzt. Beeindruckender sind da die liebevoll per Stop-Motion-Technik animierte, kleine Kreatur in Dr. Hoaks Labor und die herrliche Tierfreakshow in all den dort gelagerten Gläsern und Aquarien.

Mit zunehmender Spielzeit werden die Piranha-Attacken indes immer expliziter und wurden dann doch ganz gut getrickst. Makabre Ideen wie die eines Jungen, der mit ansehen muss, wie sein Vater erst totgebissen und sein Leichnam anschließend den Fischen zum Fraß vorgeworfen wird, fischen eindeutig ebenso im Kruden wie eine ganze Kinderschar, die zur Fleischeinlage in der Suppenmahlzeit wird. Gegen Ende wird’s ein wahrhaftiges Badesee-Massaker inkl. herumschwimmender Plastikköpfe, ein Blutbad im wahrsten Sinne des Wortes. Man bekommt garstig zugerichtete Tote und Verletzte zu sehen; der Grad grafischer Gewalt ist nicht ohne, die Make-up- und SFX-Abteilungen konnten sich austoben. Einige komödiantische Einsprengsel sowie leider auch ein paar Längen mit Dummschwätzerei und Zeitschinderei lockern das ganze jedoch auf und tragen bewusst dazu bei, dass die Sause nicht ernstzunehmen ist – was bedauerlicherweise auch zu Lasten der Atmosphäre geht, die kaum bedrohliche, morbide Stimmung erzeugt.

Neben schönen Unterwasseraufnahmen punktet man dafür aber mit unmissverständlicher, wenn auch satirisch überspitzter Kritik am US-Militär und dem von ihm verübten Vietnam-Überfall und nimmt zudem die Ferienlager-Kultur aufs Korn. Auch in Sachen Wasserski- und Boot-Stunts ließ man sich nicht lumpen. In Nebenrollen entdeckt man neben dem obligatorischen Dick Miller („Das Kabinett des Professor Bondi“), der fortan in jedem Joe-Dante-Film auftauchen sollte, die Euro-Gothic-Ikone Barbara Stelle („Die Stunde, wenn Dracula kommt“), was manch Film- und Genrefreund wohlwollend zur Kenntnis nehmen dürfte. Fazit: Eine unterhaltsame, typische Corman-Mischung aus Schauwerten, Trash und Aussage, selbstironisch, satirisch, blutig und kurzweilig – und damit für meinen Geschmack bereits genießbarer als die Spielberg‘sche Inspirationsquelle.
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Barracuda
In der Nähe eines Fischerdorfes werden tausende von zerfetzten Fischen an den Strand gespült. Die übrigen Meerestiere verhalten sich auffällig angriffslustig. Studenten finden heraus, dass das Wasser chemische Giftstoffe enthält...
„Die Sicherheitsvorkehrungen sind optimal!“ (Wie immer!)

Nach Joe Dantes „Piranha“ ist „Barracuda“ ein weiterer früher Beitrag zur Fishploitation, der, zumindest was seine Vermarktung betrifft, auf die Fans von Spielbergs „Der weiße Hai“ zielte. Der Film entstand wie „Piranha“ im Jahre 1978, für die Regie verantwortlich zeichnen Harry Kerwin („Das bringt's voll - Dufte Typen in Jeans“), offensichtlich dessen letzter Film, und Wayne Crawford („Snake Island“), der zudem die Hauptrolle übernahm und hiermit sein Regie-Debüt ablegte.

Im Fischerdorf Palm Cove sind nicht nur die Bewohner seit kurzer Zeit verdammt leicht reizbar, auch die Unterwasserwelt scheint verrückt zu spielen: Bergeweise verstümmelte Fischkadaver werden an Land gespült, Taucher werden attackiert und sogar menschliche Leichenteile finden sich am Strand. Meeresbiologe Mike Canfield (Wayne Crawford, „Keiner kommt hier lebend raus“) nimmt daraufhin Untersuchungen am Meerwasser vor. Haben die Vorfälle mit der Chemiefabrik zu tun, die sich in unmittelbarer Wassernähe befindet? Die Fabrik spült nicht zu knappes Geld in die städtischen Säckel, so dass nicht nur Besitzer Jack (Bert Freed, „Was geschah wirklich mit Baby Jane?“) und sein Sohn Bubba (Jerry Rhodes, „Whiskey Mountain“) wenig erfreut über die Nachforschungen sind... Dafür kann sich Mike aber der Unterstützung des Sheriffs (William Kerwin, „2000 Maniacs“) und dessen Tochter gewiss sein.

