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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Fr 30. Aug 2013, 00:38
von buxtebrawler
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Sid & Nancy
Sid Vicious (Gary Oldman), legendärer Gitarrist der Sex Pistols und seine Beziehung zu der Punkerin Nancy Spungen (Chloe Webb) sind das Thema dieses Films. Als sich die Punkband nach einer Amerikatournee 1977 auflöst, versucht sich Vicious an einer Solo-Karriere, doch seine Heroinsucht ist ihm im Weg. Eines Morgens erwacht er und findet Nancy ermordet auf. Der Verdacht fällt auf ihn...
„Sidney ist mehr als nur ein normaler Bassist, er ist das absolute Desaster! Er ist ein Symbol, eine Metapher! Er verkörpert die ganze Dimension der nihilistischen Generation!“ (Malcolm McLaren)

Mit seinem zweiten Film in Spielfilmlänge inszenierte und interpretierte der britische Regisseur Alex Cox („Repo Man“) im Jahre 1986 die Geschichte der fatalen Liebe zwischen dem Bassisten der legendären Punkband „The Sex Pistols“, der sich selbst Sid Vicious nannte, und seiner Lebensgefährtin Nancy Spungen.

Sid Vicious ersetzte im Februar 1977 Glen Matlock als Bassist bei den Sex Pistols und ging mit ihnen auf US-Tournee. Nach der überraschenden Auflösung der Band Anfang 1978 arbeitete Vicious an einer Solokarriere. Während dieser Zeit pflegte er eine von Drogenabhängigkeit und zunehmender Gewalt geprägte Liebesbeziehung zur US-Amerikanerin Nancy Spungen, die zuvor als Groupie in Erscheinung getreten war. Im Oktober 1978 wurde Nancy Spungen erstochen in einem New Yorker Hotelzimmer aufgefunden, in Anwesenheit des mit Drogen zugedröhnten Sid Vicious. Er wurde wegen Mordverdachts festgenommen, jedoch gegen eine von seiner Plattenfirma gezahlte Kaution am 01. Februar 1979 vorläufig freigelassen. Nur einen Tag später starb er im selben Hotel an einer Überdosis Drogen. Der Film skizziert diese Ereignisse nach.

„Keiner von uns fickt! Sex ist grässlich!“

Um John Simon Ritchie alias Sid Vicious rankt sich manch Mythos und Legendenbildung. Für die einen war er die Inkarnation des Punks schlechthin, der nach den „Lebensmaximen“ Destroy! und Live fast, die young konsequent lebte. Für die anderen war er lediglich ein untalentierter Junkie, der sämtliche fragwürdigen Punkklischees in sich vereinte. Wieder andere sehen seinen Werdegang differenzierter und halten ihn für ein Opfer des Sex-Pistols-Managers Malcolm McLaren für seine Vision einer Ästhetik des Kaputten und/oder seiner drogenabhängigen Freundin zur Befriedigung ihrer Egozentrik: Ein eigentlich recht intelligenter, lebenslustiger junger Mann, der von Band, Musikindustrie und Freundin gnadenlos ausgebeutet und verheizt wurde und der in seiner juvenilen Labilität und Blauäugigkeit nicht viel entgegenzusetzen hatte – man sieht in McLaren den Ausverkäufer des Punk und in Spungen dessen Femme fatale. Dementsprechend unterschiedlich werden nicht nur seine Person, sondern auch seine Band und ihr Umfeld sowie mitunter das gesamte Punk-Phänomen Ende der 1970er bewertet. Harsche Kritik an Alex Cox‘ Interpretation, die auf dem gleichnamigen Buch basieren soll, setzte es dann auch seitens der realen Pendants der im Film vorkommenden Protagonisten, wovon man sich jedoch, nähert man sich diesem Film, nicht beirren lassen und nach mittlerweile so vielen Jahren Abstand unterschiedliche Perspektiven als eben solche akzeptieren sollte.

„Hier läuft nichts mit eurer Freie-Liebe-Hippie-Scheiße!“

„Sid & Nancy“ steigt mit dem Fund der toten Nancy und Sids Verhaftung ein und holt im Anschluss zu einer ausgedehnten und die eigentliche Handlung ausmachenden Rückblende aus. Cox zeigt Sid und Pistols-Sänger Johnny Rotten als auf- und abgedrehte, zerstörungswütige Soziopathen und bedient sich damit bereits vieler Klischees. Wilde, gut gefilmte Konzertaufnahmen sorgen sodann für mehr Authentizität. Nachdem Sid Nancy kennengelernt hat, scheint sie seine selbstzerstörerische Ader verstärkt anzusprechen. Sie bringt ihn schließlich zum Heroin und damit in die Abhängigkeit und in den Drogensumpf aus Elend und Gewalt. Immer wieder zeigt der Film verbriefte Stationen der nur kurzen Sex-Pistols-Karriere wie ihren Bootsauftritt auf der Themse, das berüchtigte TV-Interview mit seinen „schmutzigen Wörtern“ und die ambivalenten US-Auftritte, wohlgemerkt trotz vorhandenen Archivmaterials allesamt für den Film nachgestellt. Gary Oldman („True Romance“) beherrscht die aus Videoüberlieferungen bekannte Mimik Sids und seine Bewegungen überraschend gut, schnell nimmt man ihm seine Rolle ab. Ein Indiz dafür, wie weit Oldmans Identifikation mit seiner Rolle reichte, mag dabei auch die Tatsache sein, dass er sämtliche im Film verwendeten Sex-Pistols- und Vicious-Songs selbst einsang (!), während Originalbassist Glen Matlock beim Einspielen der Stücke half.

Nancy Spungen wird charakterisiert als dauerbreite, aggressive Junkie-Braut, ständig die Grenze zur Hysterie überschreitend und am Stoff anscheinend noch mehr interessiert als an Sid. Die schauspielerische Leistung Chloe Webbs („Ghostbusters 2“) verlangt ihr viel Mut zur Hässlichkeit ab und trotz der Eindimensionalität ihrer Rolle versieht sie diese mit viel Leben und dem gewissen Etwas, das auch in Nancys Person so etwas wie Tragik erkennen lässt. Bizarre Szenen wie Sid mit Nancy und ihrer Familie gemeinsam am Esstisch sitzend sprengen ein wenig den engen, immer mehr auf Sid und Nancy reduzierten Mikrokosmos und sind willkommener Anlass für schrägen Humor, der sich ebenfalls durch den Film zieht, ohne seine Protagonisten über Gebühr der Lächerlichkeit preiszugeben. Dazu zählen auch witzige Details wie Sids Hammer-und-Sichel-T-Shirt, der bekanntermaßen eher zum Swastika-Motiv griff. Eine weitere nette Randnotiz, die von Szenekenntnis Cox‘ zeugt, sind die sich ganz selbstverständlich unters Publikum mischenden Skins. Apropos Randnotiz: Geradezu zu einer verkommen ist die Auflösung der Sex Pistols, die kaum thematisiert wird – möglicherweise bewusst als Indiz für Sids und Nancys suchtbedingte Teilnahmslosigkeit? Sids Solo-Karriere wird wieder näher beleuchtet, der Dreh zum großartigen „My Way“-Videoclip ebenso gezeigt wie Ausschnitte von Konzerten. Während jener schicksalhaften Nacht im Hotel zeigt man zwar den Konflikt zwischen Sid und seiner Nancy, jedoch nicht den Messerstich, der schließlich zum Tod geführt hat. Für sein ebenso trauriges wie tragisches Ende, für das die Rückblende verlassen wird, überlegte man sich einen gelungenen, kreativen Kunstgriff, indem man keinerlei realistische Bilder der Überdosis zeigt, sondern sich einen surrealen, metapherreichen Schluss voll versöhnlicher, schöner Bilder einfallen ließ.

Besondere Aufmerksamkeit gebührt dem Soundtrack des Films, der neben den bereits erwähnten Neueinspielungen Material solch großartiger Künstler wie Joe Strummer, The Pogues und den Circle Jerks enthält. Auch Ex-Sex-Pistole Steve Jones steuerte mit „Pleasure and Pain“ ein Stück bei. Zu den fernöstlich angehauchten Zwischenstücken stelle ich mir zwar eher vor, wie Sid und Nancy nachts durch Chinatown laufen, dennoch tut der Schuss Exotik zwischen den punkrockigen Songs dem Film gut und sorgt für eine eigentümliche Atmosphäre. In seinen Bildern arbeitet Cox mit einigen Zeitlupen und bedient sich ansonsten seines immer etwas offensichtlich-künstlich wirkenden Bildern, die er zeitweise weitestmöglich in die Nähe einen rauen Realismus zu rücken versucht, häufig aber auch das genaue Gegenteil anstrebt und einzelne Momente künstlerisch-perspektivisch auskostet und es damit zu einigen erinnerungswürdigen Aufnahmen bringt. Eine klassische Dramaturgie verfolgt Cox mit seiner losen Erzählweise nicht, wobei ich nicht genau weiß, ob diese bewusst als Stilelement eingesetzt wird oder erzählerisches Unvermögen dafür verantwortlich ist – übermäßig schaden tut sie dem Film jedenfalls nicht. Abstriche machen muss man bei manch Nebenrolle; Andrew Schofield beispielsweise nehme ich den Johnny Rotten nicht ab. Erwähnenswert: In einer kleinen Nebenrolle als „Gretchen“ findet sich die noch unverbrauchte Courtney Love. Insgesamt ist „Sid & Nancy“ eine interessante Aufarbeitung der Thematik, die als mit Vorsicht zu genießendes biographisches Drama ebenso funktioniert wie als szenenahe Momentaufnahme der Rockhistorie, vor allem aber auch als Parabel auf tragische Beziehungen, in denen Jugend, Rebellion, Labilität und Sucht eine unheilvolle Symbiose miteinander eingehen. „Sid & Nancy“ ist emotional, nicht perfekt, permanent zwischen Kunst und Klischee pendelnd – auf seine Weise ganz so wie Punk eben auch.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Sa 31. Aug 2013, 14:51
von buxtebrawler
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Haus der 1000 Leichen
Mary, Jerry, Denise, Bill reisen durch das Land um einen Reiseführer zu schreiben. Als sie bei Captain Spaulding's "Museum of Monsters and Madmen" halt machen zeigt ihnen dieser sein Museum in Form einer Geisterbahn. Fasziniert vom irren Killer Dr. Satan, der ganz in der Nähe getötet wurde, lassen die 4 sich den Weg erklären. Auf dem Weg dorthin lesen sie die Anhalterin Baby Firefly auf, welche sie vorher nach Hause bringen wollen. Eine Autopanne zwingt sie zur Übernachtung bei der seltsame Familie, die eine Halloweenparty schmeißt und danach ganz andere Dinge mit den vier Teenagern vor hat...
„Es ist lustiger mit Geschrei!“

Mit der Mischung aus Horrorkomödie und Genre-Hommage „Haus der 1000 Leichen“ lieferte der eigentlich aus dem Musikgeschäft stammende Regie-Quereinsteiger Rob Zombie im Jahre 2003 sein Debüt ab, zu dem er auch das Drehbuch verfasste und die Musik komponierte.

