Der Leichengießer - Ted Hooker (1971)

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Der Leichengießer - Ted Hooker (1971)

Beitrag von buxtebrawler »

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Originaltitel: The Crucible of Terror

Herstellungsland: Großbritannein / 1971

Regie: Ted Hooker

Darsteller: Mike Raven, James Bolam, Mary Maude, Ronald Lacey, Betty Alberge, John Arnatt, Beth Morris, Judy Matheson, Melissa Stribling, Kenneth Keeling, Me Me Lai
Auf einer Kunstaustellung kauft ein Liebhaber eine Plastik und wird anschließend von einem Unbekannten brutal erstickt. Kunsthändler John Davies (James Bolam) hatte das Stück von Michael Clare (Ronald Lacey) bekommen, der es seinem Vater Victor (Mike Raven) entwendet hatte und sie teilten den Profit. Aufgrund der hohen Nachfrage will John mehr solcher Stücke und nimmt daher zusammen mit seiner Frau Millie (Mary Maude) und Michael sowie dessen Frau Jane (Beth Morris) die Reise zu dessen Vater in einem kleinen abgelegenen Küstenstädtchen auf sich. Victor entpuppt sich als eigensinniger Künstler, der – was John noch nicht weiß – für seine beliebten, realitätsnahen Skulpturen Frauen ermordete und in Bronze goss. Nun hat er sich aber vornehmlich der wesentlich harmloseren Malerei verschrieben und es i.d.R. auf Sex mit seinen weiblichen Modellen abgesehen. Er lebt zusammen mit seiner Ehefrau Dorothy (Betty Alberge), die irgendwann den Verstand verloren hat und sich hauptsächlich zu ihren Plüschtieren hingezogen fühlt, einem seiner aktuellen Modelle und last but not least dem Verehrer seiner derangierten Frau! Nach und nach wird die illustre Gesellschaft jedoch von einem unbekannten Mörder dezimiert. Wer ist der Unhold und was ist sein Motiv?
Quelle: www.ofdb.de

Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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buxtebrawler
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Re: Der Leichengießer - Ted Hooker (1971)

Beitrag von buxtebrawler »

„Ich werde Ihre Schönheit für alle Zeiten festhalten. Ich werde sie... konservieren. Für immer.“

Der Horrorfilm „Der Leichengießer“ aus dem Jahre 1971 blieb die einzige Regie-Arbeit des Briten Ted Hooker, der auch das Drehbuch zusammen mit Tom Parkinson verfasste:

Auf einer Kunstaustellung kauft ein Liebhaber eine Plastik und wird anschließend von einem Unbekannten brutal erstickt. Kunsthändler John Davies (James Bolam, „Die Einsamkeit des Langstreckenläufers“) hatte das Stück von Michael Clare (Ronald Lacey, „Tanz der Vampire“) bekommen, der es seinem Vater Victor (Mike Raven, „Nur Vampire küssen blutig“) entwendet hatte und sie teilten den Profit. Aufgrund der hohen Nachfrage will John mehr solcher Stücke und nimmt daher zusammen mit seiner Frau Millie (Mary Maude, „Das Versteck“) und Michael sowie dessen Frau Jane (Beth Morris, „Trau keinem über 18“) die Reise zu dessen Vater in einem kleinen abgelegenen Küstenstädtchen auf sich. Victor entpuppt sich als eigensinniger Künstler, der – was John noch nicht weiß – für seine beliebten, realitätsnahen Skulpturen Frauen ermordete und in Bronze goss. Nun hat er sich aber vornehmlich der wesentlich harmloseren Malerei verschrieben und es i.d.R. auf Sex mit seinen weiblichen Modellen abgesehen. Er lebt zusammen mit seiner Ehefrau Dorothy (Betty Alberge, „Das Monster mit der Teufelsklause“), die irgendwann den Verstand verloren hat und sich hauptsächlich zu ihren Plüschtieren hingezogen fühlt, einem seiner aktuellen Modelle und last but not least dem Verehrer (John Arnatt, „Hysteria“) seiner derangierten Frau! Nach und nach wird die illustre Gesellschaft jedoch von einem unbekannten Mörder dezimiert. Wer ist der Unhold und was ist sein Motiv?