„Bestimmt die Hitze!“ (Was sonst?)

„Barracuda“ gibt sich nicht satirisch und komödiantisch wie „Piranha“, sondern bedient sich des Gewands einer Mischung aus Tierhorror und Öko-Thriller, wie sie ebenfalls recht häufig im Genre anzutreffen ist. Wie auch schon in „Piranha“ ist man intelligent genug, nicht wie in „Der weiße Hai“ den Tieren die Schuld an ihrem Verhalten zu geben, sondern Eingriffe von Menschenhand verantwortlich zu machen. Viele Filme dieser Art zeigen, wie skrupellose Geschäftemacher materielle Gewinne über die Gesundheit von Mensch und Umwelt stellen und dafür sogar über Leichen gehen, womit ihnen stets eine antikapitalistische Aussage gemein ist. Der überambitionierte „Barracuda“ geht sogar noch einen Schritt weiter und schießt übers Ziel hinaus, wenn zum örtlichen Chemiefabrikanten noch eine ganze Regierungsverschwörung hinzukommt.

Man beginnt jedoch zunächst einmal mit wunderschönen Tiefseeaufnahmen wie aus einer Tierdokumentation und idyllischen Bildern von Stränden. Der Soundtrack ist stellenweise recht gelungen, sphärische Synthesizerklänge treffen auf die Klangkulisse aufschlagender Wellen. In die nicht sonderlich erinnerungswürdigen darstellerischen Leistungen, die eher unspektakulären Ermittlungen nachgehen, mischen sich immer mal wieder herausragendere Momente, beispielsweise wenn ein dummer, fetter Schnauzbart-Klischeebulle mit dem smarten netten Sheriff unterwegs ist, dessen Tochter Mike Essen serviert und angeregt mit ihm plaudert. Was derweil an explizitem Tierhorror, spricht: Barracuda-Attacken geboten wird, kann sich für das Entstehungsjahr in einem Low-Budget-Film durchaus sehen lassen, wenngleich ich das nicht wirklich beurteilen kann, da angesichts des Umstands, dass anscheinend alle deutschen Fassungen des Films zensiert wurden, vermutlich auch vor meinem alten Sat.1-TV-Mitschnitt nicht Halt gemacht wurde.

„Wenn du Hufklappern hörst, dann such nach den Herden – nicht nach den Seelöwen!“ (Ach so!)

Leider gelingt es dem Regie-Duo nicht, Spannung und Action nach und nach auf die Spitze zu treiben, Stattdessen ist das Tempo und damit die Luft irgendwann so ziemlich raus; der Film erlahmt zusehends und wird langweilig, von Tierhorror keine Spur mehr. Man verlässt sich ausschließlich auf das Thriller-Element, das ebenfalls weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt, und steuert immerhin auf eine überraschend pessimistische Pointe zu (zumindest in meiner Schnittfassung). Möglicherweise war der Film ursprünglich auch in erster Linie als Öko-Thriller gedacht und erst im Zuge der Fishploitation zu selbiger gemacht bzw. auf diese Weise vermarktet worden (in diesem Zusammenhang ist auch die Ähnlichkeit zwischen den Plakaten von „Der weiße Hai“, „Piranha“ und „Barracuda“ interessant). Wie dem auch sei, im mittlerweile hoffnungslos überfischten Tierhorrorgenre wird diese kleine '70er-Produktion sicherlich keinen Feinschmecker mehr an den Filetteller locken. Für Subgenre-Historiker und -Allesgucker ist „Barracuda“ möglicherweise dennoch eine willkommene Zutat auf der Meeresfrüchte-Pizza.
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Return of the Living Dead
Freddy hat einen neuen Job als Hilfskraft in einem medizinischen Versandhaus. Dort gibt es Skelette, halbe Hunde und eine Leiche in einer Kühlkammer. Als er seinen Vorarbeiter fragt, was das Unheimlichste sei, dem dieser hier begegnet wäre, erzählt der ihm eine unglaubliche Geschichte: Der Film "Night of the Living Dead" beruht auf Tatsachen und nur weil die Army Druck gemacht habe, sei die Geschichte ein wenig verändert worden. Freddy kann das nicht glauben, doch sein Vorgesetzter will den Beweis antreten. Er führt ihn in den Keller, wo Fässer lagern, die tatsächlich einige mumifizierte Leichen beherbergen. Freddy ist entsetzt und ein unachtsamer Stoß gegen einen der Behälter lässt Gas ausströmen, das die beiden zunächst bewusstlos werden lässt. Als sie wieder erwachen, ist in dem Lagerhaus der Teufel los. Die aufgespießten Schmetterlinge schlagen mit den Flügeln, die "halben" Hunde hecheln und die Leichen in der Kühlkammer beginnen zu randalieren. Verzweifelt rufen sie ihren Chef zu Hilfe. Als der erscheint, versucht der Tote gerade die Tür zur Kammer aufzubrechen...
„Wer gestorben ist, ist für mich gestorben!“