Eine Gruppe von vier jungen Menschen reist auf der Suche nach bizarren Sehenswürdigkeit auch in die entlegenen Gebiete des Südens der USA und trifft dort auf das vom schrägen Redneck-Clown Captain Spaulding (Sid Haig, „Planet des Schreckens“) betriebene „Museum of Monsters and Madmen“. Dort erhält der Besucher in Form einer Geisterbahn Informationen über diverse Serienkiller, unter anderem über den in unmittelbarer Umgebung sein Unwesen getrieben haben sollenden Dr. Satan. Dieser weckt das Interesse der Touristen ganz besonders, doch auf dem Weg zu dessen Grab nehmen sie die Anhalterin Baby Firefly (Sheri Moon Zombie) mit, die nach Hause möchte. Eine vermeintliche Autopanne sorgt dafür, dass man schließlich in die Fänge Babys irrer Familie gerät, die die vier Freunde zum Teil ihrer ganz eigenen Halloween-Party macht…

Angesiedelt zu einem nicht näher definierten Zeitpunkt in den 1970ern, beginnt Zombie seinen Film mit einer überraschend sorgfältigen Herausarbeitung des Charakters Spauldings als bärbeißigen, alternden Redneck – einer Rolle, die Sid Haig wie auf den Leib geschneidert scheint. Diese Rolle indiziert bereits Zombies Charakterisierung von Südstaatlern in einer Mischung aus Ehrerbietung und Persiflage, die sich durch weite Teile seines Werks ziehen wird. Sämtliche Charaktere sind eindeutig überzeichnet, was zum komödiantischen Stil des Films beiträgt, verfügen aber über einen hohen Wiedererkennungswert. In ihrer Bizarrie, Überdrehtheit und Gewalttätigkeit sind sie die Stars des Films, der seinen Fokus auf das Böse legt, nicht etwa auf die Opfer. „Haus der 1000 Leichen“ wird zu einer schrägen Backwood-Terror-Revue, zu einer schwarzhumorigen Freakshow, die jeden moralischen Zeigefinger kurzerhand abschneidet. Dafür wildert sich Zombie durch die Genrehistorie und zitiert vornehmlich den Hinterwäldlerhorror der 1970er sowie Serienmörder-Biographien, rührt kräftig durch und schmeckt mit ein paar eigenen Ideen ab. Ein Fan-Film also, für den vor allem „The Texas Chainsaw Massacre“ und Ed Gein Pate standen. Das führt zu einigen grafisch expliziten Grausamkeiten, die durchaus sehenswert technisch umgesetzt wurden, die Grenze zum sog. Torture porn, also zum absoluten Selbstzweck, aber höchstens mal touchieren; vielmehr reihen sie sich in die nicht ernstzunehmende, bisweilen fast schon parodistische Stimmung des Films ein und erinnern damit beispielsweise an die erste „The Texas Chainsaw Massacre“-Fortsetzung. Nichtsdestotrotz mögen diese Szenen gerade im Zusammenhang mit dem überdrehten, psychopathischen Humor manch unerfahreneren Zuschauer schockieren.

Die visuelle Ästhetik des Films kann sich sehen lassen: Die herrlich morbiden, dreckig-organischen, detailreichen Kulissen sind ein idealer Tummelplatz für den gezeigten Wahnsinn, der mit Zwischenschnitten von altertümlichen, verstörenden Schwarzweiß- und Privataufnahmen der Familie angereichert wurde. Auch arbeitet Zombie überraschend mit Split Screens, farbverfälschten Traumsequenzen und künstlerischen Kabinettstückchen wie während der Entdeckung der Geiseln durch die Polizei: Ausgewalzte Zeitlupensequenzen, die im Kontrast zum modernistischen, mitunter hektischen Schnitt stehen, eine eingespielte Oldie-Ballade und beim Tod des alten Sheriffs eingefügte Weihnachtsbilder seiner Familie sowie die sehr lang herausgezögerte Hinrichtungsszene im Showdown dieses Abschnitts erschaffen eine eigentümliche, dabei voll ausgekostete Atmosphäre des Vergänglichen in Kombination Pathos. Fast schon zu viel des Guten ist schließlich das teilweise in Rotfilter getauchte Finale unter Tage, das den zuvor eher als Legende gehandelten Dr. Satan zeigt, der fatal an Dr. Freudstein aus Lucio Fulcis „Das Haus an der Friedhofmauer“ erinnert und, ebenso wie sein Hilfspersonal, klasse aussieht (tolle Masken-/Make-up-Arbeit), jedoch eine Art Stilbruch darstellt.

Das ständige und mitunter reichlich aufgesetzt wirkende Gefluche der Charaktere sollte Zombies Markenzeichen werden und sich in der Folge durch jeden seiner Filme ziehen, erzielt in seinem inflationären Gebrauch jedoch kaum den möglicherweise intendierten Effekt, dürfte im komödiantischen Kontext dieses Debüts indes noch am ehesten passen. Schauspielerisch kann man „Haus der 1000 Leichen“ kaum Vorwürfe machen; das von der sexy Blondine (Baby Firefly) über die reife MILF (Mutter Firefly, gespielt von Karen Black, „Easy Rider“) und den langhaarigen Südstaaten-Asi (Rob-Zombie-Lookalike Otis, gespielt von Bill Moseley, „Die Armee der Finsternis“) bis zum entstellten Mutanten (Tiny, gespielt von Matthew McGrory, „Big Fish“) reichende Ensemble legt sichtliche Spielfreude an den Tag und verfügt über ausreichend Charisma, um seine Rollen mit Leben und Individualität auszufüllen. Der Soundtrack stammt größtenteils von Rob Zombie persönlich, wurde ergänzt durch Stücke von den Ramones, den Commodores, Helen Kane etc. und übernimmt erwartungsgemäß eine dominante Position im Aufbau des Films.

Fazit: Mit „Haus der 1000 Leichen“ gelang Rob Zombie eine überzeugende, unterhaltsame, schwarzhumorige Genre-Hommage als Spielfilm-Debüt, das hin und wieder etwas zu viel auf einmal will und keinesfalls als bierernster Horrorfilm betrachtet werden sollte. Mit der richtigen Erwartungshaltung können jedoch gerade Genre-Affine eine gute Zeit verleben - „Party-Horror“, ganz ohne die negative Konnotation des Begriffs.

P.S.: Nachdenklich und traurig stimmt mich, dass zum Zeitpunkt meines Verfassens dieser Zeile solch charismatische Schauspieler(innen) wie Karen Black und Matthew McGrory bereits nicht mehr unter den Lebenden weilen. Karen Black verstarb vor wenigen Wochen im Alter von 74, der mit 2,29 Metern riesenhafte Matthew McGrory bereits 2005 angeblich eines natürlichen Todes – mit nur 32 Jahren! Ruht in Frieden...

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Di 3. Sep 2013, 00:33
von buxtebrawler
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The Devil’s Rejects
Nachdem die wahnsinnige Familie Firefly seinen Bruder getötet hat, umstellt der rachsüchtige Sheriff John Wydell (William Forsythe) das Anwesen der Mördersippe, die für unzählige Entführungen und bestialische Morde verantwortlich ist. Die Polizei stürmt das heruntergekommene Haus und kann dort Mutter Firefly (Leslie Easterbrook) festnehmen, während der hübschen Baby (Sheri Moon) und ihrem Bruder Otis (Bill Moseley) die Flucht gelingt. Gemeinsam mit ihrem Vater Captain Spaulding (Sid Haig) planen sie sich vorerst im Bordell ihres Onkels Charlie Altamont (Ken Foree) zu verstecken. Auf ihrer mörderischen Flucht durch das Land hinterlassen die drei eine triefende Blutspur und werden dabei von dem gnadenlosen Sheriff, zwei skrupellosen Kopfgeldjägern (u.a. Danny Trejo) und einem Großaufgebot der texanischen Polizei verfolgt...
„In der Not frisst der Teufel Scheiße!“

Der US-Musiker und Quereinsteiger ins Filmgeschäft Rob Zombie präsentierte im Jahre 2005 als sein Zweitwerk die Fortsetzung seines „Haus der 1000 Leichen“ um die Südstaaten-Psychopathen-Familie Firefly und wechselte dabei kurzerhand das Genre: Statt einer Horrorkomödie/-hommage bekommt man es nun mit einer Mischung aus Action-Thriller und Road-Movie zu tun.

