Handlung:
In einem kleinen süditalienischen Dorf wird ein Junge ermordet aufgefunden. Die Polizei verhaftet den lokalen Sonderling (jedes gute Dorf hat so einen), doch als weitere Kinder umgebracht werden wissen sie, dass der wahre Mörder immer noch auf freiem Fuß ist…
Kritik:
Fulci beweist mit diesem ungewöhnlichen Giallo einmal mehr, dass er ein Meister des Stimmungsaufbaus ist. Schon von der ersten Sekunde an konfrontiert er uns mit allerlei unheimlichen Zeugs, wie beispielsweise Kinderstimmen im Soundtrack (dieser übrigens von Riz Ortolani), dem Ausgraben eines Babyskelettes oder den leidend aussehenden betenden Burschen in der Kirche. Dies zieht einen sofort voller Spannung, obwohl die eigentliche Handlung noch nicht mal eingesetzt hat, mitten in den Film hinein.
Ähnlich kunstvoll ist auch der Rest des Filmes umgesetzt. Der Streifen strotzt nur so vor einprägsamen Szenen, durch die richtigen Einstellungen, die richtige Musikuntermalung und den richtigen Schnitt erzeugt Fulci unentwegt sowohl Spannung als auch Bedrückung. Besonders auffallend sind dabei seine Landschaftsaufnahmen, die erstaunlich gut ein Bild einer kleinräumigen, verarmten, ländlich orientierten süditalienischen Dorfgemeinschaft erzeugen, so dass der Zuseher eine Ahnung davon bekommt, wie die Figuren in der Geschichte zu verstehen sind, was ihr Umfeld und ihr Denkschema ist.
Mit dem kontroversen Thema der Kindermorde geht Fulci erstaunlich zielführend um: Der Film ist nicht ganz so ein bedrückender Downer wie beispielsweise „The Child – Die Stadt wird zum Alptraum“, da die Opfer ausnahmslos nervige Satansbraten sind, andererseits geht er nicht so pietätlos mit dem Thema um wie beispielsweise „Beware! Children at Play“ und zeigt durchaus den Ernst und die Tragik der Lage. Bei den Sterbeszenen der Kinder kommt zudem nicht die Effekthascherei zu Tage, die sowohl die späteren Werke Fulcis als auch zwei spätere Szenen in diesem Film beherrscht. Meist werden die Jungen off Screen getötet und der eine, der vor der Kamera das Zeitliche segnet wird zu mindest unblutig erwürgt.
Sobald Erwachsene ins Gras beißen wird aber keinesfalls mit roter Farbe gespart. Dies wirkt dann besonders hart, denn wenn die erste Hälfte relativ unblutig verlaufen ist, kommt es nicht nur ekelerregend sondern auch überraschend rüber, wenn die von einem Kettchen gestreifte Florinda Bolkan plötzlich nur noch blutige Fetzen anstelle eines Bauches hat oder wenn ein von einer Klippe stürzender Mann vor dem Aufprall noch ein paar Mal in Nahaufnahme mit den Felsen zusammenstößt.
Da der Rest des Filmes jedoch so ruhig und voll und ganz auf Stimmung setzend daherkommt, bleibt er im Großen und Ganzen seriös und gerät nie in Gefahr als pures Unterhaltungskino verstanden zu werden.
Das einzige, was kritisiert werden könnte, ist das Fehlen einer klaren Hauptperson. Es gibt keine Figur, die sich durch eindeutig mehr Leinwandpräsenz oder einen eindeutig entwickelteren Charakter hervortut. Tomas Milian ist zwar in einer Art Heldenrolle, doch er muss sich die Screentime mit so vielen anderen Figuren teilen, dass er nie eindeutig in den Vordergrund tritt. Doch was oberflächlich als Schwäche erscheint, könnte eine Stärke des Filmes sein: Anstelle eines Helden bekommen wir nämlich eine Vielzahl potentieller Helden. Neben Milians Reporter wären dies Barbara Bouchets Charakter (die übrigens das Kunststück vollbringt trotz ihrer Rolle als versnobte Kinderschänderin sympathisch zu erscheinen), Don Dorfpfarrer, Kommissar Vollbart sowie zwei Polizisten unter dessen Befehl. Dadurch bietet sich uns die Möglichkeit die Sichtweise vieler kleiner Protagonisten auf die Geschehnisse zu erfahren und dies ist bei so einer traurigen Prämisse wie Kindermorden ungemein hilfreich. Wir beschränken uns nicht darauf, was ein total außenstehender Reporter über die furchtbaren Ereignisse zu sagen hat, sondern bekommen auch mit wie sie von ermittelten Beamten und unmittelbar Beteiligten Dorfbewohnern aufgenommen werden. Durch diese Vielzahl von Herangehensweisen können wir uns als Zuseher die Figur aussuchen, deren Meinung wir am ehesten nachvollziehen und dies ist wesentlich besser, als wenn uns Fulci bei solch unmenschlichen Mordfällen die Meinung EINES Helden aufzwingen würde.
Die Darsteller machen ihre Sache auch extrem gut. Barbara Bouchet schafft es wie erwähnt trotz der Laster, die ihr das Drehbuch aufzwang, eine positive Figur zu bleiben mit der wir gegen Ende ungestört mitfiebern können, Tomas Milian hat zwar nicht zu Chance zu zeigen, was in ihm steckt, doch er ist immerhin Tomas Milian, macht seine Sache also gut und Florinda Bolkan als die lokale Woodoo-Hexe spielt sowieso alle an die Wand. Sie wirkt unheimlich, kann aber unser Mitleid erregen und bekommt vom Drehbuch Gelegenheit zu einigen schönen Over-Acting-Momenten, auf die sie sich mit sichtlicher Freude einlässt.
Fazit: Um das kontroverse Thema von Kindermorden filmisch umzusetzen, baut Fulci sehr viel auf Stimmung und Atmosphäre, charakterisiert sehr genau den Ort der Handlung und die Mentalität seiner Bewohner und bietet uns eine Vielzahl an potentiellen Protagonisten, die uns durch den Film helfen. 10/10