Eigentlich schrieb er Drehbücher zu Science-Fiction- und Horror-Hochkarätern wie „Alien“, „Tot & begraben“ und „Total Recall“ - doch im Jahre 1985 nahm der US-Amerikaner Dan O'Bannon im ersten von insgesamt nur zwei Fällen auf dem Regiestuhl platz und schuf mit „Return of the Living Dead“ eine der besten Zombiekomödien überhaupt.

Kurz nachdem Freddy (Thom Mathews, „Freitag der 13. - Jason lebt“) seinen Job als Hilfsarbeiter in einem medizinischen Versandhaus angetreten hat, zeigt ihm sein Chef Frank (James Karen, „Poltergeist“) geheime Fässer mit mumifizierten Leichen aus dem Besitz der Army, die versehentlich dort gelandet sind und seitdem gesucht werden. Durch einen Unfall entströmt Gas aus einem der Fässer und versetzt die beiden Männer in Bewusstlosigkeit. Als sie wieder erwachen, sind die gelagerten Teile toter Tiere wieder zum Leben erwacht und die ehemaligen Fassbewohner sind frei und auf der Suche nach frischem Menschenhirn. Doch auch Freddy und sein Chef fühlen sich nicht mehr allzu gut... Bei der Verbrennung der Fassinhalte schließlich vermischt sich die Qualmemission mit Niederschlag und regnet auf den Friedhof – mit ungeahnten Folgen.

O'Bannons kultgewordene Zombiesause persifliert das Genre mit seinen vermeintlich „wahren Geschichten“, zitiert Romeros Pionierarbeit „Night of the Living Dead“, spinnt die Legende, dass der Film auf wahren Begebenheiten beruhen würde – und treibt den Zombiekult schließlich auf die Spitze. Witzige Dialoge und viele entdeckungswürdige Details gehen einher mit großartiger Spezialeffektkunst, einer der coolsten Punk-Gangs der Filmgeschichte und einem tollen Soundtrack, der viele Facetten der '80er abdeckt. Man setzt auf Wahnsinn, Action und Überzeichnung, verfällt aber nie in allzu alberne Überdrehtheit. Da wären die Kulissen, bestehend aus Lagerhalle, (mit „No Future“ besprühtem) Friedhof und Krematorium, die alles bieten, was ein solcher Film braucht. Da wären die Charaktere, ein wild zusammengewürfelter Haufen, der sich schließlich gemeinsam der Gefahr erwehren muss. Dabei fällt besonders die sorgfältige Charakterzeichnung auf, die bei allen Klischees stets ein Herz für ihre Rollen zu haben scheint und niemandem bereits vor seiner Zombiefizierung sämtliche Sympathiewerte abspricht. Oberpunk Suicide (Mark Venturini, „Freitag der 13. Teil V - Ein neuer Anfang“) fühlt sich missverstanden und insistiert „Ich hab 'ne Message!“, Firmenboss Burt (Clu Galager, „ Nightmare II – Die Rache“) und seine Angestellten hegen kein Ausbeuterverhältnis und versuchen sich verzweifelt an die Tötungsregeln aus Romeros Film zu erinnern, Jobber Freddy ist tatsächlich an seiner Arbeit interessiert und trägt zudem Jeans und schnittige Hosenträger, statt auszusehen wie der letzte Dulli, und Leichenwäscher Ernie Kaltenbrunner (Don Calfa, „H.P. Lovecraft's Necronomicon“) erinnert zwar verdächtig an irre Nazi-Ärzte, ist letztlich über weite Strecken aber um tatsächliche Hilfe bemüht. Nicht unerwähnt bleiben darf an dieser Stelle Punkette Trash (Linnea Quigley, „Graduation Day“), die einen heißen Striptease auf dem Friedhof hinlegt und die meiste Zeit unbekleidet durch die Gegend läuft.