Sheriff John Wydell (William Forsythe, „Arizona Junior“) sinnt auf Rache für seinen von Familie Firefly getöteten Bruder und bläst zum Vernichtungsschlag auf das Grundstück der Familie. Bei der Stürmung des Hauses wird Mutter Firefly (Leslie Easterbrook, „Furz – Der Film“) festgenommen, doch Baby (Sheri Moon Zombie, „Haus der 1000 Leichen“) und Otis (Bill Moseley, ebenda) können fliehen. Ihnen schließt sich Captain Spaulding (Sid Haig, ebenda) an, der sich als Vater der beiden herausstellt. Sie versuchen, bei einem weiteren Familienmitglied, Onkel Charlie (Ken Foree, „The Dentist“), unterzukommen, der ein Bordell betreibt. Immer im Nacken: Zwei Kopfgeldjäger (u.a. Danny Trejo, „Machete“) und die texanische Polizei…

Texttafeln nehmen die Ereignisse des Jahres 1978 vorweg, die anschließend in Form Selbstjustiz übender, schießwütiger Bullen, die sich als Gesandte Gottes aufspielen, gezeigt werden. Das gibt bereits die Marschrichtung des Films vor: Gewalt noch und nöcher ohne moralische Instanzen auf Seiten der Kontrahenten. Die Polizei wird zum unerbittlichen Jäger, dessen sadistische Methoden denen der Gejagten nicht unähnlich sind. Hauptsächlich findet „The Devil’s Rejects“ aus Sicht der Verbliebenen der Familie Firefly statt. Dies bedeutet nicht weniger als eine mörderische (Tor-)Tour durch die staubigen Straßen der Südstaaten, die viele Opfer fordert und die Familie einmal mehr als skrupellose, eiskalte Folterknechte und Killer zeigt. Die Identifikation mit diesen Gestalten fällt naturgemäß schwer, wenn Zombie es auch mitunter anscheinend darauf angelegt, eben diese zu provozieren. Heftig, explizit inszenierte Gewaltexzesse, extrem unappetitliche Aufnahmen (beispielsweise eines überfahrenen Opfers), Lynchjustiz, obszönes Gelaber (z.B. über Sex mit Hühnern) und permanentes Gefluche sowie verschiedenste weibliche Brüste, junge wie alte, ziehen sich durch die knapp zweistündige Südstaaten-Sadismus-Revue, für die Zombie sich erneut einer alles andere als uninteressantes Ästhetik bedient und viel Blut mit noch mehr Dreck vermischt. Dabei lässt er diesmal sämtliche Phantastik außen vor, justiert den überdrehten schwarzen Humor des Erstlings ein gutes Stück weit zurück und verlässt sich öfter auf die schroffe Raubeinigkeit der Inszenierung und ihrer charakteristischen Figuren sowie ihres durch Sheri Moon Zombie noch stärker in den Vordergrund gerückten Erotikfaktors, der in der auf besonders krank und abseitig-cool getrimmten Handlung jedoch unterzugehen droht.

Einen Dr. Satan gibt es hier nicht mehr, er wird auch mit keiner Silbe mehr erwähnt – was sowohl die grundsätzliche Verzichtbarkeit dieses Elements aus „Haus der 1000 Leichen“ unterstreicht als auch den nicht sonderlich sorgfältigen Umgang Zombies mit den Charakteren aus der von ihm erschaffenen Parallelwelt, die anscheinend in erster Linie eines soll: Südstaaten-Klischees bis an die Schmerzgrenze überreizen, persiflieren, dabei mit eigenen möglichst sozio- und psychopathischen Ideen ohne Rücksicht auf Publikum oder die erwählte Geschichte selbstzweckhaft verstören und auf eine Weise dem alten Grindhouse-Kino huldigen, wie es Tarantino, Rodriguez und Konsorten immer wieder zu tun gedenken und dabei an ihrer oberflächlichen, aufgesetzten Coolness und kalkulierten Bettelei um Kultfilm-Status scheitern. Den ambivalenten Charakter Captain Spauldings gab man zugunsten einer im Gegensatz zum Vorgänger ihn nun eindeutig als Angehörigen der Familie Firefly identifizierenden Rolle auf, nachdem er zu Beginn seine schwarzen Zähne zeigen und in einer sich als Traum entpuppenden Sexszene intime Einblicke gewähren durfte. Das wiegt besonders schwer, denn wesentlich spannender wäre es gewesen, Spaulding selbst gegen die Fireflys antreten zu lassen und ihn als bärbeißigen Südstaaten-Antihelden im Kampf gegen das ultimative Böse zu etablieren. Was sein Charakter in „Haus der 1000 Leichen“ an Fragen offen ließ, wird hier nun irritierend unbefriedigend aufgedröselt.

Wer bisher noch nicht wusste, dass sich die Familie nach Groucho Marx' Filmrollen benannt hat, erfährt dies jetzt, weitere Einblicke in die Familiengeschichte, in ihre Hintergründe, in ihren Psychen, ihre Motive oder was auch immer bekommt man indes noch immer nicht – von ihren Verwandtschaftsverhältnissen einmal abgesehen. „The Devil's Rejects“ mangelt es hinter seiner Plakativität eklatant an Tiefgang – obwohl man Zombie anmerkt, dass er sich bemüht, die Charaktere stärker hervorzuheben, herauszuarbeiten. Die gewünschte Vermenschlichung der Täter durch Gegenschnitte von Glückseligkeit ausstrahlenden Familienaufnahmen der Fireflys erscheint mir etwas primitiv. Musikalisch setzt Zombie interessanterweise viel stärker auf die Musik anderer als zuvor und steuerte diesmal selbst anscheinend nichts bei, versteht es aber durchaus, die verwendeten Stücke zielführend einzusetzen. Der Höhepunkt ist dabei sicherlich das wunderbar mit Lynyrd Skynyrds „Free Bird“ korrespondierende Kamikaze-Finale, das wirkt, als hätte sich Zombie derart stark auf es konzentriert, dass es ihm tatsächlich gelingt, die angestrebte Stimmung des Films auf den Punkt zu bringen, tatsächlich so etwas wie Mitgefühl für die Täter in diesem Western-artigen Showdown zu erzwingen und einen wahrhaft erinnerungswürdigen Moment zu schaffen, der länger nachwirkt und in seiner Intensität gar an einen Sam Peckinpah erinnert.

Doch leider ändert auch das nicht allzu viel an diesem mir zu tarantinoeksen, laut polternden Möchtegern-'70er-Terror-Flick, der es unter seiner stimmigen Oberfläche sowohl an Gehalt als auch tiefergreifender, pointierter Garstigkeit vermissen lässt – denn wenn alles abartig ist, ist letztlich nichts mehr abartig. Dies kann auch nicht mit einem Gastauftritt des immer gern gesehenen Michael Berryman („Hügel der blutigen Augen“), guten bis sehr guten schauspielerischen Leistungen fieser Charakterfressen und einem nicht mehr zu leugnenden technischen Geschick Zombies und seines Teams kompensiert werden. Ich weiß noch immer nicht ganz, was ich von „The Devil's Rejects“ halten soll und vergebe daher wenig aussagende 5 von 10 Leichen im Motel. Vielleicht muss ich diesen Film auch einfach ein paar weitere Jahre reifen lassen und ihn mir dann noch einmal vorknöpfen...

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Di 3. Sep 2013, 16:49
von buxtebrawler
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Piranhas II - Die Rache der Killerfische
Nach einem spektakulären Raubzug in einer brasilianischen Smaragdmine versenken die Diebe um den Juwelenräuber Lasky (Lee Majors) die erbeuteten Steine in einem See. Sie quartieren sich in einem Hotel am See ein und wollen abwarten bis sich die Lage beruhigt hat und die kostbare Beute nach zwei Monaten bergen, um sie unter sich aufzuteilen. Paul Diller (James Franciscus), Auftraggeber und Kopf der Bande, misstraut seinen Komplizen allerdings und setzt ohne ihr Wissen dutzende von Piranhas in dem See aus, um die wertvolle Beute vor ihrem Zugriff zu schützen. Einige Mitglieder der Bande halten sich nicht an die Abmachung und versuchen die Edelsteine zu bergen und bezahlen das mit ihrem Leben. Das alles bleibt Lasky nicht verborgen, aber er wartet erst einmal ab und vergnügt sich mit dem Fotomodel Gabrielle (Margaux Hemingway), das mit ihrer Crew für ein Foto-Shooting in dem Hotel abgestiegen ist. Diller und seine Freundin Kate (Karen Black) bergen die Steine schließlich selbst, werden aber von einem Unwetter überrascht und so an ihrer Flucht gehindert. Sie finden auf einem Boot zuflucht, auf dem sich Lasky und die Models befinden…
„Das Glück ist eine französische Hure!“

Steven Spielbergs „Der weiße Hai“ war ein solcher Erfolg, dass er das Subsubgenre der Fishploitation begründete. Filmemacher wie beispielsweise das Duo Roger Corman (Produktion) und Joe Dante (Regie) fühlten sich berufen, ebenfalls fiese Fischlein in ihren Filmen wüten zu lassen und drehten den Low-Budget-Horrorfilm „Piranhas“. Dies wiederum inspirierte auch die Italiener, die Antonio Margheriti („Satan der Rache“) ins Rennen schickten, um ebenfalls einen Film mit Piranhas zu drehen. Das Ergebnis wurde nur ein Jahr nach „Piranhas“ in italienisch-US-amerikanisch-britisch-brasilianischer (!) Koproduktion realisiert, lautet im Original „Killer Fish“ und wurde in Deutschland unter dem Titel „Piranhas II - Die Rache der Killerfische“ dreist als direkte Fortsetzung zu Dantes Film vermarktet.