„Denk nur an das schreckliche Essen!“ (Großbritannien…)

Für Filme wie diesen müsste man – in Anlehnung z.B. an das Mad-Scientist-Subgenre – eigentlich den Begriff Mad Artist erfinden, wenn Hookers Film sich auch nur grob an Klassikern um menschliche Wachsfiguren etc. orientiert. Der Prolog zeigt eine solche „Leichengießung“, wobei die vermeintliche Leiche im letzten Moment noch erschreckenderweise ein Auge aufreißt. Nach dem Einstand auf der Kunstaustellung ist der nächste für die damalige Zeit relativ grafische Gewaltakt die Ermordung des Käufers, die im weiteren Verlauf kein Thema mehr ist – der Zuschauer hat also einen Wissensvorsprung, ohne diesen gänzlich einordnen zu können. In der Folge bestimmen zunächst idyllische Landschaftsaufnehmen voll blauem Himmel und üppigem Grün ebenso die Szenerie wie Gequatsche über Aberglauben um Minenarbeitergeister. Aus irgendeinem Grund reagiert Millie erschrocken, regelrecht panisch auf eine altertümliche Schale. Viktor möchte diverse Frauen, am liebsten Millie, auf Leinwand verewigen, Hausfreund Bill macht sich an das Modell ran und die arme Millie wird von einem Alptraum geplagt, in dem Maskierte ein absonderliches Ritual durchführen.

„Dieses Mädchen hat einen inneren Radius, wie ich ihn nur einmal kennengelernt habe.“ (Die inneren Werte zählen.)

Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich die in diesem Film irgendwie überfrachtet wirkende, eigenartige Figurenkonstellation 100%ig korrekt wiedergegeben habe, doch diese wurde anscheinend ohnehin in erster Linie deshalb derart unübersichtlich und bizarr angelegt, um möglichst viele potentielle Verdächtige gleichermaßen wie Opfer für die nun einsetzende Mordserie zu haben, der zunächst Jane durch einen behandschuhten Mörder per Stichwaffe zum Opfer fällt und im Anschluss Victors trinkender Sohn über den Jordan geschickt wird, indem dieser am Strand erschlagen wird. John erinnert sich derweil, dass er ja des Geschäfts wegen hier ist und möchte Victors Kunstwerke kaufen, doch dieser verlangt Bargeld – das John aufzutreiben gedenkt, indem er potentielle Käufer zu interessieren versucht. Die hier ständig leiden müssende, aber wenigstens noch unter den Lebenden weilende Millie bekommt es einmal mehr mit der Angst zu tun und flieht in eine Mine, Victor eilt hinterher. Sie trifft auf Dorothy, die ihr helfend zur Seite steht, bevor sie Victors Gehilfem begegnet, der die Gießerei wieder in Betrieb genommen hat. Mit seinem blumigen pathetischen Verführungskünsten scheint Victor Millie um den Finger zu wickeln, doch als er sie zu betatschen beginnt, flieht sie erneut und findet mehrere Leichen. Zwischenzeitlich schüttet jemand Victors eifersüchtigem Ex-Modell Säure ins Gesicht und tötet sie. Wer ist denn nun der Mörder?

Im Finale überschlägt sich die bisweilen befremdlich konfus wirkende Handlung schließlich selbst und wartet mit einer gleichsam unerwarteten wie abgefahrenen und an den Haaren herbeigezogenen Wendung auf, die ich an dieser Stelle einfach spoilern muss: Millie trägt plötzlich eine fiese Maske spazieren und will sich gegen Victor mit einem Schweißbrenner wehren. Schließlich drückt sie ihn ins Feuer. Victor sei von einer Japanerin besessen gewesen, die einst plötzlich verschwand – vermutlich dadurch, dass sie für eine seiner Skulpturen herhalten musste. Ihr Geist versteckte sich daraufhin im Kimono, den Millie trug, wodurch er von Millie Besitz ergriff: Sie war es nämlich, die all die Morde begangen hat, unter Einfluss des fernöstlichen Geists...