Apropos Tötungsregeln: Diese helfen hier nicht viel, denn diese Zombies hier sind schnell, können sprechen und die Zerstörung des Gehirns nützt nichts – einzelne Körperteile „leben“ weiter. Die Spezialeffektkünstler kosten diese Prämisse sehr gut aus und erreichen ihren kreativen Höhepunkt, als sie eine mumifizierte Frauenleiche ohne Unterleib von den Schmerzen des Totseins berichten lassen. Das ist bei aller Komik auch ein bisschen gruselig sowie tief morbide und faszinierend zugleich – genau wie die Möglichkeit, mitzuerleben, wie Freddy und Frank bei Bewusstsein sterben und nahtlos von den Lebenden ins Untotenreich übergehen. Ja, „Return of the Living Dead“ beherrscht auch das Spiel der tragischen Noten, denn letztlich ist und bleibt die ganze Situation aussichtslos, während sie ein unschuldiges Opfer nach dem anderen fordert. Das hohe Tempo ohne jegliche Durchhänger lässt keinerlei Zeit zum Durchatmen und bietet immer wieder überraschende Ideen. Die Mischung aus Komödie, Persiflage/Parodie und äußerst grafischem SFX-Spektakel zündet voll, selbst darstellerisch gibt sich kein Beteiligter die Blöße. Die Schlusspointe zeigt dann den US-typischen Umgang mit Problemen und setzt den Schlusspunkt unter eine der besten Horrorkomödien der 1980er und die beste Zombiekomödie bis „Braindead“. Kurzweilige Zombie-Unterhaltung mit viel Hirn (ähem...), die nicht nur Genre-Fans noch immer in Verzückung versetzt und immer wieder angesehen werden kann (und wird).

Mark Venturini starb schon 1996 und wurde nur 35 Jahre alt. Ruhe in Frieden!
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Return of the Living Dead Part 2
Die US-Army verliert aus einem Transporter ein Fass mit giftiger Flüssigkeit. Als ein paar Kinder das Fass beim Spielen entdecken und es unbeabsichtigt öffnen, zieht das ausströmende Gift in Nebelschwaden über den nahegelegenen Friedhof. Durch den einsetzenden Regen dringt das Gift in die Erde ein die Leichen erheben sich aus ihren Gräbern. Fortan sind die Bewohner der nahegelegenen Siedlung auf der Flucht vor den lebenden Toten. Sie können jedoch aus dem Ort nicht heraus, weil das Militär bereits alles abgeriegelt hat...
„Tot, tot, tot!“

Dan O’Bannons hochkarätige Zombie-Komödie schrie nicht nur „Gehiiirn!“, sondern nach Meinung einiger offensichtlich auch nach einer Fortsetzung, die US-Regisseur Ken Wiederhorn („Die Augen eines Fremden“) im Jahre 1988 lieferte.

Wieder einmal verschludert die US-Armee ein hochgiftiges Fass mit zombiefizierendem Gas und natürlich bleibt es nicht lange unentdeckt. Gefunden wird es von ein paar Rotzlöffeln, die es versehentlich öffnen. Das Gas zieht über den natürlich wieder einmal nicht unweiten Friedhof und der einsetzende Niederschlag trägt sein Übriges dazu bei, dass die Gräber kontaminiert werden und die Toten sich von ihrer letzten Ruhe erheben, unablässig auf der Suche nach frischem Menschenhirn. Die Bewohner des kleinen Orts kämpfen fortan ums Überleben, werden vom Militär jedoch nicht aus der Stadt gelassen…