Eine feiste Ganovenbande um Juwelenräuber Lasky (Lee Majors, „Ein Colt für alle Fälle“) erbeutet in einem spektakulären Coup wertvolle Edelsteine und versenkt diese in einem brasilianischen See, wo sie sicher lagern sollen, bis etwas Gras über den Diebstahl gewachsen ist. Doch nicht jedes Bandenmitglied möchte teilen, so dass der eine oder andere heimlich nach dem Schatz taucht. Was sie jedoch nicht wissen: In ebenso weiser wie grausamer Voraussicht hat der Kopf der Bande, Paul Diller (James Franciscus, „Die neunschwänzige Katze“), blutrünstige Piranhas im See ausgesetzt, so dass sich die Anzahl der teilungsberechtigten Partner nach und nach reduziert…

„Piranhas II – Die Rache der Killerfische“ hat mit Joe Dantes Film – wie nicht anders zu erwarten – nicht viel gemein, vielmehr handelt es sich um eine Gangster-Abenteuergeschichte im Gewand eines Fishploitationers. Ein schmissiger Disco-Song als Titelmelodie und ein explosiver, feuriger Beginn, für den wieder einige Margheritis berüchtigter Miniaturbauten dran glauben müssen – und schon ist man im Geschehen. Doch so unheimlich viel geschieht eigentlich gar nicht, stattdessen wird man Zeuge eines unfassbar langen, komplett fischfreien Vorgeplänkels. Das ist dramaturgisch mau, versetzt aber immerhin in exotische Urlaubsstimmung, insbesondere in Kombination mit dem Soundtrack. Im sonnigen, sommerlichen Brasilien lässt man nun verdammt viel Gequatsche, darunter eine Menge Dummschwätzerei, über sich ergehen und erfreut sich vielleicht am einen oder anderen hübschen Mädel. Doch Obacht, trotz einer albernen Fotomodell-Nebenhandlung inkl. einer komödiantischen Nebenrolle in Form des „lustigen dicken“ Fotografen tendiert der Sleaze-Faktor gegen null – was ungewöhnlich ist für einen italienischen Genrefilm.

Viel besser weiß da eine gut gemachte Tauchszene zu gefallen, die nach rund 50 Minuten mit dem Fund einer skelettierten Leiche einhergeht. Für die außerordentliche Aggressivität der Piranhas hat man sich erst gar keine Erklärung überlegt, die sind einfach so und endlich kommt es nun auch einmal zu einer Attacke. Bis zu einer grafisch expliziten Umsetzung muss man jedoch rund 75 Minuten (!) warten, und allgemein wurden die blutigen Spezialeffekte sehr simpel gelöst. Das mehr oder minder dramatische Unwetter auf dem See wurde glatt von „Der weiße Hai“ gemopst, Margheritis niedliches Miniaturboot allerdings gab es dort nicht. Endlich hat der Film an Fahrt gewonnen und zelebriert eine imposante Zerstörungsorgie nach einem Dammbruch, die wie ein Finale wirkt, obwohl der Film noch eine ganze Weile läuft… Ein recht gelungener, doppelbödiger Epilog indes wertet den Film dann ein Stück weit auf, indem er ihn zu einem angenehmen, versöhnlichen Ende bringt. Nein, weder Drehbuch, noch technische Umsetzung haben sich sonderlich mit Ruhm bekleckert, das Interessanteste an „Piranhas II – Die Rache der Killerfische“ ist stattdessen die schauspielerische Besetzung: Diese weist eine gewisse Klasse auf und macht mit Stuntman Lee Majors, der katzenäugigen Karen Black („Haus der 1000 Leichen“) und dem tragischen Italo-Western-Helden Anthony Steffen („Django und die Bande der Bluthunde“) durchaus Spaß und ist gerade rückblickend betrachtet eine interessante Konstellation. James Franciscus als Aquarianer und Fiesling sieht nicht nur aalglatt und schmierig aus, sondern spielt auch so und wirkt unsympathisch wie nur was, ohne dass er viel dafür tun müsste – in gewisser Weise auch eine Leistung. Alles in allem ist „Piranhas II – Die Rache der Killerfische“ aber leider nicht so richtig Fisch, viel eher zähes Fleisch.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mi 4. Sep 2013, 18:13
von buxtebrawler
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Elliot, das Schmunzelmonster
Er ist drachenstark, immer zu Späßen aufgelegt und kann sich unsichtbar machen. Welches Kind wünscht sich nicht einen Freund wie Elliot - das Schmunzelmonster ? In seiner Begleitung kann Pete eigentlich nicht passieren. Aber die Hilfe des Drachens hat der kleine Waisenjunge auch dringen nötig: Denn die gemeine Familie Googan, von deren Farm er weggelaufen ist, will ihn mit allen Mitteln wieder zurückholen. Auf seiner Flucht erlebt Pete mit seinem etwas tolpatschigem Drachen eine Menge aufregende und lustige Abenteuer. Wenn sich das Schmunzelmonster sichtbar macht, geraten brave Schulklassen außer Rand und Band, und die Familie Googan lernt das Fürchten. Wo immer Elliot auftaucht, wird es mächtig turbulent. Und obwohl er viel verwirrung stiftet, wendet sich dank seiner Hilfe alles zum Guten.
„Denke immer daran, dass du keinem Angst machst!“

Nach „Mary Poppins“ und „Die tollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett“ war „Elliot, das Schmunzelmonster“ aus dem Jahre 1978 offensichtlich Disneys dritte Ambition, einen Musical-Kinderfilm im Realfilm/Zeichentrick-Mix auf die Leinwand zu bringen. Don Chaffey („Eine Million Jahre vor unserer Zeit“) führte dabei die Regie.

Der Waisenjunge Pete (Sean Marshall, „Bis zum letzten Atemzug“) wurde von der garstigen Familie Gogan gekauft und zum Arbeiten gezwungen, woraufhin Pete die Flucht ergreift. Dabei ist ihm sein neuer Freund Elliot behilflich, ein großer grüner Drache mit freundlichem Wesen, der sich nach Belieben unsichtbar machen kann. Es verschlägt die beiden ins Fischerdorf Passamaquoddy, wo Pete Unterschlupf bei Nora (Helen Reddy, „Giganten am Himmel“) und ihrem Vater Lampie (Micky Rooney, „Toys – Tödliches Spielzeug“) im Leuchtturm findet. Pete freut sich über die neu gewonnene Familienidylle, die jedoch jäh gestört wird vom Scharlatan Dr. Terminus und dessen Gehilfen Hoagie (Red Buttons, „Der längste Tag“), die Jagd auf Elliot machen und ihn zu Medizin verarbeiten wollen. Außerdem sind die Gogans noch immer hinter Pete her...

Die Musical-Komödie „Elliot, das Schmunzelmonster“ bedient einmal mehr kindliche Wunschträume von übermächtigen Freunden, die ihnen helfen, denn Alltag zu bewältigen. Der hineingeschnittene Zeichentrickdrache hat ein gutes Wesen, ist aber reichlich tollpatschig und nimmt schon mal ohne es zu wollen das halbe Dorf auseinander. Dabei kommt natürlich nie ernsthaft jemand zu schaden, wodurch der Drache die Lacher auf seiner Seite hat. Besonders ulkig wird es dabei, wenn Elliot seinen kleinen Freund Pete immer wieder in die Bredouille bringt, weil er in unsichtbarem Zustand es ungewollt so aussehen lässt, als wäre Pete schuld. Neben den atmosphärischen Bildern von Elliots Höhle an der tosenden Meeresbrandung sind dies aus meiner Erwachsenensicht die Höhepunkte des Films, der ansonsten doch sehr stark auf Kitsch setzt und immer wieder Gesangs- und Tanzeinlagen in einer Welt präsentiert, in der Menschenhandel legal ist und in der Schule noch geschlagen wird – von den Lehrern!

So reizvoll es vornehmlich im Entstehungsjahr sicherlich auch 14 Jahre nach „Mary Poppins“ noch war, Real- und Zeichentrickfilm-Elemente miteinander zu kreuzen, so durchschaubar sind manch andere Spezialeffekte geraten; auch die Kulissen waren bei Disney schon phantasievoller. Die meisten Darsteller ergehen sich in theatralischem Overacting, der kleine Sean Marshall erfüllt seine Rolle für so einen Knirps wohlgemerkt schauspielerisch durchaus beeindruckend und nicht frei von Charme. Die außenseiterfreundliche und antikapitalistische Aussage des Films ist natürlich pädagogisch erfreulich, wirkt aber immer auch etwas geheuchelt, wenn sie aus der Disney-Produktion stammt (womit Disney aber alles andere als allein auf weiter Flur steht). Die naive und zudem selbst in der gekürzten deutschen Kinofassung noch überlange Umsetzung, die diesmal weitestgehend ohne Augenzwinkern, doppelbödige Ironie, anarchischen Witz o.ä. auskommt, macht aus dieser Form der „Familienunterhaltung“ tatsächlich nicht mehr unbedingt etwas, woran auch Erwachsene vorbehaltlos ihre Freude haben, sondern sollte von seiner eigentlichen Zielgruppe, Kindern im präpubertären Alter, bewertet werden. Musical-Freunde indes werden sich möglicherweise am für viele (inkl. der Zielgruppe) wohl Unerträglichsten des Films laben, denn wenn ich mich recht entsinne, wurden sämtliche Stücke aufwändig ins Deutsche übersetzt und z.B. von Katja Ebstein neu eingesungen. Ich jedoch muss da passen, das ist selbst einem unverbesserlichen Kindskopf wie mir zu viel heile Welt auf einmal.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Do 5. Sep 2013, 17:39
von buxtebrawler
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Return of the Living Dead III
Colonel Reynolds und sein Team arbeiten fieberhaft an einem geheimen Militärprojekt, bei dem es um die Reanimation und Aussergefechtsetzung von Untoten geht. Inzwischen haben sich sein Sohn Curt (J. Trevor Edmond) und dessen neugierige Freundin Mindy (Melinda Clarke) unbefugten Zugang zum Labor verschafft. Die Reanimation verläuft problemlos, doch die Kreatur erweist sich widerstandsfähiger als erwartet. Wenig später verstirbt Mindy bei einem Motorradunfall und in seiner Verzweiflung kehrt Curt zum Versuchslabor zurück, um die kürzlich beobachtete Prozedur an ihre Leiche auszuprobieren. Die Tote wird daraufhin erfolgreich reanimiert, doch sehr bald muß Curt feststellen, daß seine Freundin einen ungeheuerlichen Appetit auf Menschenfleisch entwickelt...
„Geht ihr heute Abend mit, ‘n bisschen Randale machen?“