Du liebe Güte, das muss man erst einmal verdauen. Diese Pointe setzt den Schlusspunkt unter einen Film, der sehr halbherzig seinen Antagonisten Victor aufbaut und ihm mit der Vielzahl an Charakteren auf engem Raum gewissermaßen den Platz zur Entfaltung seiner Diabolik nimmt. Nichtsdestotrotz gelingt es den Autoren, kaum Handlungsfäden ins Nichts laufen zu lassen. Am aufsehenerregendsten werden – neben den attraktiven Damen (bei 0% Sleaze-Gehalt) die Gewalterruptionen gewesen sein, die, wenn auch in geringerem Ausmaß, die Entwicklung des britischen Horrorkinos hin zur Verwendung von Splatter-Spezialeffekten vorwegnahmen und dem Film zumindest hierzulande Probleme mit der Zensur einhandelten. Ein Pete Walker beispielsweise scheint mit seinen Horrorfilmen ab 1972 direkt an „Der Leichengießer“ anzuknüpfen, auch was die Mixtur aus bizarrem Ambiente, ambivalenten, entrückten Charakteren und kruden Szenen betrifft. Einige schöne Gesichtszooms bleiben von der Kameraarbeit in Erinnerung und helfen zudem in Sachen Wiedererkennungswert der größtenteils eher austauschbaren Schauspieler. Auf seine eigene Weise ist „Der Leichengießer“ zeitweise anstrengend anzuschauen, entschädigt mit Finale und Pointe aber für so manches. Doch, ich mag auch diesen bekloppten „Briten-Schocker“.

P.S.: In einer Nebenrolle debütiert die spätere Kannibalenfilm-Exotik-Ikone Me Me Lai.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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sergio petroni
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Re: Der Leichengießer - Ted Hooker (1971)

Beitrag von sergio petroni »

Mit "Der Leichengießer" aus dem Jahre 1971 erwartet den Zuseher ein britischer Horrorfilm,
der gewissermaßen seinen Platz in der Übergangsphase zwischen den vorwiegend atmosphärischen
Genrefilmen der 1960er und den zeigefreudigeren Werken aus den 1970ern findet.
Das einzige Film Ted Hookers erzeugt meines Erachtens eine sehr morbide Stimmung
und hält die nötigen Zutaten für's Atmosphärische bereit (einsam gelegenes Haus an der Küste,
ein Bergwerk mit einer unrühmlichen Vergangenheit). Des weiteren ist "Der Leichengießer"
auch recht zeigefreudig (attraktive Darstellerinnen, graphische Morde).
Hinzu kommt noch eine Prise eines etwas eigenartigen, vielleicht typisch britischen Humors.
Gegen Ende kam dann sogar noch ein leichtes Agatha-Christie-Feeling auf, wenn der
Mörder enttarnt wird und seine Untaten im Rückblick noch einmal gezeigt werden.

Der undurchsichtige und wohl absichtlich recht diabolisch daherkommende Künstler Victor
wird von Mike Raven gespielt. Eine Figur, die mich bisweilen an Christopher Lee erinnerte,
weniger durch das Aussehen, eher mehr durch Größe und Körperhaltung.
Eben jener Mike Raven sah das wohl genauso und wollte im Genre groß Fuß fassen.
Nachdem das bei zwei Hammerproduktionen den Kritiken zufolge etwas in die Hose ging,
versuchte er sich mit "Der Leichengießer" und "Das Monster mit der Teufelsklaue",
die Raven teilweise mitfinanzierte. Letzterer wurde vom Tom Parkinson inszeniert,
der auch hier am Drehbuch mitwirkte. Der Erfolg blieb aus, und Raven zog sich aus dem
Filmgeschäft zurück. Vielleicht hatte auch seine offen zur Schau gestellte Vorliebe
für das Okkulte einen gewissen Einfluß auf die öffentliche Meinung.

Ich fühlte mich mit "Der Leichengießer" sehr angenehm unterhalten und bin froh,
daß Schröder Media diesen Film herausgebracht hat, wenngleich auch ohne Boni.
6/10
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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