„Make my night!“

Wiederhorns Fortsetzung des Kultklassikers ist ein typisches Beispiel für eine irgendwie überambitionierte und dennoch wenig innovative Fortsetzung. Zwar beginnt man mit ein paar präpubertierenden Rowdys (anstelle halbstarker Punks) in sommerlicher Atmosphäre und kredenzt sehr ästhetische Aufnahmen vom Ausbreiten des Gases, des Gewitters etc. und macht mit diesem Prolog durchaus Lust auf die sich ankündigende wilde Untoten-Sause, doch bedient man sich derart stark beim Original, das man beinahe mehr an einem Remake denn an einer Fortsetzung kratzt. Für Kenner des ersten Teils bleibt demnach häufig der Überraschungseffekt auf der Strecke. Im Gegensatz zum Vorgänger hat man in Form der Grabräuber (Thom Mathews und James Karen aus Teil 1 in anderen Rollen!) eindeutig als solche definierten Unsympathen im Rollenensemble, die zudem respektlosen Umgang mit Verstorbenen nicht nur symbolisieren, sondern auch betreiben. Wie bei O’Bannon hat man im Falle dieser „Arbeiter“ die Konstellation eines Vorarbeiters/Ausbilders und eines jüngeren Anwärters, dem man seine Rolle allerdings nicht so recht abnehmen mag. Auch das Militär bekommt erneut sein Fett weg, indem es weniger gegen die Zombies als mehr gegen die Menschen vorgeht.

Übernommen wurde auch der comichafte Stil des Erstlings. Die eigentliche Hauptrolle wird dem 11- bis 13-jährigen Comic-Fan Jesse Wilson (Michael Kenworthy, „Der Blob“-Remake) zuteil, der Film also stärker auf eine jüngere Zielgruppe zugeschnitten, so könnte man meinen. Ein Indiz für eine missverstandene Zielgruppen-Nachjustierung könnte auch sein, dass der Humor nun auch auf eine ganze Reihe platter Albernheiten und komödiantisches Overacting setzt, was dem Film aber alles andere als gut tut: Er wird zu überdreht, zu erzwungen lustig und damit das Gegenteil davon. Dafür setzte man jedoch beim Gore-Gehalt noch einen drauf, der etwas höher ausfällt. Die handgemachten Spezial- und Make-up-Effekte sind nach wie vor prächtig anzusehen und sollten alle Freunde deftiger ‘80er-SFX-Kost in Verzückung versetzen. Auch der rockende und rollende, zugegebenermaßen Metal-lastigere Soundtrack Soundtrack kann sich wieder hören lassen. Insgesamt erscheint „Return of the Living Dead Part 2“ noch stärker auf kurzweilige Zombie-Action zugeschnitten worden zu sein, wodurch das Drumherum leider etwas sehr in der Hintergrund gedrängt wird und das Gesamtwerk weit weniger erinnerungswürdig als O’Bannons Original ausfällt. Und im Gegensatz zu manch Zuschauer schiebe ich zwar keinen prinzipiellen Hass auf Kinder in Genrefilmen, aber die arschcoole Punk-Clique war mir dann doch lieber.

Fazit: Hoffnungslos überdrehte, jedoch grafisch extrem ansprechende Zombie-Komödie, die den morbiden Zeitgeist comic- und monstergeiler ‘80er-Dreikäsehochs atmet und im direkten Vergleich mit „Return of the Living Dead“ eindeutig abstinkt. 6 von 10 TV-Aerobic-begeisterten Zombies hat sich Wiederhorn aber redlich verdient; und wer ihn bereits im Alter der Hauptrolle sah, wird vermutlich noch ein Pünktchen drauflegen.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von Vinz Clortho »

buxtebrawler hat geschrieben:eine der besten Horrorkomödien der 1980er und die beste Zombiekomödie bis „Braindead“.
HALLO? Bei der Gelegenheit könnte/sollte man vielleicht mal auf den genialen Soundtrack zu sprechen kommen, wo den Film begleiten tut! Menschenskind, Bux - wo bist Du nur wieder mit Deinen Gedanken?! :roll:

[BBvideo 425,350][/BBvideo]