Im Jahre 1988 machte sich der gebürtige Philippino und Genre-Spezialist Brian Yuzna („Bride of Re-Animator“) auf, der „Return of the Living Dead“-Reihe aus den 1980ern in US-Produktion eine zweite Fortsetzung zu spendieren. Dabei heraus kam überraschenderweise keine Horrorkomödie, sondern eines der bizarrsten und gleichzeitig schönsten Liebesdramen, die das Horrorgenre zu bieten hat.

Eine geheime Abteilung des US-Militärs forscht an den in gashaltigen Fässern aufbewahrten Untoten und versucht, eine Möglichkeit zu entwickeln, sie nach ihren Reanimationen kontrolliert wieder ausschalten zu können, um so eine neuartige und höchst effektive biologische Kriegswaffe zu schaffen. Curt (J. Trevor Edmond, „Lord of Illusions“), der Sohn Colonel Reynolds‘ (Kent McCord, „Predator 2“), verschafft sich Zugang zum Labor und beobachtet die pannenbehafteten und Tote fordernden Versuche heimlich mit seiner Freundin Julie (Melinda Clarke, „Two Moon – Im Rausch der Sinne“). Angewidert von der Arbeit seines Vaters und nicht gewillt, schon wieder in einen anderen Ort umzuziehen und Julie allein zurückzulassen, bricht er mit seinem Erzeuger und braust wutentbrannt mit Julie auf dem Motorrad davon. Dabei kommt es jedoch zu einem Verkehrsunfall, der für Julie tödlich endet. Für Curt bricht eine Welt zusammen, so dass er beschließt, die beobachtete Wiedererweckung Toter auch an Julie durchzuführen. Doch was zunächst erfolgreich erscheint, entpuppt sich bald als gefährliches Spiel mit dem Tod: Julie entwickelt zunehmend Appetit auf Menschenfleisch und scheint unter ihrem Untoten-Dasein sehr zu leiden…

„Das ist ja wie im Horrorfilm!“

Brian Yuzna ist befreundet mit Horror-Regisseur Stuart Gordon und Fan der phantastischen Literatur H.P. Lovecrafts, was man vielen seiner Produktionen anmerkt. Ende der 1980er entwickelte sich Yuzna zum Spezialisten für von Gordon und Lovecraft inspirierten Körperhorror (sein Debüt „Dark Society“ ist in dieser Hinsicht ein wahres Feuerwerk!) und konnte stets mit herausragenden Spezialeffektkünstlern zusammenarbeiten. So wurde auch „Return of the Living Dead III“ zu einem blutigen, splatterigen SFX-Spektakel, jedoch ohne dabei das Erzählen einer Geschichte zu vernachlässigen. Der Film greift die Beziehung des emotional vereinsamten Liebespaars Curt und Julie, das in erster Linie sich selbst und sonst nicht viel hat, vor dem Hintergrund des Generationskonflikt zwischen Curt und seinem Vater auf und setzt sie in den Mittelpunkt der Handlung. Die Thematik einer Zombie-Epidemie wurde nicht nur wie in vielen Genre-Vertretern üblich heruntergebrochen auf die Übersichtlichkeit und gefühlte Isolation einer Kleinstadt, sondern setzt in einem noch kleineren Mikrokosmos an: Der Beziehung zweier Menschen zueinander, einer in höchstem Maße persönlichen Ebene. So sind die Ausmaße der durch Bisse übertragenen Zombifizierung lebender Menschen auch nicht so weitreichend wie beispielsweise in den vorausgegangenen Teilen der Filmreihe, sondern finden in einem kleineren, noch eher vertuschbaren Rahmen statt. Dies ist gleichbedeutend mit einer Individualisierung der Zombies, die man – von den schon zu Beginn des Films untoten Gegenständen der Militärforschungen abgesehen – als Zuschauer jeweils noch im menschlichen Existenzstadium kennenlernt und zumindest grob charakterisiert bekommt.

Selten jedoch hat man einen solch starken Bezug zu einem Zombie wie zu Julie aufgebaut, die nicht nur eine heiße Punkbraut ist, sondern eine überaus tragische Rolle einnimmt. Sie agiert hier nicht als bedrohliches, vernichtungswürdiges, vollkommen entmenschlichtes Monstrum, sondern als zu über reine Triebhaftigkeit hinausgehenden Entscheidungen fähige Sympathieträgerin, die nun endgültig die Außenseiterposition, die sie bereits zu Lebzeiten einnahm, ungewollt in Gänze verkörpert. Damit wird „Return of the Living Dead III“ nach einem sehr blutigen Beginn zu einer morbiden Außenseiter-Romanze, für deren Liebe keinerlei Chance besteht. Nicht minder tragisch wurde die Rolle Curts angelegt, der zunächst ein Mittel gefunden zu haben scheint, mit dem er Julie wieder ruhigstellen kann, was jedoch nicht von langer Dauer ist. Verzweifelt hält er an seiner Liebe zu Julie fest, doch muss er ohnmächtig mitansehen, wie seine große Liebe sich immer weiter verändert, gerät in Konflikt mit einer Straßengang, muss sich verstecken – und doch gibt es kein Entrinnen vor der absoluten Zuspitzung der Situation, die einer hemmungslosen Entladung der Gewalt mündet, visuell umwerfend realisiert durch äußerst brutale Splatter-Einlagen, großartige Masken-Arbeit, Kreaturengestaltungen, die wie organische Mutationen und Missbildungen aussehen und sich dabei getreu den Körperhorror-Konventionen weiter verändern.

Gleichzeitig ist „Return of the Living Dead III“ als Parabel auf das Leben mit dem Borderline-Syndrom betrachtbar, denn Julie entwickelt eine starke Affinität zu selbst zugefügten Schmerzen, um sich von den Schmerzen des Totseins und der Gier nach Menschenfleisch abzulenken. Dies äußert sich in einer Art bizarrem Piercing-Fetisch, die Julie letztlich zu einer hocherotischen Monsterbraut macht, von der man liebend gern gebissen werden möchte. Die Weise, wie Yuzna und sein Team mit makabren und zugleich erotischen Reizen arbeiten, ist einmalig. Dramatik und Tragik des Films werden dabei keinesfalls verraten, sondern lediglich um eine weitere, subtil stets vorhandene erotische Note ergänzt, in der die freizügige und wunderschöne Melinda Clarke mit Haut und Haar aufgeht. In seinen leiseren Momenten wurde „Return of the Living Dead III“ sehr gefühlvoll inszeniert, wird stets der richtige Ton getroffen. Das schwer düster-romantische Ende besiegelt schließlich Julies und Curts Schicksal und ist in seiner Konsequenz ebenso traurig wie respekteinflößend, idealisiert die Kraft der Liebe und erinnert an die Gültigkeit von Treueschwüren.

Die zunächst zurückhaltende musikalische Untermalung aus wabernden, sphärischen Synthesizer-Klängen wird mit der Zeit immer dominanter und hat schließlich fast schon etwas Orchesterhaftes an sich, Dennoch zählt der Soundtrack nicht zu den Stärken des Films, die eindeutig im erzählerischen und visuellen Bereich liegen. Fragwürdig erscheinen allenfalls die mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen des geheimen Militärlabors, das Curt offensichtlich jederzeit betreten kann. Die bekannte Militärkritik aus Teil 1 und 2 wurde jedoch übernommen und dem Film entsprechend angepasst. Auch schauspielerisch gibt es keinerlei Ausfälle, wenngleich die darstellerischen Leistungen hinter den Spezialeffekt-Spektakeln naturgemäß zurückstehen. Mit dieser leicht von „Friedhof der Kuscheltiere“ inspirierten, weitestgehend humorfreien Schauer- und Splatterromanze ist Brian Yuzna nicht nur sein Meisterstück, sondern auch einer der originellsten und besten Zombie-Filme gelungen, der mich immer wieder aufs Neue begeistert und zweifelsohne zu den Genre-Höhepunkten der 1990er-Jahre zählt!

