Was nicht passt, wird passend gemacht [TV-Serie] (2003-2006)
Verfasst: Do 29. Mär 2018, 14:56
von buxtebrawler
Originaltitel: Was nicht passt, wird passend gemacht
Herstellungsland: Deutschland / 2003-2006
Regie: Christian Zübert, Matthias Lehmann, Lutz Winde, Sophie Allet-Coche und Dominic Müller
Darsteller: Ralf Richter, Johannes Rotter, Ercan Durmaz, Heinz W. Krückeberg, Mareike Carrière, Janin Reinhardt, Daniel Krauss, Benjamin Quaiser, Achim Bauer, Beate Abraham, Hildegard Krekel, Sybille J. Schedwill u. A.
Polier Jochen (Johannes Rotter, „Die Musterknaben – 1000 und eine Nacht“) und seine Kollegen, Vollproll Kalle (Ralf Richter, „Verlierer“) und Magaziner/Deutschtürke in zweiter Generation „Kümmel“ (Ercan Durmaz, „Kanak Attack“), sind Angestellte auf den Baustellen ihrer Chefin Gerda Wiesenkamp (Mareike Carrière, „Die Schule am See“), allerdings weniger für herausragende Arbeitsleistungen als vielmehr dafür bekannt, es mit der Arbeitsmoral nicht so genau zu nehmen – bis Frau Wiesenkamp wieder einmal ein Machtwort sprechen muss, damit überhaupt etwas passiert und die Firma nicht komplett den Bach heruntergeht. Zu dieser Gurkentruppe, die ständig eine 0,5-l-Bierflasche an den Hälsen hat, gesellt sich dann auch noch der renitente „Oppa“ (Heinz W. Krückeberg, „Das Konto“), eigentlich längst Rentner, doch permanent auf der Baustelle zugegen und nie um einen altklugen Kommentar verlegen. Architekturstudent und Praktikant Oliver (Daniel Krauss, „Storno“), genannt „Susi“, muss derweil ständig um seine Anerkennung kämpfen, wird jedoch nur selten für voll genommen...
Re: Was nicht passt, wird passend gemacht [TV-Serie] (2002-2003)
Verfasst: Do 29. Mär 2018, 15:05
von buxtebrawler
Nach dem Erfolg von Peter Thorwarths Ruhrpott-Kinokomödie „Was nicht passt, wird passend gemacht“ aus dem Jahre 2002 wurde ein Jahr später ein Ableger in Serienform fürs Fernsehen gedreht, der es auf 20 ca. 25-minütige Episoden in zwei Staffeln brachte. Regie führten Christian Zübert, Matthias Lehmann, Lutz Winde, Sophie Allet-Coche und Dominic Müller.
Polier Jochen (Johannes Rotter, „Die Musterknaben – 1000 und eine Nacht“) und seine Kollegen, Vollproll Kalle (Ralf Richter, „Verlierer“) und Magaziner/Deutschtürke in zweiter Generation „Kümmel“ (Ercan Durmaz, „Kanak Attack“), sind Angestellte auf den Baustellen ihrer Chefin Gerda Wiesenkamp (Mareike Carrière, „Die Schule am See“), allerdings weniger für herausragende Arbeitsleistungen als vielmehr dafür bekannt, es mit der Arbeitsmoral nicht so genau zu nehmen – bis Frau Wiesenkamp wieder einmal ein Machtwort sprechen muss, damit überhaupt etwas passiert und die Firma nicht komplett den Bach heruntergeht. Zu dieser Gurkentruppe, die ständig eine 0,5-l-Bierflasche an den Hälsen hat, gesellt sich dann auch noch der renitente „Oppa“ (Heinz W. Krückeberg, „Das Konto“), eigentlich längst Rentner, doch permanent auf der Baustelle zugegen und nie um einen altklugen Kommentar verlegen. Architekturstudent und Praktikant Oliver (Daniel Krauss, „Storno“), genannt „Susi“, muss derweil ständig um seine Anerkennung kämpfen, wird jedoch nur selten für voll genommen…
Die Charaktere und Rollen sind relativ eng an den Kinofilm angelehnt, unterscheiden sich jedoch auch in vielerlei Hinsicht: Polier Jochen war im Film noch bei der Konkurrenz beschäftigt, Kümmel wurde von Hilmi Sözer gespielt und „Oppa“, Praktikant Oliver sowie Chefin Gerda sind ebenso neu eingeführte Figuren wie Jochens attraktive Tochter Martina (Janin Reinhardt, „Lotta in Love“), für die der verwitwete Jochen alles tun würde und die manch Mann den Kopf verdreht. Zudem wurde die Handlung von Unna nach Bottrop verlegt.