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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Vinz Clortho hat geschrieben:HALLO? Bei der Gelegenheit könnte/sollte man vielleicht mal auf den genialen Soundtrack zu sprechen kommen, wo den Film begleiten tut! Menschenskind, Bux - wo bist Du nur wieder mit Deinen Gedanken?! :roll:
Den geilen Soundtrack hab ich doch lobend erwähnt! Ok, da hätte ich vielleicht etwas mehr ins Detail gehen können...
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Vinz Clortho
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von Vinz Clortho »

Stimmt! Glatt überlesen, den Halbsatz. :kicher:
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

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The Devils
Frankreich im Jahre 1634: Pater Grandier (Oliver Reed), vorübergehender Gouverneur der unabhängigen Stadt Loudon, führt ein ausschweifendes Leben. Von den Frauen der Stadt begehrt, läßt er sich zum Verdruß der katholischen Kirche zu vielen Affären hinreißen. Trotz dieser nur allzu weltlichen Schwäche ist Grandier ein Mann, auf den sich Loudon und seine Einwohner verlassen können. Kardinal Richelieu, der eigentliche Machthaber Frankreichs hinter dem eher schwachen König Ludwig XIII, ist nach den Religionskriegen bestrebt, alle noch freien Festungen niederzureißen, um die volle Kontrolle über das Land besitzen zu können. Loudon, eine der am stärksten befestigten Städte, ist in seinen Augen dabei das größte Übel. Die sexuellen Obsessionen der Mutter Oberin des in Loudon ansässigen Ursulinerinnen-Konvents, Schwester Jeanne (Vanessa Redgrave), die bereits seit langem von Pater Grandier besessen ist, kommen Richelieu im Hinblick auf eine Entmachtung Grandiers sehr gelegen. Die Hysterie von Schwester Jeanne gezielt ausnutzend, entfachen seine Mannen einen Exorzismus-Prozeß gewaltigen Ausmaßes, in dessen Kern die Anschuldigung, Pater Grandier sei mit dem Teufel im Bunde, steht...
„Die Sünde greift noch stärker um sich als die Pest!“

Dem britischen Regisseur Ken Russell („Gothic“) gelang im Jahre 1971 mit „The Devils“ ein Skandalfilm erster Klasse, indem er die katholische Kirche massiv angriff. Die Folge waren Verbote und Zensur auch in unserer ach so freien Welt und bis heute ist der Film nicht in kompletter Form offiziell fürs Heimkino ausgewertet worden. Die Handlung basiert auf Aldous Huxleys Roman „The Devils of Loudoun“, der wiederum auf wahren historischen Begebenheiten fußen soll.

Frankreich im Jahre 1634: Pater Grandier (Oliver Reed, „Die perfekte Erpressung“) ist Gouverneur der Stadt Loundon, der das katholizistische Zölibat nicht akzeptiert und ein erfülltes Sexualleben pflegt. Darüber hinaus ist er eine der letzten Bastionen Frankreichs gegen die von König Ludwig XIII. und Kardinal Richelieu (Christopher Logue, „Dante’s Inferno“) gehegten Pläne des politischen Zentralismus. Um Grandier zu entmachten, kommt es dem Kardinal gerade recht, dass die bucklige Schwester Jeanne (Vanessa Redgrave, „Durchgeknallt“) aus Eifersucht und Frust Grandier anklagt, mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Richelieu und seine bigotten Speichellecker beraumen einen großangelegten Exorzismusprozess ein und überführen Grandier inquisitorisch, um ihn auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen.

„The Devils“ ist lange Zeit ein visuell beeindruckender, künstlich-künstlerischer, satirisch überspitzter Historienfilm, reich an gestelzten, altertümlichen Dialogen und damit nicht ganz unanstrengend zu konsumieren. Die prachtvollen, anscheinend jeder historischen Überlieferung entrückten Kulissen und Bauten, für die Derek Jarman verantwortlich zeichnet, gehen einher mit Metapherreichtum und Symbolhaftigkeit, die Russell ausdrucksstark inszeniert und durch diese Art der Verfremdung eine Abstraktion und als solche eindeutig erkennbare Interpretation erreicht. Das tendiert so lange quasi ausschließlich in Richtung Kunstfilm, bis „The Devils“ seine explizite sexuelle Komponente erhält, die von diversen Exploitation-Werken inspiriert sein und ihrerseits nachfolgende Exploitation beeinflusst haben dürfte. Weitaus derber als in manch Nunploitation-Genrefilm lässt Russell eine blasphemischste Wahnsinnsorgie voll nackter Nonnen toben, wie sie provokanter nicht hätte ausfallen können, bis hin zur Schändung von Christus-Statuen durch Masturbation und Verbrennung der „heiligen Schrift“. Unverblümt zeigt Russell die lodernde Lust aller vom Joch des Zölibats Geknechteten und die damit verbundene Bigotterie und Heuchelei, was seinen explosiven Ausbruch findet im animalischen Treiben einer sexuell ausgehungerten Meute.