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Fr 6. Sep 2013, 15:34
von buxtebrawler
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End of the Line
Karen (Ilona Elkin) arbeitet als Krankenschwester in einer psychiatrischen Klinik in Montréal. Als sie wie immer mit der letzten U-Bahn nach Hause fahren will, wird sie auf dem Bahnsteig von einem uniformierten Anhänger (Robin Wilcock) der einflussreichen christlichen Sekte 'The Voice of Eternal Hope' belästigt, die allgegenwärtig im Stadtbild zu sein scheint. Nachdem der Student Mike (Nicolas Wright) den offenbar verwirrten Mann vertrieben hat, fährt auch endlich der letzte Zug für diese Nacht ein. Während der Fahrt bleibt dieser jedoch plötzlich mitten im Tunnel liegen, da es entweder einen Stromausfall gegeben oder jemand die Notbremse gezogen hat. Von den paar Dutzend Fahrgästen sind auffällig viele Personen Anhänger der christlichen Sekte. Als deren Handys geleichzeitig zu klingeln beginnen, zücken die frommen Christen plötzlich Dolche und Schwerter und beginnen alle Ungläubigen abzuschlachten, da ihrer Meinung der Weltuntergang kurz bevorsteht und sie die Menschen vor den herannahenden Dämonen bewahren müssen. Eine kleine Gruppe von Fahrgästen, darunter auch Karen und Mike, flüchten sich aus dem Zug und es beginnt eine mörderische Hetzjagd durch das Tunnelsystem der U-Bahn...
„Brüder, Schwestern, hört den Ruf…“

Die kanadische Horrorproduktion „End of the Line“ entstand unter der Regie von Maurice Devereaux („Slashers“) und wurde im Jahre 2006 veröffentlicht. Karen (Ilona Elkin, „Eternal“) wird während ihrer Arbeit als Krankenschwester in einer Psychiatrie mit extrem neurotischen Patienten konfrontiert, von denen der eine einen Rosenkranz verspeist hat und die andere ihr erst furchteinflößende Zeichnungen einer nahenden Apokalypse hinterlassen und sich unmittelbar nach ihrer Entlassung vor eine U-Bahn geworfen hat. Während die religiöse Sekte „Voice of Eternal Hope“ in den Straßen und sogar im Fernsehen missioniert, bleibt Karen davon weitestgehend unbeeindruckt. Als sie die letzte U-Bahn nach Hause nimmt, befinden sich auch einige der Sektenanhänger im Zug – und diese werden nach Erhalt einer Pager-Nachricht plötzlich zu selbsternannten „Erlösern“, die alle Nichtmitglieder abzuschlachten beginnen, da der Weltuntergang bevorstünde und die „Erlösten“ auf diese Weise vor bösen Dämonen errettet würden…

„End of the Line“ spielt gleichzeitig mit den Ängsten vor weitestgehend menschenleeren Bahnstationen und -schächten zu nächtlicher Stunde wie vor religiösen Eiferern, die in ihrer Verblendung und in ihrem Wahn zu allem fähig sind und auch vor grausamen Morden nicht zurückschrecken. Devereaux beginnt seinen Film mit einem herben Schockeffekt, auf den der eingangs beschriebene Selbstmord folgt und bleibt seiner kompromisslosen harten Linie treu, wenn die Sektenanhänger zu brutalen Morden per Kruzifix und anderen Stichwaffen übergehen. Im Anschluss jedoch wird der Film zu einer Art Kammerspiel in den U-Bahn-Schächten, aus deren unwirtlichem Ambiente man leider kaum Kapital schlagen kann und atmosphärisch dröge bleibt. Generell wirkt die Optik des Films zwar hier und da bemüht schmutzig, erreicht jedoch nie die Bildtiefe auf klassischem Material gedrehter Filme, sondern erinnert eher an Digitalaufnahmen. Schauspielerisch leistet das ohne große Namen auskommende Ensemble auch nicht gerade Herausragendes, schon gar nichts wirklich Glaubwürdiges, und zu allem Überfluss legt ihnen das Drehbuch zahlreiche Dialoge in die Münder, die manch Handlungsabschnitt beinahe zerlabern.

(Achtung, es folgen Spoiler!)

So nutzt sich „End of the Line“ zunehmend ab und wird ermüdend, weil der Drive irgendwie verlorengegangen ist. Einen durchhängenden Spannungsbogen können i.d.R. überraschende Wendungen oder gewitzte Pointen wieder straffen oder zumindest dafür entschädigen. Devereaux fallen dazu Visionen von Menschen mit zugenähten Gesichtsöffnungen ein, die schön gruselig und morbide aussehen sind und das durchaus vorhandene Geschick für Spezialeffekte und Maskenarbeiten betonen, jedoch bedeutungsschwangerer erscheinen sollen, als sie für die Handlung letztlich sind. Diese schlägt gegen Ende tatsächlich Kapriolen und zeigt einige sehr ansehnliche Monster, verschenkt jedoch gleichzeitig sämtliche weitere Möglichkeiten. Die Bedeutung dieser Viecher soll sich das Publikum mit Einsetzen des Abspanns selbst erklären und naheliegend ist natürlich, dass suggeriert wird, die Fanatiker hätten mit allem Recht gehabt. Dass das ein alles andere als befriedigendes, auch kein aufwühlendes oder schockierendes, sondern lediglich ein die Aussage des Films zunichte machendes, doofes Ende ist, bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung…

Mit Ach und Krach komme ich für die interessante Prämisse, „Zug-Horror“ mit religiösem Wahn zu kreuzen und mit einigen deftigen visuellen Härten aus dem Splatter-Fundus abzuschmecken, auf schwache 6 von 10 Kruzifix-Dolchen, der stellenweise herbeigeredete richtig gute Genre-Beitrag ist „End of the Line“ aber sicher nicht – eher Abteilung: Fantasy-Filmfest, Videothek, angeschaut, vergessen.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Sa 7. Sep 2013, 01:24
von buxtebrawler
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Conjuring – Die Heimsuchung
Anfang der 70er Jahre haben sich Ed (Patrick Wilson) und Lorraine Warren (Vera Farmiga) als Parapsychologen und Vorortermittler in übernatürlichen Fällen einen Namen gemacht, ihre Untersuchungen sind soweit angesehen, daß sie sogar an Hochschulen Vorträge halten dürfen. Doch ihr nächster Fall wird zu einer harten Nuss: Roger Perron (Ron Livingston), seine Frau Carolyn (Lili Taylor) und ihre fünf Töchter ziehen in ein altes Haus in einer ländlichen Gegen von Rhode Island und sehen sich alsbald recht agressiven Phänomenen ausgesetzt, die alle Familienmitglieder in Angst und Schrecken versetzten. Die Warrens nehmen sich des Falls an und versuchen anhand der Geschichte des Hauses herauszufinden, warum es dort spukt bzw. woher die dämonischen Präsenzen kommen - nur so bekommen sie eine Erlaubnis, das Haus exorzieren zu lassen. Doch die Intensität nimmt zu und je weiter die Warrens ermitteln, desto mehr belastet der Fall Lorraine. Und schließlich bricht die Hölle los...
Eine himmlische Familie in Amityville

„Wollen wir Verstecken spielen?“

Seit einiger Zeit scheint es wieder einen kleinen Trend in Richtung mehr oder weniger klassischen Geistergrusels im Horrorbereich zu geben. „Saw“-Regisseur James Wan kam über seinen bereits in diese Richtung tendierenden „Dead Silence“ schließlich beim sehr mittelprächtigen und damit enttäuschenden „Insidious“ 2010 im Haunted-House-Subgenre an. 2013 folgte dann mit „Conjuring – Die Heimsuchung“ sein nächster Film, der im Prinzip auch „Insidious 2“ betitelt werden hätte können.

Ed (Patrick Wilson, „Insidious“) und Lorraine Warren (Vera Farmiga, „Orphan - Das Waisenkind“), Geisterjäger und Parapsychologen, werden zum Haus der Familie Perron in Rhode Island gerufen, das Roger (Ron Livingston, „Game Change - Der Sarah-Palin-Effekt“) und Carolyn (Lili Taylor, „High Fidelity“) mit ihren fünf Töchtern jüngst bezogen haben. Diese fühlen sich nämlich zunehmend machtlos übersinnlichen, unheimlichen Phänomenen ausgesetzt, zudem verändert sich Carolyn immer mehr. Die Untersuchungen ergeben, dass es im Haus hochgradig spukt und ein Dämon Besitz von Carolyn ergriffen hat.

Mit einem in den 1960ern angesiedelten Prolog stellt Wan die Warrens vor, die sich zu Lebzeiten tatsächlich als Geisterjäger verdingten und zahlreiche Publikationen über ihre Erfahrungen veröffentlichten, u.a. die im berüchtigten Amityville-Haus. So behauptet auch „Conjuring – Die Heimsuchung“ nach einer wahren Geschichte entstanden zu sein, welche wiederum zu Beginn der 1970er spielt. Die Warrens sind dabei keine komödiantischen Clowns wie ihre Entsprechungen in „Insidious“, sondern werden als seriöses, dabei widerlich frommes Ehepaar gezeichnet, das in seiner von Wan nie angezweifelten oder differenziert betrachteten Gottgläubigkeit den Perrons zu helfen versucht. Eine kritische Distanz gibt es dabei nicht und sämtliche Charaktere bleiben erschreckend eindimensional. Das bizarrerweise satte fünf Töchter und keinen einzigen Sohn hervorgebracht habende Ehepaar Perron bildet da keine Ausnahme und bleibt eine Bilderbuchfamilie, bis aus Carolyn schließlich der Dämon hervorbricht. Ron Livingston macht als unbedarftes, machtloses Familienoberhaupt einen ärmlichen Eindruck und sowohl die Rolle seiner Frau, als auch das Schauspiel Lili Taylors stehlen ihm jede Schau. Das Verhalten der Familienmitglieder angesichts der zutiefst gruseligen und hochgradig beunruhigenden Ereignisse ist dabei indes in keiner Weise nachvollziehbar. Könnte man mit etwas Wohlwollen den Alten noch eine gewisse Abgebrühtheit und ein Verharren in psychologischen „Was nicht sein darf, kann auch nicht sein“-Stadien zugestehen, wird es in Bezug auf die Kinder vollends absurd, die trotz allem Nacht für Nacht wieder brav ihre Bettchen aufsuchen und den Spuk über sich ergehen lassen. Wer soll Wan bzw. seinen Drehbuchautoren so etwas abnehmen?