Jede Folge der ersten Staffel eröffnet und schließt mit euphemistischen, aus dem Off ertönenden Zitaten aus „Susis“ Praktikumsbericht, die den wahren Wahnsinn, der sich hinter ihnen verbirgt, höchstens erahnen lassen. Arbeiten sieht man die Truppe so gut wie nie, vornehmlich geht um (meist Kalles) Liebschaften, um private Probleme und Problemchen sowie ums Biertrinken. Jochen hat dabei nicht nur gegenüber der von der ehemaligen Viva-Moderatorin Janin Reinhardt (damals noch Engelhardt) gespielten Tochter ein ausgeprägtes Autoritätsproblem, während der aufbrausende Kalle nur Sex, seinen Lexus und Bier im Kopf hat. „Oppa“ neigt dazu, den „Baustellenfrieden“ zu stören und wirft gern mit rassistischen Sprüchen u.ä. um sich, deren Adressat vorwiegend der perfekt deutschsprechende „Kümmel“ ist. Gerdas Auftritte sind meist kurz, aber bestimmt und wirksam. In der Regel entsteigt sie ihrem Auto, stöckelt ein paar Meter, zupft sich ihren engen Rock zurecht und beendet ihre Ansage mit dem Verweis auf einen Folgetermin bei irgendeiner Beauty- oder Wellness-Einrichtung. An der sexuellen Spannung, die beständig zwischen ihr und Kalle in der Luft liegt, ändern solche Auftritte indes nichts, evtl. gar im Gegenteil.
Star sowie Dreh- und Angelpunkt der Serie ist Kino-Veteran Ralf Richter, der sich in unnachahmlicher Weise in hoher Frequenz dem karikierenden Overacting hingibt und herumbrüllt, was die Stimmbänder hergeben. Der häufig bemitleidenswerte Polier Jochen mit seiner hohen Fistelstimme und den Wortfindungsstörungen ist ebenso lustig wie „Oppas“ noch von der Nazi-Diktatur geprägter Rassismus, den er jedoch kaum ernst zu meinen scheint und den ihm auch niemand wirklich übelnimmt, schlicht, weil ihn keiner erstnimmt. Während Gerda bisweilen an Peggy Bundy erinnert, ist die Reinhardt als Martina besonders in der ersten Staffel wahrlich zuckersüß, stößt jedoch auch an ihre schauspielerischen Grenzen und ist in Staffel 2 eher unterrepräsentiert. Gastauftritte von Oliver Korittke („Bang Boom Bang – Ein todsicheres Ding“), Martin Semmelrogge („Das Boot“) oder Oliver Pocher („Vollidiot“), letzterer in der finalen Folge der ersten Staffel inkl. „Spiel mir das Lied vom Tod“-Hommagenszene und entsprechender Musik, erweitern das Ensemble. Für die zweite Staffel wurde Praktikant Oliver gegen Friedjof (Benjamin Quaiser, „Das Geheimnis der Kormoraninsel“) ausgetauscht, noch mal um ein Vielfaches braver als sein Vorgänger, ein wohlerzogener und verspießter Knabe aus gutem Hause, auf der Baustelle jedoch entweder als „Studiker“ oder „Studiot“ bezeichnet oder mit falsch ausgesprochenem Vornamen gerufen. Leider wurde seine Rolle heillos überzeichnet, sodass sie nur noch albern wirkt. Sein Bemühen um korrekte Aussprache, eigentlich Teil seiner Rolle, erweckt zudem unfreiwillig den Eindruck, Quaiser würde seine Texte mehr schlecht als recht ablesen.
Vom Kinofilm geblieben sind in jedem Fall die ausgeprägte Pott-Folklore, der breite antigrammatische Slang, die Überbetonung des Proletarischen, womit zuvorderst typische Ruhrpottprolls aufs Korn genommen werden, aber auch alle anderen ihr Fett wegbekommen. Klischee reiht sich an Klischee, wird jedoch derart umgemünzt, dass Kalle & Co. als Sympathieträger fungieren – und funktionieren. Die Sprache ist dabei rau, hart und herzlich und keinerlei Rücksicht auf irgendwelche Befindlichkeiten oder political correctness nehmend. Der Humor gerät manchmal dann doch reichlich flach, bleibt aber stets karikierend – außer es geht um die Damenwelt: Die ironische Brechung des harschen Sexismus vermochte ich bisweilen nicht mehr zu erkennen, wenngleich sich dieser in erster Linie auf bestimmte Frauentypen bezieht und Figuren wie Martina oder die in Staffel 2 hinzustoßende, von der (wie übrigens bedauerlicherweise auch Mareike Carrière) unvergessenen, viel zu früh gestorbenen Hildegard Krekel („Ein Herz und eine Seele“) gespielten Matta ganz andere, stärkere Frauenbilder verkörpern. Matta tritt die Nachfolge als Büdchenbesitzerin an und wird zum Objekt von Jochens Begierde, der verglichen mit Kalle jedoch die Ausgeburt an Schüchternheit ist.
Davon einmal abgesehen flacht die 2006 ausgestrahlte zweite Staffel leider ziemlich ab, auch Pro- und Epilog in Form von Praktikumsberichtsauszügen wurden gestrichen. Eine Folge wie „Rache vom Ex“ ist wiederum noch einmal ein echter Höhepunkt. Unterm Strich erreicht die Serie nicht das Niveau des Kinofilms, bot jedoch vergnügliche SitCom-Unterhaltung aus Pottproll-Kodderschnauzen ohne Rücksicht auf Verluste, wie sie in heutigen, wesentlich sensibler gewordenen Zeiten auf ein geeichtes Publikum erfrischend ungehobelt, frech und unbekümmert wirkt.