Darsteller: Götz Schubert, Simone Solga, Gustav-Peter Wöhler, Hermann Lause, Bastian Pastewka, Nina Franoszek, Christof Wackernagel, Thomas Gimbel, Christel Peters, Arved Birnbaum, Carmen-Maja Antoni, Sybille J. Schedwill u. A.
Seit der Wiedervereinigung, ist Hinrich Lobek (Götz Schubert) Arbeitslos und trauert um seinem alten Job, als kommunaler Wohnungsbeauftragter. Widerwillig nimmt er einen Job als Vertreter für Zimmerspringbrunnen an um seine Frau zu beruhigen. Nur schleppen wird er seine Ware los, bis Lobek, aus Nostalgie gründen, ein Springbrunnen mit dem Ostberliner Fernsehturm kreiert. Als Lobeks Frau ihn dennoch verläst, macht er, (auch ohne Erlaubnis und wissen seines Arbeitgebers, für die DDR Motive), ein gutes Geschäft mit seinen Zimmerspringbrunnen, Lobek verkauft ein Zimmerspringbrunnen nach dem anderen und macht Karriere...
Bereits das Debüt des Berliner Regisseurs Peter Timm, der Spielfilm „Meier“ aus dem Jahre 1985, setzte sich thematisch mit der DDR auseinander. Dies setzte sich 1991 mit „Go Trabi Go“ fort. 2001 schließlich griff er das Thema erneut auf, diesmal im Rahmen der Dramödie „Der Zimmersprungbrunnen“, die von einem (vermeintlichen) Wendeverlierer und dem Phänomen der „Ostalgie“ handelt. Sie basiert auf dem gleichnamigen Roman Jens Sparschuhs.
„Ein Zimmerspringbrunnen ist das leise plätschernde ,Nein!‘ zur rasenden Industriegesellschaft!“
Hinrich Lobek (Götz Schubert, „Der Hauptmann von Köpenick“) ist arbeitslos und geht seiner Frau Julia (Simone Solga) in der gemeinsamen Berliner Wohnung zunehmend auf die Nerven. Während sie als Architektin am Potsdamer Platz arbeitet, bekommt Hinrich beruflich einfach kein Bein an die Erde. Nach einem Termin beim Arbeitsamt vermittelt man ihm eine Anstellung als Handelsvertreter des Unternehmens „Panta Rhein“, das Zimmerspringbrunnen herstellt und vertreibt. Zu Beginn begleitet ihn der nach einer Beförderung strebende Kollege Uwe Strüwer (Gustav Peter Wöhler, „Alles außer Mord“) durch die Plattenbauten, doch Erfolg will sich kaum einstellen: Das Modell „Jona“ verkauft sich einfach nicht. Auf dessen Grundlage jedoch entwickelt Lobek das neue Modell „Atlantis“, aus dem sich der Berliner Fernsehturm auf einem DDR-Umriss erhebt. Die Verkaufszahlen steigen daraufhin massiv an; problematisch ist jedoch, dass seine Firma von diesem neuen Modell gar nichts weiß. Lobek wiederum hat ganz andere Probleme, denn seine Frau lebt mittlerweile von ihm getrennt, will nichts mehr von ihm wissen und hat in ihrem geleckten Arbeitskollegen Thomas Hamann (Bastian Pastewka, „Der Wixxer“) einen neuen Verehrer…
Ein Zimmerspringbrunnen ist zweifelsohne eines der sinnlosesten Utensilien überhaupt und verfügt über einen bedenklichen Kitschfaktor. Noch überflüssiger allerdings sind Vertreter, die auf der Matte stehen, um einem einen solchen anzudrehen. Auf dementsprechend viel Desinteresse bis offene Ablehnung stößt Hinrich Lobek zunächst in seinem neuen Job, der die Diskrepanz zwischen Anspruch des wiedervereinigten kapitalistischen Deutschlands – Freiheit, Aufbruchsstimmung und sinnvolle, gut in harter D-Mark bezahlte Tätigkeiten – und der Realität in wirtschaftlichen Zwängen, Existenznot, Arbeitslosigkeit, Tristesse und miesen, sinnfreien Jobs geradezu versinnbildlicht. Unter Lobeks Orientierungslosigkeit leidet zudem massiv seine Ehe, bis er sich schließlich allein mit seinem Hund in seiner Wohnung wiederfindet.
Dies sowie seine Rückeroberungsversuche machen den dramatischen bis tragischen Teil des Films aus, der ansonsten verstärkt von der Reflektion der Absurdität des Alltags lebt, der wahnsinnig genug ist, um ihn gar nicht übermäßig karikiert abbilden zu müssen, um den gewünschten humoristischen Effekt zu erreichen – ein trockener Humor also, wie ihn allen voran Loriot meisterhaft beherrschte. Das urkomische Rollenspiel im Rahmen der Vertreterschulung beispielsweise hätte gut und gerne aus dessen Feder stammen können. Dieser Humor wiederum ist eingebettet in ein Nachwende-Deutschland, das auch in seiner Hauptstadt noch streng zwischen Ost und West unterscheidet und in dem ausgerechnet ein „ostalgischer“ Artikel zum kapitalen Kassenschlager nach marktwirtschaftlichen Prinzipien wird, weil er die mit der Gegenwart Hadernden oder sich entwurzelt Fühlenden an ihre Heimat erinnert, damit augenzwinkernd-kritisch jedoch auch deren Anspruchslosigkeit illustriert.
Der Soundtrack lässt Citys melancholisches „Am Fenster“ ebenso ertönen wie den ansonsten vornehmlich sich selbst spielenden (den Film jedoch nicht tragenden) Bastian Pastewka Karat schmettern, während die Handlung mehr und mehr dazu übergeht, eine von Ost-West-Befindlichkeiten unabhängige, traurige Geschichte einer gescheiterten, doch einst so großen und tiefen zwischenmenschlichen Liebe zu erzählen, die glücklicherweise dann doch auf ein Happy End zusteuert, das aus „Der Zimmerspringbrunnen“ einen letztlich optimistischen Film macht, der an die eigene, individuelle Schöpfungskraft appelliert, dazu aufruft, im Privaten wie im Allgemeinen nicht zu schnell aufzugeben und den oft so bizarren Arbeitsmarkt bloß nicht zu wichtig zu nehmen. Ein im positiven Sinne urdeutscher Film des gern vergessenen oder geleugneten niveauvollen Humors, dessen Regisseur auf seiner Dramaturgie-Klaviatur gerade auch die leiseren Zwischentöne trifft und unprätentiös mit viel Menschlichkeit, Sinn für Tragik und Sympathie für fast alle seine Charaktere besser unterhält als so’n oller Springbrunnen. 7,5 von 10 freien Vertreterstellen besetzt er damit!