Technisch allerdings schlägt Wans große Stunde, daran besteht kaum ein Zweifel: Sorgfältige und perspektivisch geschickte Kamerafahrten der guten alten Schule fangen die übernatürlichen Phänomene ein, die mal sehr subtil und im Verborgenen stattfinden, mal aber auch in handfesten Manifestationen kulminieren, die grafisch äußerst ansprechend umgesetzt wurden und manch durch Mark und Bein gehenden Schreckmoment provozieren, der von Spannungsdramaturgie perfekt aufgebaut und vom Schnitt schließlich auf das Publikum derart losgelassen wird, dass es im Kino- oder Fernsehsessel zusammenzuckt und es ihm wahlweise eiskalt die Wirbelsäule oder warm das Bein hinunterläuft. „Conjuring – Die Heimsuchung“ versetzt eine ganze Reihe wohldosierter Schocks, die niemanden kaltlassen. Dem gegenüber stehen jedoch trotz betonterer Ernsthaftigkeit gegenüber dem Vorgänger und größerer Kohärenz Stimmung und Tonlage des Films betreffend wieder (zugegeben wenige) alberne Einsprengsel, wie man sie seit langer Zeit aus dem US-amerikanischen Mainstream-Kino gewohnt ist und vermeintlich das Geschehen auflockern, vor allem aber jegliche Atmosphäre versauen und mühsam erarbeitete Glaubwürdigkeit torpedieren. Noch schwerer wiegt jedoch die unfassbare Schwülstigkeit, mit der Wan seine Vorzeigefamilie und sein treusorgendes Parapsychologen-Paar inszeniert. Zudem kann schwer geleugnet werden, wie offensichtlich man sich bei zahlreichen Subgenre-Vorbildern à la „Poltergeist“, „Amityville Horror“ bis hin zu „Der Exorzist“ oder, um ein anderes Extrem zu nennen, „Paranormal Activity“ bediente und eine Vielzahl mehr oder weniger bekannter Spukattacken zusammenwarf zu einem wahren Spuk-Overkill, der „Conjuring – Die Heimsuchung“ gerade auch in Zusammenhang mit seiner nach und nach erforschten Hintergrundgeschichte geworden ist und dabei auch riskiert, dass der Zuschauer kaum noch Zeit hat, über die Zusammenhänge nachzudenken, weil bereits die nächste Grusel-Attacke lauert. Dass der Überblick über die Ursprünge des Spuks, über die Ereignisse aus der Vergangenheit, dabei leicht verloren geht, wird billigend in Kauf genommen.

Andererseits sehnt man sich exakt diese Überfrachtung stets wieder herbei, wenn der hier wie eine Mischung aus Martin Sonneborn und Sasha bzw. Dick Brave aussehende und auch so spielende „Insidious“-Veteran Patrick Wilson wieder seine bedeutungsschwangere Betroffenheitsmiene aufsetzt, die Liebe zu seiner sensiblen Frau beweist und sich an der Grenze zur Selbstaufgabe gegen die finsteren Mächte zu stellen bereit macht, dabei stets die Existenz und Kraft des der christlichen Mythologie entsprungenen Gotts beschwörend. Solche Momente sind es, die die katholische Kirche sogar applaudieren lassen könnten, während sie früher einen Film wie „Der Exorzist“ am liebsten öffentlich verbrannt hätte. Dass es einem als nichtreligiöser Zuschauer bei soviel Frömmelei beinahe hochkommt, liegt auf der Hand. Ein unerträgliches Happy End leitet über in den Abspann, der noch einmal das reale Ehepaar Warren hofiert, erneut Authentizität suggeriert und penetrant noch einmal die Christenkeule schwingt – ächz. Nein, danke, Mr. Wan, so nicht – doch ein tatsächlich so betitelter „Insidious 2“ steht schon kurz vorm Kinostart und wir werden alle mitansehen können, wie ein Subgenre kommerziell ausgeschlachtet und totgeritten wird.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mo 9. Sep 2013, 21:48
von buxtebrawler
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Endgame – Das letzte Spiel mit dem Tod
Nach einem Atomkrieg ist die Erde verwüstet. Durch die Strahlung ist eine neue Menschenrasse entstanden: die Mutanten. Diese werden von den „normalen“ Menschen erbarmungslos gejagt. Um das Volk bei Laune zu halten, haben die neuen Diktatoren das „Endgame“ geschaffen, einen blutigen Gladiatorenkampf, bei dem nur der Stärkste überlebt. Bei einem dieser Kämpfe trifft der Favorit und mehrfache Sieger Shannon auf die hübsche Mutantin Lilith, die ihn bittet, sie und ihre Freunde aus der Stadt zu bringen. Nach anfänglichem Zögern willigt Shannon ein, denn Lilith verspricht ihm 50 Kg Gold als Belohnung. Zusammen mit einigen anderen unerschrockenen Kämpfern macht sich der Trupp auf den gefahrvollen Weg aus der Stadt.
„Es ist dir wohl Spaß, Menschen zu töten?“

Der Erfolg von „Mad Max“ inspirierte auch die italienische Filmindustrie zum einen oder anderen Endzeit-Film. Im Jahre 1982 drehte der berüchtigte Low-Budget-Filmer Joe D’Amato („Man-Eater“) in diesem Zuge „2020 - Texas Gladiators“, ein Jahr später folgte „Endgame – Das letzte Spiel mit dem Tod“, kurz nachdem Sergio Martino mit „Fireflash – Der Tag nach dem Ende“ den vielleicht besten italienischen Endzeit-Beitrag auf die Leinwand gebracht hatte.

„Endgame – Das letzte Spiel mit dem Tod“ geht einmal mehr von einer durch einen Atomkrieg in naher Zukunft weitgehend zerstörten Planeten aus, auf dem sich unterschiedliche „Rassen“ bzw. Interessengruppen gegenseitig bekämpfen. So hat sich eine Art neuer Diktatur der „Normalen“ gebildet, die die durch die atomare Strahlung veränderten „Mutanten“ unterdrücken und jagen. Im „Endgame“ treten unterschiedliche Gladiatoren zur Publikumsunterhaltung gegeneinander an, der stärkste von ihnen ist Ron Shannon (Al Cliver, „Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies“), Nachdem er einen weiteren Sieg, auch über seinen ehemaligen Schulfreund Karl Karnak (George Eastman, „Man-Eater“), den er als einzigen Gegner am Leben ließ, eingefahren hat, bittet die attraktive und zur Telepathie befähigte Mutantin Lilith (Laura Gemser, „Nackt unter Kannibalen“) ihn, sie und andere Mutanten aus der Stadt an einen sicheren Ort zu bringen. Die versprochenen 50 kg Gold überzeugen Shannon schließlich, der eine Geleittruppe aus mehreren Söldnern zusammenstellt und sich auf die beschwerliche Reise macht…

D’Amato hat offensichtlich recht optimistische Vorstellungen von den Folgen atomarer Verstrahlung, denn in „Endgame“ befähigt sie die „Mutanten“ zu telepathischen Fähigkeiten. Praktisch ist es da, dass auch Shannon diese Gabe zum Teil besitzt und er so kraft seiner Gedanken mit der schönen Lilith kommunizieren kann, die, obwohl von „Black Emanuelle“ Laura Gemser gespielt, nicht pausenlos nackt durchs Bild läuft, sondern sich unter einer Art Schleier verhüllt. Die Thematik der Menschenjagd zu Unterhaltungszwecken ist heutzutage zwar fast schon ein alter Hut, „Endgame“ entstand jedoch noch vor „Running Man“, jener Stephen-King-Verfilmung, die den wohl populärsten Beitrag zu dieser 1970 von Wolfgang Menge mit „Das Millionenspiel“ losgetretenen Form von Medien- und Gesellschaftskritik im Spielfilmformat darstellt (und um Längen besser ist als „Running Man“, aber das nur am Rande). Diese steht auch gar nicht im Mittelpunkt von „Endgame“, sondern dient lediglich der Einführung der Charaktere, dem Aufzeigen des post-zivilisatorischen Zynismus – und bietet Raum für einige explizite Brutalitäten, die sich durch den ganzen Film ziehen werden. Im Mittelteil verkommt „Endgame“ gar leider zu einer stumpfen Action-Orgie mit ihren monotonen minutenlangen Schießereien; so oder so wird immer wieder ostentativ herausgekehrt, dass ein Menschenleben in dieser Post-Apokalypse keinen Pfifferling wert ist.

„Endgame“ wirkt in allen Belangen billiger und einfacher als beispielsweise Martinos „Fireflash“, kann aber wie so viele Filme dieses Subgenres mit einigen abgefahrenen Kostümen und gelungenen Masken sowie Make-up-Effekten aufwarten, was durchaus Spaß macht. Der Mutanten gibt es nämlich viele verschiedene und nicht jede „Gattung“ ist so lieblich anzusehen wie unsere Lilith. Ziel der Reise ist übrigens das Erschaffen einer neuen, friedlichen Gesellschaft, was die Gutartigen unter den Mutanten durch Hippie-Gequatsche von einer schönen, freien Welt versichern. Über zahlreiche Action-Einlagen inkl. Motorradstunts und aufgepimpter Endzeit-Mobile hangelt man sich so über wahre Leichenberge bis zum Finale, in dem ein kleiner Junge durch Telekinese zum Helden wird, bevor die idiotische Pointe einen denkbar unbefriedigenden Schlusspunkt unter diese mit zunehmender Spielzeit immer trashiger gewordene Sause setzt – ich denke da z.B. an die herunterpurzelnden Leichtbaufelsen, an denen jede Schauspieler-Berufsgenossenschaft aufgrund ihrer Harmlosigkeit ihre Freude hätte. Auf die Idee, das irgendwie zu kaschieren, kam D’Amato anscheinend nicht. Der Synthesizer webt permanent einen dudelnden Klangteppich, hin und wieder schleichen sich jedoch auch Trompetentöne ein, die mich dann schon wieder an „Fireflash“ erinnern.