Dieser minutenlange Exzess bedeutet eine Zäsur innerhalb des Films. Hier trifft die artifizielle Ästhetik auf nackte, unverfälschte Triebhaftigkeit, die, zurück unter dem klerikalen Gewand und statt Lust andere „menschliche“ Instinkte wie Missgunst, Kalkül und Hass auslebend, nach Grandiers Verurteilung zu einem beißenden Realismus überleitet. Die folgenden Szenen sind bestimmt von schlimmer Folter und anderen sadistischen Auswüchsen der Kirche, die sich wie ein roter Faden durch ihre Geschichte ziehen. Endgültig am Rande des Erträglichen und gleichzeitig ehrfurchtgebietend ist das Finale, das (Achtung, Spoiler!) Grandier zeigt, wie er bei lebendigem Leibe verbrannt wird, aber seinen Kampf noch immer nicht aufgegeben hat und weiterhin Reden ans Volk richtet, es verzweifelt aufzurütteln versucht. Eine fantastische schauspielerische Leistung Oliver Reeds.

„The Devils“ ist ein Film, der unmissverständlich die Mechanismen der Kirche und ihre korrumpierende Rolle bis in die höchsten Gesellschaftsschichten hinein aufzeigt, die sie im Zusammenhang mit ihrer mörderischen Konsequenz zur mutmaßlich größten und einflussreichsten kriminellen Organisation der Welt macht. Gleichzeitig sensibilisiert der Film für Themen wie sexuelle Selbstbestimmung, politische Autonomie und den mit dem Erlangen von Autorität anscheinend zwangsläufig einhergehenden Machtmissbrauch – all das auf Grundlage weit verbreiteter menschlicher Schwächen. Russells konsequent ebenso spektakuläre wie spekulative Weise der Umsetzung ist geprägt von kanalisierter Wut, die niemanden kaltlassen dürfte. Selten war die Erfolgsformel Sex und Gewalt in derartiger Explizität spürbar unausbeuterischer.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

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Das Rätsel des silbernen Dreieck
Einer der Gangster, die nach dem Überfall auf einen Geldtransport über die Themse fliehen, wird auf der Flucht ermordet. Tatwaffe ist ein geheimnisvolles Wurfmesser, das Inspektor Elliott einen Hinweis auf den Zirkus Barberini gibt. Dort beginnt Elliott dann auch seine Recherchen und verhört mehrere Verdächtige. Einer von ihnen ist der maskierte Gregor, ein mysteriöses Zirkusmitglied, dessen Gesicht angeblich entstellt ist. Doch auch andere Personen wecken Elliotts Interesse ...
„Wir Zirkusleute sind vielleicht ein bisschen primitiv, aber wir sind nicht dumm!“

Die Edgar-Wallace-Verfilmung „Das Rätsel des silbernen Dreieck“ aus dem Jahre 1966 entstand in britisch-deutscher Koproduktion und fällt durch die unverkennbar angelsächsische Handschrift des Regisseurs John Llewellyn Moxey („Stadt der Toten“) etwas aus der Reihe.