Das Beste an „Endgame“ ist eindeutig sein Darsteller-Ensemble, denn Al Cliver macht als entfernt an „Die Klapperschlange“ gemahnende coole Sau eine überraschend gute Figur, Eastman passt ohnehin prima in solche Filme und die Gemser funktioniert als Beschützerinstinkte weckende Sympathieträgerin ob ihres zerbrechlichen Äußeren auch in Laken gehüllt gut. Doch obwohl sich „Endgame“ betont humorlos und grimmig gibt, ist hier natürlich überhaupt nichts ernstzunehmen. So fällt D’Amatos Ausflug nach Endzeithausen für einen Stumpf-Action-Muffel wie mich dann auch nur unter leidlich unterhaltsame Trash-Gefilde und erntet nur 5 von 10 tödlichen Handkantenschlägen. Die hat er aber auch verdient, insbesondere in Anbetracht dessen, was D’Amato einige Jahre später noch so verbrechen sollte, als er in seiner ganz realen Spielfilm-Endzeit abseits des Porno-Milieus angekommen war. Filme wie „The Riffs“ und, auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, „Fireflash“ sind dann aber doch eine andere Liga.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mi 11. Sep 2013, 09:56
von buxtebrawler
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In der Schlinge des Teufels
Fünf Männer finden sich nach einer Fahrstuhlfahrt anstelle von der Hochhauslobby in einem gastlichen Gewölbe wieder, wo sie notgedrungen beginnen sich die Zeit zu vertreiben, indem sie sich gegenseitig ihre schlimmsten Alpträume erzählen. In "Midnight Mess" will Harold Rogers (Daniel Massey) um des Erbes Willen seiner Schwester Donna (Anna Massey) an die Gurgel. Dabei übersieht er das Detail, daß in der Stadt schon 17 blutleere Leichen aufgetaucht sind. "The Neat Job" wird zur Herkulesaufgabe für die etwas verhuschte Eleanor Critchit (Glynis Johns), deren Ehe mit dem Ordnungsfanatiker Arthur (Terry-Thomas) zur psychischen Belastungsprobe wird. Aber Eleanor wird schon dafür sorgen, daß alles an seinem Platz ist... Derweil sind Inez (Dawn Addams) und Sebastian (Curd Jürgens) in Indien auf der Suche nach neuen magischen Tricks. Doch nachdem sie in "This Trick'll kill you" einen Fakir bloßgestellt haben, will dessen Tochter den sensationellen Seiltrick, den sie im Gepäck hat, nicht mehr verkaufen. Das verlangt nach einer drastischen Lösung - mit drastischen Folgen. Danach ist für Mr.Maitland (Michael Craig) in "Bargain of Death" die Luft knapp, er hat sich nämlich mittels eines Medikaments für scheintot erklären lassen, um eine Versicherungssumme zu kassieren. Aber wer da gerade sein Grab wieder ausgräbt, ist nicht sein bester Freund... Zum Schluß muß der Maler Moore (Tom Baker) einsehen, daß während seines Südseeaufenthalts er zum Star der Leinwand geworden ist - was aber nur andere reich gemacht hat. Doch ein Voodoozauberer verleiht seiner Malhand magische Kräfte. Damit sollte man jedoch umgehen können...
„Sie zahlen nicht viel für Horrorgeschichten!“

Die britische Filmschmiede „Amicus“ veröffentlichte zwischen 1965 und 1980 insgesamt acht Episodenhorrorfilme. Mit dem vierten, „Geschichten aus der Gruft“, verfilmte man erstmals Horrorcomics aus dem E.C.-Verlag. Mit dem sechsten Teil der Reihe, „In der Schlinge des Teufels“ aus dem Jahre 1973, griff man dieses Konzept wieder auf, diesmal unter der Regie Roy Ward Bakers, der auch den vorausgegangenen fünften Teil der Reihe, „Asylum“, verfilmt hatte.

Erneut offeriert man dem Zuschauer gleich fünf Episoden plus Rahmenhandlung, so dass Längen von vornherein ausgeschlossen werden können. Allen gemein ist das Zusteuern auf böse-moralische Pointen, die das kriminelle Treiben ihrer jeweiligen Hauptrollen abstrafen. So finden sich fünf Männer nach einer Fahrt mit dem Fahrstuhl in einem ihnen unbekannten Raum wieder, wo sie beginnen, sich gegenseitig ihre schlimmsten Alpträume zu erzählen. Harold Rogers (Daniel Massey, „Tauchfahrt des Schreckens“) macht dabei den Anfang, wenn er berichtet, wie er seine Schwester Donna (Anna Massey, „Frenzy“) umbringen will, um als Alleinerbe dazustehen. Die Episode beginnt wie ein Krimi und erzählt schließlich eine eher unspektakuläre Vampirgeschichte, die jedoch über eine geniale Pointe verfügt, ihre Schauspieler aber auch etwas albern aussehen lässt, wenn diese ihre Plastik-Vampirzähnchen blecken.

Arthur (Terry-Thomas, „Das Schreckenscabinett des Dr. Phibes“) wiederum entpuppt sich als liebenswürdiger, ordentlicher Mann, der von seiner chaotischen, nichtsnutzigen Frau Eleanor Critchit (Glynis Johns, „Mary Poppins“) terrorisiert wird. Überzeichnet-komödiantisch entwickelt sich diese Episode bis zu ihrer schwarzhumorigen Pointe, die wie wahnsinnig ausgekostet und von tollen schauspielerischen Leistungen getragen wird – der Höhepunkt des Films, gerade auch, weil er das übliche Schema ein Stück weit aufbricht, indem man Arthur nicht zwingend als moralisch verkommenen Bösewicht betrachten muss.

Exotischer wird es in Episode 3, wenn sich Inez (Dawn Addams, „Gruft der Vampire“) und Sebastian (Curd Jürgens, „Der Arzt von St. Pauli“) in Indien nach neuen Zaubertricks umschauen und dabei gleich einen Fakir öffentlich bloßstellen, indem sie seine Tricks aufdecken. Dessen Tochter allerdings weckt mit ihrem fantastischen Seiltrick das Interesse des Paars. Doch möchte diese ihn für sich behalten, woraufhin Inez und Sebastian beschließen, mit ihr kurzen Prozess zu machen. Der deutsche Curd Jürgens mimt den westlichen Unsympathen, der glaubt, sich alles nehmen zu können, jedoch von ihm unbekannten Mächten schließlich in Form einer erneut sehr bösen und gleichsam faszinierenden Pointe in seine Schranken gewiesen wird. Exotisches Flair und indische Folklore, die den allgemein etwas dominanten Klassik-Soundtrack der vorausgegangenen Episoden ablöst, sorgen für willkommene Abwechslung in dieser gelungenen Moritat.

„Eine absurde Geschichte!“

Mr. Maitland (Michael Craig, „Rendezvous mit einer Leiche“) greift dann das seit Poe bekannte Schauerthema des Lebending-Begraben-Werdens auf, denn um eine Versicherungssumme zu kassieren, nimmt er ein Medikament ein, das ihn in den Zustand eines Scheintoten versetzt. Nicht schwer zu erahnen, dass er nicht so ohne Weiteres wieder aus seinem Sarg herauskommt. Letztlich ist es jedoch eine äußerst unschöne Verkettung schicksalhafter Zufälle, die diese Episode nicht nur vor der Vorhersehbarkeit rettet, sondern in ihrem Sarkasmus prima unterhält und eine regulierende, nicht greifbare, übergeordnete Kraft suggeriert, die besser nicht herausgefordert werden sollte. Nettes Detail: Maitland liest „Tales from the Crypt“-Comics (die Pate standen für „Geschichten aus der Gruft“).

Der Maler Moore (Tom Baker, „Sindbads gefährliche Abenteuer“) schließlich lässt sich auf einer Südseeinsel mit Voodoo-Kräften ausstatten, um sich an denjenigen zu rächen, die sich auf seine Kosten bereichert haben. In dieser längsten aller Episoden gefallen insbesondere die Verquickung vom typischen Schicksal des talentierten, doch brotlosen Künstlers mit der Kraft morbider Zeichnungen sowie der Kontrast zwischen fiebrig-schwüler, mystischer Exotik Haitis und den ausladenden Großstadtbüros der modernen Zivilisation, der sich auch im sich aus primitiven Trommelklängen und geheimnisumwitterte Atmosphäre annehmender Orchester-Klassik zusammensetzenden Soundtrack äußert. Die Schwäche dieser Geschichte ist ihre Vorhersehbarkeit, denn dass der Missbrauch des Voodoo-Zaubers für einen gnadenlosen Rachetrip durch einen im Umgang mit diesen uralten Mythen unerfahrenen Mann nicht gut für ihn ausgehen wird, ist geradezu obligatorisch.

Insgesamt ist „In der Schlinge des Teufels“ ein abermals gut gelungener, kurzweiliger Episodenhorrorfilm, der britischen Charme und schwarzen Humor diesmal stellenweise mit Exotik anreichert und in seiner pointierten Erzählweise dramaturgisch nicht perfekt, aber auch nicht detailverloren-ausufernd inszeniert wurde. Dennoch gilt: Je vorhersehbarer das Ende, desto ungeduldiger der Zuschauer. Wer den bereits mitunter recht blutigen, doch von hektischen Splattereien noch meilenweit entfernten britischen Horror zu genießen versteht und den comichaften Stil schätzt, wird sich jedoch mit Vergnügen in die „Schlinge des Teufels“ stürzen.