Bei einem Überfall auf einen Geldtransporter erschießt der Ganove Mason (Victor Maddern, „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“) den Fahrer und überlebt seinerseits das Treffen mit dem ihm unbekannten Hintermann der Aktion nicht: mit einem Messer im Rücken wird er tot aufgefunden. Scotland Yard unter der Leitung Inspektor Elliotts (Leo Genn, „Frightmare“) führt die Spur zum Rest der Bande, doch der Messermörder bleibt unentdeckt, ebenso ein Teil der Beute. Schließlich führen die Ermittlungen Elliott zum Zirkus Barberini. Dort gehen nicht nur die Morde weiter, nein, es wimmelt auch nur so von Verdächtigen. Hat der seit einem Unfall maskierte Löwendompteur Gregor (Christopher Lee, „Dracula“) damit zu tun? Wonach suchen Barbinis Assistent Carl (Heinz Drache, „Der Hexer“) und der schweigsame Ganove Manfred (Klaus Kinski, „Dracula im Schloss des Schreckens“) unentwegt? Welche Rolle spielt der Liliputaner Mr. Big (Skip Martin, „Circus der Vampire“)? Ist mit Gina (Margaret Lee, „Der Bastard“) gar eine Femme fatale im Spiel? Und kann Inspektor Elliott den Täter dingfest machen, bevor das nächste Opfer den Tod findet?

Direkt zum Einstieg präsentiert man einige herrlich fiese Gangstervisagen und einen allgemein sehr überzeugenden, spannenden Prolog, bevor die Handlung ins Zirkusquartier verlegt und das Tempo gedrosselt wird. Der Zuschauer ist nun eingeladen, ins Zirkus-Ensemble einzutauchen und nach und nach die unterschiedlichen Charaktere kennenzulernen. Am geheimnisvollsten und bedrohlichsten wirkt dabei Dompteur Gregor mit seiner dunklen Skimaske, doch auch der geheimnisvoll umherschleichende Manfred erscheint alles andere als vertrauenserweckend. Die harmloser wirkenden Kontraste bilden da der kleinwüchsige Mr. Big und Buchhalter Eddie (Eddi Arent), der gerne Clown möchten werde und folgerichtig Hauptverantwortlicher für die komödiantischen Einlagen des Films ist. Der Mikrokosmos des Zirkus wird ausführlich beleuchtet, sorgfältige Rollencharakterisierungen und interessante Dialoge halten den nach dem Whodunit?-Prinzip miträtselnde Zuschauer ebenso bei der Stange wie der zwischenmenschliche Sprengstoff aus Neid und Eifersüchteleien. Nicht fehlen darf natürlich auch das eine oder andere Kunststück.

Geschickt führt das Drehbuch sein Publikum an der Nase herum, das schon nach ca. einer Stunde zu wissen glaubt, wer der Mörder ist – jedoch läuft der Film noch locker eine halbe Stunde weiter… genug Zeit für einige Finten und unerwartete Wendungen, die die Aufmerksamkeit der sich in Sicherheit wiegenden Zuschauer schnell wieder zurückerlangen. Die schlussendliche Auflösung ist dann höchst überraschend, jedoch lediglich die Pointe, nachdem man zuvor tragische Ereignisse in Verbindung mit manch menschlicher Schwäche Revue passieren ließ. Christopher Lee überzeugt wie üblich in seiner Rolle, selbst wenn er die meiste Zeit über eine Maske auf dem Kopf trägt. Interessant ist es für Freunde der Wallace-Verfilmungen sicherlich auch, manch Schauspieler gegen die mit ihm in Verbindung gebrachten Rollen besetzt zu erleben, beispielsweise einen Heinz Drache, der mit der Polizei diesmal nicht mehr als nötig zu tun hat. Leo Genn versieht die Rolle des kriminalpolizeilichen Ermittlers mit viel angenehmem britischem Charme, aber ohne negativ auffallende Hüftsteife. Für weiterreichende Vergleiche mit anderen Edgar-Wallce-Filmen fehlt mir Sachkenntnis. Beurteilen kann ich aber, einen unterhaltsamen, mal etwas oberflächlichen und albernen, später aber doch mit einem gewissen emotionalen Tiefgang versehenen Kriminalfilm gesehen zu haben, der mit dem fürs Genre dankbaren Zirkus-Milieu gut umzugehen weiß und für kleinere dramaturgische Durchhänger mit einer Handvoll wahrhaft spannender und punktgenau inszenierter Szenen entschuldigt. So macht britisch-deutsche Freundschaft Freude.

Zu empfehlen ist übrigens die Farbfassung. Die deutsche Schwarzweiß-Auswertung war ursprünglich nicht intendiert.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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